Kapitel 29

Kapitel 29
Nach der kurzen Aussprache mit Yoongi war ich endgültig auf Wolke sieben. Zwar fühlte ich mich schon den ganzen Tag seltsam schwerelos und leicht, die Unterstützung von meinem Bandkollegen bedeutete mir aber mehr, als ich mir zuvor eingestehen wollte. Mir war eine Last von meinen Schultern genommen worden, die ich vorher nicht wahrgenommen hatte.
Ich wusste, dass es mir nur noch besser gehen würde, wenn auch der Rest der Gruppe auf den neuesten Stand gebracht werden würde, es fühlte sich für mich aber einfach noch viel zu früh an.

Ich hatte mit Jungkook seit dem kurzen Besenkammerzwischenfall keine Zeit mehr unter vier Augen verbracht und ich sehnte die Stunde unseres Feierabend herbei.
Zuerst hieß es aber, endlich unser Lied on zu Ende zu proben und dann gab es noch ein erstes Fitting für einige Bühnenoutfits.
Mit den Proben kamen wir außerordentlich gut voran, wahrscheinlich lieferten unsere vollen Mägen die nötige Energie, die vor allem mir zuvor gefehlt hatte. Es lief jetzt einfach so viel besser.

Auf der anderen Seite spürte ich jedes Mal, wenn Jungkook mich prüfend bei meinen Parts ansah, ich konnte mich noch deutlich an das Gefühl erinnern, als er mir vorhin eine Hand auf meinem Bauch gelegt hatte, um mich an meinen Support beim Singen zu erinnern. Die Erinnerung hinterließ ein freudiges Kribbeln in meiner Magengegend.
Ich war zufrieden mit meiner Leistung und auch die anderen sahen glücklich mit dem Ergebnis aus.

Als wir gerade beschlossen, das Training für heute zu beenden, trat einer der Mitarbeiter zu uns heran, der den ganzen Tag zuvor schon die Kamerateams betreut hatte.
"Entschuldigt... was würdet ihr davon halten, wenn wir für Army ein Video zu on aufnehmen?", fragte er uns und als wir ihn interessiert ansahen, aber nicht wirklich wussten, was er meinte, sprach er weiter. "Ich meine, ganz ohne Choreo, einfach nur Gesang, quasi wie die dance practice Videos, nur andersherum. Army würde dafür sterben, etwas von euch zu sehen, das ganz aktuell ist."

Ich sah zu den anderen sechs, die auch ein wenig verunsichert wirkten, genau wie ich.
"Sollten wir Ihnen nicht lieber einen Tanz zeigen? Zum Beispiel Boy with Luv, den haben wir doch schon fertig", überlegte Hobi laut.
"Wir sollten es probieren. Wenn das Ergebnis schlecht ist, ladet ihr es halt nicht online", gab Kookie schulterzuckend seine Meinung dazu preis.
Army würde wahrscheinlich alles lieben, was sie von uns zu sehen bekamen, wir waren da selbst wohl unsere stärksten Kritiker.
"Gut, dann gebt mir ne Minute, ich werde mich umziehen", meinte ich schließlich, mich der Mehrheit anschließend.

Die anderen folgten mir in unser großes Bad und wir zogen uns schnell um. Wir waren es als Gruppe gewohnt uns sogar Backstage irgendwo mitten im Gang schnell umzuziehen, sodass es normal war und ich mir eigentlich keine Gedanken über die Nähe der sechs machen sollte.
Absichtlich hob ich aber nicht den Blick. Wenn ich jetzt Kookie halbnackt vor mir sehen würde, könnte ich wohl für nichts mehr garantieren. Diese alltäglichen, normalen Dinge waren mit einem Mal so merkwürdig ins Ungleichgewicht geraten.

