🎨46🎨
Völlig außer mir krallte ich mich mit meinen Nägeln in die Bettdecke. Mir war speiübel. Mein Herz war kurz davor zu zerreißen. Warum war er hier? Wörüber wollte er mit mir reden? Dass er sich das überhaupt traute - hier einfach aufzutauchen, um mir wohlmöglich seine Beziehung zu Jin zu erklären. All seine Lügen, seine falschen Hoffnungen und dummen Gefühle könnte er sich sonst wo hinstecken. Niemals würde ich ihm wieder unter die Augen treten...
... niemals würde ich ihm das verzeihen.
"I-ich will aber n-nicht... ich w-will nicht mit...", meine Stimme brach mit jedem Wort mehr und ich konnte nicht einmal etwas dagegen tun. Sie zersplitterte wie mein Lebensmuskel in tausend Scherben; spitze, schneidende Splitter, die meine nie zuvor so dünn gewesene Hülle von innen zu zerreißen drohten.
"E-es tut so weeh-he", ein lautes Wehklagen entwich meiner Kehle, gebrochen und doch voller Emotionen. Plötzlich baute sich eine unendliche Wut in mir auf. Auf Taehyung, auf Jin, auf alles, was in der letzten Zeit geschehen war, auf mich - und ganz besonders auf meine Gefühle. Diese dummen Gefühle, die ich niemals vor hatte zu spüren. Die ich niemals als Teil meines Lebens gesehen hatte. Warum? Warum Taehyung? Warum hast du mir das angetan?
Du hast mich nicht gerettet, Tae.
Du hast nicht die Sterne zurück in meine Augen gebracht.
Du warst derjenige, der meinte ich sehe leblos aus.
Doch sieh mich jetzt an.
Du hast mich keineswegs gerettet, Tae.
Du hast mich zerstört.
Mit einem Ruck riss ich meine Hände aus der Bettdecke, formte sie zu festen Fäusten, sodass sich meine Nägel in die dünne Haut meiner Handinnenfläche bohrten. Ein erstickter Schrei entwich meiner Kehle, als ich begann wie wild auf meinen Kopf einzuboxen. Immer wieder, stärker und schneller.
"Jungkook! Jungkook stopp!", plötzlich regte auch mein Bruder sich wieder, machte einen Satz auf mich zu und versuchte verzweifelt meine Handgelenke zu ergreifen, doch ich entriss sie ihm jedes Mal wieder und schlug weiter auf mich selbst ein. Auf meinen Kopf - den Ort, welcher all diese Scheiße überhaupt erst zugelassen hatte. Mein Kopf, der sich plötzlich dachte, er könnte wieder etwas fühlen. Ich wollte ihn vergessen.
"HÖR AUF! HÖR VERDAMMT NOCHMAL AUF DAMIT!!!", schrie mein kleiner Bruder nun gänzlich überfordert und keine Sekunde später, spürte ich wie er seine Arme um meinen schmerzenden Körper schlang, genau in dem Moment, wo ich meine Fäuste kurz hatte sinken lassen, um erneut auszuholen. Verzweifelt versuchte ich mich zu wehren, aus seinem Griff zu befreien. Ich drehte und wandte mich hin und her - doch Jimin ließ nicht locker.
"Lass mich los! Lass mich... l-lass m-mich...", schluchzend brach ich schließlich zusammen. Mein Kopf ruhte an seinem Bauch, während seine Hände sanft durch meine völlig zerzausten Haare kraulten. "Jungkook...", war das Einzige, was ihm über die Lippen kam. Mein Name. Voller Trauer und Mitgefühl. "Es tut mir so Leid", sprach er daraufhin weiter, wodurch ich mich noch mehr an ihn lehnte und meine Arme schließlich schwach um seine Hüfte legte.
Ich wusste nicht wie lange wir beide in dieser Position verweilten. Aber es war mir in dem Moment auch völlig egal. "Ich werde ihm Bescheid sagen", flüsterte der Blondschopf nach einiger Zeit aber und löste sich langsam von mir. "N-nein bitte geh n-nicht", schluchzte ich sofort und krallte mich in den dünnen Stoff seines Shirts. Sanft spürte ich die kleinen Hände meines Bruders auf meinen verkrampften Fingern. Ganz behutsam strich er über diese, ehe er sie vorsichtig löste und in seine Hände schloss. "Ich werde ihn wegschicken, wenn du das möchtest", mit großen Augen sah er mich an, wartete auf eine Anwort meinerseits und ließ dabei keine Sekunde von meinen Händen ab.
Kurz schloss ich die verweinten Augen.
Dann nickte ich stumm.
Kraftlos ließ ich von meinem Bruder ab, blieb regungslos auf der Matratze sitzen und starrte ins Leere. Währenddessen vernahm ich ein bedrücktes Seufzen neben mir und gleich darauf sich entfernende Schritte.
Dann war ich allein.
So wie vor dieser ganzen Zeit.
Doch diesmal war es anders.
Diesmal fühlte ich mich auch allein.
