Kapitel 13

Gelangweilt saß ich in der Schule. Wir hatten gerade Mathe. Die letzte Stunde heute. Meine Klassenlehrerin stand an der Tafel und versuchte uns irgendwas zu erklären, doch ich hörte nicht zu. Wie so oft in letzter Zeit.
Meine Gedanken waren bei dem vorherigen Abend. Ich hatte seither nichts mehr von Jack gehört. War er vielleicht sauer? Oder eher enttäuscht, weil ich ihm nicht geglaubt hatte? Er hatte zumindest ziemlich geknickt ausgesehen, bevor ich ihn einfach in meinem Zimmer hatte stehen lassen. Das war falsch gewesen. Ich hätte mit ihm reden sollen.
Jetzt war es zu spät. Er war fort und wer weiß, ob ich ihm jemals wieder begegnen werde. Ich machte mir Sorgen, was wenn er wieder in Gefahr geraten war? Er ließ sich ja nicht helfen. Würde er doch nur die Polizei einschalten. Einen Moment dachte ich darüber nach, ob ich das übernehmen sollte. Jack hatte damals gesagt, dass die Polizei nichts dagegen tun könnte. Was wenn er Recht hatte? Was wenn es wirklich Übernatürliche gab und Luzifer tatsächlich der Teufel war? Glauben würde das natürlich niemand. Ich war mir ja nicht einmal sicher, ob ich das glaubte. Konnte das denn wirklich sein? Waren Jack und ich wirklich Engel? Und war Luzifer wirklich der Teufel? Jack hatte Recht gehabt. Alles würde so einen Sinn ergeben. Nicht nur, die Powerschübe und all das, sondern auch meine Träume und die magischen Kräfte der Engelskette. Zu was die Kette fähig war, wusste ich ja seit gestern. Meine Hand wanderte zu meinem Hals, an dem ich sie trug. Ich strich leicht mit dem Zeigefinger über den Anhänger. Was er wohl noch so alles konnte? Zu was mochte er noch in der Lage sein?

Da ertönte plötzlich die Schulklingel. War die Stunde schon vorbei? Die anderen Schüler hatten schon fast das Klassenzimmer verlassen, als ich langsam meine Sachen einpackte. Dann stand ich auf und verließ ebenfalls das Zimmer. Ich holte meine Jacke aus dem Spind, zog mich an und machte mich auf den Weg nach Hause. Gelassen lief ich durch die Straßen. Ich ließ die Jacke offen, da es inzwischen immer wärmer wurde. Außerdem setzte ich meine Kopfhörer auf und machte mein Lieblinglied an, um abzuschalten.

Zu Hause angekommen stellte ich meine Schultasche ab und begrüßte meine Mom. Sie hatte sich in der Zeit in der ich mit Jack im Wald gewesen war, natürlich wahnsinnige Sorgen gemacht. Ich hatte ihr erzählt ich wäre spät zuhause gewesen und dann ins Zimmer gegangen, da ich sie eingeschlafen war und ich sie nicht wecken wollte. Zwar hatte ich nicht das Gefühl, dass sie mir das glaubte, doch sie hatte keine weiteren Fragen gestellt und es hingenommen.
"Hi Mom", sagte ich und umarmte sie.
"Hallo mein Schatz", antwortete sie und drückte mich, "wie war es in der Schule?"
"Naja...so wie immer eigentlich."
Dann ging ich wieder in mein Zimmer und machte Hausaufgaben. Zumindest versuchte ich es. Andauernd musste ich an Jack denken. Was er jetzt wohl gerade machte? Hausaufgaben bestimmt nicht.