Prüfend besah ich mich in unserem riesigen Spiegel. Meine Haare waren noch immer so durcheinander, dass sie eher an ein Vogelnest erinnerten und auf meinen Gesicht war ein Ausdruck zu sehen, den ich nicht anders als dümmlich grinsend einordnen konnte.
Ich angelte nach einer Haarbürste die in Reichweite lag- den halbherzig Beschwerden nach zu urteilen war es die von Jin- und versuchte da etwas Ordnung hinein zu bekommen.

Erfreulicherweise gelang es mir sogar, sodass ich auch gleich nicht mehr so zerwühlt aussah.
Ich nahm mir den Concealer, der vor mir lag und versuchte meine dunklen Augenringe von der letzten kurzen Nacht zu überdecken. Er wurde mir von jemanden aus der Hand gerissen, als ich ihm gerade etwas versuchte zu verwischen. Wir waren alle echt eitel, aber wer konnte es uns verdenken? Dieses Video würde, wenn es veröffentlicht werden würde, Millionen an Menschen erreichen. Natürlich wollten wir im bestmöglichen Licht erscheinen.
Ich war schließlich halbwegs zufrieden mit mir und beschloss, dass ich zumindest präsentabel genug war, also ging ich nach Yoongi aus dem Bad, das eigentlich recht großzügig war. Mit sieben erwachsenen Männern konnte es trotzdem recht eng werden.
Es dauerte eine Weile, bis auch Jin als letzter aus dem Bad kam.

"Also fangen wir mit on an?", fragte Namjoon in die Runde und wir alle nickten zwar, ich konnte mich aber nicht davor zurückhalten, nervös von einem Fuß auf den anderen zu tippeln.
Hobi legte mir kurz eine Hand auf die Schulter und nickte mir zu, was mich ein wenig ruhiger werden ließ.

Wenn wir mit dem dance practice angefangen hätten, ginge es mir sicherlich besser. Dieses Acapellading machte mich einfach nur nervös.
Vor uns wurde eine Kamera platziert, Minho klebte dem Mitarbeiter förmlich an seiner Seite, wollte offenkundig nichts verpassen. Er hatte ja jetzt Kapazitäten, seine Aufmerksamkeit anderen Dingen zukommen zu lassen, jetzt, wo er meine Kamera zerstört hatte.
Weil es ohne Musik dann eben irgendwie doch nicht ging, ließen wir es leise von einem unserer Handys im Hintergrund laufen, sobald der Direktor uns anzählte. Man würde es im Video kaum hören können.
Mit einem letzten Blick zu Kookie begann ich schließlich zu singen.

Wir flogen förmlich durch das Video, klatschten, lachten, markierten hin und wieder dann doch ein wenig den Tanz. Irgendwie war die Stimmung ausgelassen. Wir freuten uns alle Army etwas für ihre Unterstützung zurückgeben zu können und gaben unser Bestes.
Unsere Bedenken waren vollkommen umsonst gewesen und das Video wurde wirklich gut.
Mir fielen zwar die Blicke auf, die Jungkook mir relativ oft zuwarf, das war aber nichts was er nicht auch schon früher getan hatte, also versuchte ich sie zu ignorieren.
Am Ende improvisierten wir und zeigten Herzen in die Kamera und warfen Luftküsse in ihre Richtung, zusammen mit Sprüchen wie "Wir lieben euch, Army" und "Wir vermissen euch". Ich war mir sicher, dass man es auch deutlich in dem Video sehen würde, dass wir es auch wirklich so meinten.

