Kapitel 48
Kapitel 48
"Du musst mir jetzt wirklich mal von Anfang an erzählen, was da eigentlich genau passiert ist", quengelte ich vor mich hin, als ich versuchte mich auf Minhos Beinen bequemer hinzulegen.
Er ließ mich gewähren, verlagerte selbst noch einmal sein Gewicht, hielt aber still, als ich auch zu dem Entschluss gekommen war, endlich in der richtigen Position zu liegen, nachdem ich ein Kissen, das mir ungemütlich in die Seite gedrückt hatte, auf den Boden verfrachtet hatte.
Meinen Kopf hatte ich auf seine Beine gelegt, eine Position, die in der Öffentlichkeit wohl die Gerüchteküche geschürt hätte, aber hier, in seiner Wohnung waren wir nur zu zweit und hatten niemanden, der uns beobachtete. Sogar Kookie hatte mir diesen Moment mit meinem Freund in trauter Zweisamkeit zugestanden und das, obwohl er schnell sehr eifersüchtig werden konnte, wie ich wusste.
Ich hatte nach den Ereignissen von gestern Nacht versucht für ihn da zu sein, er hatte sich aber gleich heute früh in sein Training gestürzt und ich wusste, dass er Zeit für sich brauchte. Vielleicht hatte er auch deswegen keine Einwände gehabt, dass ich mit Minho in Ruhe über alles reden wollte.
Dieser strich mir meine hellen Haare aus der Stirn, ich schloss genießerisch meine Augen und war dankbar für diesen intimen Moment mit meinem Freund. Minho war viel zu gut für mich, ich hatte in der letzten Zeit so wenig Platz in meinem Terminkalender für ihn gehabt, dass es mir fast wie ein Wunder vorkam, dass er mich einfach so mit offenen Armen wieder willkommen hieß.
Liebevoll strich er unter meinen Augenringen mit seinem Daumen entlang, das eindeutige Zeichen, dass die letzte Nacht viel zu kurz für mich gewesen war.
"Du schläfst nicht genug", war jedoch nur seine Antwort, was mich aufseufzen ließ.
Ich wusste es zu wertschätzen, dass sich mein Freund um mich sorgte, aber ich hatte so viele Fragen, die mir wegen gestern unter den Fingernägeln brannten, dass ich nicht verhindern konnte, dass sich in mir eine leichte Ungeduld breit machte.
"Natürlich nicht", war meine knappe Antwort und für einen kurzen Moment ließ ich ihn noch mit diesem Herumgeplänkel durchkommen. Zu schön waren seine Berührungen auf meiner Haut, auch wenn sie mich ein wenig an frühere Zeiten erinnerten.
Ich schluckte meine Ungeduld herunter, eine Eigenschaft, die ich selbst an mir nicht leiden konnte und versuchte einen versöhnlicheren Tonfall anzuschlagen.
"Wie hätte ich auch gut schlafen können nach gestern? Jungkook war ganz außer sich...", unternahm ich den plumpen Versuch jetzt doch so langsam auf das Thema zu sprechen zu kommen.
Minho blieb noch einen Moment still über mir, fuhr weiter irgendwelche Linien auf meinem Gesicht nach, seufzte schließlich.
Es war gestern beim Shooting alles so schnell gegangen, dass ich noch immer kaum Zeit gehabt hatte, meine Gedanken zu sortieren.
Minhos seltsames Herausstürmen gestern, das natürlich nicht grundlos gewesen war und sich als Glücksfall für die Agentur herausgestellt hatte.
Ich hatte Minho in den letzten Jahren sehr zu schätzen gelernt und wusste, was ich an ihm hatte, dass jetzt jedoch auch die ganze Agentur von seiner Wachsamkeit profitierte, machte mich in gewisser Weise fast schon stolz.
