Kapitel 10

Kapitel 10
Zuverlässig wie eh und je, wartete Taehyung schon auf uns, diesmal jedoch in seinem Auto. Wir wollten nicht schon wieder in die Verlegenheit kommen und der Presse neuen Stoff für Spekulationen bieten.

Tatsächlich war er diesmal mit einem geräumigen Fahrzeug gekommen. Ich verstand nach wie vor nicht viel von Autos. Es passte alles in den Kofferraum, also befand ich das Auto für gut.
Nachdem Minho und ich alles in das Auto gewuchtet hatten, nahm ich vorne auf dem Beifahrersitz platz. Minho filmte immer noch, die Kamera auf mich und Tae gerichtet. Ich ignorierte sie- was wir später alles zeigen wollten, lag in unserer Hand.
Breit grinste ich ihn an und bekam als Antwort ein nicht minder breites, quadratisches Grinsen. Wie ich es vermisst hatte.

Etwas umgelenkt aufgrund des beschränkten Platzes, fielen wir uns in die Arme.
"Ich konnte es kaum abwarten, dass du wiederkommst, kaum als zu weg warst", gestand er mir.
Ich lachte. "Ging mir genauso." Ich drehte mich zu Minho um, der kurz die Kamera sinken ließ. "Minho kennst du ja schon", stellte ich ihn trotz allem noch einmal vor.
"Hi." Tae sah Minho aus seinen braunen Augen an und kurz musterten sie sich.
"Hi."

Ich wusste, dass sie sich mögen würden, schließlich waren sie beide so unverzichtbar für mich geworden. Noch kannten sie sich jedoch kaum.
"Isst du mit uns mit oder soll ich dich erst bei deiner Familie absetzen?"
Minho überlegte kurz. Wahrscheinlich wollte er so schnell wie möglich zu seinen Eltern.
"Ich werd Zuhause essen, wenn das in Ordnung ist." Auch nach anderthalb Jahren war Korea immer noch seine Heimat. Mir ging es auch so.

Tae nickte vor sich hin und drehte den Schlüssel im Zündschloss um. Das Auto sprang leise an.
Wir hatten Glück. Der Berufsverkehr hatte noch nicht eingesetzt und so waren die Straßen fast leer. Minho dirigierte Tae durch die Straßen. Ich schrieb währenddessen meiner Mutter, dass mit dem Flug alles reibungslos geklappt hat. Sie war oft so besorgt. Um meinen Bruder musste sie sich auch nicht so viele Gedanken machen, der tingelte auch nicht so sehr in der Weltgeschichte herum wie ich.
Als Minho ausstieg, drückte er mir die Kamera in die Hand. Natürlich, wenn er in einem ganz anderen Stadtteil war, konnte er mich schlecht filmen. Das hieß wohl, dass es Zeit für Vlogs wurde.

" Ich komm dann morgen gegen Mittag zu euch?"
"Ja, genau."
"Gut, danke fürs Fahren!", rief er Tae zu, nachdem ich mich kurz von ihm verabschiedet hatte.
"Gerne."
Tae fuhr wieder los, in etwa in die Richtung aus der wir gekommen waren. Seoul hatte sich nicht viel verändert in den letzten Jahren, aber zu behaupten, dass ich mich hier gut auskannte, war zu hoch gegriffen.
"Möchtest du morgen mitkommen?"
Wo auch immer die Gedanken meines Freundes gewesen waren, ich konnte ihnen nicht ohne weiteres folgen. Hatten wir für Morgen was geplant, das ich vergessen hatte?
"Was meinst du?"

Er schenkte mir einen kurzen Blick, ehe er seine Aufmerksamkeit stur auf die Straße vor ihm richtete.
"Ich hol morgen Jungkook ab. Er hat seinen letzten Tag im Militär."
"Oh."
Ich hatte das Datum tatsächlich ein wenig aus den Augen verloren, durch den ganzen Stress mit der Wohnungssuche und dem ganzen anderen organisatorischen Kram, war es mir irgendwie entfallen.
Aber was war das bitte für eine Frage von Tae? Natürlich wollte ich morgen dabei sein und Kookie endlich wieder sehen, nach so langer Zeit! Tae wusste das, wieso fragte er also nach?
Er sah wieder kurz zu mir, auf seinem Gesicht eine nicht zu deutende Miene.
"Natürlich komm ich mit, das weißt du doch."

Tae seufzte und setzte den Blinker, um links abzubiegen. Wir waren fast bei seiner Wohnung, Minhos Eltern lebten nicht sehr weit weg.
"Weißt du Jimin...", er ließ den Satz In der Luft zwischen uns stehen, unsicher, wie er ihn beenden sollte. "JK... Er... ist ernster geworden, anders, reifer."
Ich war mir nicht ganz sicher, was ich mit dieser neuen Information anfangen sollte.
"Was meinst du?"
Tae zögerte erneut, es gab etwas zwischen uns, das im Raum stand, das er aber nicht ansprechen wollte, ich merkte es. "Tae?"
"Mmmh... ", brummte er vor sich hin, als er die richtigen Worte suchte.
"Ihr müsst das unter euch klären."

