Kapitel 5
Kapitel 5
Die Sonne schickte ihre ersten Strahlen über den Himmel und direkt auf mein Gesicht. Der Versuch ihnen zu entkommen und mich umzudrehen gelang mir nicht, da etwas Schweres auf mir lag und mich in meiner momentanen Position festpinnte. Ich grummelte leicht vor mich hin, etwas genervt, dass ich so früh geweckt wurde. Leicht öffnete ich meine Augen, um einen Überblick über diese seltsame Situation zu bekommen.
Es war viel zu hell. Sofort schloss ich die Augen wieder. Leichte Kopfschmerzen machten sich hinter meiner Stirn bemerkbar. So war es mir unmöglich, weiter zu schlafen.
Der erneute Versuch, etwas in der Helligkeit zu sehen, gelang mir schon viel besser. Die Zimmerdecke über mir kam mir nicht vertraut vor. Wo war ich?
Stirnrunzelnd sah ich mich um und bemerkte, weshalb ich mich nicht umdrehen konnte, was das Gewicht war, das mich daran gehindert hatte. Es lag jemand halb auf mir.
Die leichte Panik, die in mir hochstieg, schluckte ich herunter, versuchte ich mich an gestern Abend zu erinnern. Langsam kam die Erinnerung zurück.
Das Treffen mit Hobi und Namjoon. Der viele Alkohol. Ich verdeckte mit meiner linken Hand meine Augen. Kein Wunder, dass ich einen Filmriss und Kopfschmerzen hatte.
Vorsichtig besah ich die Person neben mir. Erleichterung überkam mich, als ich Taehyung erkannte.
Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass ich nach solch einer Nacht in einem fremden Bett aufgewacht wäre. Tae hier neben - und auch halb über mir - zu wissen, war schon fast Glück, auch wenn ich mich nicht mehr erinnern konnte, wie ich in sein Bett gekommen war.
Aufstehen war für mich keine Option. Natürlich hätte ich Tae wecken können, jedoch genoss ich viel zu sehr seine Nähe.
Also versuchte ich, wieder einzuschlafen, was mir gelang, nachdem ich mich vorsichtig auf meine rechte Seite gedreht hatte, um dem hellen Sonnenlicht zu entfliehen.
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Schließlich wurde ich sanft an der Schulter gerüttelt, was mich aus meinen Träumen riss.
Ich grummelte vor mich hin und drehte mich auf meine andere Seite. Ich hörte ein leises Lachen und kurz darauf wurde mir einfach meine Bettdecke entzogen.
Entsetzt riss ich die Augen auf und suchte den Übeltäter. Tae stand am Fußende, breit grinsend mit der Bettdecke in seinen Armen. „Na nu steh schon auf. Ich hab uns Frühstück gemacht."
Ich grummelte etwas Unverständliches vor mich hin und setzte mich auf. Ein Blick aus dem Fenster verriet mir, dass es in etwa früher Nachmittag war.
Tae war sichtlich zufrieden mit dem Fortschritt, den er bei mir erreicht hatte, und legte grinsend die Decke zurück auf das Bett.
Er musterte mich nochmal kurz, danach verschwand er aus dem Zimmer in Richtung Küche.
Müde krabbelte ich aus dem Bett, noch nicht ganz bereit, um in den Tag zu starten. Jedoch lockte mich der Gedanke an ein Frühstück. Vielleicht konnte ich mir auch eine Schmerztablette für meinen Kopf schnorren.
Kurz überlegte ich ... Würde mich Tae dafür verurteilen, wenn ich ...?
Mit einem Anflug von schlechtem Gewissen öffnete ich Taes Kleiderschrank und stöberte darin herum, bis ich gefunden hatte, wonach ich suchte. Tae würde sich hoffentlich nicht an meiner kleinen Diebesaktion stören. Früher hatten wir uns auch oft Kleidung geteilt oder untereinander getauscht.
Es war eine Kapuzenjacke, mit Tata Kapuze. Ich zog sie mir über. So war es schon viel besser, kuscheliger. Sie war zwar ein bisschen zu groß, da Tae gerne Oversizedkleidung trug, aber es störte mich nicht. So konnte ich nur mehr in ihr versinken.
Als ich in die Küche schlurfte, saß Tae bereits am Tisch und musterte mich, als ich eintrat. Er zog eine Augenbraue hoch, als er seine Jacke erkannte, sagte aber nichts. Müde ließ ich mich auf einen Stuhl ihm gegenüber fallen.
Tae hatte den Tisch bereits gedeckt. Neben frischen Kimbab konnte ich tatsächlich eine Schmerztablette finden.
„Danke."
