Kapitel 31
Die Zeit verging wie im Flug. Wir waren als Gruppe derart mit unseren Proben beschäftigt, dass ich oft einfach müde in mein Bett fiel und fast sofort einschlief.
Es tat mir für Namjoon leid, der ein Baby Zuhause hatte und so viel verpasste, aber er beschwerte sich nie.
Wir versuchten ihn so gut es ging zu entlasten und zu unterstützen. Besonders Hobi nahm ihm einen Haufen Arbeit ab.
Es war schwierig für mich in dieser Zeit das richtige Gleichgewicht zwischen mir und Kookie, der Arbeit und unserer Beziehung zu finden. Ich glaube aber, es gelang uns ganz gut. Ein vergleichbarer Ausrutscher, wie der in dem einen Tanztraining mit der Abstellkammer, war jedenfalls nicht noch einmal passiert. Auch wenn ich manchmal den ein oder anderen Knutschfleck aufwies, den ich nur mehr schlecht als recht abdecken konnte, sprach mich niemand darauf an.
Es fiel mir trotzdem an einigen Tagen schwer mich auf bestimmte Dinge zu konzentrieren, wenn Kookie genau vor meiner Nase tanzte oder mich mit diesem Ausdruck in den Augen ansah, der mir zeigte, dass er gerade genauso gerne mit mir alleine wäre, wie ich mit ihm. An diesen Tagen war ich froh, wenn er seine oversized Klamotten trug, die seine wunderbaren Vorzüge, wie seinen durchtrainierten Sixpack, versteckte.
Ich weiß auch gar nicht wirklich, wann es passiert war, aber Jungkooks Sachen und Koffer waren irgendwann unbemerkt in meiner Wohnung gelandet und in stiller Übereinkunft, wohnten wir jetzt zusammen.
Unter normalen Umständen wäre es mir viel zu früh gewesen. Wer bitte zog nach wenigen Wochen mit seinem Partner zusammen?
Es war aber alles andere als eine normale Beziehung. Ich liebte Jungkook mit jeder Faser meines Körpers und ich war mir unserer Beziehung sicher. Ich wusste, dass er das war, was ich wollte, seit Jahren gewollte hatte. Wir kannten uns seit einer gefühlten Ewigkeit und waren das Zusammenleben damit auf eine seltsame Art und Weise schon gewohnt. Es war fast keine Umstellung für mich.
Schon in Amerika war Minho sooft bei mir gewesen, dass es sich für mich fast so angefühlt hatte, als würde er bei mir wohnen. Die Wohnung hier in Seoul war verstörend leer und einsam gewesen und mit Kookie nun an meiner Seite, fühlte es sich so viel besser an.
Ich konnte mir kein anderes Leben mehr vorstellen. Ich wollte bei ihm hier in Seoul bleiben und so verschwanden meine ursprünglichen Gedanken, irgendwann wieder zurück nach Amerika zu wollen. Was sollte ich da alleine? Korea war meine Heimat und ich wusste, dass Kookie ebenfalls hier bleiben wollte.
Als sich schließlich eine kleine Pause in unserem dichten Trainingsplan auftat, nutzte ich die Zeit um einen Kurztripp nach New York zu machen und um wichtige Dinge aus meiner Wohnung zu holen. Ich würde sie behalten, sie hatte mich ein halbes Vermögen wegen der ausgezeichneten Lage gekostet, aber ich würde meinen Wohnsitz nach Korea verlegen und einige persönliche Dinge in meine Heimat schicken. Wer weiß, wann ich sie noch gebrauchen konnte.
Minho begleitete mich auf meinem Flug. Er wollte auch ein paar Dinge mitnehmen und in seiner Gesellschaft würde mir die Zeit, die ich getrennt von Kookie verbringen würde, vielleicht nicht ganz so unerträglich erscheinen.
Der Flug war zäh und langweilig wie sooft, aber Minhos Anwesenheit und seine freundliche Art, verkürzten mir die Zeit.
Kurz schoss der Gedanke an John durch meinen Kopf, den ich auf meinem letzten Flug kennengelernt hatte und ich nutzte die Gelegenheit, um ihm zu schreiben.
