Kapitel 47
Kapitel 47
Es wäre zuviel gesagt, wenn ich behaupten würde, dass ich die letzte Nacht bereute. Sie war einfach wunderbar gewesen, zwischen Kookie und mir entwickelte sich eine ganz neue Dynamik, die es jetzt zu erforschen galt.
Es war allerdings ein Problem gewesen, dass wir nur sehr wenig Schlaf bekommen hatten. Eigentlich so gut wie gar keinen, wenn ich ehrlich zu mir selbst war.
Es hatte sich etwas zwischen uns verändert, die Barriere, die es zuvor zwischen uns gegeben hatte, war wie weggewischt.
Vielleicht hatte Kookie den Abend gestern wirklich gebraucht, das bisschen Romantik, das aufgekommen war. Vielleicht war es auch ein wenig dem Alkohol geschuldet gewesen. Was auch immer es war, es war gut so, wie es geschehen war.
Jetzt hatte ich zwar die Quittung dafür und saß mehr komatös als lebendig auf dem Stuhl meiner Stylistin, fühlte aber dennoch tief in mir drinnen eine Freude und eine Erfüllung, die ich mir nie hätte träumen lassen. Wahrscheinlich grinste ich die ganze Zeit über bereits wie ein Bekloppter, ich konnte einfach nicht anders. Wenn ich nicht so müde gewesen wäre, wäre ich vermutlich nur schwer zu ertragen.
Der Kaffee vor mir half mir tatsächlich kein Stück meine Lebensgeister zu wecken. Auch sie mussten einmal schlafen, hatten sie sich in der Nacht verausgabt.
Als ich zu Kookie schielte, sah ich, dass er bereits in sich zusammen gesackt war, sein Kinn auf seiner Brust lag und die paar Minuten nutzte, um soviel Schlaf wie möglich nachzuholen.
Bisher dachte ich, dass er über schier unerschöpfliche Energiereserven verfügte, war er stets so viel munterer, als ich es war. Dem war offenbar doch nicht so.
Die Beziehung zwischen mir und Jungkook wurde dankbarerweise nicht merkwürdig, nachdem wir uns so näher gekommen waren und die letzte Distanz, die zwischen uns geherrscht hatte, geschlossen hatten.
Es war eine meiner Befürchtungen gewesen, wieso diese ganze Beziehung ein riesengroßer Fehler sein hätte können, aber unser morgendlicher Ablauf war fast mit einer traumwandlerischen Sicherheit geschehen, es hatte keine merkwürdigen oder seltsamen Momente mit Jungkook gegeben und ich liebte ihn dafür nur umso mehr.
Ich merkte, wie auch meine Augen langsam schwer wurden, mir langsam zufielen, als die Tür lautstark hinter mir ins Schloss knallte.
Ich schrak zusammen, Kookie schlief ungestört weiter. Er war zu beneiden, er hatte oft einen Schlaf wie ein Toter und war nur schwer zu wecken.
Tae kam mit einem fetten Grinsen in den Raum, nahm die erstbeste Person in seine Arme- Yoongi- und drehte sich mit ihm im Kreis, lachte dabei ausgelassen.
Yoongi fand das selbstverständlich nicht ganz so witzig.
Er war auch nach der Pause noch immer jemand, der nicht allzu offen seine Vorlieben oder Zuneigungen zeigte.
Wenn er etwas nicht mochte, bekamen wir es schnell mit. Bei Trainings saß er oft als erster auf dem Boden und schöpfte bei einer Pause wieder Kraft. Bei Interviews, die wir bereits aufgezeichnet hatten, hielt er sich weiterhin oft im Hintergrund, war oft schweigsam und teilte seine Gedanken nur bei Themen, wo er einen Mehrwert sah, etwas dazu beizutragen.
Seine Liebe zu den anderen Membern zeigte er auch weiterhin nicht so leicht. Man sollte meinen, dass ihn vielleicht die Beziehung, in der er steckte ein wenig weich geklopft hätte, aber dem war nicht so.
Natürlich wussten wir alle, dass er uns, seine Brüder, abgöttisch liebte. Er zeigte es nur nicht so offen, wie wir anderen.