Toll, was für eine kryptische Aussage. Ein wenig beleidigt, presste ich meine Lippen aufeinander. Was war bitte vorgefallen, dass mir Tae nichts davon sagen konnte? Ich sah natürlich ein, dass sich er so gut es ging aus allem heraushalten wollte.
"Wenn du meinst..."
"Was ich damit sagen wollte... Wunder dich nicht, wenn er morgen anders wirkt. Er hat sich verändert."
Uff, das war eine Ansage. Ich warf ihm einen fragenden Blick zu, aber er schwieg eisern, sogar als wir an seiner Wohnung ankamen. Ich wusste, dass ich nicht mehr aus ihm heraus bekommen würde.

Tae hatte mir einen Koffer abgenommen, sodass ich tatsächlich eine Hand frei hatte, um die kleine Kamera zu halten, mit der Minho und ich unsere Videos drehten. So gelang es mir aufzunehmen, wie Tannie uns überschwänglich begrüßte und Tae ihn knuddelte. Die beiden gehörten einfach zusammen und sahen glücklich aus, wenn sie die Gesellschaft des Anderen hatten.
Tae hatte mir verraten, dass er seinen Hund wieder zu sich geholt hatte, sobald er mit dem Wehrdienst fertig geworden war.
Zwar hatte er durch das eine Drama, das er filmte nicht so viel Zeit wie erhofft, jedoch konnte er Tannie auch ab und an mit zum Set nehmen. Wenn es gar nicht anders ging, kam ein Hundesitter.

Tannie befand sich mittlerweile in den Armen von Tae und schaute sich neugierig um. Natürlich entdeckte er die Kamera und beschnüffelte sie ausgiebig und bellte sie an. Das überraschte mich dermaßen, dass ich anfing zu lachen und die Kamera verwackelte. Ich war halt kein gelernter Kameramann.
"Du weißt ja, wo du was findest," ließ Tae mir den Vortritt.
Ich legte die Kamera auf die nächstbeste Kommode, nachdem ich auf die Austaste gedrückt hatte und schob meine beiden Koffer in Richtung Gästezimmer.

Da beide Koffer so groß waren, war es gar nicht so einfach und ab und an verkeilten sie sich an den Türrahmen. Das war wie mit dem Einkauf, der sich stapelte und es eigentlich unmöglich war, ihn in einem Mal bis in die Wohnung zu bekommen: Ich wollte nicht zweimal gehen. Irgendwie bekam ich es hin und war schließlich an meiner Zimmertür angekommen.
Tae lachte leise im Flur, als er noch mit Tannie spielte. Ich war mir nicht sicher, ob er wegen Tannie gelacht hatte oder wegen meinem verzweifelten Versuch die Koffer durch die Wohnung zu bugsieren.

Es hatte sich in den letzten beiden Wochen natürlich nicht viel in dem Zimmer getan. Das Bett war neu bezogen worden und auf dem Schreibtisch konnte ich eine große Auswahl an Hautpflegeprodukten erkennen. Tae hatte sein Versprechen gehalten. Es war sogar sehr teure Creme, die Beste, soweit ich es beurteilen konnte.
Auf meinem Bett wachte das große Chimmy-plüsch über das Zimmer, welches ich ihm vor meiner Abreise nach Amerika überlassen hatte. Sicher eine Anspielung auf letzte Nacht.
Diesmal würde ich länger bleiben als das letzte Mal, deswegen richtete ich es mir ein wenig wohnlicher ein und packte meine Koffer ein wenig mehr aus.
Als ich mich schließlich auf das Bett sinken ließ, um kurz zu verschnaufen, merkte ich, wie müde ich war. Nur kurz wollte ich mich hinlegen, einen Moment ausruhen...

~+~+~+~

"Jimin...", jemand rüttelte mich sacht an meiner Schulter.
Taes Stimme riss mich aus meinem Nickerchen, in das ich offensichtlich gefallen war.
Noch etwas verwirrt, wollte ich schnell wach werden, um meinen Freund das Leben nicht unnötig schwer zu machen. Es war schwierig mich zu wecken, nur Kookie war oftmals noch schwerer wach zu bekommen.

"Mhhh?", brachte ich verschlafen raus.
"Du musst aufstehen Jimin, sonst kannst du nachher nicht mehr schlafen!"
"Mmmhhh....", verschlafen fuhr ich mir mit meinem Händen übers Gesicht, strich meine Haare nach hinten. "Ja, ist ja gut."
"Bist du wach?" Er sah mich skeptisch an.
Ich nickte. "Ja, ich steh gleich auf."

Tae schien zufrieden mit meiner Antwort und ließ mich allein. Grummelnd setzte ich mich auf, mit der Gesamtsituation unzufrieden. Tae hatte aber Recht mit dem, was er sagte. Wenn ich einfach weitergeschlafen hätte, würde ich die ganze Nacht kein Auge zumachen können. Schließlich setzte ich mich auf. Es kläffte einmal laut vom Zimmerboden und ich suchte den Verursacher.
Tannie war derweil in mein Zimmer gekommen und sah mich mit seinen kleinen Knopfaugen an. Er wirkte etwas versöhnt, als ich ihn ordentlich durchknuddelte.

