Kapitel 51
Anns P.O.V.
"So Frau McClaires das war alles. Sie können gehen, die Papiere sind ja unterschrieben. Aber Sie müssen nächste Woche zur Untersuchung hier oder in einem anderen Krankenhaus erscheinen." Ich nickte und gab dem Arzt die Hand. Harry nahm die Tasche die ich hier hatte und lief zur Tür. Er hatte heute noch nicht mit mir geredet und ich hatte Schuldgefühle deswegen. "Wie geht es dir heute.", fragte ich aus diesem Grund nach. "Geht so." Das wars. Wollte er nicht wissen wie es mir geht? Ich dachte er sorgt sich um mich? Wir liefen zu seinem Auto und fuhren danach zu mir. Wir redeten nicht, beziehungsweise wollte Harry kein Gespräch mit mir anfangen. Als wir ankamen, stieg ich aus und hörte keine Worte des Abschieds. Kaum war ich ausgestiegen fuhr er davon. Warum war er auf einmal eingeschnappt? Ich hatte überhaupt nichts getan! Als ich im Gebäude ankam, war ich froh das wir einen Fahrstuhl besaßen. Mit einem gebrochenem Bein konnte man sehr schlecht Treppen laufen. Wenig später stand ich vor der Wohnungstür und schloss auf. Ich schleppte mich durch die Tür und verschloss diese wieder. Ich zog meine Jacke und meinen Schuh aus. Danach lief ich in das Wohnzimmer. Clary und Melody waren nicht da, würden aber später auf die Beerdigung folgen. Sogar Lucy wird kommen, die überraschender Weise aus dem Koma erwachte, keiner hatte damit gerechnet. Als ich schnaufend an meinem Zimmer ankam, betrat ich dieses und sah mich um.
Nichts hat sich verändert. Abgesehen davon, dass meine Katze auf dem Bett lag. Ich begrüßte Mia und holte mir danach ein schwarzes Kleid aus dem Kleiderschrank. Es gab Zeiten, da hätte ich stundenlang überlegt was ich anziehen könnte. Heute nahm ich ein schwarzes Kleid und damit war es gut. Ich würde mich nicht besonders schick machen, nicht für eine Trauerfeier. Ich würde eh alles ruinieren, sobald ich anfangen würde zu weinen. Ich lief die Treppe wieder nach unten und nahm mir eine Tasche. Danach lief ich ins Bad, wo ich mich dann schminkte. Als alles einigermaßen fertig war, ging ich in den kleinen Flur zurück, aber nur kurz. Ich zog mir einen schwarzen Ballerina Schuh an, der andere Fuß war ja im Gips. Es klingelte in dem Moment, in dem ich den Schuh anzog. Ich quälte mich zum Fahrstuhl und fuhr nach unten. Harry stand an sein Auto gelehnt und wartete auf mich. Schweigend stieg ich in sein Auto und sah aus dem Fenster. Er stieg ebenfalls ein und fuhr dann los. Wir waren auf dem direkten Weg zum Friedhof. Am liebsten würde ich einen Rückzieher machen, aber wie sollte ich das dann erklären? Die Ampel sprang auf Rot um, so dass Harry gezwungen war stehen zu bleiben. Er hielt an und stellte das Radio leiser. Er sah zu mir, in seinen Augen lag Schmerz.
Hatte ihn das alles so sehr mitgenommen? Ich habe mich nicht um seine Gefühle gesorgt, war viel zu sehr mit meinen eigenen beschäftigt. Hatte viel zu sehr Angst ihn zu sehen. Ich wollte ihn die ganze Schuld geben, aber er trägt nur einen Teil zu ihrem Tod bei. Ich bin genauso schuldig an ihrem Tod. Ich drehte mich in seine Richtung, was er als Zeichen zum sprechen wahrnahm. "Alles gut?" "Nein. Ich kann das einfach nicht." "Ich bin doch bei dir.", meinte er, ohne überzeugt zu klingen. "Das macht es trotzdem nicht besser." "Du packst das, Ann. Wir stehen alle hinter dir und werden dich schon aufmuntern." "Deswegen werde ich mich trotzdem immer schuldig fühlen." Harry schwieg wieder und fuhr weiter. Ich nahm seine freie Hand, was ihn überraschte und drehte mich wieder in Fahrtrichtung, so dass ich aus dem Fenster sah.
