Kapitel 37

Kapitel 37
Das Gespräch war zäh und wie erwartet langweilig. Nichts desto trotz war es wichtig die nächsten Wochen zu besprechen und miteinander abzustimmen.
Meine Eröffnung, längerfristig bei Bangtan zu bleiben, überrumpelte das Team und Sihyuk-ssi ein wenig, aber sie freuten sich darüber und es entfesselt sofort Ideen für Pläne, die weit in der Zukunft lagen.
Ich war froh, dass sich Namjoon meistens um diese Arbeiten kümmerte, wir waren uns aber alle einig gewesen, dass wir mehr Mitsprache in diesem Comeback wollten und so mussten wir jetzt durch diese Planungen durch.
Gerade war das Konzert das Gesprächsthema. Die noch teilweise unklare Finanzierung machte einigen Anwesenden Sorgen.

"Wir haben doch aber den Erlös der verkauften Tickets", brachte Hobi einen Punkt ein, der scheinbar ein wenig untergebuttert wurde.
"Das stimmt", sagte einer unserer Manager, der ein nettes Gesicht besaß, "sie decken alle Kosten, die entstehen. Wir machen keinen Gewinn mit dem Konzert."
Da lag also das Problem. Die Agentur wittertete verlorenes Geld.
"Das Konzert war ja auch eher als Abschied und Dankeschön gedacht, nicht wie jetzt als richtiges Comeback", warf Tae vorsichtig ein. Zwischenzeitlich war ich fest überzeugt gewesen, dass er gedanklich weggetreten war. Es fiel ihm meistens sogar schwerer als mir, den Faden bei diesen Diskussionen nicht zu verlieren.

"Können wir nicht vor dem Livestream ein wenig Werbung schalten? Und mit Merchandising sollte sich auch noch etwas herauszuholen sein", versuchte ich mich einzubringen.
Ich merkte, dass meine Antwort nicht das war, was sie hören wollten, dennoch bekam ich zustimmendes Gemurmel. Den Livestream kostenpflichtig zu machen, kam nicht in Frage. Dem würde ich nicht zustimmen, unsere Fans hatten ihn verdient.
"Wie sieht es mit Sponsoren aus? Sicher ist doch Samsung wieder offen dafür, oder?", fragte Hobi.
"Tatsächlich haben sie angefragt, wir stecken gerade in den finalen Verhandlungen."
Dann konnte die finanzielle Situation eigentlich nicht so schlecht sein, wie sie uns weiß machen wollten. Samsung bezahlte gut.

"Es spricht doch aber nichts dagegen, dass Konzert zu wiederholen?", fragte Jin neben mir zögerlich, "ich meine, jetzt, da Jimin auch weitermachen möchte... Wieso planen wir nicht mehr als ein Konzert? Im Herbst oder so?"
Die Gesichter unserer Manager hellte sich auf. Wahrscheinlich kalkulierten sie schon, was sich in Zukunft für alles machen ließe.
Natürlich mussten wir unseren Gewinn für die Agentur erbringen. Wenn man es genau nahm, hatten wir die erst zu dem gemacht, was sie jetzt war. Ich wusste um den Markteinbruch, den es in den letzten Jahren gab. Es war nur logisch, dass Hybe da weitermachen wollte, wo wir aufgehört hatten. Ich wusste aber, tief in mir drin, dass ich dieses straffe Pensum nur schwer erneut schaffen konnte.

Auch Namjoon wirkte ein wenig unglücklich über die nachdenklichen Gesichter und versuchte zu retten, was zu retten war. Er hatte schließlich ein Baby, das er sicher öfter als nur an zwei Wochenenden im Monat sehen wollte.
"Es geht ja in erster Linie um das eine Konzert in anderthalb Monaten. Was dann kommt, muss man noch einmal drüber reden."
Sicherlich sprach nichts gegen weitere Auftritte, Interviews oder Konzerte. Aber ein bisschen Luft zum Atmen brauchte ich dazwischen. Auch wenn ich jetzt Kookie an meiner Seite wusste, was mir vieles erleichtern würde.
"Wie sieht es mit einer neuen Single aus? Das Konzert wäre der perfekte Zeitpunkt dafür. Wir melden uns mit einem großen Knall zurück", schlug die einzige weibliche Person in diesem Raum vor.

