Forever

Natasha Romanoff war bereits seit sechs Monaten auf der Suche nach Bruce Banner, dem 'Hulk' wie ihn alle nannten. Es schien aussichtslos. Seit dem Kampf gegen Ultron, seit er sie aus der Zelle in Sokovia befreit hatte, gab es kein Lebenszeichen mehr von ihm.
Selbst Fury hatte ihr schon gesagt sie solle aufgeben, im Notfall würde das Team auch ohne den 'Hulk' auskommen. Sie hatte nur geschnaubt und das Telefonat beendet.
Sie hasste es. Alle sahen in ihm nur den Hulk oder den Wissenschaftler, sie sahen nur die Seiten von Bruce, die ihnen von Nutzen seien konnten.
Doch Natasha sah Bruce selbst. Den Mann hinter dem brillianten Wissenschaftler und Hulk. Sie sah den wahren Menschen in ihm. Den Menschen, der ihr schon so oft in ihren Träumen erschienen war, der sie aus der Fassung brachte wenn er sie nur ansah, den Mann dem sie ohne auch nur eine Sekunde zu zögern ihr Leben anvertraut hätte. Den Mann der geflohen war um sie und alle anderen zu schützen. Vor dem Hulk zu beschützen. Vor sich selbst zu beschützen.
Der Hulk war zwar an sich ein eigenes Individuum, aber auch ein Teil von Bruce. Die beiden waren auf merkwürdige Weise miteinander verbunden. Der eine kam nicht mit dem anderen aus, und doch konnten sie ohne einander nicht existieren.
Es war Hulk der sie damals in Sokovia gerettet hatte, und auch war es Bruce gewesen. Sie erinnerte sich noch genau, als sie in den Armen des Hulk lag, da waren es Bruce' Augen gewesen die sie besorgt angesehen hatten, Bruce der sie ein letztes Mal schief anlächelte ehe er als Hulk sie ganz sachte ablegte und aus ihrem Blickfeld verschwand.
Bruce wollte es einfach nicht einsehen. Er war verschwunden um sie nicht in Gefahr zu bringen, hatte dabei aber nicht mit in Betracht gezogen dass, solange sie in seiner Nähe war, er den Hulk in sich unter Kontrolle hatte. So weit dass er die Verwandlung sogar steuern konnte, sich zurück verwandeln wenn er es wollte. Sie nannte das immer 'ihr kleines Schlaflied'.
Und jetzt war er weg, hatte sie einfach alleine gelassen.
Aber sie würde nicht aufgeben, selbst wenn es Jahre dauern würde, sie würde ihn wiedersehen.
Ein letztes Mal noch. Natasha würde ihm all das an den Kopf werfen was er ihr damit angetan hatte, das er einfach verschwunden war. Er hatte gewusst was sie für ihn empfand, sie sah es damals in seinem Blick, und auch wie Bruce sie immer ansah. Ihm ging es nicht anders. Mit diesem Wissen war es noch schlimmer, dass er sie einfach so im Stich gelassen hatte.
Natasha durchquerte weiter die staubigen Straßen des Slums am Rande von Kapstadt. Hier lagen Reichtum und Elend so nah beieinander.
Auf der einen Seite der Stadt lebten die Reichen und Normalverdiener während nur ein paar Meter weiter die Menschen an Krankheiten und Teils auch Hunger starben.
Eben noch war sie an einer Barocke aus Wellblech und Kartons vorbeigegangen, direkt dahinter türmte sich eine meterhohe Mauer auf, welche rundherum um eine Villa gebaut worden war.
Sie war einen Moment stehen geblieben und hatte dieses Bild voller Abscheu betrachtet. Gerade wollte sie weiter gehen als sie hinter sich einen Namen vernahm.
„Banner"
Sofort drehte sie sich um und versuchte die Person auszumachen die gerade gesprochen hatte, schaffte es aber nicht. Es waren hier zu viele Leute als dass sie jemand bestimmtes herausfiltern konnte.
„Banner? Dr. Banner?" fragte sie deshalb laut in die Menge, doch niemand reagierte.
Die Menschen blickten sie nur verwirrt an und gingen dann weiter ihres Weges.
Natasha fuhr sich mit der Hand über die nasse Stirn. Die Hitze hier machte sie fertig. Vielleicht halluzinierte sie ja schon. Doch ihr Bauchgefühl sagte ihr dass dies nicht so war.