Mit dem kleinen Hund auf meinen Armen, ging ich raus aus dem Zimmer und suchte Tae.
Der saß in seinem Wohnzimmer an seinem Schreibtisch und spielte irgendetwas am Computer, sein lautes Fluchen war deutlich zu hören.
Ich holte mir einen Stuhl aus der Küche und zog ihn vorsichtig ins Wohnzimmer. Tae war so versunken in sein Spiel, dass er mich erst gar nicht bemerkte.
Tannie währenddessen interessierte sich nicht für den flackernden Bildschirm und genoss die Aufmerksamkeit, die er auf meinem Schoß bekam.

Ich war nie wirklich gut in Videospielen gewesen und mein Interesse hatte sich auch eher auf Bereiche der Musik konzentriert, so hatte ich keine Ahnung, ob es gut oder schlecht für meinen Freund lief.
Jedenfalls jubelte er lautstark nach einem Moment, so laut, dass ich zusammen schrank und Tannie ihn empört anbellte.
Er drehte verwirrt den Kopf in meine Richtung.
"Oh... Ich hab dich gar nicht bemerkt."

"Hab ich mitbekommen. Spiel ruhig weiter, ich guck dir gerne zu."
Tae spielte dann tatsächlich noch etwas weiter. Währenddessen erklärte er mir die unterschiedlichen Anzeigen auf dem Bildschirm, wo man sah, wer gerade gewann. Schon bald hätte ich einen besseren Überblick und fieberte mit ihm mit.
Er gewann zweimal in Folge, dann verlor er einmal und beschloss, dass es für heute reichte. Seine Glückssträhne war gerissen, sagte er. Ich glaube eher, dass er mehr Zeit mit mir verbringen wollte.
Ich sah auf mein Handy und stellte fest, dass unsere Chatgruppe eine rege Unterhaltung führte. Schnell überflog ich sie, als ich mich auf das Sofa verkrümelte. Den Stuhl ließ ich am Schreibtisch stehen, da ich ihn bald sowieso noch einmal brauchen würde- so wie ich Tae einschätzte.

Jin (18:44): Ihr müsst nachher mal den Fernseher anschalten, da kommt die Sendung, die ich vor drei Wochen moderiert habe!
Hobi (18:47): Was heißt nachher? Und wo?

Jin nannte ihm Beides.

Kookie (18:57): Ab morgen(!!!). Heute kann ich leider noch nicht sehen :(
Jin (18:58): Macht doch nichts. Gibt's dann aber auch online nachzugucken!

Ich musste schmunzeln. Schien ja ein besonders toller Auftritt von ihm zu sein, wenn er es so anteaserte. Ich tippte meine Antwort ein.

ChimChim (19:00): Ich werd es mir mit Tae zusammen angucken!

Ich setzte einfach seine Zustimmung voraus. Immer noch ein wenig müde, legte ich mein Handy zur Seite. Tae hatte uns derweil etwas zu trinken besorgt. Bier schmeckte ihm nicht, weil es zu bitter war, aber zu Wein sagte er selten nein.
"Ich dachte wir sollten den Tag heute feiern. Also, dass es jetzt inoffiziell wieder mit uns sieben weitergeht."
Wir stießen an und tranken vielleicht etwas zu viel, aber ich genoss es.
Bevor es mit unserem Abendprogramm mit unserem Moderatorfreund losging, bestellten wir uns noch Pizza.

Ich war eigentlich dagegen, Tae überzeugte mich aber. Er meinte, an mir sei kein Gramm zu viel. Ich sah das total anders, aber ich drückte nochmal ein Auge zu und erlaubte mir heute eine letzte Ausnahme. Die nächsten Wochen würden schwer genug werden.
Das Programm, das Jin moderierte, war eine Spielshow zwischen verschiedenen Idolgruppen, scheinbar ein neues Format. Ich hatte lange kein koreanisches Fernsehen mehr gesehen, Tae kannte die Sendung aber auch nicht.

Die beiden Gruppen, die gegeneinander antraten waren zwei Newcomergruppen, beide noch recht unbekannt. Wage erinnerte ich mich, dass eine Gruppe von Hybe war.
Sie profitieren aber von prominenten Gästen, die sie unterstützen konnten und durch das Publikum, dass Stimmen abgeben konnte. Es war eine sehr unterhaltsame Show, nicht zuletzt wegen der guten Moderation von Jin.

Am Ende gewann Taes und meine Favoritengruppe, was wir beide lautstark feierten.
Nachdem die Sendung vorbei war, gingen wir noch mit Yeontan eine Runde Gassi, etwas beschwingt durch den Wein, den wir getrunken hatten.
So war es mir egal, wer mich hier mit meinem Freund sah. Glücklicherweise begegneten wir jedoch keiner Menschenseele.
Abends, als ich wieder bei Tae im Bett lag und er sich an mich gekuschelt hatte, konnte ich nicht anders, als zu Lächeln. Morgen würde ich endlich Kookie wiedersehen.

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