"Die Idee ist gar nicht so schlecht...", überlegte Bang Sihyuk.
"Ich glaube da hätte ich vielleicht das passende", meldete sich Yoongi von neben mir, "ich hab in letzter Zeit an etwas geschrieben. Es ist vielleicht nicht so markttauglich für den Westen wie Dynamite, aber es ist hundert Prozent Bangtan."
Ich blinzelte ihn überrascht an. Immer wieder vergaß ich, wie viele Songs er nebenbei komponierte. Viele von ihnen waren wirklich gut. Wenn er selbst so sehr von einem Lied überzeugt war, würde es sicher gut zu uns passen.
"Natürlich, wir werden es uns anhören", wurde sein Vorschlag aufgenommen. Für mich klang diese Reaktion sehr defensiv und abwiegelnd, Yoongi sah aber ganz zufrieden aus.
"Ein neues Lied, das wir das erste Mal auf dem Konzert zeigen, würde Army sicher gefallen", überlegte Kookie laut. Nach kurzen hin und her war es beschlossene Sache.
Es würde unseren Trainingsplan ein wenig durcheinander bringen und ihn generell noch straffer gestalten, aber mir gefiel der Gedanke mit etwas neuem die Welt zu überraschen. Es würde einfach niemand damit rechnen.
Wir würden vermutlich viele Menschen mit unserer Arbeit glücklich machen.
Zu meiner Überraschung meldete sich Tae zu Wort. Er war zuvor sehr still gewesen, hatte nur ein oder zweimal etwas eingeworfen.

"Ich brauche in vier Wochen zwei freie Tage. Das Drama, in dem ich gespielt habe, wird da promoted. Ich weiß, dass es kurzfristig ist, es geht aber nicht anders."
Das war wirklich ein ungünstiges Timing, es war kurz vor unserem Konzert.
Hektisch wurde der Terminplan durchblättert und nachgesehen, wie man für ihn am besten eine Lücke schaffen konnte. Es war unmöglich.
"Wir haben in drei Wochen eine kurze Lücke", meinte der Manager mit dem netten Gesicht, "wenn wir ein bisschen schieben, die Proben von der darauf folgenden Woche vorverschieben... Hättet ihr eine komfortable Lücke von drei Tagen. Bis dahin hättet ihr aber keinen freien Tag."
Das war zwar ein wenig ärgerlich, aber es wäre nicht das erste Mal, dass wir ohne Pause vor einem Comeback arbeiten würden.
Wir wirkten alle nicht zufrieden mit diesem Kompromiss, wussten aber, dass es keine wirkliche Alternative gab.

Wenn wir drei Tage frei hatten... Es würde reichen, um stressfrei nach Busan zu fahren.
Ich hatte meine Eltern seit gefühlten Ewigkeiten nicht gesehen und vermisste sie mehr, als ich mir eingestehen wollte. Zwar hatte ich sie für die Zeit, in der ich in Amerika gewesen war, auch nicht um mich gehabt, aber der Besuch vor zwei Monaten hatte mir wieder vor Augen geführt, was ich so sträflich vernachlässigt hatte. Ich versuchte mich sooft es ging bei ihnen zu melden, zu meiner Schande fand ich aber nicht häufig die Zeit dafür, wie ich wollte.
Sie wussten natürlich auch noch nichts davon, dass ich jetzt mit Kookie in einer Beziehung war. Das machte alles nur umso schwieriger. Ich war mir nicht einmal sicher, ob sie überhaupt wussten, dass ich wohl nie bei ihnen mit einer Frau vorstellig werden würde.
Sie liebten mich und ich sie, das stand außer Frage, aber ich hatte ihnen diesen Umstand bisher nicht deutlich zu verstehen gegeben. Ein bisschen Bammel hatte ich davor, es ihnen zu sagen. Natürlich kannten sie Jungkook und hatten ihn schon seit ihrer ersten Begegnung in ihr Herz geschlossen, aber ihn als Schwiegersohn zu akzeptieren war da eine ganz andere Herausforderung.