Er hatte sich als zuverlässig erwiesen und zum Glück niemanden meine Telefonnummer weitergegeben.
Es war wirklich leichtsinnig gewesen ihm so sehr zu vertrauen, es hätte schnell in einer Katastrophe enden können.
Er antwortete mir in Rekordzeit und ich freute mich riesig ihn morgen wiederzusehen. Er wohnte auch in New York und hatte Zeit für mich.
Ich öffnete den Chat mit Kookie und schrieb ihm zurück. Kaum hatte ich meine Wohnung verlassen, hatte er mir schon geschrieben, wie sehr er mich vermisste.
Ich schickte ihm noch ein Selca von mir und einem schlafenden Minho auf meiner Schulter, ehe ich das Telefon wieder aus der Hand legte und selbst versuchte, ein wenig Schlaf zu bekommen.
Die Beziehung zwischen Minho und Jungkook hatte sich deutlich gebessert, seit der kleinen Aussprache, die ich mit Kookie gehabt hatte. Jungkook war seinerseits sehr freundlich zu Minho gewesen und schien sich nicht mehr daran zu stören, wenn er uns besuchte. Minho gab dies genug Selbstvertrauen und noch weiter aufzutauen und schon bald konnte Kookie auch den Minho sehen, den ich so sehr liebte. Die letzten Wochen hatten gereicht, damit sich zwischen den beiden eine Freundschaft entwickelte hatte. Minho gab auch einen viel besseren Zockerkumpel ab als ich, sodass die beiden oft an den freien Abenden vor der Playstation hingen, manchmal spielte Tae auch mit. Ich war da selten eine ernstzunehmende Konkurrenz gewesen und hielt mich in diesem Bereich sehr zurück.
Wenn sie aber wortreich darum baten, dass ich mitspielen sollte, gab ich kampflos auf und genoss einfach die Gesellschaft der drei mir liebsten Personen und verlor Runde um Runde.
Alles in allem machte mich dieser Umstand sehr glücklich, dass sich die drei wichtigsten Menschen in meinem Leben so gut verstanden.
Ich hatte immer gewusst, dass sie sich mögen könnten, wenn sie sich aufeinander einließen, aber dass es letztendlich so unkompliziert sein würde, freute mich sehr.
Ich lehnte meinen Kopf gegen den von Minho und schaffte es tatsächlich ein wenig einzudösen.
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Wir hatten es zum Glück so einrichten können, dass es nicht an die Öffentlichkeit drang, dass ich nach Amerika flog. In Korea hatte es keinen Fanansturm am Flughafen gegeben und ich war zuversichtlich, dass es in New York ähnlich sein würde.
Als ich mich schnell zusammen mit Minho zum Ausgang schob, bemerkte ich schon die Blicke einiger Personen. Ich ließ ihnen aber keine Zeit darüber nachzudenken, wen sie hier gerade gesehen hatten und zog meine Mütze tiefer ins Gesicht.
Meine Agentur wusste von der Reise nach Amerika und wir hatten lange miteinander diskutiert. Sie konnten es mir nicht verbieten in meinen freien Tagen das Land zu verlassen, aber es wäre untertrieben gewesen, wenn ich behaupten würde, dass sie glücklich mit meiner Entscheidung gewesen wären.
Zumindest auf einen Bodyguard und einen Privatjet hatten sie bestanden und nach kurzer und vergeblicher Diskussion darüber, hatte ich es akzeptiert. Sie waren fast vom Stuhl gefallen, als ich ihnen direkt ins Gesicht sagte, dass ich ganz ohne TamTam alleine mit Minho fliegen wollte.
Der junge Mann, der jetzt mein Beschützer war, drängte sich auch gleich bei der regen Betriebsamkeit des Flughafens etwas näher an mich heran.
Da wir ohne großes Gepäck gereist waren, weil wir sowieso nicht lange bleiben konnten und noch genug Zeug in der Wohnung hatten, kamen wir schnell zum Ausgang und ließen uns in ein Taxi fallen, mein Bodyguard blieb stets an meiner Seite und würde mich erst verlassen, wenn ich sicher zu Hause angekommen war.
