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Jungkook
Was ein Scheißtag, also wirklich.
Mit einem dumpfen Knall ließ ich meinen Fuß gegen meine Zimmertür fahren und trat diese somit aus dem Weg. Ja, ich weiß... die Tür konnte nichts dafür, aber dennoch nervte sie mich gerade einfach. Danach war mein Rucksack an der Reihe. Er hatte definitiv auch keine Schuld, aber trotzdem riss ich ihn mir von den Schultern und warf ihn achtlos auf den Boden neben den Schreibtisch. Okay, das hatte er ebenfalls nicht verdient. Vielleicht wäre der Mülleimer besser gewesen?
Mit schnellen Schritten lief ich zu meiner Musikanlage herüber und schaltete die Bluetooth-Funktion ein, ehe ich mich erschöpft auf mein Bett plumpsen ließ. Hastig zog ich mein Handy aus meiner Hosentasche hervor und durchforstete meine Spotify-Playlists. Kurze Zeit später dröhnte auch schon der laute Bass an meine Ohren und aus den Boxen ertönte die Stimme irgendeines Rappers.
Er musste berühmt sein, sonst hätte ich ihn wohl nicht in meiner Playlist, aber dennoch war er mir unbekannt. Der Rapper, als auch das Lied, hatten noch nie wirklich mein Interesse geweckt. Ich hörte es, weil es meine Freunde hörten. Sie fuhren alle total ab auf diesen Scheiß und waren immer kurz vor einem Ohrorgasmus. Manchmal übten die drei sich sogar selbst in irgendwelchen wilden Melodien und Texten, was ich bis heute nicht verstehen konnte. Ich meine, es konnte sogar sein, dass sie gut waren, zumindest übten sie viel und Übung machte bekanntlich den Meister. Aber selbst wenn, war es mir egal.
Ich würde niemals Rappen wollen. Nicht, dass ich es mir nicht zutraute, sondern einfach, weil es mir sowieso keinen Spaß machen würde. Einmal hatten die drei mich mit in eine Karaoke-Bar geschleppt und natürlich zwangen sie mich auch dazu, selbst mal das Mikrofon in die Hand zu nehmen und meine Künste zum Besten zu geben. Ich hatte irgendein bescheuertes Lied, in welchem es um Liebe und so einen Schwachsinn ging, gesungen. Meine Stimme war, den Komplimenten und erstaunten Blicken meiner Freunde nach zu urteilen, anscheinend 'unglaublich' und es machte mich schon etwas stolz, das zu hören.
Die Erinnerung daran ließ ein flüchtiges Lächeln auf meine Lippen wandern, doch keine Sekunde später verschwand dieses gleich wieder, als ich erneut den Aggro-Rap im Hintergrund vernahm. Warum war mein Leben eigentlich so langweilig und unspannend?
Nachdem ich heute in der Schule einem Mädchen, ihren Namen habe ich vergessen, einen Korb gegeben hatte und sie daraufhin wie ein Schlosshund angefangen hatte zu weinen, bekam ich genauso wie Hobi und Yoongi meinen fünften Eintrag im Klassenbuch. Das klingt verwirrend? Ja, das war es auch, denn ich hatte nichts gemacht. Doch sie war der festen Überzeugung, dass ich sie obszön angegraben habe und mich wie ein Perversling verhalten habe. Ja klar, ist ja nicht so, dass sie sich an mich ran geschmissen hat.
Ein Seufzer entkam meiner Kehle. Jedenfalls hatte sie mich angeschwärzt und ich musste nun mit den Konsequenzen leben. Dass Yoongi, Hobi und Namjoon mich verteidigt hatten, interessierte natürlich niemanden. Wer würde den Halunken auch glauben?
Aber es war mir auch egal. Sollen die Lehrer sich doch einbilden, ich würde darauf etwas geben. Dann musste ich eben Nachsitzen, na und? Ich hatte bis jetzt immer gute Noten, ich erledigte meine Hausaufgaben und war ansonsten auch ein ganz vorbildlicher Kerl, bis auf ein paar Streiche, die ich mit den Jungs spielte. Ich lebte meine Leben bis jetzt genauso, wie es sein musste und alles war in bester Ordnung.
Es war mir also egal und ehrlich gesagt konnte der Tag nicht noch schlimmer werden.
"Jeeeon Jungkooook!!!", schrillte die Stimme meiner Mutter aus dem Flur an mein Ohr. Schnell ließ ich meine Hände an meine Ohren wandern und wälzte mich etwas mehr in die Kissen. Wie konnte man denn bitte so dermaßen hell quietschen?! Welche Frequenzen mussten das wohl sein?
Kurz darauf stand die schlanke und ziemlich wütend aussehende Frau mit ihren Händen in die Taille gestemmt in meinem Türrahmen und fixierte mich zornig. "Kannst du das bitte leiser machen?", schrie sie mir entgegen. Wahrscheinlich hätte sie nicht einmal geschrien, wenn die Musik aus gewesen wäre, aber sie war nunmal an. Auf voller Lautstärke.
"Was hast du gesagt?", neckte ich, fuchtelte mit dem Zeigefinger vor meinem Ohr herum und tat so, als wenn ich sie nicht verstanden hätte. "Mach die Musik leise, bitte!", versuchte sie es erneut, ein Stück weit lauter. "Mutter, ich verstehe dich nicht", entgegnete ich jedoch ein weiteres Mal und musste mir ein Grinsen verkneifen. Leider stellte sich das als ganz dumme Idee heraus, denn im selben Moment ploppte die Zornesader auf der Stirn meiner Mutter auf und sie stampfte wutentbrannt zu der Anlage herüber.