"Du weißt natürlich von den Fotoleaks von dir und Jungkook...", begann Minho schließlich zögerlich zu erzählen, scheinbar hatte er in der zuvor herrschenden Stille versucht einen Anfang zu finden.
Ich wollte ihn nicht unterbrechen, nickte lediglich leicht, was er natürlich mitbekam, schließlich lag mein Kopf noch immer auf seinem Schoß und seine Hand an meiner Wange.
"Ich war damals frisch in dem Team, es waren die ersten großen Dreharbeiten und es war alles so aufregend für mich. Dass diese Fotos zu früh geleakt wurden, traf mich härter, als du vielleicht denkst."
Minho stockte einen Moment, nicht lang, es reichte aber, dass ich meine Augenbrauen zusammenziehen konnte und sich auf meiner Stirn Falten bildeten. Es gab ja viele Gerüchte über uns, von Schönheitsoperationen und auch Botoxbehandlungen, die Wahrheit war aber schlicht und ergreifend, dass ich nichts dergleichen an mir rumdoktern habe lassen. Die tiefe Falte auf meiner Stirn, die Minho augenblicklich versuchte zu glätten, war Beweis genug.
"Ich sah, in welche Zwickmühle es dich brachte. Du hattest kaum deinen Platz in dieser Gruppe wieder gefunden, ihr wolltet nicht so früh wieder an die Öffentlichkeit und doch ward ihr nun genötigt, euer Comeback zu verkünden. Natürlich sah ich, dass es nicht so spurlos an dir vorbei gegangen ist, wie du allen glaubhaft machen wolltest."
Ich wollte protestieren. Tatsächlich glaubte ich nicht, dass dieser Schritt, alles öffentlich zu machen, mich sehr belastet hatte. Minho fuhr mir aber gleich über den Mund, als ich zu einer Antwort ansetzte.
"Nein Jimin, ich weiß, was jetzt wieder von dir kommt. Lass das. Ich kenn dich besser als du dich selbst. Es war furchtbar für dich. Dieser Druck, der auf dir lastete, hat dich schon einmal zu einer Pause gezwungen und auch damals hast du erst viel zu spät gemerkt, was bei dir los war. Du warst so sehr damit beschäftigt, diese Dynamik zwischen dir und den anderen aufzuarbeiten, vor allem mit JK, dass du es nur nicht gemerkt hast. Ich kenne dich."
Minho hatte recht mit seinen Worten, ich spürte es tief in mir drinnen, als ich versuchte auf meine innere Stimme zu hören, die ich so gern zurück drängte. Eigentlich war ich gar nicht einmal so ein Kopf-Mensch, ich war viel von meinen Gefühlen geleitet, aber bei diesem Beruf dem ich nach ging, musste man lernen, sie auch ausschalten zu können.
Natürlich schob ich Panik vor unserem Konzert.
Das es mittlerweile in fast greifbarer Nähe gerückt war, beunruhigte mich nur noch mehr. Die Anwesenheit von Jungkook hatte mir in den letzten Wochen geholfen, dem Ganzen ein wenig gelassener gegenüber zu treten, er war wie meine ganz eigene Droge, die mich beruhigte. Aber ich hatte tierisch Bammel. Ich merkte diesen Druck, der auf mir lastete gewaltig.
Als ich mir dem bewusst wurde, war es, als würde ein großer Felsbrocken auf meiner Brust sitzen, ich bekam keine Luft mehr. Ich zog mich leicht panisch in eine sitzende Position, versuchte so wieder an Luft zu kommen.
Es half ein wenig.
Vor allem Minhos immerwährenden kreisförmigen, streichelnden Bewegungen auf meinem Rücken beruhigten mich ungemein, sodass ich bald wieder zur Ruhe kam.
"Geht es wieder?", fragte mich mein Freund besorgt. Nachdem ich einen Moment in mich gehorcht hatte und sicher war, dass ich wirklich wieder stabil war, nickte ich ihm zu.