Die Häuser zogen an mir vorbei, als wären sie unreal. Als wäre das hier alles unreal, nur ein schlechter Traum. Nur leider bin ich noch nicht erwacht. Werde nie erwachen. Irgendwann kamen wir dann auch an diesem traurigen, trostlosen Ort an. Ich stieg aus und Harry half mir dabei. Gemeinsam gingen wir zu den anderen Trauergästen. Darunter waren meine Eltern, Clary und Charlotte und ein paar ehemalige Freunde. Schnell begrüßte ich alle und sah dann Melody mit Lucy eintreffen. Beide begrüßte ich, wobei Lucy noch im Rollstuhl saß. Eigentlich sollte sie noch im Krankenhaus sein, aber sie hatte gebeten hier her zukommen. Schließlich kannte sie Liz auch und sie wollte mir beistehen. Ich konnte sie verstehen, an ihrer Stelle hätte ich das auch getan. Ganz langsam betraten wir die Kirche, in der ersten Reihe war Platz für meine Eltern, Charlotte, Clary, Onkel Will, Tante May und für mich. Wir nahmen alle platz und sahen den Pfarrer an. Er begann eine Rede zu halten und gab danach an die Angehörigen ab. Meine Eltern wollten natürlich auch etwas sagen und traten zusammen vor.
"Es ist schrecklich, wenn das eigene Kind so jung stirbt. Wir können unseren kleinen Engel doch nicht einfach so fliegen lassen und das mit dem Wissen, dass sie nie wieder zurück kehrt. Sie war doch unser kleiner Schatz, wie sollen wir ohne sie leben? Es schmerzt mich zu wissen, das sie von einen auf den anderen Tag verschwand. Ich konnte sie nicht einmal verabschieden oder ihr sagen, wie sehr ich sie liebe. Sie war einfach weg.", erzählte meine Mutter. "Es ist anders zu Hause. Seit sie nicht mehr da ist, sind wir beide einfach nicht mehr glücklich. Ein großer Teil unserer Familie fehlt einfach. Wir sind nicht mehr komplett. Jetzt ist niemand mehr zu Hause. Zu erst ist Ann ausgezogen und nun ist Liz tot. Es ist so trostlos. Ich weiß nicht wie ich lächeln soll, wenn meine Prinzessin nie wieder lächeln kann. Nie wieder wird sie die schönen Seiten des Lebens sehen. Ihr wurde es verwehrt erwachsen zu werden und eigene Erfahrungen zu machen. Sie kann nie eine eigene Familie gründen und glücklich sein. Es wird so lange dauern um über diesen Verlust hinweg zukommen, vielleicht ist das auch unmöglich. Ich weiß nicht, wie ich damit umzugehen habe.", ergänzte mein Vater.
Beide verließen die Bühne wieder. Wie konnten sie in einer Kirche nur lügen? Sie waren so oder so unglücklich zusammen. Dad hat Mum schließlich mehrmals betrogen. Außerdem streiten sie eh nur noch und mich haben sie noch nie vermisst. Sie waren froh mich los zu haben. Nur was sie über Liz gesagt hatten, stimmte fast. Letztendlich haben sie sie rausschmeißen wollen. Das hatte sie immerhin erzählt. Ich stand auf und quälte mich vor zur Bühne, mühsam kam ich die Stufen hoch und stellte mich an das Mikrofon.
"Hey erstmal. Ich wollte auch ein paar Worte sagen. Ja, ich weiß, ich hatte nie das beste Verhältnis zu Liz. Aber ich war in ihren letzten Stunden an ihrer Seite. Ich weiß nicht, wie ich damit leben soll. Ich kann nicht begreifen, dass sie tot ist. Ich denke immer daran, was wäre wenn alles gut gegangen wäre. Würde sie dann jetzt mit mir zusammen sitzen und einen Film schauen? Sie kam zu mir, als sie nicht weiter wusste. Ich war bereit ihr zu helfen, mich endlich mit ihr zu vertragen. Alles wäre gut gegangen und jetzt ist sie fort und ich bin Schuld. Nur meinetwegen saß sie in dem Auto. Ich kann mit dieser Schuld einfach nicht leben, die Last ist so schwer." Ich fing wieder an zu weinen, aber das ging den meisten im Raum nicht anders. Sie vermissten Liz.