Eine halbe Stunde später legte ich die Hausaufgaben verzweifelt zur Seite. Ich hatte absolut nix kapiert, von dem, was ich aufgeschrieben hatte. Höchstwahrscheinlich war alles falsch. Doch so sehr ich es auch versuchte, ich konnte mich einfach nicht voll und ganz darauf konzentrieren. Seufzend stand ich auf und zog meine Laufkleidung an. Ich hoffte wenigstens beim joggen den Kopf frei zu bekommen. Anfangs funktionierte das auch. Ich lief durch die Stadt und achtete nur auf das Laufen. Ich konzentrierte mich auf meine Atmung und darauf die Füße richtig abzurollen. Nur auf dem Rückweg wurde das Gefühl von Freiheit zerstört. Ich bog gerade in eine Seitenstraße ein, als ich plötzlich wie festgenagelt stehen blieb. Ich hörte trotz Erschöpfung kurz auf zu Atmen und traute meinen Augen nicht. Dort stand Jack. Aber er war nicht allein. Neben ihm stand ein Mädchen. Sie war fast so groß wie er. Ein Zentimeter kleiner vielleicht. Ihr dunkelbraunes langes Haar fiel ihr locker über die Schultern. Sie trug eine enge schwarze Jeans, eine Bluse und Schuhe mit mindestens vier Zentimeter Absatz. Noch immer stand ich wie erstarrt da. Sie kamen immer näher. Noch hatten sie mich nicht gesehen, doch es war nur eine Frage der Zeit. Ich blickte mich um und suchte ein Versteck. Jack sah auf. Gerade noch rechtzeitig versteckte ich mich hinter einem Müllcontainer. Nicht gerade der beste Ort aber es musste sein. Ich drückte mich mit dem Rücken gegen die Hauswand und wartete bis die beiden an mir vorbei gelaufen waren. Sie bemerkten mich glücklicherweise nicht. Doch als dieses Mädchen nach Jacks Hand griff und stehen blieb, hätte ich mich fast selbst verraten. Wie konnte sie es wagen so mit Jack durch die Straßen zu spazieren. Pure Eifersucht machte sich in mir breit. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Am liebsten wäre ich vorgesprungen und hätte sie von ihm weggezerrt aber ich wollte wissen, was sie sagten. Also riss ich mich zusammen und spitzte die Ohren.
"Keine Sorge Jack, wir kriegen das hin. Wir haben schon so viel erlebt und zusammen durchgemacht. Das wird uns nicht aufhalten. Wir halten zusammen", hörte ich die Brünette sagen. Jack sah sie an und dachte scheinbar darüber nach.
"Mhm...vielleicht hast du Recht. Ich habe nur Angst, dass wir diesmal versagen. Es ist wahr, wir haben schon viel durchgestanden aber diesmal geht es um alles oder nichts", antwortete er schließlich.
"Ja, das stimmt. Trotzdem bin ich mir sicher, dass wir es auch diesmal schaffen werden. Gemeinsam kriegen wir das hin"
Jack nickte. Dann gingen die beiden davon. Erst als sie um die nächste Ecke verschwunden waren, kam ich aus meinem Versteck. Wer war dieses Mädchen und was hatte sie mit Jack zu tun? Sie war doch nicht etwa seine Freundin, oder? Leider hatte es sich ganz danach angehört. Kraftlos sank ich zu Boden. Warum? Warum musste er eine Freundin haben? Dabei hatte er mich doch geküsst! Wusste seine Freundin davon? Wohl eher nicht. Sonst wäre sie wahrscheinlich schon lange nicht mehr mit ihm zusammen. Dabei hatte ich Jack überhaupt nicht untreu eingeschätzt. Aber war das nicht immer so? Die besten Jungs entpuppten sich als Arschlöscher. So ist es in der Realität. Miriam hatte früher mal gesagt: "Jungs sind wie Klos. Beschissen oder besetzt." Wie Recht sie doch hat. Jack ist scheinbar beides. Besetzt und Beschissen. Ich kam mir so verarscht vor. Warum zum Teufel hatte er mich geküsst?! War seine Freundin der Grund, warum er am nächsten Tag nicht mit mir darüber geredet hatte? Hatte er gemerkt, dass er einen Fehler gemacht hatte und es bereut? Meine Augen brannten und ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen. "Nein, nicht heulen!", sagte ich mir in Gedanken.
Ich holte tief Luft und rappelte mich auf. Traurig, enttäuscht und mit gesenktem Kopf ging ich nach Hause. Langsam setzte ich einen Schritt vor den anderen. Zum joggen fehlte mir die Kraft. Der Wind blies mir ins Gesicht. Meine Augen begannen zu Tränen. Es war vorbei. Länger konnte ich die Tränen nicht zurückhalten. Also ließ ich ihnen freien Lauf. Warm kullerten sie meine Wangen hinab. Zuhause wischte ich sie beiseite, damit meine Mutter nichts mitbekam. Lustlos stieg ich die Treppe hinauf, zog mich um und legte mich schlafen. Hunger hatte ich keinen mehr. Kaum lag ich im Bett begann ich erneut zu weinen. So schlief ich ein. Mit Tränen in den Augen und in Gedanken bei Jack.

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