Wir waren so aufgedreht, dass wir gleich weitermachen wollten mit unserem Tanzvideo.
Über die Lautsprecher erklangen laut die ersten Töne und ich verlor mich in unserer Musik, gab mein Bestes und wusste, dass ich gut ablieferte. Ich war zufrieden mit mir und meiner Leistung für Army. Wahrscheinlich würden sie alle bei unserem Anblick vor ihren Handys und Monitoren dahinschmelzen. Wie könnten sie auch nicht, fragte ich mich, als ich Kookie aus den Augenwinkeln wahrnahm. Er sah trotz der weiten Hose und des riesigen Pullovers elegant in seinen Bewegungen aus und auch Tae, der in seinen Schlappen tanzte, machte eine gute Figur, wie auch immer er das schaffte. Ich bevorzugte da momentan eher meine schwarzen Boots.
Wir sahen uns beide Videos zusammen an und fanden, dass man sie zeigen konnte. Army würde sich bestimmt sehr darüber freuen. Das erste Video würde morgen online kommen.
"Gut, dann war es das erstmal?", fragte Jin in die Runde und unser Direktor nickte zufrieden.
Wir nahmen unsere Taschen auf und gingen die unübersichtlichen Flure entlang. Minho blieb bei dem Direktor, hob seine Hand zum Abschied. Den würde ich heute sicher nicht mehr wiedersehen.

Schweigend folgte ich der Gruppe. Noch immer fiel es mir schwer hier den Überblick zu behalten, wir wollten unsere neuen Bühnenkostüme anprobieren und ich hatte keine Ahnung mehr, wo wir hin mussten. Namjoon wirkte aber so, als hätte er den Überblick, also vertraute ich ihm, wie üblich.
Er führte uns mit einer traumwandlerischen Sicherheit zu dem richtigen Raum, den ich selbst nie im Leben gefunden hätte.
Als wir eintraten, wuselten im Raum alle Mitarbeiter durcheinander, versuchten sich aber zu organisieren und nicht im Weg zu stehen.
Es waren noch nicht alle Kostüme fertig, aber der Großteil hing vor uns an den Kleiderstangen. Wir hatten Mitspracherecht gehabt, vertrauten aber der Kostüm- und Planungsabteilung, die uns schon so viele Jahre sicher durch die Touren und Fernsehauftritte gebracht hatte. Auch wenn es ab und zu mal ein Kostüm gab, das nicht ganz dem entsprach, was wir eigentlich angezogen hätten- es waren Kostüme und nicht unsere privaten Klamotten. Wirkliche Beschwerden würde es von unserer Seite aus nur geben, wenn sie uns im Tanzen behindern würden.
Nacheinander probierten wir unsere neuen Kostüme für fake love an.

Es dauerte eine Weile, es gab nur drei Umkleidekabinen. Auch wenn wir vorhin nicht darauf geachtet hatten, als wir unter uns waren, hier mit so vielen Mitarbeitern und diversen Kameras und mit neuen Kostümen, bei denen man nie so genau wusste, was man eigentlich bekam, nutzen wir sie lieber.
Als ich an der Reihe war, quälte ich mich in die wirklich sehr enge dunkle Hose, die meinen Hintern so sehr betonte, dass ich mich kaum trauen würde, ihn den Armys zu präsentieren. Hoffentlich würde sie nicht den Geist aufgeben, das könnte peinlich werden.
Darüber gab es ein recht weit geschnittenes weißes Hemd und eine dunkle Corsage. ich mochte, wie sie meine Taille betonte, war mir aber unsicher, ob das alles so gut zusammen passte. Es erinnerte mich an frühere Kostüme, die wir einmal an hatten, es war aber schwer jedes Mal das Rad neu zu erfinden.
Als ich schließlich zögerlich aus der Kabine trat, lagen alle Augen auf mir, wie zuvor bei den anderen auch schon.

"Wow Jimin!!!", rief Tae, an dessen Rüschenkragen gerade einige Änderungen vorgenommen wurden. Auch von Kookie erntete ich bewundernde Blicke, was mich darin bestärkte, dass das Kostüm wohl gut so war.
Prüfend ging ich einige Schritte in den Raum, versuchte mich zu bewegen. Die Hose, so eng wie sie auch war, saß super und war bequemer, als ich angenommen hatte und machte keinerlei Probleme. Beim Hemd störten mich die extrem weit geschnittenen Ärmel, aber das war Geschmackssache. Zusammen sah es alles wirklich gut aus. Die Korsage kniff an einigen Stellen, aber diese Dinger fand ich noch nie bequem und tat es ab. Da würde ich wohl durch müssen.
Ich merkte, wie Kookie hinter mir anfing Bilder von mir zu machen und drehte mich um. Hatte er gerade allen ernstes meinen Hintern fotografiert?
Er grinste mich frech an und ich stand einfach nur sprachlos da und wusste nicht, was ich davon halten sollte.

