Kapitel 6

Schwitzend wachte ich auf. Hatte ich ernsthaft davon geträumt Jack zu küssen?!
"Na, was schönes geträumt?"
Erschrocken zuckte ich zusammen. Ich hatte ganz vergessen dass Jack genau neben meinem Bett lag.
"Ja. Warum fragst du?"
"Weil du meinen Namen gesagt hast" erwiderte Jack grinsend.
"Was...nein...ich...", hatte ich echt seinen Namen gesagt?! Gott, wie peinlich.
"Hast du Hunger?" fragte ich um vom Thema abzulenken.
"Ein bisschen."
"Warte ich hol dir was...willst du Toast?"
"Gerne...aber..."
"Was willst du drauf?" fragte ich weiter ohne abzuwarten.
"Habt ihr Marmelade?"
"Natürlich. Bin gleich wieder da."

Als ich am Zimmer meiner Mutter vorbei ging lauschte ich kurz. Ich hörte ein leises schnarchen. Sie schlief also noch. Um so besser. So stellte sie keine dummen Fragen. Ich ging in die Küche und schmierte Jack und mir ein paar Toastscheiben. Ich machte noch Kakao und ging dann mit den Tellern und den Tassen wieder in mein Zimmer. Ich drückte mit meinem rechten Arm die Tür auf und stellte das Frühstück auf meinen Schreibtisch.
"Na dann...lass es dir schmecken" sagte ich zu Jack und machte ihm Platz.
"Du auch." Dann nahm Jack sein Toast und fing an zu essen. Ich tat es ihm gleich.
"Scheck gut", meinte er zwischen zwei Bissen und sah mich an. Ich nickte nur und wich seinem Blick aus. Trotzdem konnte ich seinen Blick auf mir spüren. Was starrte er mich denn so an?! Etwas unwohl aß ich mein Toast auf und trank ein Schluck von meinem Kakao.

Als wir beide fertig waren, stand er auf.
"Wo willst du hin?" fragte ich.
"Na wohin wohl...ich habe mich nur damit einverstanden erklärt bei dir zu übernachten...von einziehen war nicht die Rede."
"Aber..."
"Kein aber. Du hast genug für mich getan. Ich gehe jetzt."
"Und was wenn sie, wer auch immer sie überhaupt sind, dich finden?"
"Das tun sie sowieso."
"Warum tust du dann nichts dagegen? Die Polizei informieren zum Beispiel?!"
Jack kam auf mich zu. Ich wich zurück, bis ich die Schreibtischkante im Rücken spürte. Er beugte sich ein Stück zu mir, sodass sich unsere Gesichter fast berührten.
"Weil sie nichts gegen sie tun könnte."
Dann drehte Jack sich um und ging. Ohne ein weiteres Wort. Völlig verdattert starrte ich auf meine Zimmertür. Er war einfach gegangen. Kein Abschied, nichts.
Was hatte er damit gemeint, die Polizei könnte nichts gegen sie tun? Wer sollte sie denn sonst aufhalten?! Ich seufzte. Ich verstand ihn einfach nicht. Warum konnte er nicht einmal Klartext reden?!
Frustriert und mit einem Kopf voller Fragezeichen ließ ich mich auf mein Bett fallen. Ich musste an den letzten Abend denken. Den Abend mit Jack. Wie nett er gewesen war. Meine Gedanken sprangen zurück zu dem Tag, an dem ich ihn das erste Mal gesehen hatte. Ich wusste bis heute nicht, was er neben dem Haus gewollt hatte. Er hatte so verdächtig gewirkt aber inzwischen konnte ich mir das nicht mehr vorstellen. Oder hatte er eine andere und dunkle Seite? Geheimnisse hatte er immerhin genug.
Und was hatte es mit diesen Leuten auf sich, die hinter ihm her waren? Warum hatte er kein festes Zuhause? Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass all die Fragen miteinander in Verbindung standen. Ein paar Puzzelteile aber zu wenig, um das Puzzel zu vollenden und das Ergebnis zu sehen. Und dann waren da ja noch seine toten Eltern und sein hasserfüllter Ton, als er meinte, dass ich nicht Schuld sei. Irgendwer war Schuld. Und diesen jemand hasste Jack scheinbar abgrundtief.
Je mehr ich darüber nachdachte, desto verwirrter wurde ich.
Also zog ich mich an und ging runter in die Stube. Meine Mom war inzwischen auch wach.
"Guten Morgen", sagte ich und setzte mich zu ihr auf das Sofa.
"Guten Morgen, mein Engel. Na gut geschlafen?"
Ich nickte. Von meinem Traum musste sie ja nicht wissen. Sofort schossen die Bilder durch meinen Kopf.
Er hatte mich wunderschön genannt. Was für ein verrückter Traum. Hieß es nicht immer man würde von Dingen träumen, die einen beschäftigen?! Was Hatte dieser Traum also zu bedeuten? Noch merkwürdiger war allerdings, dass er sich genauso real angefühlt hatte, wie der in dem Jack gestorben war. Ich war 17 und hatte in meinem ganzen Leben noch nie so reale Träume wie diese beiden. Warum fühlte sich das träumen jetzt auf einmal so anders an?
"Katelyn?", riss mich die besorgte Stimme meiner Mutter aus meinen Gedanken, "Ist alles okay bei dir? Du hast gar nicht auf meine Frage reagiert. Geht es dir nicht gut? Oder willst du über irgendetwas reden?"
"Nein, nein, alles gut", wehrte ich schnell ab.
"Sicher?"
"Ja. "
"Gut aber wenn doch etwas sein sollte, kannst du jederzeit mit mir darüber reden, okay?"
Ich nickte und stand auf.
"Ich gehe in mein Zimmer. Ich brauche mal etwas Zeit für mich."
Dann drehte ich mich um und ging in mein Zimmer.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top