Kapitel 9
Langsam lief ich durch die Straßen. Es war finster und der Wind blies mir um die Ohren. Ich schlug den Kragen meiner Jacke hoch, um mich vor dem Wind zu schützen. Er wehte so stark, dass man meinen könnte, er könnte einen jeden Moment mitreißen.
Ich war inzwischen irgendwo am Rand der Stadt. Um mich herum sah ich überall Bäume. Ich sollte nach Hause gehen, mich in mein Bett legen und schlafen, doch ich konnte nicht zurück. Noch nicht. Erst wenn ich gefunden hatte, was ich suchte. Ich atmete einmal tief durch und ging dann in den Wald hinein. Man konnte ein paar Tiergeräusche hören. Vielleicht Wildschweine? Vorsichtig ging ich den kleinen Pfad entlang. Ich wollte es nicht riskieren über irgendwelche dämlichen Wurzeln zu stolpern. In der Ferne hörte ich ein Rauschen und Plätschern. Es dauerte nicht lange, da war ich auch schon an dem kleinen Bach angekommen. Ich lief über eine kleine Steinbrücke, welche über den Bach führte. Dann ging es bergauf. Allerdings nicht so steil, dass ich eine Pause gebraucht hätte. Dafür hatte ich auch gar keine Zeit.
Als ich die Spitze des Hügels erreicht hatte blieb ich stehen, sah mich um und atmete tief durch. Mein warmer Atem hinterließ etwas Nebel in der kalten Luft. Doch außer den Bäumen und dem schwarzen Nachthimmel war er das einzige, was ich sehen konnte. Oder besser gesagt fast das Einzige. Rechts von mir, zwischen den Bäumen und Sträuchern, lag ein weiterer Pfad. Ich lief den Hügel hinunter und folgte ihm. Wurzeln knacken unter meinen Füßen und ein paar mal wäre ich fast gestolpert.
Gut eine Viertelstunde war vergangen, als ich erneut stehen blieb. Vor mir stand ein riesiges Gebäude. Die Mauern waren grau. Es besaß einen großen, nicht übersehbaren, Haupteingang und zwei große Seitenflügel. Die wenigen Fenster, die ich sehen konnte, waren nicht gerade die Schönsten. Die Scheiben waren eingeschlagen und die Fensterläden waren ebenfalls kaputt.
Um mich herum war es auf ein mal merkwürdig still. Nicht einmal das Rauschen der Blätter war zu hören. Doch ich hatte keine Zeit, um mich zu fürchten. Entschlossen ging ich auf den Haupteingang zu. Ich öffnete die schwere Metalltür und trat ein. Sie gab ein laut quietschendes Geräusch von sich. Ich blieb kurz stehen aber offenbar hatte mich niemand gehört.
Zaghaft überlegte ich in welche Richtung ich gehen sollte. Letztendlich entschied ich mich für links. Dann ging ich einen langen Gang entlang. Am Ende des Ganges befanden sich links und rechts je zwei Türen. Diesmal entschied ich mich für rechts. Ich öffnete die erste Tür und war überrascht, als ich die Wendeltreppe sah. Ich hielt mich an dem schwarz lackierten, kaltem Geländer fest und ging langsam hinunter. Die Tür fiel hinter mir ins Schloss und hinterließ einen lauten Knall. Es dauerte ganze zwei Minuten ehe man das Echo nicht mehr hören konnte. Als ich das Ende der Treppe erreicht hatte, ging ich durch die nächste Tür. Der Raum, in dem ich mich befand, war stockdunkel und feucht. Ich lief an der Wand entlang, bis ich schließlich die nächste Tür erreichte. Ich öffnete sie und fand mich in einer Art Labor wieder. Ich ließ meinen Blick über den Raum schweifen. An den grellen weißen Wänden standen riesige Regale mit Chemikalien und Geräten, die vermutlich für Experimente genutzt wurden. An der Decke hing eine große Lampe, welche den gesamten Raum in weißes Licht hüllte. Ganz hinten neben einem der Regale war eine weitere Tür. Allerdings war sie im Gegensatz zu den anderen eher klein. Dafür aber umso dicker. Ich drückte den Türknauf hinunter, doch sie ließ sich nicht öffnen. Mit aller Kraft drückte ich mich gegen das glatte Metall aber auch das brachte nichts. Ich lehnte mit dem Rücken an der Tür, atmete nochmal tief durch und sah mich dann noch einmal in dem Labor um.
Da entdeckte ich auf einem der Experimentiertische einen Schlüsselbund. Jemand musste ihn versehentlich liegen lassen haben. Behutsam nahm ich den Schlüssel in die Hand. Dann ging ich zurück zu der Tür und probierte einen Schlüssel nach dem anderen, bis ich den richtigen gefunden hatte. Ich hörte das leise Klicken des Schlosses und öffnete die Tür.
Erschrocken sah ich in den kleinen Raum. Meine Augen weiteten sich als ich begriff, wo ich mich hier befand. Es war eine Art Folterkammer. Und in der Mitte lag jemand, zusammengeschlagen und auf einem Tisch festgeschnallt, den ich nur allzugut kannte.
Geschockt und schweißgebadet wachte ich auf. Das Herz schlug mir bis zum Hals. Schon wieder einer dieser Träume. Und schon wieder hatte er sich so real angefühlt.
"Jack", flüsterte ich und bekam erneut eine Gänsehaut.
Nur ein Traum, nur ein Traum.
Doch irgendetwas sagte mir, dass es mehr war, als nur ein Traum.
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