Es war also nicht weiter verwunderlich, dass er Tae lautstark dazu aufforderte, mit diesem Unsinn aufzuhören. Dieser stellte sich jedoch einfach taub und hörte nicht auf ihn, war seine Einwände viel zu sehr gewohnt, um sie noch wirklich zu beachten.
Yoongi nahm es schließlich mit einem Seufzer hin, ließ sich in Taes Armen hängen und wurde gnädigerweise auch nach einer weiteren Drehung wieder auf den Boden abgesetzt.
Ich musste unwillkürlich lachen, als ich die beiden miteinander sah. Diese Vertrautheit zwischen uns allen war wirklich etwas Besonderes.
Tae ließ von Yoongi los, als er mein Lachen hörte, drehte sich zu mir um und kam mit großen, beschwingten Schritten zu mir.
Die Noona, die bis eben noch versucht hatte, ein wenig Ordnung in das Chaos meiner Haare zu bringen, trat für den Moment den Rückzug an, als Tae mir seine langen Arme von hinten um den Hals warf und mich glücklich im Spiegel vor uns anstrahlte.
Ich tätschelte ihm am Unterarm, grinste meinen besten Freund an und überlegte fieberhaft, was ihm diese gute Laune beschert haben könnte. Eigentlich gab es da derzeit nur eine Möglichkeit.
Hana.
"Na, hattet ihr beide gestern noch einen schönen Abend?", fragte er mich breit grinsend und sah kurz zu Jungkook hinüber, der schon im beträchtlicher Schieflage auf seinem Stuhl hing. Wie die Stylistin dabei ihre Ruhe bewahrte und einfach mit ihrer Arbeit fort fuhr, rechnete ich ihr hoch an.
Ich merkte wie meine Wangen wärmer wurden, als ich an gestern Nacht dachte, konnte aber nicht anders, als einfach weiterhin glücklich zu strahlen.
Tae lachte hinter mir leise in sich hinein, als er mich so glücklich auf meinem Stuhl sitzen sah.
"Danke für gestern, Tae."
Er drückte mich kurz an sich, und murmelte leise etwas vor sich hin, das ich nicht ganz verstehen konnte. Es war wohl aber etwas wie "nicht dafür, habe ich gern gemacht".
"Und was ist bei dir los? Du hattest scheinbar auch einen schönen Abend?", versuchte ich ihm zu entlocken, wieso er so euphorisch gelaunt war.
"Mhh", brummte er nur und sein Grinsen vertiefte sich nur noch mehr. Wie das möglich war, war mir ein Rätsel.
Kopfschüttelnd lachte ich und tätschelte ihm nochmal über seinen Arm.
Ich bemerkte den Blick in dem Spiegel vor mir, der mir von meiner Stylistin zugeworfen wurde. Sie war zu höflich und zu professionell, um etwas zu sagen oder zu drängeln, aber ich bemerkte, wie sie mit einem besorgten Blick auf ihre Uhr sah. Wir behinderten sie gerade massiv in ihrer Arbeit, wenn wir so weitermachen würden, hätte sie die unmögliche Aufgabe vor sich, uns noch rechtzeitig heraus zu putzen.
Ich sah Tae über den Spiegel an und nickte in ihre Richtung.
"Ich glaube du solltest mich langsam wieder frei geben", meinte ich schlicht und Tae verstand sofort. Er drückte mich noch einmal kurz, ehe er losließ und zu Yoongi zu einer Couch in einer Ecke herüber schlenderte. Dieser sah Tae dabei aufmerksam zu, rückte aber noch ein paar Zentimeter von ihm weg, als sich Tae neben ihn setzte. Wahrscheinlich wollte Yoongi nicht noch einmal so schnell innerhalb kürzester Zeit zur Zielscheibe von Taes Zuneigung werden.
Meine Noona hatte keine einfache Aufgabe mit mir. Normalerweise reichte immer ein wenig Make Up, um meine Haut ein wenig ebenmäßiger darzustellen, als sie ohnehin war und meine Augen besser zu betonen, als es mir von Natur aus gegeben war. Auch ich war nur ein Mensch, auch wenn ich auf mein Hautbild sehr stolz war und auch eine Menge dafür tat, so gab es auch mir mir manchmal Problemzonen und Dinge, die lieber abgedeckt werden sollten, was die Bearbeitung der Bilder, nach so einem Fotoshooting wie heute, einfacher machen würde.