"Na gut", pflichtete ich ihm bei, "vielleicht hast du doch Recht. Das ganze nimmt mich mehr mit, als ich zugeben möchte."
Ich sah das kurze traurige Lächeln auf Minhos Gesicht, bevor er mich in eine feste Umarmung an sich heran zog.
Ich lehnte mich in diese Berührung, die mir unglaublich gut tat. Zwar hätte mich Kookies Anwesenheit mehr beruhigt, aber Minhos vertraute Präsenz tat mir auch unglaublich gut.
"Und dann?", fragte ich ihn, als sich eine angenehme Stille zwischen uns ausgebreitet hatte.
"Hm?"
Minho war offenbar mit seinen Gedanken nicht mehr ganz bei unserem Gespräch gewesen.
"Du warst gerade dabei mir zu erzählen, was passiert ist."
"Ach ja", erwiderte er, blinzelte ein paar Mal und versuchte sich zu erinnern, wo er in seiner Erzählung stehen geblieben war. Er drückte mich noch einmal fester in seine Arme und ich kuschelte mich tiefer an seine Brust.
"Jedenfalls wollte ich herausfinden, wer hier diese undichte Stelle war, die die Bilder nach Außen verbreitete", fing Minho langsam wieder an, seine Geschichte weiterzuerzählen. Dabei streichelte er mir liebevoll über meinen Arm, zog mich ein wenig bequemer auf seinen Schoß. Ich schloss die Augen, genoss die Geborgenheit, die er mir in diesem Moment gab und konzentrierte mich auf seine Worte.
"Mir war klar, dass zwar eine Menge Menschen prinzipiell für diesen Leak in Frage kämen, aber ich konnte es doch ein wenig eingrenzen. Eine Person fiel mir besonders ins Auge, sie war bloß ein paar Wochen vorher zu Hybe gestoßen, bevor ich hier anfing."
Ich brummte verstehend, wusste ich, wohin das alles führen würde.
"Dir fiel Kim Dahee auf."
"Ganz genau", stimmte er mir zu und mich überkam ein Frösteln, welches meine Arme mit einer Gänsehaut überzog. Minho schlang seine Arme instinktiv enger um mich.
Ich kannte diese Frau nicht, wusste aber seit gestern Abend wer sie war und seither hatte der Klang ihres Namens einen negativen Beigeschmack, der mir ein flaues Gefühl in meinem Bauch bescherte. Zumindest vom Sehen auf unseren Gängen oder von unseren vielen Videoaufzeichnungen, bei denen sie stets dabei gewesen war, kannte ich sie dann doch.
Minho hatte sie gestern dabei erwischt, wie sie heimlich Bilder während unseres Shootings gemacht hatte, was ihn letzendlich darin bestärkt hatte, die Richtige gefunden zu haben. Als sie sich ohne ein weiteres Wort einfach aus dem Staub machen wollte, bevor das Shooting überhaupt endetete, war er ihr hinterher gestürmt, leider hatte er damit einen unserer Kameramänner mitgenommen und ihn dabei umgerissen. Das hatte der ganzen Aktion mehr Aufmerksamkeit beschert, als er eigentlich wollte, aber es war Glück im Unglück gewesen. Mein Bodyguard war ihm gefolgt, ich ebenfalls und zusammen hatten wir die Frau festhalten können, ehe wir alles weitere den Mitarbeitern von Hybe überließen.
Die Befragung hatte sich bis tief in die Nacht gezogen und uns alle um den Schlaf gebracht.
Als herauskam, dass sie eine Bekannte von Hyuna ist, war für Kookie und mich sowieso nicht mehr an Schlaf zu denken gewesen. Diese Nachricht hatte ihn sehr mitgenommen, hatte ihn sehr beschäftigt und schon sehr früh aus unserer Wohnung getrieben. Er versuchte sich auf die ihm eigene Art abzulenken, trainierte im Fitnessstudio der Agentur, bis er vermutlich nachher keinen Muskel mehr bewegen konnte. Ich sollte lieber bald vorbei gehen und nach dem Rechten sehen, bevor er sich um den Verstand trainierte.