„Ich wusste, dass du sie brauchen würdest... Ging mir genauso."
Schnell schluckte ich die Tablette zusammen mit etwas Wasser herunter und betrachtete das Frühstück vor mir.
„Hast du das selbst gemacht?"
Es war mir bisher nicht oft passiert, dass Tae für mich gekocht hatte. Wir hatten überwiegend früher bestellt, zum Kochen war schlicht und ergreifend meistens keine Zeit da gewesen. Wenn wirklich einmal frisch gekocht worden war, waren meist Yoongi oder Seokjin die beiden, die sich um das Essen gekümmert haben.
„Hmmh.", bestätigte Tae meine Frage.
Das frische Kimbab war superlecker und nach dem Frühstück hellte sich meine Laune deutlich auf.
Zufrieden und statt strich ich mir über meinen Bauch. Auch die Tablette entfaltete langsam ihre Wirkung.
„Das war sehr lecker, Tae!"
Er grinste mich an. „Das freut mich."
Ich räumte unsere Teller und Stäbchen zusammen und trug sie zur Spüle. Wenn Tae mir schon so ein gutes Essen machte, konnte ich wenigstens abwaschen.
Der Abwasch war schnell getan. Tae hatte sich inzwischen wieder ins Wohnzimmer verkrümelt. Vorsichtig ging ich zur Wohnzimmertür und sah um die Ecke auf die geräumige Couch. Tae sah sich irgendeine Show im Fernsehen an, bemerkte mich aber und klopfte neben sich auf die Sitzfläche. Als ich mich an seiner linken Seite niederließ und mich in das Polster einkuschelte, erinnerte es mich sehr an gestern Mittag, als ich einfach neben ihm eingeschlafen war.
„Geht's deinem Kopf besser?"
Ich nickte, was Tae sah, da er seine Aufmerksamkeit mir zugewandt hatte.
Er zog mich an einem Arm an sich heran, was mich völlig überraschte und aus dem Gleichgewicht brachte, sodass ich etwas unbeholfen umkippte und letztlich halb auf seinem Schoß landete. Wir mussten beide lachen, die Situation war zu merkwürdig.
Ich rutschte in eine etwas gemütlichere Lage. Als Tae anfing, mir über die Haare zu streichen, schloss ich die Augen. Zu lange war der letzte Körperkontakt her, der über Umarmungen hinausging, Minho nicht mit eingerechnet. Es war einfach schön.
Tae strich eine meiner Haarsträhnen entlang und wickelte sie um seine Finger.
„Du hast sie so lang werden lassen..."
Es war eine Frage, die er stellte, ohne sie wirklich auszusprechen.
„Ich hab sie kaum geschnitten, seitdem ich aus dem Militär kam."
„Wieso?"
Ich überlegte kurz, wie ich meinem Freund das Ganze am besten erklären sollte, ohne, dass es albern klang.
„Dieser kurze Haarschnitt war gräßlich. Dir stand er sicherlich, ich schwor mir allerdings, meine Haare nie wieder so kurz zu schneiden. Es hätte mich nur wieder an den Dienst erinnert. Tja, und das ist daraus geworden."
Tae hielt kurz inne mit seinen Bewegungen und es würde still zwischen uns.
„Ich weiß, was du meinst. Ich denk auch nicht gern daran zurück."
Er nahm seine Bewegungen wieder auf. „Ich glaube bis auf Kookie und Yoongi hatten alle keine einfache Zeit."
Ich wollte das Thema wechseln, viel zu schnell kamen die Erinnerungen in mir hoch, die ich versucht hatte zu verdrängen.
Wie ich von meinen Kameraden gemieden worden war. Die „Streiche", die einige mir gespielt hatten, sodass mein Ruf in der Kompanie schlecht geworden war. Es macht nun mal keinen guten Eindruck, wenn du deine Ausrüstung nicht finden kannst und sie an kuriosen Orten erst später wieder auftaucht.
Ich hatte mich immer für einen geselligen und unkomplizierten Menschen gehalten, mit einer offenen Art, die es mir leicht macht, schnell jemanden kennenzulernen und für mich zu gewinnen.
Beim Militär war es gewesen, als hätten sich alle gegen mich verschworen. Ich war zu bekannt, was mich wohl scheinbar zu ihrem Opfer auserkoren hatte. Vielleicht waren sie auch ein wenig eifersüchtig auf meine recht gute körperliche Verfassung, die ich gehabt hatte. Ich werde es wohl nie erfahren, was genau die Gründe waren.
Natürlich versuchte ich, das Ganze nicht allzu nah an mich herankommen zu lassen, dafür stand ich schon viel zu viele Jahre in der Öffentlichkeit, als dass ich nicht auch noch diese Rolle hätte spielen können.
