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Ich konnte mich nicht bewegen. Mein ganzer Körper war wie festgefroren und verweilte an der Stelle, wo Taehyung mich verlassen hatte. Starr hielt ich meinen Blick in die Ferne gerichtet, unfähig irgendetwas zu tun, außer den Tanz der rosa Blüten vor meinem verschwommenen Sichtfeld zu betrachten. Angespannt schloss ich meine Hände zu Fäusten und biss mir verzweifelt auf die Unterlippe, um die Tränen zu unterdrücken, die sich ihren Weg hinaus an die Oberfläche erkämpfen wollten.
Was hatte ich nur getan?
"Ist alles okay, Jungkook?", riss mich plötzlich die Stimme meines besten Freundes, den ich fast vergessen hätte, aus meinen Gedanken. Aber in dem Moment wo ich seine vertraute Stimme hörte und plötzlich einen sanften Griff auf meiner Schulter spürte, deckte dies sofort wieder die bittere Realität auf. Ich hatte mich entschieden - für ihn und meine Freunde. Und damit vor allem gegen Taehyung.
Jetzt, wo mir dies so richtig bewusst wurde, schoss mir augenblicklich ein Gedanke in den Kopf, der mich ganz bestimmt nicht mehr loslassen würde, solange bis ich etwas dagegen unternahm. Denn je mehr mir klar wurde, dass ich nicht nur zum ersten Mal eine Entscheidung getroffen, sondern vor allem eine falsche getroffen hatte, wandte ich mich aus dem Griff des Rothaarigen.
"Hey, Jungkook... ist wirklich alles okay? Kann ich etwas tun?", hakte Hobi augenblicklich nach, da auch er mitzubekommen schien, dass in mir gerade ein Orkan tobte. Ja, ein verdammter Orkan von Schuldgefühlen, Trauer und Wut... aber vor allem schierer Überforderung. Mit einem Ruck entriss ich mich meinem besten Freund, stolperte einige Meter vorwärts, wobei ich Angst hatte, dass meine Knie nachgeben würden, bevor ich mich langsam zu ihm herumdrehte.
Sogleich traf ich auf seine besorgten Augen, was mir erneut einen Stich ins Herz verpasste.
Ich hatte heute schon all das Funkeln aus Taehyungs Augen genommen, es ausgelöscht und hinfortgespült und ich hatte Angst, dass er dieses Glitzern nur wegen mir nie mehr finden würde. Ich wollte nicht, dass der Lockenschopf so enden würde wie ich. Ich wollte nicht, dass er in dieses gefühlskalte Leben gezogen und in dem Strudel der Emotionslosigkeit ertrinken würde.
Bei dem Anblick von Hoseoks sorgenvollen Funkeln in seinen Iriden krampfte sich mein Herz zusammen und ein heftiger Stich zog durch meine Brust. Ich konnte doch nicht noch einen Sternenhimmel auslöschen. Ich konnte doch nicht die Freude aus dem immerzu lächelnden Gesicht des Rothaarigen nehmen, der all die Jahre über für mich da gewesen war. Hobi hatte immer zu mir gehalten, egal welchen Mist ich gebaut hatte oder wie eiskalt ich mich den Großteil der Zeit meinen Freunden gegenüber verhalten hatte. Er war es immer wieder gewesen, der mich trotzdem besucht und klärende Worte vor Namjoon und Yoongi gefunden hatte. Er war es gewesen, der mich überhaupt erst angesprochen hatte, obwohl er genau wusste, dass ich all die Monate zuvor wie ein Außenseiter in der hintersten Ecke des Schulhofs gestanden hatte, nur um nicht jedem Schüler eins auf die Nase zu geben.
Ich konnte nichts dagegen tun, dass sich eine Krokodilsträne aus meinem Augenwinkel quetschte bei der Erinnerung an unsere erste Begegnung. Ich hätte ihm fast sein Sandwich in den grinsenden Mund geschoben, so sehr wollte ich von ihm in Ruhe gelassen werden. Und dennoch hatte er keine Angst vor mir gehabt, mich hingegen lächelnd in die Seite geboxt und daraufhin an seinen Tisch in der Mittagspause eingeladen. Und auch nach einigen Wochen, in denen ich mit meiner 'Mir-ist-alles-egal-Haltung' mit ihm und den beiden anderen Idioten verbracht hatte, wollte er mich nie loswerden.
"Jungkook?", drang erneut seine Stimme an mein Ohr, die nun jedoch nicht mehr besorgt, sondern zum ersten Mal wirklich änstlich klang. Meine Lippe begann zu zittern und ich wusste wirklich nicht, was ich tun sollte. Mit zögerlichen Schritten wollte Hobi auf mich zukommen, doch ich riss nur abwehrend meine Hand in die Höhe. "B-bleib weg von m-mir", presste ich mit brüchiger Stimme hervor und erschrak selbst, bei der Kälte in meinen Worten.
Keine Sekunde später riss der Rotschopf seine Augen verwirrt auf, musterte mich jedoch nur für einige weitere Sekunden eingehend, ohne dass auch nur ein Wort seine Lippen verließ. Dennoch konnte ich schon jetzt erkennen, wie seine Mundwinkel ein Stück weit herabfielen und seine Augen einen ausdrucklosen Blick annahmen.