Heute jedoch hatte sie bereits eine schwere Zeit mit meinen Haaren, die trotz diverser Pflegeprodukte das Färben nicht ganz so gut verkraftet hatten, wie ich gehofft hatte.
Ich hatte in den letzten Jahren schon ganz vergessen, wie strohig sie werden konnten, wenn man zu sehr mit ihnen herum experimentierte.
Auch meine tiefen Augenringe von der viel zu kurzen Nacht, stellten meine Noona vor eine Herausforderung, auf die sie sicher gerne hätte verzichten können.
Ich schloss die Augen, als sie gerade versuchte, diese in ein besseres Licht zu rücken und merkte, wie ich langsam aber sicher mit meinen Gedanken wegdriftete und sich mein Körper die dringend benötigte Ruhe einforderte, die ich ihm letzte Nacht nicht gegönnt hatte.
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Sacht wurde ich an meiner Schulter gerüttelt.
"Jimin-ssi", hörte ich eine leise Stimme meinen Namen sagen. Ich war so unendlich müde, dass es meine gesamte Willenskraft brauchte und ein paar Sekunden dauerte, bis ich langsam blinzelnd meine Augen öffnete.
Es dauerte einen Moment, bis ich verstand, wo ich hier saß, wieso mich jemand anstarrte, der genauso aussah, wie ich.
"Mh?", brummelte ich leise in mich hinein und langsam sickerte in meinen müden Kopf die Tatsache hindurch, dass ich ja auf Arbeit war und eigentlich für ein Fotoshooting hergerichtet wurde. Nur mit Mühe konnte ich mich davon abhalten, über meine Augen zu reiben, um wacher zu werden. Ein ausgiebiges Gähnen konnte ich aber dann doch nicht mehr unterdrücken.
"Das Shooting", erinnerte mich der höfliche Mitarbeiter vor mir an meine Aufgabe. Er war einer der vielen Gesichter von Hype, denen ich keinen Namen zuordnen konnte, aber vom Sehen kannte.
Ich atmete tief ein, sah ein letztes Mal prüfend in den Spiegel und betrachtete mein Make up. Es war wirklich gut gelungen, die Noona hatte ganze Arbeit geleistet. Von meinen tiefen Augenringen war keine Spur mehr zu sehen. Ich nickte dem Mitarbeiter schließlich zu und ließ mich von ihm zum Set führen. Als ich den Raum verließ, sah ich Kookie aber noch immer schief auf seinem Stuhl hängen, seine Stylistin war noch immer mit ihm beschäftigt.
Tae saß bereits auf einem anderen Stuhl, das Grinsen noch immer breit in seinem Gesicht, den Blick auf sein Telefon in seiner Hand gerichtet. Er bekam gar nicht mit, dass ich den Raum verließ.
Von Yoongi und dem Rest der Gruppe fehlte jede Spur.
Das Set war simpel. Wir arbeiteten heute viel mit einem Greenscreen, den sie hinterher nach belieben bearbeiten konnten. Für uns machte dies die Sache meistens ein wenig schwerer. Der Fokus lag dann immer mehr auf uns direkter, auf jede einzelne Miene, die wir verzogen oder auf andere Kleinigkeiten, die vielleicht bei einem Set mit Requisiten nicht so aufgefallen wären.
Wir drehten heute die Werbekampagne für Samsung, die uns kräftig bei unserem Konzert sponsern würden. Es war zunächst ein Fotoshooting geplant, mit dem allerneuesten Modell ihres Telefons im Fokus und ein Video würde auch noch gedreht werden. Natürlich mit jedem Member einzeln und dann noch im Gruppenshooting. Es würde ein langer Tag werden.
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Ich brauchte lange, bis ich mich wieder in die Shootings eingefunden hatte. Es war zwar irgendwie wie Fahrrad fahren, aber irgendetwas stimmte heute einfach immer nicht.