Mich erlösten unsere Mitarbeiter, die ihrerseits mit einer Kamera auf mich zu kamen und Fotos schossen. Es waren noch keine offiziellen Fotos, es würde erst einmal geguckt werden, wie sich das Gesamtpaket auf Fotos machen würde, ob die Farben harmonieren. Das Video und Fotoshooting für das Konzert würde erst noch kommen. Es wurden ein paar Beanstandungen gemacht, wie die Hosenlänge die bei mir ein wenig zu lang geraten war.
Kookie war nun seinerseits mit der Anprobe seines Outfits dran und ich musste mich sehr beherrschen, ihn hier nicht vor den Augen aller anderen minutenlang anzustarren.

Er hatte, wie es auch schon vor unserer Pause fast zu seiner Gewohnheit geworden war, sein Hemd weit aufgeknöpft. Es offenbarte einen tiefen Einblick, der mich seltsam eifersüchtig werden ließ. Ich ging zu ihm hin und bevor ich mich stoppen konnte, fummelte ich ihm einen Knopf mehr zu. Er zeigte noch immer viel zu viel, aber damit konnte ich besser leben.
Er sah mir neugierig dabei zu, wie ich mich mit diesem Knopf abkämpfte. Ich bemerkte, dass Namjoon mit der Stirn runzelte, er wurde aber schnell von Yoongi abgelenkt, der ihn fragte, ob er dessen Hose nicht auch so unmöglich im Schritt herum fand.
Ich legte Kookie ganz kurz meine Hand auf seine halbnackte Brust und überließ ihm dann unseren Mitarbeitern.

Als wir schließlich alle so beieinander standen, alle sieben in ihrem Kostüm, wurden nochmal Fotos und Videoaufnahmen gemacht. Ich zückte schließlich mein Handy und schoss auch ein Foto von uns allen und schließlich alleine. Ganz vielleicht schoss ich auch eines von Kookie alleine.
Ich mochte unsere neue Garderobe, für die Bühne war sie mehr als geeignet. Auch die anderen wirkten sehr zufrieden, ich hatte scheinbar das unbequemste von allen Outfits erwischt, aber das war schon in Ordnung.

Als wir uns wieder umgezogen hatten, vorsichtig auf die kleinen Nadeln aufpassend, die die neuen Säume, die noch umgenäht werden musste anzeigten, hatten wir eigentlich frei. Sber auch wenn ich es nur zähneknirschend eingestand, ich musste zum Training. Ich konnte es nicht noch einen Tag vernachlässigen, sonst würde ich das mit meinem Knie gar nicht mehr auf die Reihe bekommen.
"Kommst du noch mit zum Trainingsraum?",fragte ich Kookie und ich kannte die Antwort schon, bevor er sie gab. Er schulterte seine Tasche und wir gingen zusammen zu diesem furchtbaren Folterraum.

So sehr ich das ganze Fitness und den Muskelaufbau brauchte- ich mochte es einfach nicht.
Mit einem Partner an meiner Seite fiel es mir aber schon viel einfacher in einen relativ monotonen Rhythmus zu finden. Natürlich war Jungkook nicht einmal annähernd müde, als ich schon vollkommen fertig auf meinem Gerät hing und beschloss, dass es für heute gut war.
Jungkook sah mir dabei zu, wie ich langsam aufstand und meine Sachen zusammen suchte. Er hüpfte freudig von seiner Bank und sah mich auffordernd an.
"Gehen wir jetzt endlich?", quengelte er mich schon fast an.
Mir entwich ein ungläubiges Lachen. Er war einfach zu niedlich, wenn er mich so flehend aus seinen großen Rehaugen ansah. "Ja."

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