"Ich hoffe nur, ihr könnt mir eines Tages diesen Fehler verzeihen. Es ist ja nicht nur meine Schwester von uns gegangen. Nein, auch ihr Kind ist gestorben. Sie kam nämlich zu mir um mir zu sagen, dass sie schwanger ist. Nun sind es zwei Menschen, zwei Menschen die wegen mir gestorben sind. Ich möchte die Zeit zurück drehen und meine Schwester in den Arm nehmen. Am liebsten würde ich von vorne beginnen, nie mit ihr zerstritten gewesen sein und immer ein gutes Verhältnis zu ihr gehabt haben. Das ist unmöglich und ich kann es nie mehr ändern. Ich wünsche mir nur so sehr, das sie mir verzeihen kann, wo auch immer sie nun ist."
Ich verließ die kleine Bühne unter Tränen und Charlotte betrat sie, genauso wie Clary es nach ihr tat und auch viele andere. Genau so wie Talia. Ich war überrascht sie hier zu sehen und auch sie war überrascht mich zu sehen. "Ich kann nicht begreifen, dass Liz tot ist. Seitdem sie hier in London wohnt verstehen, nein verstanden wir uns schon super. Sie war wirklich zu meiner besten Freundin geworden. ich kannte sie in und auswendig, was auch auf Gegenseitigkeit beruhte. Die Zeit mit ihr war besonders für mich. Noch nie hatte ich so eine liebe, vertrauensvolle Person wie Liz kennengelernt. Es machte mir nichts, ihre Familie nicht zu kennen. Sie meinte, sie hätten keinen Kontakt mehr, ich glaubte ihr. Ich kannte sie nur als Liz, die Liz die ein Model war und eine unglaublich lustige und nette Person. Nie hätte ich gedacht, dass Ann ihre Schwester ist. Sie hatte sie nie erwähnt, ich hatte keinen Verdacht wegen des gleichen Nachnamens geschöpft. Wozu auch. Ich dachte alles über sie zu wissen und das reichte mir. Ich möchte einfach nicht begreifen, dass ich nie wieder Zeit mit ihr verbringen kann und über alles möglich reden kann. Sie nie wieder lachen sehe oder mit ihr durch die Stadt gehen kann und dabei grundlos zu lachen. Ich vermisse sie jetzt schon so schrecklich, es tut so weh sie nicht mehr unter den Lebenden zu wissen. Doch eines will ich sagen. Wirklich niemand trägt Schuld an dem Unfall und niemand sollte diese auf sich nehmen."
Sie sah zu mir, als sie das Letzte sagte. Ich war geschockt, nie hätte ich gedacht, das Talia Liz' beste Freundin ist. Wie hätte ich das ahnen können? Es war verrückt was man alles heraus bekam. Talia ging zu ihrem Platz zurück und schon wurde der Sarg heraus getragen. Wir folgten ihm, ein langsames Tempo an den Tag gelegt. Alle mit ihren Gefühlen und Tränen beschäftigt, alle in Schweigen gehüllt. Er wurde auf den Boden gesetzt und uns wurde Zeit gegeben Abschied zu nehmen. Talia so wie ich, liefen zu dem Sarg. Wohl wissend das die Zeit des Lebewohls gekommen waren. Auch Lucy und Melody traten an meine Seite. Wir sagten ihr Lebewohl und schon traten die drei hinfort. "Ich vermisse dich Liz. Du sollst wissen, ich habe dich nie gehasst. Ich habe dich immer geliebt kleine Schwester. Ich war immer stolz auf dich. Ich hätte dir immer geholfen, du hättest nur zu mir kommen brauchen. Ich hoffe, ich hoffe wir sehen uns irgendwann wieder. Ich hab dich so sehr lieb, es schmerzt schon."
Ich flüsterte meine Worte, niemand außer Liz sollten sie hören, sie waren nur für sie bestimmt. Ich trat von dem Sarg weg, gab anderen die Möglichkeit Abschied zu nehmen. Nur dauerte es nicht lange, dann hatten alle schon Abschied genommen. Der Sarg wurde in die Erde gelassen und alle legten eine Rose hinzu. Sobald es fertig war wurde die Erde hinauf getan. Jeder trug dazu bei. Irgendwann war ein Grab entstanden, ich hatte Blumen mitgebracht und Harry, sowie Talia halfen mir, diese auf dem Grab zu befestigen. Als ich wieder grade stand, zog ich Harry in eine Umarmung. Er strich mir beruhigend über den Rücken und ließ meine Tränen fließen. Was hätte er sonst machen sollen? Harry zog mich mit sich, in die Menge. Alle verabschiedeten sich bereits und machten sich auf den Weg nach Hause. Die verschiedensten Leute sagten mir Tschüss, sprachen Beileid aus. Schlussendlich verabschiedete ich meine Eltern, Melody, Lucy, Charlotte, Clary und Talia. Harry würde mich nach Hause fahren. Langsam liefen wir zum Auto, zum Glück schwieg er. Ich konnte im Moment nicht reden, dazu war ich nicht in der Lage.