Ich war ein wenig ideenlos, was ich mit diesem Telefon alles anstellen sollte und bekam einige Anweisungen vom Direktor. Das Kookie dann irgendwann dazu stieß und sich dieses Herumgestümper von mir mit ansah, half meiner Konzentration nicht wirklich. Auch Minhos wachsame Augen lagen auf dem ganzen Herumgehampel von mir, wie eigentlich immer, wenn es etwas mit Kameras zu drehen gab. Ich konnte mich fast nur schämen über die Leistung die ich hier brachte, aber ich wusste aus der Erfahrung, das es eben auch mal schlechte Tage gab. Es war halt so.
Seufzend gaben die Mitarbeiter schließlich nach einer beträchtlichen Zeit auf und meinten, dass wohl irgendetwas brauchbares dabei sein würde. Wahrscheinlich hätte ich am Ende am wenigstens Screentime von allen.
Ich schämte mich ein wenig. Fotoshootings waren keine neue Sache für mich und auch Werbedrehs brachte ich normalerweise routiniert über die Bühne.
Ich wusste, wie wichtig dieser Werbefilm für uns war, trotzdem konnte ich mich nicht wirklich konzentrieren. Ich hoffte bloß, dass ich im Gruppenshoot die restlichen Member nicht runter ziehen würde.
Kookie, der nach mir mit seinem Shooting an der Reihe war, zeigte jedenfalls keinerlei Probleme.
"Jimin, wenn du ihn weiterhin so anstarrst, gibt es bald ein Loch in der Luft. Und unangenehme Fragen vom Personal", hörte ich neben mir eine Stimme und schrak zusammen. Tatsächlich hatte ich nicht mitbekommen, dass Tae sich mir genähert hatte.
Ich sank ein wenig in mir zusammen, benutzte meinen Freund als Stütze und versuchte meinen schnellen Herzschlag zu beruhigen.
"Mach das nie wieder", beschwerte ich mich bei ihm und atmete bewusst tief ein und aus.
Tae sah mich nur belustigt an. Seine Stylistin hatte wahrlich gezaubert, es war mir ein Rätsel, wie man jemanden, der von Natur aus schon so schön war, mit ein wenig Make-Up noch besser in Szene setzen konnte. Es war beneidenswert.
"Was genau? Ich kann doch nichts dafür, dass du außerordentlich unaufmerksam bist, wenn du in seiner Nähe bist."
"Bin ich das?" Ich sah ihn fragend an, aber alles, was ich als Antwort bekam, war ein breites Grinsen.
"Tae, was ist eigentlich mit dir los?", versuchte ich in Erfahrung zu bringen, wieso dieses breite Lachen heute derart auf seinem Gesicht klebte. Er hatte oft gute Laune und ich sah ihn gerne so fröhlich, aber ein wenig neugierig war ich schon, was dahinter steckte.
"Was soll los sein? Ich habe halt gute Laune", meinte er etwas ausweichend, sah mir dabei nicht einmal in die Augen.
Ich nahm ihm das nicht ab. So absolut gar nicht. Bevor ich jedoch weiter nachhaken konnte, standen schon wieder zwei Mitarbeiter bei uns, eine frischte mein Make Up auf, die andere fummelte an Taes Haaren herum, der als nächstes mit seinem Shooting dran sein würde und bei dem scheinbar die Frisur noch nicht zur Zufriedenheit saß. Ich erkannte keinen Unterschied, als sie schließlich von ihm abließ und sich zu mir wandte.
Solch private Gespräche wollte ich nicht vor unbeteiligten Ohren führen. Noch immer war der Vorfall mit den geleakten Fotos in meinem Kopf präsent, was letztendlich dazu geführt hatte, dass wir das Comeback öffentlich gemacht hatten.
Der Übeltäter war noch immer nicht gefunden worden, die undichte Stelle noch nicht verschlossen. Da würde ich einen Teufel tun und Tae dazu bringen, vor zwei recht unbekannten Gesichtern derart auf den Zahn zu fühlen. Ich würde meine Neugier also zügeln müssen und das Gespräch auf später vertagen, so einfach käme er mir ganz bestimmt nicht davon.