Vorhin war er mir gegenüber sehr abweisend gewesen. Ich wusste, dass es nicht an mir lag, ihn aber von den Trainingsgeräten wieder wegzubekommen, war eine mehr als schwierige Aufgabe und ich fieberte dem nicht gerade entgegen.
"Weiß man schon, wieso sie es getan hat?", fragte ich meinen Freund und kuschelte mich noch ein wenig enger an ihn. Wenn Kookie uns so sehen würde, hätte er sicher einen Eifersuchtsanfall. Es war ja nicht so dass zwischen uns beiden etwas lief, das tat es wirklich nicht mehr. Aber Jungkook war auch nicht gerade bekannt dafür, dass er mich gerne teilte. Das hatte er noch nie gern, schon bevor wir eine Beziehung führten.
Ich brauchte diese Nähe zu einer anderen Person aber gerade und Jungkook war nicht hier um sie mir zu geben. Minho kannte mich gut genug, um zu verstehen, was ich von ihm gerade brauchte.
Ich spürte, wie Minho unter mir mit den Schultern zuckte. "Geld vermutlich."
"Hm..."
Geld war sicher ein Grund für ihre Aktionen. Ich war mir aber sicher, dass noch mehr dahinter steckte. Die Verbindung zu Hyuna bereitete mir Bauchschmerzen. Es konnte kein Zufall sein, dass sie in Verbindung mit ihr stand. Ich hatte zwar gerade in der letzten Zeit versucht, nicht so negativ über Jungkooks Ex zu denken, aber ich konnte mein Bauchgefühl einfach nicht abschütteln. Es ging einfach nicht, ihr Name war in meinem Kopf negativ behaftet und so nun auch der ihrer Freundin. Alleine das wir von der Verbindung wussten, musste etwas bedeuten.
Sie hatte versucht etwas zu erzählen, sich aber sogleich wieder auf die Lippen gebissen, als sie merkte, wie sehr alle diese Neuigkeiten hören wollten.
"Jungkook vermutet, dass es etwas mit der Verbindung zu ihm und Hyuna zu tun hat. Das sie von Hyuna angestiftet wurde es zu tun, dass sie sich so rächen wollte, dass er einfach mit ihr Schluss gemacht hat."
Es wurde kurz still zwischen uns, Minho sagte nichts zu Jungkooks Vermutungen, konnte sie ja weder bestätigen, noch dementieren.
"Wann musst du los?", riss mich Minho aus meinen Gedanken, sein Gesicht hatte er tief in meine Haare vergraben. Scheinbar vermisste auch er den körperlichen Kontakt zu mir.
"Ich hätte schon längst auf dem Weg sein sollen, schätze ich", antwortete ich ihm und machte mich ein wenig von ihm los, um nach meinem Telefon zu angeln. Frustriert über die bereits späte Uhrzeit stöhnte ich auf, öffnete aber die Textapp und schrieb einem Fahrer, dass er mich abholen kommen könnte. Wenn der Verkehr mitspielte, würde er üblicherweise in einer viertel Stunde hier sein.
"Ich mache mich kurz fertig und komme mit", rief mir mein Freund über die Schulter zu, der sich bereits auf dem Weg zu seinem Bad aufgemacht hatte.
"Ist gut!", gab ich zurück, bereits in Gedanken bei dem bevorstehenden Tag und den damit verbundenen Aufgaben.
Natürlich würde es auch heute wieder ein langer Tag werden. Das Comeback stand kurz bevor, wir hatten einen vollen Plan und viel zu wenig Zeit, um alles vorzubereiten. Es war ein Wunder für mich, dass wir die drei Tage demnächst frei bekommen hatten, in denen ich nach Busan zusammen mit Jungkook fahren würde.
