Kapitel 5

Schließlich hatte ich Jack überreden können, erstmal mit zu mir zu kommen. Allerdings erst nachdem ich damit gedroht habe doch den Notruf zu wählen.
Ich hatte ihn stützen müssen, dennoch hatten wir kein Wort miteinander gesprochen. Zum Glück war meine Mutter noch nicht zuhause gewesen, sodass ich Jack unbemerkt in mein Zimmer bringen konnte.
Nun saß er, mit dem Rücken an meinen Kleiderschrank gelehnt, auf dem Boden, während ich auf dem Bett saß und ihn beobachtete ( ich hatte ihm angeboten sich auf mein Bett zu legen aber das wollte er nicht ).
"Wie geht es dir?" fragte ich.
"Besser" kam als Antwort. Er war wirklich nicht der gesprächigste.
"Was waren das für Leute?" fragte ich weiter.
"Ist nicht so wichtig..."
"Nicht wichtig", ich glaubte mich verhört zu haben, " sie wollten dich offenbar töten!!!! Was ist daran denn bitte nicht wichtig ?????
"Wie wäre es wenn du dich um deine eigenen Probleme kümmerst???" fragte er genervt, drehte seinen Kopf leicht in meine Richtung und verdrehte die Augen. Wie konnte er es wagen?!
"Jetzt hör mir mal gut zu...ich habe dich gerettet und dabei, ganz nebenbei bemerkt auch noch mein Leben aufs Spiel gesetzt..."
"Ich habe dich nicht darum gebeten, mir zu helfen", erwiderte er kühl.
Mir platzte gleich der Kragen. War dieser arrogante Vollidiot eigentlich immer so?! Nein, das ließ ich mir nicht gefallen. Nicht in meinem Zimmer. Nicht von diesem Idiot.
"Was glaubst du eigentlich, wer du bist, Jack?!"
"Das hast du doch gerade gesagt..."
"Hahaha... sehr lustig", jetzt verdrehte ich die Augen.
"Ich meine es ernst!!! Woher zum Teufel kennst du meinen Namen?!"
"Ich..."
Ich hielt inne. Was sollte ich sagen??? Dass ich von ihm geträumt hatte???
Jack sah mich fragend an.
"Naja...", begann ich erneut und wusste einfach nicht wie ich es formulieren geschweige denn überhaupt sagen sollte.
"Naja, was?", hakte Jack ungeduldig nach.
"Durch meinen Traum..." gestand ich schließlich.
"Deinen Traum...???" wiederholte er in einem sarkastischen Ton und zog die Augenbrauen in die Höhe.
"Ich weiß...das ist etwas verrückt...aber...ich habe von dir geträumt...und in diesem Traum hab ich dich halt Jack genannt...daher dachte ich, da du mir deinen Namen ja nicht sagen willst nenne ich dich einfach so..."
"Du hast von mir geträumt???" fragte er schmunzelnd.
Ich schaute schnell auf den Boden, damit er nicht bemerkte, wie ich rot wurde. Mein gesamtes Gesicht war mit einem Mal total heiß. Anscheinend hatte er es doch gesehen, oder ahnte es jedenfalls, denn er fing laut an zu lachen.
"Das ist nicht lustig!!!!!" rief ich, doch er lachte einfach weiter. Dann wurde er plötzlich wieder ernst.
"Und von was genau hast du geträumt?"
"Ich...",ich spürte, wie ich noch röter wurde, "warum willst du das überhaupt wissen?"
"Du hast gesagt, dass du von mir geträumt hast...ist es da denn nicht verständlich, dass ich wissen will, wovon du geträumt hast?!"
"Das...ach egal...es war nichts weiter...ich hab dich gesehen, deinen Namen gesagt und das war's."
"Das war's...???" fragte Jack ungläubig.
"Ja, das war's!!!" Ich wusste, dass das gelogen war, aber er musste ja nicht alles wissen. Was ging es ihn an, was ich träumte?! Was hätte ich auch sagen sollen? Dass er erschossen worden war?
Er sah zwar nicht so aus, als würde er mir glauben, aber er beließ es dabei und fragte nicht weiter nach.