Denn ich fühlte.
Und all das zog mich immer weiter in den Abgrund, tiefer und tiefer. Denn ich hatte mich verändert. Wer bin ich überhaupt? Wer steckt da in mir? Wer ist diese fremde Person? Wer bin ich?
Was hast du nur mit mir gemacht?
"Jungkookie?", wurde ich mit einem Mal aber wieder herb zurück aus meinen jämmerlichen Gedanken gerissen und konnte ein weiteres Mal meinen kleinen Bruder in meinem Türrahmen stehen sehen. Diesmal lag auf seinem Gesicht aber nicht mehr dieser mitleidige Schatten. Mit meinem verschwommenen Blick vermeinte ich sogar ein sanftes Lächeln auf seinen Lippen erkennen zu können. Dennoch tappte er unruhig von seinem einen Fuß auf den anderen und knibbelte nervös an seinen Fingernägeln.
Gequält blickte ich ihm entgegen, während ich mir die Decke bis ans Kinn zog. "Ich soll dir etwas ausrichten...", begann mein Bruder schließlich zu sprechen und bei seinen Worten riss ich meine geschwollenen Lider überrascht etwas weiter in die Höhe. Er sollte mir etwas ausrichten?
Doch so schnell wie ich meine Augen geweitet hatte, so schnell verengte ich sie auch schon wieder zu kleinen Schlitzen und runzelte misstrauisch meine Stirn.
"I-ich will es n-nicht hören", gab ich mit krächzender Stimme von mir und drehte meinen Kopf von dem Blonden weg.
Und es stimmte.
Naja zumindest redete ich mir es ein.
Denn mein Herz machte bei den Worten des Kleinen einen gewaltigen Satz nach vorne. Jedoch schwappten gleich danach auch schon wieder die Bilder von Taehyung und einem halbnackten Jin in meinem Kopf herum, sodass mein Herz nach dem kleinen Hüpfer hart auf dem Boden der Tatsachen aufkam und erneut ein Stück weiter zersplitterte.
"Aber das solltest du-" "Nein! Ich sollte gar nichts!", blaffte ich Jimin tapfer entgegen, bevor ich erneut die Tränen in meinen Augen spüren konnte. Niemals würde ich Taehyung zurück in mein Leben lassen. Solch einen Fehler würde ich nicht noch einmal begehen.
Wimmernd kugelte ich mich auf der Matratze zusammen und schloss meine Augen.
Augenblicklich fluteten Bilder von einem kastenartigen Lächeln, wunderschönen funkelnden Augen, und einem in ulkige Kleidung gehüllten Jungen meine Gedanken. Ich konnte plötzlich einen Hauch Blumenerde, Lavendel und altmodischen Textilien riechen. Sanfte Klänge eines Klaviers, die kräftige Melodie eines Saxophons und dazu eine tiefe, so sanfte Stimme, die mir augenblicklich eine Gänsehaut über den gesamten Körper jagte, echoten in meinen Ohren. Ein Kribbeln fuhr über jeden Winkel meiner Haut, als ob mich die langen, schlanken Finger dieser einzigartigen Hände berühren würden.
Niemals zuvor hatte ich mein Leben, meine Umgebung, so wahrgenommen. Und niemals zuvor ich hatte ich mich zu einer Person so hingezogen gefühlt.
In dem Moment, wo Taehyung in mein Leben getreten war, wusste ich nicht, dass er mir eines Tages so wichtig werden würde.
Doch ich konnte es nicht länger leugnen - nicht nach diesem alles einnehmenden Schmerz, der mich nun gänzlich zu zerstören drohte.
Ich hatte mich verliebt.
Und wurde gebrochen.
Ich würde niemals mehr repariert werden können.
"Jungkook", ertönte auf einmal aber wieder die helle Stimme meines Bruders, der anscheinend immer noch nicht von meiner Seite weichen wollte, sodass ich meinen Kopf schwerfällig zu ihm herumdrehte. "Ich möchte dir wirklich nicht zu nahe treten und ich habe nicht den Hauch einer Ahnung, was zwischen euch beiden vorgefallen ist... ich meine ich kenne diesen Taehyung ja nicht einmal. Er ist-" "Jimin", unterbrach ich den Kleineren scharf, da er eindeutig dazu tendierte abzuschweifen.
Für einige Sekunden legte sich Stille über unsere Köpfe, doch schließlich seufzte mein Bruder ergeben auf. "Nur eine Sache", presste er deutlich angespannt und unwohl hervor, da er mit Sicherheit wusste, dass mir diese eine Sache nicht sonderlich gefallen würde, "Taehyung meinte... naja... also."
Zum zweiten Mal war ich kurz davor den Blondschopf zu unterbrechen, doch da sprudelten ihm die Worte schon rasend schnell über die Lippen und ließen mich mit einem völlig verwirrten Gefühl zurück.
"Er wird auf dich warten. Um 19 Uhr am Stadthügel. Und du solltest dort erscheinen, Jungkook."
———
Es wird spannend ~
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top