Dort angekommen, zog sie einfach den Stecker aus der Steckdose und plötzlich herrschte Stille im Raum. Jedoch nicht für lange.
"Wir müssen mal ein ernstes Wörtchen miteinander reden, Jungkook", bestimmte meine Mutter. Ich wollte sie nicht noch mehr zur Weißglut treiben, weshalb ich mich aufsetzte und mich auf der Bettkante zu ihr herum drehte. "Was gibt es denn so unglaublich Wichtiges?", gähnte ich.
Ups. Das mit dem 'nicht noch mehr zur Weißglut treiben' war dann wohl ein Griff in die Tonne.
Dabei hatte ich nicht einmal absichtlich gegähnt. Doch meine Mutter presste wütend ihre Kiefer aufeinander und fuhr dann mit ihrer hysterischen Stimme fort: "Du bist so ein Bengel, Jungkook. Ich weiß wirklich nicht genau, was deine Motive sind und warum du so bist, aber es reicht so langsam!" Ich folgte stumm ihren Worten und versuchte diese zu verarbeiten, denn meine Mutter hatte bis jetzt immer nur Strafen verhängt, wenn ich unanständig war. Doch jetzt wollte sie anscheinend darüber reden oder mir irgendwie eine Lehre erteilen. Keine Ahnung, aber es interessierte mich auch recht wenig.
"Du hast immer die beste Erziehung von deinem Vater und mir genossen. Wir haben dir Werte und Normen beigebracht und dir trotzdem genug Freiheiten gelassen. Dir hat es nie an etwas gefehlt. Und trotzdem bist du so geworden. Ich verstehe das einfach nicht...", die Wut meiner Mutter wandelte sich allmählich in Enttäuschung um und ihr Blick wanderte traurig gen Boden.
"Aber ich befolge doch alle Regeln. Ich bin gut in der Schule, ich mache meine Hausaufgaben, ich höre auf das, was ihr mir sagt. Ich mache immer sofort alles, wenn ihr mal meine Hilfe braucht, oder so", rechtfertigte ich mich völlig gelassen und verschränkte meine Arme vor der Brust. Ich verstand ihr Problem gerade einfach so überhaupt nicht.
"Jungkook", sie atmete einmal hörbar aus, ehe sie fort fuhr "es geht hier nicht darum, dass du deine Pflichten erfüllst. Ich weiß, dass du alles machst, was man dir sagt. Vielleicht ist gerade genau das, das Problem." Die braunhaarige Frau kam etwas näher auf mich zu, hielt für einen winzigen Moment in ihrer Bewegung inne und ich dachte sie würde sich vor mir auf die Knie niederlassen. Doch anstatt dessen, drehte sie sich wieder etwas weg und lief zur Tür herüber. Dort angekommen, stoppte sie ein weiteres Mal und schenkte mir wieder ihre Aufmerksamkeit.
"Dass du deinen Bruder ärgerst, ist okay für mich. Aber übertreib es nicht. Genauso in der Schule. Ich möchte nicht, dass diese drei Jungen, die du anscheinend deine Freunde nennst, einen schlechten Einfluss auf dich haben", sie fuhr sich fahrig durch die Haare. "Aber Mama, die drei haben keinen schlechten Einfluss auf mich. Wir machen ja nichts Schlimmes. Wir spielen nur ein paar Streiche, weil es so langweilig ist", erklärte ich ihr vollkommen ehrlich.
"Wenn dir so langweilig ist, Jungkook, dann such dir gefälligst ein anständiges Hobby. Irgendwas, mir ist egal was es ist, ob Sport oder Musik oder Kunst, es ist mir egal. Hauptsache, du versucht endlich mal deine Langeweile anders zu bekämpfen, als mit diesen Neckereien." Daraufhin machte sie auf dem Absatz kehrt und fügte im Gehen noch hinzu: "Und trotzdem hast du Hausarrest für das, was du Jimin heute morgen angetan hast!"
Ja, danke auch. Apropos es ist okay, wenn ich meinen Bruder ärgere.
Völlig geschafft, ließ ich mich zurück auf die Matratze sinken und starrte gegen die weiße Decke. Ein Hobby? Haha, dass ich nicht lache. Ich habe doch bereits so viel ausprobiert und alles war einfach scheiße langweilig. Ich hatte einfach auf nichts davon Lust. Und so egal wie es meiner Mutter war, welches Hobby ich machen sollte, so egal war es mir auch. Es würde sowieso alles gleich mies sein.
Vielleicht lag das auch an meiner miesen Einstellung gegenüber den Dingen und dem Leben. Ich lebe eben, weil ich es muss und nicht weil es so unglaublich toll ist. Wahrscheinlich würde das auch bis auf weiteres so bleiben und meine Motivation diesen Umstand zu ändern, hielt sich auch in Grenzen. Warum sollte ich es auch ändern wollen? Es war doch alles gut, so wie es lief. Ich würde einen guten Schulabschluss machen, zur Universität gehen, einen stabilen Job bekommen, ein Haus bauen, eine Familie gründen und irgendwann sterben.
So einfältig und unspektakulär läuft das Leben nunmal und so würde es auch bei mir laufen, da war ich mir sicher.
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