Mein Blick wanderte wieder zu Jungkook, der professionell noch immer posierte. Das Management gab sich schließlich zufrieden mit den Aufnahmen und es wurde lautstark nach Tae verlangt. Die beiden Damen, die bis eben noch an mir herum getupft und gezupft hatten, widmeten sich sogleich Kookie. Das Scheinwerferlicht und seine recht dicken Klamotten führten dazu, dass er jetzt schon leicht verschwitzt aussah. Ein absoluten No-go für das Gruppenfoto und Shooting. Ihm wurden gleich die Haare trocken geföhnt, was er zwar wortlos, aber mit einer Grimassen über sich ergehen ließ.
Er zog seine Jacke jedoch aus, die Wärme, die sie ihm spendete, war einfach zusammen mit der warmen Luft des Föhns zu viel des Guten.
Ich hatte heute ausnahmsweise Glück gehabt und nur einen recht dünnen Pullover zugeteilt bekommen, der mich nicht sonderlich ins Schwitzen brachte.
Kookie versuchte mir ein wenig dichter zu kommen, sich zu mir zu gesellen, als jedoch eine dritte Dame ankam und auch an ihm herum tupfte, gab er sein Vorhaben erst einmal auf und fügte sich den Wünschen der Mitarbeiter.
Ich suchte mir einen Stuhl, auf dem ich warten konnte, aber das Set noch im Blick haben würde, um Tae bei seinen Aufnahmen zu beobachten. Ab und zu wurde auch mal eine Kamera auf mich gerichtet, wie ich hier hinter den Kulissen saß und wartete, jedoch war ich nicht in der Stimmung großartig mit der Kamera zu spielen und ignorierte sie größtenteils.
Das war natürlich viel zu langweilig, um mich lange zu filmen, weswegen sie weiter zogen und erst einmal Kookie in Beschlag nahmen, der bereitwillig erzählte, was für ein wichtiges Shooting wir hier heute machten.
Ich hing an seinen Lippen, beobachtete ihn, konnte leider in dieser betriebsamen Geschäftigkeit seine Worte nicht ganz verstehen. Erst als mir jemand auf den Oberschenkel klopfte, merkte ich, dass ich mal wieder geträumt hatte und in meine derzeitige Lieblingsbeschäftigung verfallen war, Kookie anzustarren.
"Starr ihn nicht so an", hörte ich Hobi neben mir sagen. Ich seufzte tief, war er nicht der erste, der das heute zu mir sagte.
"Tu ich gar nicht", grummelte ich für mich untypisch in mich hinein und verschränkte meine Arme vor der Brust. Natürlich wusste ich, dass er Recht hatte.
Hobi beschloss darauf nichts zu sagen, zuckte nur mit den Schultern und saß still neben mir.
Er sah in eine andere Richtung als ich- mein Blick hing noch immer auf Kookie, der geduldig und freudestrahlend in die Kamera vor sich sprach. Hobis Blick klebte auf Tae, der bei dem Shooting auch alles andere als eine schlechte Figur abgab, zumindest war es das, was ich mitbekam, als ich kurz zu ihm rüber schielte. Seine gute Laune war noch immer vorhanden, auch wenn er versuchte sie auf ein professionelles Maß herunterzuschrauben.
Er war der letzte von uns mit seinem Einzelshooting und so wie er ablieferte, würde es nicht lange dauern, bis wir mit unserem Gruppenshooting anfangen konnten.
Tatsächlich gesellten sich Namjoon, Yoongi und Seokjin auch zu Hobi und mir, Kookie wurde schließlich auch aus seinem Interview erlöst und schlenderte zu uns. Die Plätze neben mir waren schon durch Hobi und unserem Leader besetzt, also stellte sich Kookie einfach hinter mich und fing an, ganz leicht meine Nackenmuskeln mit seinen großen Fingern zu lockern. Ich hatte dort chronische Verspannungen, dass wusste er und ich war stets dankbar für diese kurzen Massagen. Es dauerte nicht lange, da lag auch schon wieder eine Kamera auf uns und filmte alles.
Ich hatte dem Ganzen vor Wochen zugestimmt. Ich war es von früher gewohnt, dass auf Arbeit fast alles aufgezeichnet wurde, was wir taten. Aber seitdem ich mit Kookie zusammen war, wir eine Beziehung führten, nervte mich der Umstand mehr als er sollte, dass wir ständig beobachtet wurden.