So wie es derzeit aussah, würden wir mit den ganzen Proben und Besprechungen in diesem Leben nicht mehr fertig werden. Aber ich kannte uns und unser Management. Auch wenn die Zeit eng wurde und es immer stressiger für alle wurde, so schafften wir es trotzdem immer alles rechtzeitig vorzubereiten. Es klappte irgendwie immer.
Sehnsüchtig dachte ich an meine freien Tage, die schon in greifbarer Nähe lagen. Diese kurze Pause würde mir gut tun, auch wenn meine Nerven schon angespannt waren.
Ganz offiziell würde ich Jungkook als meinen Partner bei meinen Eltern vorstellen. Es machte mich nervös und ich war jetzt schon ein kleines Nervenbündel, wenn ich meinen Gedanken zu sehr erlaubte abzuschweifen, mir vorzustellen, was sie über meine Partnerwahl sagen werden.
Sie liebten Jungkook, das wusste ich, aber ihr Kind in dieser unkonventionellen Lebenslage zu wissen, war doch etwas anderes. Sie wussten ja nicht einmal, dass ich schwul war.
Mein Telefon surrte leise, das Zeichen für mich, dass mein Fahrer eingetroffen war. Nur von Minho war noch weit und breit keine Spur zu sehen.
"Minho?", rief ich durch seine offen gestaltete Wohnung und bekam eine undeutliche Antwort aus Richtung des Badezimmers.
Zwei Minuten später stand er schließlich vor mir, ausgehfertig, jedoch vollkommen herausgeputzt und aufgetakelt. Er hatte sogar seinen teuersten Pullover an, was tatsächlich ein Markenpullover war, den ich ihm vorletztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hatte.
Minho hatte nie so viel Geld besessen, wie ich es tat, er wäre nie auf die Idee gekommen, sich irgendetwas in der Richtung selbst zu kaufen. Ich hatte das Kleidungsstück nur gesehen und hatte sofort an ihn denken müssen, wissend, dass er ihm hervorragend stehen würde. Was es dann auch tat. Er sah einfach atemberaubend darin aus.
Mir entwich ein kurzes Lachen, so hatte ich Minho nur selten erlebt, meistens war ich derjenige, der von uns beiden so viel Wert auf sein Äußeres legte.
"Hast du heute noch etwas vor?", fragte ich ihn mit einem Grinsen auf dem Gesicht, als ich mich ihm näherte und weiter in Augenschein nahm, ihn einmal umrundete. Er hatte sogar seine Jeans heute an, die seinen Hintern so hervorragend betonte.
Seine Wangen liefen ein wenig rot an, er drehte sich aber von meinem prüfenden Blick weg und zupfte nur seinen Pullover zurecht.
"Ich... Also...", begann er langsam zu stottern, nicht wirklich zum Punkt kommend.
"Mh?", fragte ich ihn auffordernd, mittlerweile hatte ich meine Runde um ihn herum beendet und sah ihn erwartungsvoll an.
"Komm, ich dachte wir müssen los", nuschelte er schließlich vor sich hin und drückte sich an mir vorbei zur Wohnungstür. Ich griff nach seinem Handgelenk und lies mich mitziehen, als er vehement weiter stürmte und nicht anhielt.
An der Tür hielt er schließlich an, um sich seine Schuhe anzuziehen. Ich nutzte die Gelegenheit und umarmte ihn fest von hinten, ließ ihn nicht so einfach davonkommen. Zwar war er größer als ich, aber ich war mittlerweile deutlich trainierter und ließ mich nicht mehr so einfach abschütteln.
"Minhoooo", maulte ich leicht gekränkt. Er wollte stets alles wissen, was oder wie es bei mir mit wem lief, erst selbst blieb aber oft sehr verschlossen.
Er seufzte viel zu laut auf, wollte ganz offensichtlich, dass ich genau wusste, das ich ihm gerade auf die Nerven ging. Gut so, dann hatte ich mein Ziel erreicht. Zumindest rückte er etwas mit der Sprache raus.