Unser Gespräch machte letztendlich mein Knie zum Thema, ich versuchte es aber so gut es ging im Keim zu ersticken. Natürlich machten sie sich Sorgen, ob ich wieder rechtzeitig fit sein würde, ich vertraute da aber ganz unserem Ärzteteam.
"Wir werden die erste Run BTS Folge zwei Tage vor dem Konzert hochladen", wurde nun auch dieser Zeitplan etwas erläutert. Das Team hatte da in der Vergangenheit schon einen außerordentlich guten Job gemacht und sie würden es auch diesmal wieder tun, da war ich mir sicher. "Wir haben einen weiteren Dreh für morgen Nachmittag angesetzt. Jiminssi, du bist entschuldigt, weil du dein Knie nicht belasten darfst, du kannst dann als Schiedsrichter fungieren, wenn das für alle in Ordnung ist. Vorher werden wir ein paar Interviews mit euch führen, als exklusives behind the scenes Material für eine DVD, die von dem Konzert herauskommen soll."

Den Plan für die Woche hatte ich bereits im Blick gehabt. In vier Tagen würde ein Fotoshooting stattfinden. Hybe brauchte aktuelle Bilder von uns.
Das passte mir ganz gut, bis dahin würden hoffentlich die dunklen Flecken an meinem Hals deutlich verblasst sein.
"Wir würden euch des Weiteren bitten, größere Besorgungen oder Ausflüge nur noch in Begleitung einer unserer Personenschützer zu unternehmen. Seokjin hatte da heute früh ein unschönen Erlebnis mit einem Saseang-"
"Wie bitte? Und du erzählst uns davon nichts?", durchbrach Tae ein wenig dünnhäutig unseren Chef. "Verzeihung", entschuldigte er sich auch gleich bei diesem.
Wenn es um diese extrem fanatischen Personen ging, wurde bei uns allen ein empfindlicher Nerv getroffen. Wir waren alle schon von ihnen durch die Stadt oder Einkaufläden gejagt worden, beinahe wie bei einer Hetzjagd. Es sorgte damals schon lange dafür, dass ich nie ohne Begleitung Besorgungen machte. Meine Zeit in Amerika hatten die Erinnerungen an diese Menschen angenehm in den Hintergrund gedrängt.

"Es ist ja nichts passiert", versuchte sich mein ältester Bruder zu rechtfertigen,"außerdem gab es keinen günstigen Zeitpunkt, es euch zu erzählen. Und ich hatte ja jemanden bei mir."
"Er wurde von einem Sasaeng erkannt und durch die halbe Mall gejagt, ein Glück hatte er bereits einen unserer Leute bei sich, dass hat die Frau ein wenig abgeschreckt."
"Seit der Ankündigung unseres Konzerts, ist es schlimmer geworden. Sie sehen sich jetzt aufmerksamer um und erkennen mich schneller... Sie erwarten uns hier in Seoul zu sehen", murmelte Jin.
"Wir werden euch morgens einen Fahrdienst schicken, der euch direkt zu uns bringen wird. Es wird auch ein Bodyguard dabei sein, für alle Fälle, Keine Alleinfahrten mehr", meinte Bang Sihyuk.

Wenn diese ganze Situation nicht so dämlich gewesen wäre, hätte mich seine Sorge um uns sicher gerührt. Kookie und ich nahmen eh schon einen Fahrdienst, Tae fuhr aber beispielsweise selbst hierher. Es war schon ein großer Einschnitt in unsere Freiheit und ich zweifelte etwas, ob es gerechtfertigt war.
Als Yoongi seinen Mund aufmachen wollte, fuhr ihm ein Manager gleich dazwischen.
"Der Fahrdienst ist indiskutabel. Die Begleitung eines Personenschützers ebenso. Erst gestern hat jemand versucht hier bei Hybe euch ausfindig zu machen, sie ist zum Glück nicht weit gekommen. Es ist besser, wenn ihr jemanden zu eurem Schutz dabei habt."
Stillschweigend ließen wir es zu. Schon früher waren wir zu jedem Termin mit einem eigenen Fahrer abgeholt worden, wir hatten uns in der Pause nur an so viele neugewonnene Freiheiten gewöhnt, dass es schmerzte, sie wieder zu verlieren.
Das Gespräch drehte sich die restliche Zeit um nichts wichtiges mehr und wurde darauf schon bald beendet.