Sie holte ihre Wasserflasche aus ihrer Tasche und trank diese in einem Zug aus. Viel war nicht mehr darin gewesen, nur ein Rest ekliges warmes Wasser.
Doch konnte sie sich glücklich schätzen wenigstens das zu haben. Frisches Wasser.
Nachdem Natasha noch zwei weitere Stunden den Slum durchquert hatte, setzte sie sich erschöpft in den Schatten einer kleinen Barocke.
Sie konnte nicht mehr. Die Sonne brannte erbarmungslos auf sie nieder, verpasste ihrer hellen Haut einen Sonnenbrand. Die Luft war staubig, trocken und trug einen verwesenden Geruch mit sich. Durstig fuhr die Agentin sich mit der Zunge über die aufgeplatzten Lippen.
Sie musste irgendwo her Wasser bekommen, doch schaffte sie es nicht aufzustehen.
Vor ihren Augen tanzten schwarze Punkte umher, ihr war schwindelig und aus irgendeinem Grund auch kalt.
Müde lehnte sie den Kopf gegen das Wellblech und klappte Sekunden später bewusstlos auf dem Boden zusammen.

Dr. Banner strich sich erschöpft die nassen Haare aus der Stirn und packte seine Sachen zusammen. Er war heute den ganzen Tag unterwegs im Slum von Kapstadt gewesen um den Menschen dort zu helfen. Beinahe ohne eine wirkliche Pause war er von Baracke zu Baracke gewandert und hatte die Kranken versorgt. Die Verhältnisse hier waren alles andere als menschenfreundlich.
Heute hatte er einen Mann behandelt der scheinbar unter ein Auto gekommen war.
Sein Bein war komplett zerquetscht gewesen, Fliegen hatten darin bereits ihre Eier abgelegt und eine Infektion hatte sich im Fleisch des Mannes breit gemacht.
Er hatte für den Mann nichts mehr tun können, außer ihm zu raten ins Krankenhaus zu gehen. Bruce hatte ihm auch angeboten ihm ein Taxi zu bestellen, doch der Mann hatte sich dagegen gesperrt. Vor ein paar Minuten hatte er seine Frau gesehen. Sie war am weinen gewesen, anscheinend war sie nun eine Witwe.
Mag die Situation noch so makaber sein, bei Witwe musste er sofort an Natasha denken. Black Widdow, die schwarze Witwe.
Doch er bereute es nicht sie verlassen zu haben. Es war das Beste für alle, das Beste für sie. Er hätte es sich niemals verzeihen können hätte er ihr auch nur ein Haar gekrümmt.
So war es besser. So waren sie alle in Sicherheit. Er war eine zu große Gefahr.
Während Bruce sich auf den Weg zu seinem letzten Patienten für heute machte, meinte er plötzlich seinen Namen zu hören.
„Banner? Dr. Banner?" rief eine Frauenstimme die Natasha zum verwechseln ähnlich klang.
Er blickte sich suchend um, sah sie aber nirgends. Kopfschüttelnd nahm er an das sein Gehirn ihm einen Streich gespielt haben musste.
Das war reines Wunschdenken, Natasha würde hier nicht auftauchen. Vermutlich suchten sie noch nicht einmal nach ihm.
„Banner!" hörte er wieder seinen Namen, doch diesmal sah er auch die dazugehörige Person. Beziehungsweise einen roten Schopf der auf ihn zugelaufen kam.
„Natasha?" fragte er ungläubig in die Menge und die Rothaarige kam näher.
Ein lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit, erstarb aber direkt wieder.
Es war nicht Natasha. Nur eine Eingeborene mit rot gefärbten Haaren.
Vielleicht musste er selbst bald mal wieder zum Psychologen. Ein kurzer Besuch konnte ja nicht schaden.
Doch was wollte er diesem erzählen?
'Ich bin vor meinen Freunden und der Frau die ich liebe geflohen um sie nicht zu verletzen. Wissen sie, wenn ich wütend bin werde ich zu einem riesigen grünen Monster ohne Gewissen' dachte er sarkastisch.
Ja, er liebte Natasha. Früher wollte er es sich einfach nicht eingestehen, doch zwei Wochen nachdem er von Sokovia aus verschwunden war, sah er es endlich ein. Er liebte sie. Er liebte Natasha Romanoff.