"Es... gibt da jemanden, den ich sehr mag", nuschelte er leise vor sich hin, versuchte sich zu bücken, um seine Schuhe an seine Füße zu bekommen, was mit mir an seinem Rücken alles andere als ein leichtes Unterfangen darstellte.
Ich ließ ihn schließlich los, schlüpfte in meine Halbschuhe und schulterte meine Tasche. Minho zeigte eine deutliche Rosafärbung auf seinen Wangen, er grinste dazu etwas verlegen. Ich kannte ihn gut genug, um zu sehen, dass es ihn erwischt hatte.
"Kenn ich ihn?", versuchte ich beiläufig klingend zu fragen, wusste aber, dass ich ihn nicht darüber täuschen konnte, wie neugierig ich war.
"Es ist eine Sie", meinte er und starrte auf seine Zehenspitzen. Verwirrt und etwas überrumpelt blinzelte ich ein paar Mal, bis ich wieder zu meiner Sprache fand.
"Ein Mädchen?", fragte ich dümmlich und konnte meine Überraschung nur unzureichend aus meiner Stimme verbergen.
Minho sah nun endlich auf, zog seine Augenbrauen zusammen und sah mich verunsichert an. "Ach Jimin, ich weiß doch auch nicht, wie das passieren konnte", er fuhr sich mit einer Hand durch seine Haare und strich sie fahrig zurück.
Schon seitdem ich Minho kannte, hatte es nie einen Zweifel daran gegeben, dass er schwul war. Minho stand auf Männer, das war eine Tatsache. Dass er sich jetzt in eine Frau verknallt hatte, brachte mein Weltbild etwas ins Wanken. Allerdings hatte mein Freund so ein großes Herz, dass es mich nicht verwunderte, dass er es förmlich jeden schenken konnte.
Als er ansetzte, sich ein weiteres Mal durch die Haare zu fahren, seine zuvor sorgfältig vorbereitete Frisur noch weiter zu zerstörten, nahm ich seine Hand fest in meine und hinderte ihn daran.
"Minho", flüsterte ich, hielt seinen Arm fester, damit er meine Berührung merkte. Ich fuhr mir mit der Zunge über meine Lippen, die ganz trocken waren. "Minho", brachte ich diesmal lauter raus und mein Freund sah mir in die Augen, "ich freu mich für dich!"
Bevor er reagieren konnte, zog ich ihn fest in meine Arme.
"Du... findest das nicht irgendwie... seltsam?", hörte ich ihn leise an meinem Ohr etwas verunsichert fragen.
Ich schüttelte meinen Kopf an seiner Brust, wusste, dass er diese Bewegung merkte.
"Nein. Letztendlich sind wir doch alle nur Menschen. Es ist doch ganz egal, wen du magst, hauptsache derjenige ist nett und macht dich glücklich."
Minho drückte mich ein wenig von sich weg, sah mir in die Augen, fand scheinbar die Bestätigung in meinen Augen, die er suchte. Er drückte mich dankbar an sich heran, legte sein Kinn auf meinen Kopf und hielt mich einfach nur einen Moment lang fest in seinen Armen.
"Das ist sie. Du wirst sie auch mögen, da bin ich mir sicher."
Ein bisschen hatte ich ein schlechtes Gewissen, unseren Fahrer so lange unten vor der Tür warten zu lassen, dieser Moment zwischen mir und Minho war mir aber zu wichtig, um ihn zu unterbrechen. Meiner Fahrer war es leider auch gewohnt, ein wenig zu warten und hingehalten zu werden, das war nichts Neues für ihn. Diese schreckliche Angewohnheit hatte ich bisher einfach noch nicht ablegen können. Ich trödelte nach wie vor gerne.
"Ich freue mich schon, sie kennen zu lernen."
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