Gegen 19:00 Uhr kam meine Mutter wieder. Ich ging schnell runter in die Küche, um ihr guten Tag zu sagen, damit sie nicht in mein Zimmer kam. Sie durfte Jack auf keinen Fall sehen. Sie würde mich eigenhändig umbringen, wenn sie wüsste das sich ein Junge in meinem Zimmer aufhielt. Noch dazu ein Fremder. Ihr kennt ja sicher die Reaktion, der Eltern, wenn sie euch mit einem Freund erwischen. Also natürlich einen festen Freund. Den dafür würde sie ihn garantiert halten.
"Hi Mom."
"Hallo mein Schatz. Wie geht es dir?" fragte meine Mutter und umarmte mich.
"Gut" sagte ich.
"Ich hoffe, du hast dich nicht gelangweilt, als ich weg war."
"Nein, aber ich bin irgendwie müde...am Besten gehe ich gleich ins Bett..."
"Schon?" fragte meine Mutter überrascht.
"Ja...ist wahrscheinlich besser so..."
"Okaaaaayyyyyyy...na dann...Gute Nacht mein Schatz."
"Gute Nacht Mom"

Dann ging ich hoch in mein Zimmer, doch anstatt zu schlafen, so wie ich es meiner Mutter gesagt hatte, redete ich noch mit Jack.
"Soso...du bist also müde...ist ja interessant..." sagte Jack, als ich den Raum betrat.
"Was?! Woher weißt du...?! Du hast gelauscht! Ist das dein Ernst?! Nur das du es weißt...das ist mein Zuhause...und ich habe hier das Sagen...und ich sage hör auf zu lauschen kapiert?!"
"Ich dachte deine Mutter hätte das Sagen?", fragte er grinsend, "Oder gehört das Haus dir?"
"Ach leck mich doch...", gab ich es auf.
"Na dann...Hose runter..."
"WAAAAAASSSSSSS?????!!!!!!" Mein Gott, dieser Typ wusste echt, wie man mich zum ausflippen bringen konnte.
"Ich hoffe das war jetzt nicht ernst gemeint" fügte ich hinzu.
"Ich hoffe das mit dem leck mich doch war nicht ernst gemeint." antwortete er immernoch grinsend.
Ich schüttelte den Kopf und setzte mich aufs Bett. Er konnte einen echt zur Weißglut bringen.
"Ach komm, hab ein bisschen Humor", raunte er und stand auf.
Man sah ihm an, dass er noch immer etwas schwach war. Allerdings ging es ihm besser als es ihm gehen sollte. Der Angriff war erst ein paar Stunden her. Er müsste eigentlich schwach am Boden liegen, aber das tat er nicht. Warum auch immer. Ich fand ihn generell seltsam. Hinterfragen hatte bei ihm ja eh keinen Sinn.

"Ich sollte gehen" sagte er eine Weile später und drehte sich zur Tür. Gerade als er mein Zimmer verlassen wollte sprang ich auf und packte ihn am Arm.
"Nein. Du bleibst hier bis ich sicher bin, dass es dir auch wirklich gut geht."
"Es ist aber schon spät...ich sollte wirklich..."
"Dann schlaf hier. Du kannst auch auf meinem Bett schlafen", unterbrach ich ihn. Ich konnte ihn doch nicht einfach gehen lassen!
"Das ist doch nicht nötig. Mir geht's gut, ehrlich."
"Ich werde dich nicht gehen lassen." sagte ich entschieden und stellte mich mit verschränkten Armen vor die Zimmertür.
"Willst du mich als Geisel nehmen oder wie soll ich das jetzt verstehen?"
Ich seufzte.
"Nein. Natürlich nicht. Ich will nur sicher gehen, dass es dir wirklich gut geht."
"Mir geht's bestens"
"Jack...man sieht, dass du schwach bist. Was, wenn du wieder angegriffen wirst?!"
"Dann ist es besser, wenn ich nicht hier bin. Das würde dich und deine Mutter nur unnötig in Gefahr bringen", sagte er ernst.
Was sollte das heißen? Wer waren diese Typen, die anscheinend hinter ihm her waren?! Das erste mal hatte ich das Gefühl, dass er sich nicht nur für sich selbst interessierte. Vielleicht war er ja doch nicht so arrogant wie er schien.
"Ich gehe dann mal..."
"Nein. Jack...bitte bleib...nur bis morgen...bis ich weiß, das du nicht in Gefahr bist..."
"Überredest du eigentlich oft Jungs, bei dir zu übernachten?!" fragte Jack seufzend.
"Was?! Wie kommst du denn darauf?!", fragte ich entsetzt zurück.
"Naja...du hast darin wirklich Talent."
"Heißt das du bleibst?"
"Hab ich eine Wahl?", fragte er seufzend.
"Nein. Hast du nicht", gab ich entschlossen zurück.
Er seufzte erneut.
"Dann werde ich diese Nacht wohl auf dem Boden verbringen müssen." murmelte er.
"Nein...du kannst auf meinem Bett..."
"Nein, es ist dein Zuhause, dein Zimmer und dein Bett! Ich schlafe auf dem Boden."
Völlig sprachlos sah ich dabei zu, wie er sich auf den Teppich legte.
"Warte. Ich hole ein paar Decken"