Mit den Gedanken bei Natasha folgte er der Einheimischen und behandelte mit geübten Handgriffen ihren Sohn, welcher sich dem Arm ausgekugelt hatte.
Dankend gab die Frau ihm etwas Geld, er zählte nicht nach wie viel es war. Bruce wusste dass die Menschen hier nicht viel hatten und ihn meist mit dem bezahlten, was sie sich gerade noch leisten konnten.
Doch tat er das nicht für Geld oder ähnliches. Bruce wollte einfach nur Menschen helfen, irgendwie versuchen die Schulden zu begleichen, die der Hulk ihm auf sein Konto geschrieben hatte. Doch ob er das jemals alles wieder gut machen könnte? Er bezweifelte es stark. Nichts machte die Leben ungesühnt die der Hulk genommen hatte.
Als er an der Hütte seines letzten Patienten für den heutigen Tag ankam, war dieser jedoch verschwunden.
„Azaf wurde vor ein paar Stunden von der Polizei abgeholt. Ich weiß nicht warum" erklärte ihm eine Frau die gerade an der Hütte vorbei ging.
„Oh, in Ordnung. Danke" antwortete Bruce und machte sich auf den Rückweg zu seinem ‚Hotel'. Es war keines dieser Luxushotels im Stadtinneren von Kapstadt, sondern ein kleines heruntergekommenes Haus welches der Besitzer umgebaut hatte um einzelne Zimmer zu vermieten. Bruce wollte nicht riskieren dass S.H.I.E.L.D. ihn aufspürte, aber auch fand er es nicht angemessen so im Luxus zu schwelgen während er Leute behandelte die nichts hatten. Wahrscheinlich hatte die Polizei Azaf abgeholt da dieser versucht hatte irgendetwas zu stehlen. So etwas erlebte Bruce hier beinahe wöchentlich. Die Leute verschwanden plötzlich einfach oder wurden von der Polizei abgeholt, er konnte ihnen dann nicht mehr helfen.
Bruce lief weiter durch den Slum und wunderte sich nebenbei wie er es schaffte sich hier zu Recht zu finden. Baracke stand hier an Baracke, sie sahen alle so gut wie gleich aus. Das einzige woran man sich wirklich orientieren konnte, war das Dach der Villa das man hin und wieder zwischen den Hütten erblicken konnte.
Kurz bevor Bruce auf einen der Hauptwege des Slums traf, bemerkte er drei junge Männer welche in einem Halbkreis standen und auf den Boden blickten.
Er folgte ihren Blicken und sah einen Körper dort auf dem Boden liegen.
Bruce lief zu den Männern um zu sehen ob er helfen könnte und erkannte mit einem Schock dass Natasha dort auf dem Boden lag.
„Gehen sie" sagte einer der Männer zu Bruce und Angesprochener bemerkte ein nichts Gutes bedeutendes Glitzern in dessen Augen.
„Sie werden alle sofort von der Frau wegtreten!" stellte Dr. Banner klar und ging zu Natasha.
„Und was wenn nicht?" lachte ein anderer und baute sich bedrohlich vor ihm auf.
„Was wollen sie von der Frau?" fragte Bruce und versuchte angestrengt ruhig zu bleiben. Er durfte nicht explodieren, nicht hier.
„Wir wollen nur ein bisschen Spaß haben" grinste er dreist und das gab Bruce den Rest. Er ballte die Hände zu Fäusten, seine Haut fing an sich grün zu färben, er spürte Muskeln reißen und anschwellen, spürte wie die Struktur seiner Gedanken sich langsam veränderte.
Die Männer sahen ihn mit geweiteten Augen an, riefen irgendetwas dass Bruce aufgrund des Rauschens in seinen Ohren nicht mehr verstand und rannten weg.
„Bruce..." hörte er eine schwache Stimme und drehte seinen Kopf ruckartig zu Natasha um. Sie war durch die lauten Rufe scheinbar aus ihrer Bewusstlosigkeit aufgewacht.
„Nicht" flüsterte sie und versuchte sich aufzusetzen.
„Ich. Kann. Nicht." presste er zwischen den Zähnen hervor, taumelte und fiel hin. Sein Rücken bog sich unnatürlich durch und er krallte die Hände in den staubigen Boden.
„Sieh mich an" flüsterte sie, robbte zu ihm und legte eine Hand an seine Wange.