Dennoch nagte das Ganze schwer an mir und wurde erst besser, als ich mich mit Minho anfreundete. Er bewahrte mich auch davor, erneut in eine Depression zu fallen. Offiziell gab es diese Vorfälle natürlich nicht im Militär. Wie sollte es auch anders sein.
Ich ergriff den Strohhalm, der mich aus diesen düsteren Gedanken holte, ging ich auf Taes Aussage ein.
„Kookie geht's gut? Hattest du Kontakt zu ihm im letzten Jahr?"
Tae sah zu mir runter und nickte.
„Du weißt doch, wie er ist. Wie kann man ihn nicht mögen? Obwohl er schüchtern ist... Ich glaube ihm sind alle verfallen."
Tae hatte Recht mit dem, was er sagte. Es war einfach unmöglich, Jungkook nicht zu mögen. Es beruhigte mich, dass es wenigstens ihm in der Zeit, in der er dem Land diente, nicht allzu schlecht ergangen war. Fast bildlich konnte ich mir vorstellen, wie Jungkook alle um den Finger gewickelt hatte.
Es wurde für einen Moment still zwischen uns, als wir unseren Gedanken nachhingen. Es war eine angenehme Stille, mit Tae fühlte ich mich fast immer wohl.
„Du musst bald los.", wies mich Tae auf meinen Termin hin.
Die Vertragsunterzeichnung bei Hybe.
So ungern ich es zugab ... Ich hatte seltsamerweise ein wenig Schiss. Ich war unsicher, was genau mich erwarten würde.
„Mh... Kommst du mit?"
Tae stockte kurz bei seinen Bewegungen über meinen Kopf. „Ich kann dich hinbringen...", bot er zögerlich an. „Aber ich kann nicht bleiben. Ich muss noch ans Set, sie wollen heute noch einmal etwas nachdrehen..."
„Oh." Ich wusste nicht, dass er gerade wieder an einem Film oder an einer Serie beteiligt war, aber es überraschte mich nicht wirklich. Es hatten sich damals schon immer alle gefragt, wann er endlich wieder als Schauspieler tätig werden würde. Es freute mich für ihn, dass er neben der Musik etwas gefunden hatte, das ihm solchen Spaß machte.
„Vielleicht kann ich dich nachher abholen. Ich schreib dir, wenn ich fertig bin. Sie wollen mit mir nicht allzu viel nachdrehen."
Ich nickte. Zur Not würde mich jemand von Hybe nach Hause fahren. Das waren die Vorteile, wenn einem Anteile der Agentur gehörten, für die man arbeitete.
Irgendwie würde ich aber sicher die Zeit auch alleine rumbekommen. Vielleicht sollte ich mir Trainingssachen mitnehmen, unser Raum im Hybe-Gebäude sollte sicherlich frei sein.
„Wie geht es dir? Ich meine... generell. mit dem Comeback. Dass die Presse weiß, dass du hier bist...?" Tae war der Einzige neben Jungkook, der von meiner damaligen Depression wusste. Meine Eltern, mein Bruder und Minho wussten es natürlich auch, mit den restlichen Bandmitgliedern hatte ich aber nie darüber gesprochen. Natürlich konnten die Anderen sich sicher denken, was damals mit mir los gewesen war.
„Ganz gut... denke ich. Mit nachher wird das alles so... real."
Taehyung lachte leise. „Es ist für mich schon unwirklich, dass du hier bist." Er wuschelte mir dabei grob durch meine Haare und brachte sie schließlich vollkommen durcheinander.
„Heeey!" Ich wand mich empört unter seiner plötzlich neckenden Geste und setzte mich gespielt beleidigt auf, die Arme vor meiner Brust verschränkt.
Tae sah mich unsicher an, fragte sich bestimmt, ob er eine Grenze übertreten hatte, die ich ihm übel nehmen würde.
Ich schmiss mich auf ihn und fing an ihn am Bauch zu kitzeln.
Er schmolz unter mir förmlich dahin, drückte sich tiefer in die Couch, als er versuchte, sich so klein wie möglich zu machen, um mir möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Ich stimmte in sein Lachen ein.
„Aaaa...aaaufhöööören..!", brachte er vor lauter Lachen gerade so verständlich heraus. Als ich meine kleine Kitzelattacke beendete, drückte er seinen Kopf tiefer in das Polster, vollkommen außer Atem.
Ich hielt ihm meinen Zeigefinger vor die Nase. „Hast du daraus gelernt und wirst es nie wieder tun?"
Er verzog seinen Mund zu einem schiefen Lächeln. „Ja... Zumindest heute nicht mehr!"
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