Ich wollte das alles nicht! Ich wollte keine Entscheidungen treffen und ich wollte vor allem keine falschen Entscheidungen mehr treffen!
Aber ich hatte es bereits getan und damit eine Person in den Abgrund gerissen... in meinen Abgrund und ich war mir sicher, dass nur ich es schaffen könnte, ihn dort wieder herauszuholen. So wie er es für mich getan hatte. So wie er die Tür zu meinem Herz geöffnet und sich selbst leise und heimlich dort hineingeschlichen hatte.
Ja, verdammt! Er hatte sich in mein Herz geschlichen. Selbst wenn ich es nicht wollte und niemals gedacht hätte, dass ich überhaupt einmal in meinem Leben für eine Person etwas empfinden könnte und vor allem nicht für einen Mann, hatte Taehyung es geschafft. Und mit jedem Tag, den ich mit ihm verbrachte, jeder Minute, in der er mir sein Lächeln schenkte, jeder Sekunde, in der ich in seine funkelnden Augen schauen konnte, schaffte er es sich bis in das Auge des Sturms vorzuarbeiten.
Dieser irre Penner wurde zu einer Art Schlüssel zu all den verborgenen Türen in meiner Seele, hinter jeder ein anderes Gefühl verborgen lag. Und je weiter ich mit ihm diesen Weg bestritt, desto mehr fügten sich all diese Räume zu einem großen zusammen, der all das in sich festhielt, was ich für diesen Idioten fühlte. Ich durfte ihn nicht verlieren. Nicht jetzt, wenn es noch weitere Türen zu öffnen gab und ich mehr von dem fühlen wollte, was er mir schenkte.
Traurig blickte ich zu meinem besten Freund herüber. Er würde Taehyung doch niemals akzeptieren. Er war so anders. So speziell und extrovertiert.
Aber ich wollte auch Hobi nicht verlieren...
"Hobi... ich", stammelte ich schließlich, kniff meine Augen kurz zusammen, bevor ich sie wieder auf den Rotschopf richtete, der inzwischen wirklich überhaupt nicht mehr zu verstehen schien, was hier vor sich ging und vor allem, was mit mir passierte. Jedoch war ich zu mehr nicht im Stande, denn ich konnte mich nicht entscheiden. Ich konnte und würde es nicht!
Nicht jetzt, wenn ich wusste, dass auf einem Sofa, mit hunderten bunten Kissen und einer teuflischen Katze, ein Mann weinte, den ich so tief in mein Herz geschlossen hatte. Ich konnte Hoseok jetzt nichts erklären und in mir machte sich das ungute Gefühl breit, dass ich es niemals könnte. War das nun also der Tag, an dem wir das letzte Mal miteinander sprachen? Sollte dieser Tag nun der sein, an welchem ich mich ohne eine Erklärung abzugeben von meinem besten Freund trennte?
Ich wollte mich nicht entscheiden, genauso wenig wie vorhin und ich wusste genau, dass ich erneut mit der Strömung in meinem Inneren schwamm und nicht, weil ich die meiner Meinung nach richtige Entscheidung traf.
Scharf zog ich die Luft ein, blinzelte meine Tränen weg und trat einen Schritt zurück, um mehr Abstand zwischen mich und Hoseok zu bringen. "Hobi, es tut mir leid", presste ich schließlich mit einer Stimme so kalt wie Eis hervor, "aber ich muss jetzt gehen."
Für den Bruchteil einer Sekunde schauten wir beide uns noch gegenseitig in die Augen. Die meines besten Freundes waren dabei getränkt mit schockierter Erkenntnis, denn ihm schien genauso klar wie mir zu sein, dass ich damit nicht meinte nun heimzufahren und heute Abend zu ihm zu kommen, um zu zocken. Nein, er wusste genauso gut wie ich, dass das hier ein Abschied bedeutete. Ein stiller Abschied.
Und während ich mich zum Gehen umdrehte, prägte sich das Bild meines besten Freundes, dessen Augen zwar nicht ihr Funklen verloren hatten, aber aus denen ein Rinnsal von feuchten, salzigen Perlen herablief, in mein Gedächntis ein. In genau diesem Moment wünschte ich mir so sehr zurück, dass mir alles egal sein würde. Ich wünschte mir so sehr, dass es mich nicht interessieren würde, was mit Hoseok passierte. Doch er war mein bester Freund. Und selbst, wenn es das jetzt gewesen sein sollte, würde er das auf ewig bleiben.
Dank eines verrückten Irren.
Ohne auch nur einen Blick zurück über meine Schulter zu werfen, so sehr es mich auch schmerzte, rannte ich den kleinen Weg hinab in Richtung Stadt, denn jetzt gerade gab es nur eine richtige Entscheidung - Nicht nur das Funkeln in Taehyungs Augen zurückzubringen, sondern ihm auch mein Herz zu schenken.
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Bin nicht so zufrieden mit diesem Chap XD
Aber habe es jetzt schon so lange vor mir hergeschoben und wieder umgeschrieben und geändert, irgendwann reicht es haha
Hoffe es ist trotzdem einigermaßen okay.
Hab euch lieb! <3
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