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Ertappt biss ich mir feste auf den Kiefer und hielt in meinen Streicheleinheiten für dieses schwarze Monster inne, nur um dem weitaus grausigeren Monster neben mir einen finsteren Blick zuzuwerfen. Eigentlich konnte es mir auch egal sein, dass dieser Typ jetzt meinen Namen wusste und eigentlich war es mir das auch. Aber was mich aufregte war, dass er mich eiskalt reingelegt hatte. Vielleicht hatte er diese Genevieve ja auch mit irgendeinem Tiergeflüster in seinen teuflischen Plan eingeweiht.
Was mich jedoch noch mehr zum Kochen brachte, war dieses kastenartige beinahe überglückliche Grinsen, dass er mir zuwarf. Abgesehen davon, dass er eigentlich sogar ganz niedlich dabei aussah, fühlte ich mich auf irgeneine Art und Weise hintergangen, weshalb ich einen Schritt zurücktrat und beleidigt meine Arme vor der Brust verschränkte.
"Und? Jetzt zufrieden, dass du meinen Namen kennst?", schnaubte ich und konnte es mir nicht verkneifen meine Augen zu verdrehen. "Ja schon", erwiderte er grinsend, ehe er seine Stirn in Falten legte und seinen Zeigefinger überlegend an seine Unterlippe wandern ließ, "aber da fehlt eigentlich noch etwas...". Sein Ernst? Was fehlte ihm denn bitte noch? Reichte ja schon, dass er jetzt meinen Namen kannte.
Fragend zog ich eine Augenbraue hoch und musterte ihn abwartend. Doch mit einem Mal schüttelte er nur kurz den Kopf, grinste schief und widmete sich dann erneut dem schwarzen Fellbündel auf dem Sessel: "Nicht so wichtig." Nicht so wichtig? Das war ja wohl meine Entscheidung, ob ich es als wichtig erachtete oder nicht. Daran hatte er gar nichts mitzubestimmen.
Aber gut, er wollte es also auf die harte Tour? Dann soll er sie doch haben. Wütend stapfte ich aus dem Wohnzimmer alias Dschungel heraus in Richtung Flur. Für einen Moment tat sich nichts hinter meinem Rücken, doch keine Sekunde später konnte ich plötzlich ein lautes Rumpeln vernehmen. "Hey, hey", rief Taehyung mir zu, "wo gehst du hin?" Doch ich dachte gar nicht daran diesen Typen zu beachten.
"Jungkook, hey", ertönte ein weiteres Mal seine inzwischen verzweifelt klingende Stimme und aufeinmal konnte ich warme Finger um meinem Handgelenk spüren. Abrupt blieb ich stehen. Eine kribbelnde Welle breitete sich ihren Weg von meinem Handgelenk in meinen Körper aus. Es fühlte sich an, als würden tausende Ameisen über meine Haut spazieren und scheiße, es verwirrte mich. Was sollte das?
Hastig riss ich mich aus seinem Griff los, dachte jedoch gar nicht daran mich jetzt von meinem Plan abbringen zu lassen. Aus diesem Grund setzte ich meinen Weg weiter in Richtung Haustür fort. "Wo willst du denn hin?", fragte Taehyung nun, diesmal mit einem Hauch Enttäuschung in der Stimme. Nein, dieser Typ konnte mich mal gerne haben. Er musste jetzt hier nicht einen auf schmollend machen.
Als ich an der Tür ankam, drehte ich mich mit einem spitzen Blick zu ihm herüber, doch das stellte sich als eher weniger gute Idee heraus. Denn gleich darauf blitzten mir zwei traurige Augenpaare entgegen und von diesem wirklich peinlichen Schmollmund wollte ich gar nicht erst anfangen. "Sie mich nicht so an", forderte ich mit fester Stimme, ganz im Gegenteil zu dem Tsunami an Unsicherheit, der sich gleichzeitig in meinem Inneren breit machte, "das hat bei mir keinen Zweck."
"Aber warum willst du gehen?", hakte der Dunkelhaarige nach und trat etwas näher an mich heran. Ich hingegen machte einen Schritt zurück und umgriff die kalte Klinke der Holztür. Warum wollte ich gehen? Mh, gute Frage. Vielleicht weil mir das alles hier gehörig gegen den Strich ging? Weil mir Taehyung mit seiner überheblichen und gleichzeitig so verrückten Art gewaltig auf den Zeiger ging? Und weil ich das alles hier mehr als befremdlich fand? Na, das auf jeden Fall.
"Du nervst", patzte ich ihm entgegen, was seinen Dackelblick nur noch um einiges schlimmer machte. Super, jetzt hatte ich zu Alledem auch noch ein schlechtes Gewissen. Warum belastete mich das hier eigentlich so? Es sollte mir doch egal sein.
"Aber was habe ich dir denn getan?", seine tiefe Stimme drang sanft an mein Ohr und jagte mir einen warmen Schauer über den Rücken. Nichts, nichts hatte er mir getan. Doch mein Ego fühlte sich, aus welchem Grund auch immer, trotzdem gekränkt.
"Ich gehe jetzt", verkündete ich deshalb trocken und gab mich unbeeindruckt. Mit einem Ruck zog ich die Tür auf und war gleich darauf die Stufen herunter in die kalte Nachtluft gesprungen. Schnell versuchte ich ein paar Meter zwischen dem Typen und mir zu gewinnen. Aufeinmal schien meine Lunge endlich den erlösenden Atemzug zu erlangen und sich aus der zuvor so erdrückenden Atmosphäre zu befreien.