Ich ging schnell in die Stube und schnappte mir fünf Decken, die wir aufgehoben haben für den Fall, dass wir mal im Freibad oder so was zum hinlegen brauchen.
Gerade, als ich wieder in mein Zimmer gehen wollte, stand plötzlich meine Mutter vor mir. Das hatte mir gerade noch gefehlt.
"Wolltest du nicht schlafen?" fragte sie verwundert.
"Ja...ich wollte nur...äh...Decken holen...es ist irgendwie voll kalt in meinem Zimmer..."
"Wir haben fast Sommer!"
"Trotzdem"
"Es wird ja wohl kaum so kalt sein, dass du soooo viele Decken brauchst" sagte meine Mutter misstrauisch.
Ich schaute auf den Stapel Decken, den ich in der Hand hielt und zuckte mit den Schultern.
"Besser zu warm, als zu kalt", sagte ich und drehte mich um.
Ich spürte den Blick meiner Mutter im Rücken, als ich wieder in mein Zimmer ging. Hoffentlich folgte sie mir nicht! Dann müsste ich ihr einiges erklären... Doch ich hatte Glück. Sie war mir nicht nach oben gefolgt. Beruhigt öffnete ich die Tür und betrat das Zimmer.
Der Teppich, auf dem ich Jack zurück gelassen hatte, war allerdings leer. Zuerst dachte ich er wäre abgehauen, doch dann entdeckte ich ihn an meinem Schreibtisch. Ich legte die Decken auf den Fußboden und stellte mich neben ihn. Er hielt ein Bild von mir und meiner Mom in der Hand. Damals war ich 12 gewesen.
"Entschuldige aber ich hab mal eine Frage...du musst sie nicht beantworten, wenn du nicht willst..." sagte er.
"Frag!", forderte ich ihn auf
"Was ist mit deinem Vater? Du hast hier überall nur Bilder von deiner Mutter..."
"Er hat ist abgehauen, noch bevor meine Mutter ihm sagen konnte, dass sie mit mir schwanger war."
"Verstehe."
"Und sonst? Hast du nur deine Mom oder noch andere Verwandte?"
"Nur meine Mom und ich und meine Großeltern aber die sind schon vor Jahren weggezogen. Ich kann mich kaum noch an sie errrinern so jung war ich."
Jack nickte und stellte das Foto wieder an seinen Platz.
"Was ist mit dir?", fragte ich ihn.
"Was soll mit mir sein?"
"Na wie sieht es mit deiner Familie aus? Hast du Geschwister?
"Nein"
"Und deine Eltern? Leben die noch zusammen?"
"Hab ich was falsches gesagt?", fragte ich verunsichert, als ich merkte wie angespannt er plötzlich war. Er hatte den Mund zu einer schmalen Linie zusammen gepresst und starrte aus dem Fenster.
"Meine Eltern und tot", sagte er nach einer Weile.
"Oh... Entschuldige ich wollte nicht...", began ich eine Entschuldigung. Doch er lehnte ab und hob die Hand als Zeichen, dass ich nicht weiterreden brauchte.
"Du kannst nichts dafür. Du konntest es ja nicht wissen. Du bist schließlich nicht für Ihren Tod verantwortlich", sagte er in kaltem Ton.
Während er das sagte lief mir ein Schauer über den Rücken. In seiner Stimme war aufeinmal soviel Hass. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass es jemanden gab, der Schuld am Tod seiner Eltern hatte, traute mich aber nicht nachzufragen. Also beließ ich es dabei.
"Bei wem wohnst du denn?" fragte ich.
"Bei niemandem", gab er zurück, "ich bin mal hier mal da, ohne festen Wohnsitz."
"Aber irgendwo musst du doch leben", antwortete ich entsetzt.
"Ich bin 19. Ich kann mich aufhalten, wo ich will. Und wenn ich jede Nacht in einem Hotel verbringe oder bei Freunden oder Bekannten schlafe ist das allein meine Sache. Ab und zu miete ich mir auch mal eine Wohnung aber nie für lange. "