Ich kannte ihn nicht, wenn er aber länger an meiner Seite blieb in der Zukunft, wäre es schön, wenigstens eine zarte Beziehung zu ihm aufzubauen. Ich mochte unbekannte Gesichter so dicht bei mir eigentlich nicht, aber es war bisher keine Zeit gewesen, dass ich mich ihm mehr hätte annähern können.
Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, war ich auch noch nicht bereit, diesen Schritt zu tun. Vielleicht war es etwas bockig und naiv. Ich hätte mir gern denjenigen selbst ausgesucht, den ich so nah an mich heranlassen musste. Dass ich alleine wieder jemanden brauchte, bereitete mir leichte schlechte Laune. Natürlich konnte er herzlich wenig dafür.
Ich nannte dem Taxifahrer unsere Adresse und er fuhr uns sicher durch den dichten Verkehr.
Ich überprüfte meine Nachrichten. Die anderen Member schienen auch die freien Tage zu nutzen.
Namjoon schickte uns ein Bild mit seinem kleinen Sohn und sein Gesicht strahlte vor Stolz. Tae verbrachte die Zeit ungestört mit Hana, Jin und Hobi besuchten ihre Eltern. Bei Yoongi war ich mir nicht ganz sicher, was er tat, aber er hatte ganz bestimmt auch Verwendung für die Freizeit.
Kookie hatte erst mit mir diskutiert, dass er mich nach Amerika begleiten wollte. Uns war aber schnell klar geworden, dass wir zu zweit nur mehr Aufmerksamkeit auf uns ziehen würden, als wenn ich alleine mit Minho flog. Minho kannte man nirgends.
Außerdem musste er das Ganze mit dem Jetlag nicht auch durch machen. Ich würde daran schon genug zu knabbern haben. Es waren ja auch nur vier freie Tage. Es wäre nicht einmal Zeit für Sightseeing geblieben.
Zu seinen Eltern nach Busan wollte er auch nicht. Zu groß war die Angst, dass das Gespräch auf Hyuna und schließlich bei mir landen würde. Es war einfach noch zu früh, um die Familie einzuweihen. also saß er alleine in Seoul fest, ohne wirkliches Ziel, einen halben Tag Zeitverschiebung von mir entfernt. Wahrscheinlich würde er bis zur Erschöpfung trainieren.
Als ich die Tür hinter mir von meiner Wohnung zu schob, war das erste, was ich tat, bei Kookie anzurufen. Auch wenn es jetzt schon recht spät in Korea war und hier in New York früh am Morgen, wusste ich, dass er auf meinen Anruf wartete. Ich hätte es an seiner Stelle auch getan.
Er ging nach dem ersten Klingeln ran, was meine Vermutung nur bestätigte.
"Jiminie?" Es war so schön seine Stimme wieder zuhören. Wie hatte ich es fast drei Jahre ohne ihn ausgehalten? Gute zwölf Stunden waren jetzt für mich bereits ein Albtraum und ich hatte noch drei Tage vor mir.
"Kookie."
Langsam schlenderte ich in Richtung Schlafzimmer und ließ mich auf mein Bett fallen. Es kam einmal die Woche noch eine Putzfrau hierher, damit der Staub nicht übermächtig werden würde und sie hatte einen großartigen Job gemacht. Sie hatte auch mein Bett frisch bezogen, als ich ihr von meinem Besuch erzählte und ich war sehr dankbar darum. Der Geruch nach Waschmittel ließ mich lächeln. Kookie würde es hier lieben.
"Wie war der Flug?", frage er mich, ein wenig Smalltalk betreibend. Es war schwierig über so banale Dinge miteinander zu reden. Am liebsten hätte ich ihn hier im Arm gehalten.
"Gut. Lang. Wie immer."
"Ich war seit Ewigkeiten nicht mehr in Amerika..."
Irgendwann in der Zukunft würden wir mal wieder zusammen hierher fliegen. Fürs Erste jedoch, mussten wir uns auf das Comeback vorbereiten.