Ich war bereits auf dem Bürgersteig angekommen, als ich plötzlich vermeinte, diese bohrenden Augen in meinem Nacken zu spüren. Nein, gottverdammt, nein. Ich wollte einfach verschwinden. Er sollte mich in Ruhe lassen. Diese ganze Aktion war von vorneherein schon eine Schnapsidee gewesen und jetzt machte mich das alles einfach nur noch total kirre. Ich wollte einfach weg. Weg und mein langweiliges Leben zurück. Dieser Kerl hatte darin nichts verloren.
Dennoch konnte ich dem Drang einfach nicht widerstehen, mich nochmal umzudrehen. Sofort fielen meine Augen auf den schlanken Kerl, mit den dunklen Locken, die ihm zu allen Seiten vom Kopf abstanden, den weiten Vintage-Klamotten, diesem sanften Lächeln auf den rosigen Lippen und den funkelnden, braunen Augen. Augen, welche meine ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnten.
"Jungkook", kam es ihm sanft über die Lippen und er fixierte mich intensiv. Ich beobachtete wie er sich mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen lehnte und sein Lächeln nun einen schelmischen Touch annahm. Zu gerne hätte ich gewusst, was in dem Schädel dieses Spinners vorging. Doch mir offenbarte sich nur ein Buch mit sieben Siegeln, welches wohl mindestens eine genauso verdrehte Welt wie die meine beinhalten musste.
"Was?", pampte ich herum und widmete ihm einen finsteren Blick. Dennoch schaffte ich es nicht, meine herabhängende Hand zu einer Faust zu schließen. "Wir werden uns wiedersehen", bestimmte er und richtete sich etwas auf. Währenddessen wanderte ein belustigtes Grinsen auf meine Lippen und ich gluckste einmal auf: "Das glaubst auch nur du."
Doch mein Kichern schien ihn keineswegs vom Gegenteil zu überzeugen. Er musterte mich immer noch mit seinen großen Augen, umgriff schließlich die Türklinke und begann die Tür etwas zu schließen. "Doch das werden wir", nickte er und schenkte mir eines dieser überlegenen Lächeln.
"Und was macht dich da so sicher?", warf ich ihm die Frage, welche in meinem Kopf herumschwirrte auch sogleich an den Kopf. Für einen Moment herrschte Stille und nur das Zwitschern der Vögel umgab uns beide. Doch mit einem Mal zuckte der Dunkelhaarige mit den Schultern, bevor er anfing zu kichern. Wie so ein kleines Kind. Ist ja schlimm mit dem, mein Gott.
"Weil du mich vermissen wirst", unterbrach er aber mit einem Mal sein Kichern. Vollkommen ernst waren ihm diese Worte über die Lippen gekommen. Und genau das brachte letztendlich mich zum Lachen. Dieser Kerl hatte sie doch wirklich nicht mehr alle. Wie konnte man nur so von sich überzeugt sein und warum überhaupt sollte ich ihn bitte vermissen? Er war mir völlig egal! Er ging mir sowas von am Arsch vorbei und ich hatte auch gar keine Lust diesem Spinner nochmal unter die Augen zu treten.
Immer noch lachend und allmählich etwas aus der Puste, lief ich rückwärts den Bürgersteig herab. "Dann träum mal weiter", rief ich ihm glucksend entgegen bevor ich mich mit einem Mal umdrehte und auf den Weg nach Hause machte.
"Du wirst schon sehen", hörte ich es noch aus einiger Entferung an man Ohr dringen, doch ich drehte mich nicht mehr um. Ich lief schnurstracks die Straße herunter, eilig, immer mit dem Ziel vor Augen endlich Abstand zwischen mich und diesen Typen zu bringen. Niemals würde ich ihn wiedersehen wollen. Da hatte er sich gehörig geschnitten. Er war mir egal. Abgesehen davon hatte ich seinen doofen Namen sowieso schon fast vergessen. Taehyung. Wer nannte sein Kind denn bitte so? Kein Wunder, dass er so ein komischer Kauz war.
Inzwischen rannte ich fast und hetzte schnurstracks nach Hause. Warum ich so schnell rannte, konnte ich nicht einmal sagen. Das Einzige, was ich wirklich wusste und mich gleichermaßen dermaßen störte war, dass ich bei dem herumschwirrenden Namen des Penners in meinem Kopf wie so ein Typ auf Crack anfangen musste zu lächeln. Und was mich am allermeisten störte war, dass ich mir eingestehen musste ihn doch tatsächlich zu vermissen. Ich vermisste diesen vollkommenen Idioten, dessen Tiger mich beinahe umgebracht hätte schon nach wenigen Minuten.
Und mal wieder wurde mir bewusst, dass es mich heute einen Scheißdreck interessiert hatte, was Zuhause abging, was meine Freunde machten oder wie ich mein Leben auf die Reihe kriegen würde. Mir war auch immer noch egal, dass mein Lehrer mich wegen diesem dummen Aufsatz beim Nachsitzen angeschnauzt und überhaupt auf die Idee gebracht hatte zu diesem Penner zu gehen.
Doch was mir nicht egal war, war der Penner selbst.
Und das machte mir Angst.
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