„Du kannst das, Bruce. Ganz ruhig. Sieh mir in die Augen"
Angestrengt tat er was sie ihm sagte und verlor sich sogleich wieder in ihren grün-blauen Augen.
„Ruhig..." wiederholte sie, noch leiser als zuvor und stellte erleichtert fest dass seine Haut langsam wieder ihre normale Farbe annahm.
Erschöpft lehnte Bruce sich neben Natasha an eine Wellblech-Wand. Die Rothaarige legte ihre Hand auf seine um ihn so noch mal zu beruhigen und hatte große Mühe dabei ihre Augen aufzuhalten, die drückende Dunkelheit kam wieder auf sie zu und drohte, sie komplett einzuhüllen.
„Bleib wach, Natasha" Bruce stand auf und zog sie mit sich auf die Beine.
„Versuche ich ja..." murmelte sie und legte ihren Arm um Bruce' Schultern. Dieser hielt sie noch mal um die Hüfte fest um ihr mehr Halt zu bieten und so schleppten sich die beiden zu Bruce Hotel.
Dort angekommen legte die Agentin sich erschöpft in das Bett und Bruce reichte ihr eine Flasche Wasser welche sie durstig austrank.
„Bruce?" fragte sie müde und versuchte weiter zwanghaft die Augen offen zu lassen.
„Ja?"
„Bitte, bleib hier. Geh nicht wieder weg. Lass mich nicht alleine"
Ihre Stimme hatte so einen flehenden und traurigen Ton angenommen dass Bruce sie mit schmerzverzerrtem Gesicht ansah. So kannte er Natasha gar nicht, dass sie so offen ihre Gefühle zeigte. In diesem Moment sah er was er ihr damit angetan hatte dass er verschwunden war. Bruce hatte gewusst was sie für Gefühle für ihn hegte, hatte aber gedacht sie würde ihn schnell wieder vergessen. Er war eine zu große Gefahr für sie. Doch Natasha wusste wie man mit ihm ‚umgehen' musste, sie hatte die Kontrolle über ihn und den Anderen. Mit ihr an seiner Seite hatte der Hulk nichts mehr angestellt. Sie brauchten sie. Bruce und Hulk. Und Natasha brauchte ihn, dass sah er. Sie wirkte etwas verwahrlost, ihre Augen schienen nicht mehr so wie früher zu glitzern, sondern waren einfach nur leer.
„Bitte" wiederholte sie als es plötzlich klingelte. Sie holte das kleine Mobiltelefon aus ihrer Tasche und Bruce sah auf das Display. ‚Direktor Fury' stand dort.
Entschuldigend sah die Agentin ihn an und ging ran.
„Direktor?" meldete sie sich und lauschte einen Moment.
Bruce sah sie abwartend an. Sollte es wirklich so enden?
„Nein. Es gibt keine neuen Informationen, keine Spur von Banner. Ich vermute er wird irgendwo in Indien untergetaucht sein"
Erleichtert lächelte er sie an und auch sie zog die Mundwinkel kurz hoch.
„Wenn sie das von mir verlangen dann kündige ich. Ich habe ihnen bereits mehrmals gesagt, dass ich nicht zu S.H.I.E.L.D. zurückkehren werde, ehe ich Dr. Banner ausfindig gemacht habe. Da ist es mir egal ob sie meinen dass sie auch ohne ihn auskommen! Ich suche ihn aus eigenem Interesse, das wissen sie, Fury. Einen schönen Tag noch." Damit legte sie auf und lehnte sich erschöpft in das Kissen zurück, behielt Bruce jedoch weiterhin im Auge.
Dieser zog sich einen Stuhl an das Bett heran und setzte sich.
„Du solltest dich ausruhen, Natasha" stellte er nur leise fest.
„Bleibst du bei mir?"
Bruce schien einen Moment zu zögern ehe er sich zu ihr hinunter beugte und ihr einen sanften Kuss auf die Lippen hauchte.
„Für immer" flüsterte er gegen ihre Lippen. Erleichtert und über das ganze Gesicht strahlend zog sie ihn wieder zu sich heran und vergrub ihre Hände in seinen Haaren.
So verharrten die beiden dort, in einem Kuss gefangen der all das widerspiegelte was sie gerade fühlten und lebten einfach nur für diesen Moment.
Während des Kusses hing ein Satz in der Luft, den beide in ihre Herzen schlossen.
‚Jetzt würde alles gut werden'

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top