Die neusten Entwicklungen stellten mich vor ein Dilemma. Die Agentur wusste natürlich schon, dass Jungkook momentan bei mir wohnte. Es wäre aber für alle besser, wenn sie wussten, was da zwischen mir und ihm tatsächlich lief. Nicht, dass ich es jedem unter die Nase reiben wollte, es hatte ganz praktische Gründe es ihnen mitzuteilen.
Mühsam erhob ich mich, das nun nicht mehr so kühlende Gelpad legte ich auf den Tisch und humpelte langsam zu meinem Chef und langjährigen Vertrauten. Wir standen uns so nahe dass es beinahe gleichkam, als würde er zu meiner Familie zählen. Früher hatte ich auch ohne zu zögern behauptet, dass Bighit meine zweite Familie war, es hatte sich jedoch leicht geändert durch die Pause.
Nun war es Jungkook. Dicht gefolgt vom Rest von Bangtan. Hybe kam erst mit weitem Abstand danach. Viel zu sehr hatte ich mich von ihnen entfremdet.
In der nächsten Zeit würden wir uns aber wieder annähernd, das wusste ich.

Suchend sah ich mich nach Jungkook um, der verstand was ich vorhatte und langsam zu mir herüber geschlendert kam.
Tae warf uns einen neugierigen Blick zu, verließ aber zusammen mit den anderen Mitgliedern von Bangtan das Zimmer.
"Si-hyukssi, können wir kurz reden?", fragte ich ihn höflich, als dieser gerade seine ganzen Notizen zusammen schob und wegstecken wollte.
"Natürlich Jiminssi."
Er musterte mich aus seinen kleinen klugen Augen. Sein Blick glitt hin und wieder zu Jungkook, der nun dicht hinter mir stand.

Ich müsste lügen, dass mir das Gespräch mit ihm leicht fiel. Es war schwer, die richtigen Worte zu finden, mich zu überwinden, sie auch ihm gegenüber laut auszusprechen. Er war soetwas wie eine Vaterfigur für mich und seine Reaktion konnte ich beim besten Willen nicht einschätzen.
Er sollte mich wieder einmal überraschen.
"Und deswegen stehst du da und druckst so herum? Ich freu mich für euch!", war seine fast schon entwaffnend positive Antwort.
Ich blinzelte ihn sprachlos an. Kookie entspannte sich hinter mir und legte mir fast schon demonstrativ einen Arm um die Taille.

"Das heißt, es macht keine Probleme? Für Bangtan und alles?"
Er zuckte mit seinen Schultern und fixierte einen Punkt irgendwo hinter mir an der Wand, mit seinen Gedanken offenbar nicht ganz in diesem Moment.
"Ich wüsste nicht, wieso es das sein sollte. Ihr seid lang genug im Geschäft um zu wissen, worauf es ankommt und ich bin mir sicher, dass ihr vorsichtig sein werdet." Sein kluger Blick traf meinen und es rührte mich, wie viel er von uns hielt, wie sehr er uns vertraute.
"Außerdem...", murmelte er etwas leiser, "ist es ja nicht so, dass ihr die ersten und einzigen seid. Mit den richtigen Maßnahmen und Vorbereitungen, gibt es da keine Probleme."
Hatte er gerade gesagt, dass es mindestens noch ein Pärchen wie Jungkook und mich unter den Idols gab? Fieberhaft versuchte ich die Gesichter durchzugehen, nach Hinweisen zu suchen, wer ein genauso großes Geheimnis wie wir hütete, mir fiel aber niemand ein. Zu lange war ich abwesend gewesen, um auch noch Veränderungen innerhalb anderer Gruppen mitzubekommen. Ich hatte mit den Membern meiner Gruppe selbst noch viel zu viel Nachholbedarf.

Wenn man es genau nahm, ging es mich auch wirklich nichts an, wer aus der Agentur ebenfalls schwul war. Neugierig war ich trotzdem, wer den Mut gefunden hatte, ebenfalls diesen Pfad einzuschlagen.
"Vielen Dank für das große Vertrauen Si-hyukssi", meinte ich ehrlich und verbeugte mich förmlich.
Seine kleinen Augen trafen auf meine und ein breites Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. Schließlich stand er auf und breitete seine Arme aus, schloss Kookie und mich in eine Umarmung.
"Hör auf mit diesem Blödsinn, Jimin", meinte er dicht neben mir, "und genießt die Zeit zusammen. Ich wünsche euch alles Glück der Welt."
"Danke", hörte ich Kookie dicht an meinem Ohr.


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