Kapitel 1

"Ben...ich werde heute deine Eltern informieren. So eine schlechte Arbeit hat bisher noch niemand abgegeben!"
Frau Pratsch drehte sich um und kam zu meinem Platz.
"Super. Die beste Note von allen. Die anderen sollten sich ruhig mal ein Beispiel an dir nehmen."
Gelangweilt sah ich auf meine Arbeit. Eine Eins mit Sternchen, war ja klar. Was auch sonst? Immerhin hatte ich sogar geübt. Das tat ich eigentlich nie. Warum auch? Hin und wieder etwas Lernen konnte ja nicht schaden aber es war überflüssig. Ich bekam auch so immer gute Noten. Vor allem in Deutsch und Kunst. Ich weiß, dass ich voll die Streberin bin, aber so ist das nun mal. Die anderen sind ja nur neidisch. Ich kann auch nichts dafür, dass mir das alles so zu fliegt.
Ich heftete die Arbeit ganz hinten in meinen Hefter und sortierte dann meine Schulsachen ein wenig, während Frau Pratsch weiter die Arbeiten austeilte. Dann ertönte endlich das erlösende Pausenklingeln.

"Die Arbeiten werden bis morgen von den Eltern unterschrieben...und Gnade euch Gott wenn ihr sie nicht habt!!!" brüllte unsere Lehrerin den Schülern hinterher, die schon aus dem Klassenraum gestürmt waren.
Ich seufzte und packte gemütlich meine Sachen ein. Die anderen Schüler waren alle schon verschwunden. Warum machten die eigentlich immer so eine Hektik? Sie hatten doch den ganzen Tag Zeit. Ich nahm meine Schultasche und verließ den Raum.
Dann holte ich schnell meine Jacke aus dem Spind. Gerade, als ich gehen wollte, stellten sich mir Alina und ihre Clique in den Weg.
"Na, hat unsere Streberin mal wieder eine Eins?" fragte Alina gehässig.
"Allerdings" gab ich selbstsicher zurück.
"Oh, da wird sich Mami aber freuen...es sei den du erzählst ihr, dass du bei Miriam abgeschrieben hast."
"Ja klar... als ob ich sowas nötig hätte...erzähl du lieber erst mal deiner, dass du letzten Monat befürchtet hast schwanger zu sein, dann reden wir weiter, ja?" ich lächelte. Es stimmte. Alina hatte vor ein paar Wochen ständig auf dem Mädchenklo darüber geredet, dass sie etwas mit einem 18-jährigen gehabt und danach ihre Tage nicht bekommen hatte. Letztendlich hatte sich heraus gestellt, dass sich ihre Regel bloß ein bisschen verzögert hatte.
"Woher weißt du davon, du kleine Schlampe?! Wer hat dir das erzählt?! Hhmm?!" Alinas Gesicht war hassverzerrt, als sie mich gegen einen der Spinde stieß. Doch ich war nicht bereit aufzugeben. So leicht würde ich es dieser hochnäsigen Tussi nicht machen.
"Tja...das wüsstest du wohl gerne was? Vielleicht hat dich ja jemand aus deiner Clique verraten, wer weiß??!"
Alina wurde feuerrot im Gesicht. Dann drehte sie sich um und ging auf ihre eigene Clique los.
"Wer von euch blöden Fotzen hat ihr davon erzählt?!"
Das war der Moment, in dem man lieber verschwinden sollte, also drehte ich mich um und verließ das Schulgebäude. Sollten Sie sich ruhig Beleidigungen an den Kopf werfen und einen Streit entfachen. Immerhin war das ich mein Problem.

Da ich es nicht weit bis nach Hause hatte, ging ich zu Fuß. Gemütlich spazierte ich durch die Straßen. Ich verstand die Leute nicht, die wild durch die Gegend hetzten. Es war Ende Frühling und relativ warm. Außerdem wehte heute kein Wind. Ein recht angenehmes Wetter.
Ich bog links ab und lief durch einen Innenhof. Plötzlich meinte ich Schreie zu hören. Ich sah mich um, da sah ich es. Eine riesige Rauchwolke stieg am Himmel empor. Es brannte. Mit schnellen Schritten näherte ich mich dem in Flammen stehenden Haus. Mein Gott, wo war denn die Feuerwehr, wenn man sie mal brauchte?! Ich griff in meine Tasche, um mein Handy herauszuholen und die 112 zu wählen. Allerdings griff ich ins Leere. Verdammt, warum musste es ausgerechnet dann brennen, wenn ich mein Handy nicht mit hatte?!
Zwei Minuten später hörte ich die Sirene. Offensichtlich hatte eh schon jemand anderes den Notruf gewählt. Zumindest etwas. Das Dach des Hauses war inzwischen immerhin fast komplett verbrannt.
"Gehen sie bitte aus den Weg!!!" riefen die Feuerwehrmänner, welche eben aus dem Feuerwehrauto gestürmt kamen und drängelten sich durch die Leute hindurch.
Während die Feuerwehr das Feuer löschte, sah ich mich etwas um. Links neben dem Gebäude befand sich ein Bäcker. Rechts waren weitere Neubauwohnungen. Ich blickte wieder zu dem Haus. Das Feuer war inzwischen halbwegs gelöscht.
Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung war, und tatsächlich, neben dem Bäcker standen ein paar einzelne Bäume, hinter denen ein Typ stand. Er stand im Dunkeln, deswegen konnte ich nicht viel von ihm erkennen. Es sah so aus, als würde er sich verstecken, aber vor wem? Wohnte er auch in dem Haus? Aber warum stand er dann so abseits?
Für einen kurzen Moment fiel Licht auf sein Gesicht, sodass ich dessen Ausdruck erkennen konnte. Er sah aus, als wäre das alles seine Schuld. Zudem schien er etwas beängstigt. So hatte ich einen Jungen noch nie gesehen. Die taten doch sonst immer so mutig. Plötzlich sah er mir direkt in die Augen. Er schien, als hätte man ihn bei etwas ertappt. Dann wurde seine Miene jedoch kalt und er drehte sich rum und huschte davon. Was sollte das denn?

"Junge Dame, würden sie bitte den Platz verlassen, wir müssen Spuren sichern!" forderte ein Polizist mich auf.
Komisch, ich hatte gar nicht gemerkt, dass die Polizei gekommen war. Ich nickte überrumpelt. Dann drehte ich mich um und ging. Mein Blick fiel auf den Baum, hinter dem der Typ gestanden hatte, doch er war weg. Verwirrt schüttelte ich den Kopf und lief den kleinen Weg nach Hause...

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