Er half mir in sein Auto einzusteigen, stieg selbst auf der anderen Seite ein und fuhr los. Es war eine schnelle Fahrt bis zu meiner Wohnung. Er brachte mich noch mit hoch und kam auch noch mit rein. Es war mir egal. Er konnte gehen, er konnte bleiben, welchen Unterschied würde es machen? Harry brachte mich in mein Zimmer, half mir aus meine Sachen und in meinen Schlafanzug. Er legte mich ins Bett, deckte mich zu und küsste meine Stirn. Danach verließ er meinen Raum. Er kam wenig später mit einer Tasse Tee wieder. Fürsorglich gab er sie mir, darauf bedacht, dass ich mich nicht verbrannte. Missmutig trank ich den Tee, Schluck für Schluck wurde er weniger, wie ein schwindendes Leben. Ich stellte die Tasse ab, sah auf die heiße Brühe und fing an zu weinen. Es gab keinen bestimmten Grund, aber es tat gut. Harry zog mich in seine Arme und wiegte mich vor und zurück.
"Schh, ich bin hier. Alles wird gut Ann. Schhh." Als ich mich wieder beruhigte, legten wir uns hin, ich immer noch in seinen Armen. Er küsste meine Wange und schließlich meine Lippen. "Wir schaffen da schon irgendwie. Wir haben doch uns. Ann alles wird klappen, wir haben doch uns." Langsam nickte ich, auch wenn ich nicht von seinen Worten überzeugt war. Es fühlte sich an, als würde ich in die tiefste Depression stürzen. Nicht einmal er könnte mir daraus helfen. Auch wenn ich ihn liebe, dieses Mal wäre die Liebe nicht das Mittel gegen den Schmerz. Ich kniff die Augen zusammen und zwang mich zu schlafen. Je weniger es klappte, um so frustrierter wurde ich. Ich schrie schon vor Wut und sah Harry verwirrtes Gesicht.
"Was ist?" "Ich kann einfach nicht schlafen! Scheiße, es geht nicht." Er stand auf und kam mit einer Schlaftablette wieder. "Eigentlich will ich die dir nicht geben, aber ich denke Schlaf könnte dir helfen." Dankbar nahm ich ihm die Tablette ab. Ich schluckte sie mit den letzten Resten des Tees. Nach einer guten halben Stunde setzte dann die Wirkung ein und ich dämmerte weg. Harry wich nicht von meiner Seite und ich verspürte so etwas wie Dankbarkeit. In diesen einen kurzen Moment wollte ich nicht allein sein. "Ich liebe dich, Ann. Egal wie schwer die Situation ist, ich werde immer an deiner Seite sein." "Ich liebe dich auch, Harry. Es ist nur schwer es im Moment zu zeigen. Es tu-ut mi-iir lei-idd." Ich schlief mitten im Satz ein, zog die Wörter lang. Ich hoffte er verstand es trotzdem, aber ich war so müde. Kaum konnte ich dagegen ankämpfen und ließen es schlussendlich bleiben. Ich wollte einfach ein wenig schlafen. Die nächsten Wochen würden ohnehin schon schwer werden.
Ich brauchte einfach ein wenig Ruhe und ich wusste, Harry würde es akzeptieren. Vielleicht würde er es sogar verstehen wenn ich Abstand brauchte. Nicht nur von ihm, nein, von allen. Ich brauche erst einmal Zeit für mich. Muss mir über einige Dinge klar werden. Vielleicht wird danach alles wieder zum Alltag zurückkehren. Vielleicht.
________________________________
Das wars.. War es sehr deprimierend? Was denkt ihr, wie es weiter geht? Schafft ihr 3 Kommentare und 15 Votes? Gewidmet ist es allen meinen treuen Lesern. :3 Auch wenn nicht alle voten und kommentieren, ich bin trotzdem froh euch zu haben. Ohne euch wäre ich nichts. Ich meine hallo mehr als 12.000 Reads? Ihr seid die besten! *-*
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top