Ich legte meinen Kopf in den Nacken, eine Hand auf eine seiner wohltuenden Händen und sah ihn lächelnd an. Ich bekam ein Bunnygrinsen zurück. Er wusste, was in meinem Kopf vor sich ging. Ich war dankbar für die Zuwendung die ich erfuhr, zugleich war aber die Berührung von ihm hier in der Öffentlichkeit schwierig für mich. Sie erinnerte mich an gestern Nacht und das war in diesem Moment... ungünstig.
Hobi fing an auf meinem Oberschenkel zu trommeln, wir hatten uns so lange ein Zimmer geteilt, dass er vermutlich unter den Jungs derjenige war, der meine Stimmungen am ehesten und schnellsten lesen konnte. Er versuchte mich auf andere Gedanken zu bringen.
Ich revanchierte mich und klopfte ebenfalls auf ihm herum, Kookie widmete sich auch gleich dieser neuen Aufgabe und zusammen belästigen wir unseren Hyung liebevoll, fingen an ihn zu kitzeln, bis er unter schrillen Lachen kapitulierte.
Ich merkte, wie sich mir jemand von der Seite näherte. Als ich aufsah, bemerkte ich Minho dicht hinter mir.
Mein Gewissen meldete sich in meinem Hinterkopf. Ich hatte meinen Freund in der letzten Zeit sehr vernachlässigt, aber mein Terminkalender war einfach dermaßen gefüllt, dass ich kaum Zeit neben den ganzen Vorbereitungen für unser Comeback hatte.
Minho sah jedenfalls nicht verstimmt aus, als ich ihn genauer betrachtete, stellte ich fest, dass er eher... besorgt wirkte.
"Jimin, hast du kurz Zeit?", fragte er mich leise, als er sich zu mir herunter beugte, damit die anderen Member ihn nicht hören konnten.
Ich wollte gerade aufstehen und ihm zusichern, dass ich für ihn immer Zeit finden würde, als eine viel lautere Stimme über meine eigene fuhr und meine geplante Antwort nichtig werden ließ.
"Alle Member bitte zum Set! Das Group-Shooting startet!"
Ein wenig genervt sah ich Minho an. Es war irgendwie unglückliches Timing. Da wollte er scheinbar dringend mit mir reden und ausgerechnet dann rief meine Arbeit nach mir.
Ich stand auf und legte ihn entschuldigend einen Arm auf die Schulter.
"Verschieben wir das auf nachher?", fragte ich ihn aus Ermangelung an Alternativen. Nur ungern würde ich heute noch unprofessioneller als ohnehin schon auftreten wollen und auch noch das ganze Gruppenshooting verzögern.
Minho nickte zögerlich, offenkundig sehr unzufrieden darüber, das Gespräch aufschieben zu müssen.
Ich runzelte die Stirn, Minho war normalerweise sehr gelassen in seiner Art, ich fragte mich, was es so dringendes gab, was er mit mir besprechen wollte und was scheinbar nicht einmal wirklich warten konnte, dass er mich hier vor allen Membern ansprach. Er hielt sich sonst sehr zurück, auch wenn ihm seine sympathische Art bei meinen Brüdern beinahe jede Tür geöffnet hatte. Er gehörte halt doch irgendwie nicht ganz dazu.
Es dauerte viel zu lange für meinen Geschmack, bis wir mit dem Gruppenshooting beginnen konnten. Die Beleuchtung wurde angepasst, die Kamerawinkel ebenfalls. Unser Make-Up wurde aufgefrischt und die Kleidung gerichtet. Es hielt meine Gedanken natürlich nicht davon ab, sich in meinem Kopf wie eine immerwährende Dauerschleife zu wiederholen.
Was auch immer Minho mir sagen wollte, musste sehr wichtig für ihn sein.
Gerade jetzt stand er etwas unschlüssig abseits, sah ab und zu zu mir, unsere Blicke trafen sich.
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als mich Seokjin von der Seite mit seinem Ellenbogen anstieß und ein leicht ungeduldiges Geräusch machte.