Vollkommen verdattert stand ich da und starrte Jack an. Wer wollte den bitte so leben? Immer unterwegs auf der Suche nach einer Unterkunft für kurze Zeit. Ich schüttelte den Kopf.
"Warum? Warum suchst du dir nicht eine Wohnung für immer?"
"Wie gesagt, das ist einzig und allein meine Sache. "
"Ich will dich auch gar nicht umstimmen. Ich will nur wissen warum."
Er drehte den Kopf und sah mir direkt in die Augen.
"Es ist besser, wenn du das nicht weißt."
Bei diesen Worten breitete sich eine Gänsehaut auf meinem Körper aus.
Dann drehte er sich aprupt von mir weg.
"Es ist spät. Wir sollten schlafen."
Völlig überrumpelt nickte ich und nahm meine Schlafsachen, während er es sich auf dem Teppich bequem machte.
"Du kannst auch auf dem Bett schlafen. Es macht mir nichts aus, wirklich" wandte ich ein, doch er wehrte erneut mit einem klaren Nein ab. Ich seufzte und starrte auf meinen Schlafanzug.
Wo sollte ich mich eigentlich umziehen? Das Bad war eine Möglichkeit, allerdings hätte ich dafür runter gehen müssen. Da ich aber auf keinen Fall nochmal meiner Mutter begegnen wollte, da diese sowieso schon misstrauisch genug war, ging das nicht.
"Ähm... Jack..."
"Was ist?"
Die Röte stieg mir ins Gesicht.
"Ähm... Könntest du dich vielleicht... naja...", stammelte ich und Jack hob eine Augenbraue, "könntest du dich mal kurz umdrehen?"
Jack sah hinab auf den Schlafanzug in meinen Händen und schmunzelte.
"Kein Problem."
Dann drehte er sich zur Wand. Schnell zog ich meine Sachen aus. Erst jetzt fiel mir auf, wie unattraktiv ich heute ausgesehen haben musste. Die Sachen waren nicht mehr die schönsten und auch nicht wirklich das, was man so anzieht, wenn man nicht nur zuhause rumgammelt. Ich warf einen Blick auf Jack aber dieser schaute immernoch in Richtung Wand beziehungsweise Kleiderschrank. Ich schlüpfte in meinen Schlafanzug und legte mich hin.
"Kannst dich wieder umdrehen."
Sofort drehte er sich wieder zu mir und grinste mich an.
"Verrätst du mir eigentlich noch deinen Namen?", fragte er.
Überrascht hielt ich inne. Ich hatte ihm ja noch garnicht gesagt, wie ich eigentlich hieß. Seinen Namen kannte ich ja komischerweise durch meinen Traum aber über meinen hatten wir nie gesprochen.
"Katelyn", antwortete ich wahrheitsgemäß.
"Katelyn", wiederholte er lächelnd, "ein schöner Name. Passt zu dir. Gute Nacht Katelyn."
Dann deckte er sich zu.
"Gute Nacht", antwortete ich und machte es mir ebenfalls gemütlich.
Kurze Zeit später schliefen wir beide ein.

"Kate..." Ich drehte mich um. Diese Stimme kannte ich nur allzu gut.

"Jack" sagte ich. Wie versteinert stand ich da, als er langsam auf mich zu kam.

"Du bist so wunderschön..." Ich traute meinen Ohren nicht. Das musste ich mir eingebildet haben...er würde mich doch niemals WUNDERSCHÖN nennen, oder?

"Kate" sagte er erneut und legte seine Hand an meine Wange. Mein Herz schlug schneller. Meine Wange wurde unglaublich warm. Wo war der arrogante Jack, den ich kennengelernt hatte? Egal. Der Jack gefiel mir sowieso viel besser. Dann drückte er seine Lippen auf meine...

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