"Ich bin nicht zum Urlaub hier, Kookie."
Ich hörte ihn am anderen Ende seufzen. "Ja, ich weiß."
Würde irgendwann einmal ein ganz normaler Urlaub mit ihm zusammen möglich sein? Vielleicht zu zweit, irgendwo, wo es nicht überlaufen war. In New York oder einer anderen Großstadt, war das kaum denkbar.
Würde überhaupt einmal so etwas wie ein Date möglich sein? Irgendwie hatten wir beide alles zu stürmisch übersprungen, dass ich bisher nicht einmal wirklich Luft holen konnte. Es fühlte sich noch immer richtig an, mit ihm zusammen zu sein. Dass aber so alltägliche Dinge, wie beispielsweise ein ganz normales Date, nie wirklich möglich sein würden, lastete schwer auf meiner Seele. Ein Gedanke nahm in mir Form an. Ich würde mir diese Erfahrungen nicht so einfach nehmen lassen.
Zwar war ich romantischen Gesten gegenüber noch nie abgeneigt gewesen, ich wusste aber, dass vor allem Jungkook es viel bedeuten würde. Er hatte da eine Ader für.
"Ich vermiss dich schon, seit du aus der Tür hinaus gegangen bist."
"Geht mir auch so."
Als ich mich schließlich auf dem Bett hinlegte und meine Beine ausstreckte, merkte ich die Müdigkeit, die auch durch den kurzen Schlaf im Flugzeug noch in mir steckte. Doch so müde wie ich war und auch wie Kookie sich bestimmt fühlte... Es wollte keiner von uns beiden die Verbindung trennen. Wir redeten über Nichtigkeiten, aber ich genoss jeden Moment mit ihm.
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Wahrscheinlich war ich einfach eingeschlafen, stellte ich verwirrt fest, als ich meine Augen wieder öffnete.
Nicht ganz ausgeruht wurde ich wach und als ich auf mein Handy sah, hatte Kookie die Verbindung scheinbar irgendwann getrennt. Ich hatte ganze drei Stunden geschlafen.
Es war zwar mein Plan gewesen, meinen Schlafrhythmus hier in Amerika nicht zu verändern, damit ich nicht so sehr unter dem Jetlag leiden würde, aber so ganz ungeplant mitten im Telefonat mit Kookie einzuschlafen, wollte ich dann doch nicht.
Kookie hatte mir noch eine Nachricht geschrieben.
Kookie (10:14): Schlaf gut, ich lege mich auch hin :) Ich liebe dich.
Ich starrte einen Moment lang auf die Nachricht, ehe ich das Handy mit einem super blöden Grinsen an meine Brust drückte.
Natürlich wusste ich, dass er mich liebte und er wusste es anders herum ebenso von mir, aber wir hatten es uns bisher weder direkt gesagt, noch geschrieben.
Es war mir, bis ich diese Nachricht gelesen hatte, nicht einmal wirklich aufgefallen. Umso bedeutsamer kam sie mir jedoch jetzt vor, als es mir bewusst wurde.
Was führten wir beide doch nur für eine verquere Beziehung. Es musste sich wirklich ändern, zumindest ein kleines bisschen Normalität sollte doch möglich sein.
Auf der anderen Seite... Was war schon normal? Zwei männliche Idols, die alles in ihrer Kraft taten, damit die Beziehung zwischen ihnen beiden ein Geheimnis blieb, war sicher weit weg davon.
Noch immer mit diesem debilen Grinsen auf meinen Lippen, tippte ich eine Antwort für Jungkook in mein Handy.
ChimChim (13:04): Ich liebe dich auch.
Kurz überlegte ich, ob meine Antwort zu kitschig war. Ich hoffte nicht, wahrscheinlich würde Jungkook bei meinen geschrieben Worten sich ebenso beflügelt fühlen, wie ich es tat, gerade jetzt, wo wir so weit entfernt voneinander waren.
Mit einem letzten Blick auf diese schönen Wörter von meinem Liebsten, raffte ich mich auf, um meine Dinge hier zu erledigen, weshalb ich gekommen war.
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