"Jimin-ah, nicht träumen", meinte er dabei dann noch versöhnlich zu mir und brachte mich damit endgültig in das Hier und Jetzt zurück.
Ich nickte ihm zu, versuchte mich zu konzentrieren. Was auch immer Minho mir zu sagen hatte, musste warten. Es war wichtig, dass unser Shooting einwandfrei ablief, schließlich handelte es sich hier um einen der Hauptsponsoren für unser Konzert. Da wollte ich uns nicht als Gruppe blamieren.
Ich atmete tief durch und drückte meine Schultern nach hinten. Es würde mit einem Fotoshooting anfangen und dann in den Werbedreh übergehen, was mir ganz recht war. In einem Shooting mit den anderen Membern lag der Fokus nie nur ausschließlich auf mir, ich wusste, dass es besser laufen würde, als das Soloshooting.
Ich wurde mit sanfter Gewalt an Taes Seite dirigiert, Hobi an meiner anderen. Kookie fehlte mir fast schmerzlich neben mir, aber vermutlich war es besser so. Ich konnte mich jedenfalls gut konzentrieren und fand schnell zu dem Level an Professionalität, den ich vorhin vergeblich gesucht hatte. Es lief wirklich gut für mich, die Fotos würden mich sicherlich von meiner Schokoladenseite zeigen.
Mit meinem zurückgewonnenen Selbstvertrauen ging ich auch in den Werbedreh. Vielleicht hatte das Team nochmal alles über den Haufen geworfen, nachdem sie meine Leistung bei dem Einzeldreh vorhin mitbekommen hatten, jedenfalls hatte ich weniger Zeilen zu sagen, als ich gedacht hatte.
Die zwei englischen Sätze kamen mir flüssiger über die Lippen, als es vor Jahren noch der Fall gewesen wäre, meine Zeit in Amerika zahlte sich wirklich aus und brachten mir von Namjoon auch ein anerkennendes Nicken ein.
Dennoch dauerte der Dreh eine gefühlte Ewigkeit. Ein Shooting mit allen sieben Membern brachte es immer mit sich, das jemand unzufrieden mit seiner Leistung war, dass irgendwo die Haare nicht perfekt saßen oder wir einfach die Takes verblödelten, obwohl es für unsere Verhältnisse sich heute sogar in Grenzen hielt.
Gerade, als ich mich im letzten Take wähnte, brach vor uns beim Kamerateam das Chaos aus.
Es war schwer etwas gegen die blendenden Lichter zu erkennen, die auf uns gerichtet waren, ich bekam jedoch blinzelnd mit, wie eine Kamera und der dazugehörige Kameramann umgestoßen wurden und das teure Equipment scheppernd zu Boden fiel. Sofort war die Crew da und versuchte dem armen Teammitglied wieder auf die Beine zu helfen, der jedoch halb unter dem Stativ seiner Kamera begraben war.
Minho sah kurz ertappt zu Boden, natürlich war er schuld an diesem Schlamassel, ich hätte es mir denken können. Namjoon stand nur einen Meter von mir entfernt und eine andere Person kam in einem Umkreis von zehn Kilometern nicht infrage, gleich ein ganzes Shooting zu unterbrechen, indem er jemanden versehentlich umknockte.
Minho hielt sich jedoch nicht lange bei seinem Tatort auf, ich konnte ein über die Schulter gerufenes "Entschuldigung!" hören, als er schnellen Schrittes aus dem Saal rannte.
Ich stand wie versteinert da, ein, zwei Herzschläge lang, ehe ich eine Entscheidung traf.
Minhos Verhalten heute war mir mehr als rätselhaft, ich kannte meinen Freund aber gut genug um zu wissen, dass er sich normalerweise nicht einfach so verkrümeln würde, wenn er für Chaos verantwortlich war.
Als ich sah, wie ihm Sonhwan, mein Bodyguard, hinterher rannte, fackelte ich ebenfalls nicht lange und sprintete ihm hinterher. Ich hörte noch die Rufe hinter mir von den anderen Membern, da war ich schon aus dem Saal heraus gestürmt, meinem Bodyguard dicht auf den Fersen.
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