035 | Harry
Etwas später als gedacht, aber hier ist es.
Ich wollte mich bei all dein kleinen Geistern bedanken, welche sämtliche Votes nachgeholt haben.
Das bedeutet mir verdammt viel!
anna xx
Harrys P.o.V.
Mein Herz hörte für einen Moment auf zu schlagen. Schweratmend schaute ich zu meinem toten Beta.
Es tat unglaublich weh ihn dort so liegen zu sehen. Blutverschmiert und mit aufgerissenen leeren braunen Augen.
Der Schmerz in meiner Brust nahm immer weiter zu, bis ich es nicht mehr aushielt und laut aufheulte.
Die gesamte Aufmerksamkeit aller Anwesenden lag auf mir und die Kämpfe wurden unterbrochen. Zumindest für wenige Sekunden. Diesen Moment nutze ich aus, um tief durchzuatmen und meine Gedanken zu ordnen. Das konnte einfach nicht wahr sein. Es durfte nicht wahr sein.
Zayn wird nicht lebend mit uns nach Hause zurückkehren.
Gigi wird ihren Mann nicht zurückbekommen und alle anderen nicht ihren Freund.
Er wird nicht mehr im Training versuchen mich zu besiegen. Wir werden nie wieder gemeinsam auf Patrouille gehen und unsere Liebsten schützen. Nie wieder wird Zayns Ratschlag mir bei einer Entscheidung helfen.
Nie wieder.
Wütend knurrte ich und stemmte meine Pfoten in den von Tannennadeln und Blut bedeckten Waldboden. Schnell stürmte ich los und riss den Wilden von Liam herunter. Wie auch bei den anderen ließ ich keine Gnade walten und brachte ihn zur Strecke. Schnell half ich Liam wieder auf die Beine. Kurz verschaffte ich mir einen Überblick über die Situation, doch sowohl Gemma, Robin als auch Joseph hatten alles im Griff.
Zumindest für den Moment.
Liam wimmerte und blickte zu Zayn hinunter. Mitfühlend lehnte ich mich kurz an ihn und stupste ihn mit meiner Schnauze an. Meinen Beta so zu sehen schmerzte. Es quälte mich regelrecht.
Wie sollte ich es Gigi mitteilen?
Benommen zog ich mit Liams Hilfe Zayn hinter den Schutz der Bäume. Und legte ihn auf den kühlen Boden ab.
Harry... Ich... Ich möchte auf ihn aufpassen.
Brummend stimmte ich zu, denn er wäre jetzt eh zu nichts anderem fähig. Sanft stupste ich Liam noch ein letztes Mal an. Liam und Zayn waren gemeinsam aufgewachsen. Sie waren wie Brüder. Auch wenn sie hin und wieder gegeneinander gekämpft hatten, um ihre Rangordnung festzulegen haben sie sich geliebt.
Bleib hier.
Ich beugte mich zu Zayn hinunter und lehnte meinen Kopf für ein paar Sekunden an seinen. Ohne Zeit zu verlieren ließ ich von Zayn ab, schaute Liam ein letztes Mal an und trabte wieder zu den anderen. Meine Schwester schaute mich mitfühlend an und wimmerte leise. In ihrem Blick lag nur Angst und Sorge.
Wir schaffen das. Reiß dich zusammen.
Sie nickte, doch wirklich überzeugt war sie nicht. Ihre Unsicherheit und Angst waren kaum zu übersehen.
Wir werden nach Hause zurückkehren. Denk an Ella, an Michal und an unsere Mutter. Wir haben etwas versprochen.
Sie schien ein wenig überzeugter zu sein und gemeinsam traten wir den anderen gegenüber. Doch wir gingen nicht mehr in die Offensive. Wir verteidigten nur noch. Und langsam wurde auch deutlich wer gewann.
Doch leider war Zayn nicht der einzige Verlust.
Nick erlag seinen Wunden, welche er sich zugezogen hatte, als einer der Menschen auf ihn geschossen hatte. Und weitere ließen ihr Leben, als sie die Toten schützen wollten. Langsam ließ ich mich nieder, setzte mich auf dem Boden und verschaffte mir einen Überblick.
Ich sah zu der Gruppe Menschen, welche sich nur wenige Meter von mir befanden. Es waren gerade einmal 17 Menschen, doch jeder einzelne von ihnen war vollkommen verängstig. Zitternd hielten sie sich gegenseitig an den Händen. Manche weinten sogar, doch das war mir egal. Gemma war gerade bei ihnen und schaute mich fragend an.
Lass sie gehen.
Hier? Soll sie keiner begleiten?
Meine Schwester schaute mich mit großen Augen an. Doch ich verneinte ihre Frage. Gewiss würde ich denen keinen Schutz bereitstellen. Soweit kommt es noch. Sie hatten zwei von uns erschossen. Ich würde die Menschen zwar nicht anrühren, aber wenn ihnen etwas auf ihrem Rückweg zustoßen sollte, dann nahm ich das hin.
Mein Blick fiel auf Robin, welcher am Boden lag und seinen Kopf auf dem Körper seines toten Betas gebettet hatte. Joseph hatte sich vor Robin gestellt, als einer der Wilden zurückkehrte. Es war dann passiert, als sich die anderen Wölfe, welche sich vorher mit den Menschen verbündeten, hatten schon abgehauen waren.
Robin war nichts passiert, doch so wie es ihm gerade ging wäre er am liebsten an Josephs Stelle gestorben. Über 50 Jahre waren die beiden ein unzertrennliches Team. Robins Wimmern ging mir durch Mark und Bein. Seine Trauer ließ mich leiden.
Liam, welcher zusammen mit Niall bei Zayn lag, schaute zu mir und unsere Blickte kreuzten sich für einen Moment. Dankbarkeit, dass all das hier ein Ende hatte, spiegelte sich in seinen Augen wieder.
Von den dreißig Wölfen, welche neben mir in den Kampf gezogen waren, atmeten nur noch zwölf. Es tat mir in der Seele weh, doch unser Zuhause war von nun an geschützt.
Die Überlebenden würden die Geschichte weitertragen und so wird irgendwann jedes Rudel wissen, was passiert, wenn man sich mit uns anlegte.
Als Gemma die Menschen vertrieb und zu mir stieß lehnten wir uns aneinander. Da die Ruhe einkehrte spürte ich die Müdigkeit, welche in jede meiner einzelnen Zellen einkehrte.
Langsam ließ ich mich auf den Boden sinken und atmete immer schwerer. Auch wenn meine Wunden wieder verschlossen waren, die Schmerzen waren noch mehr als nur präsent. Meine Pfoten glühten, meine Flanke, welche vor wenigen Stunden noch aufgerissen war, brannte und mein Kopf pochte.
Wir sollten nach Hause.
Liams Stimme hallte in meinem Kopf und müde schaute ich zu ihm. Ich wollte nichts anderes als endlich nach Hause, doch wir befanden uns über 120 Meilen davon entfernt. Unter normalen Umständen wäre es kein Hindernis und in weniger als drei Stunden zu schaffen, aber alle waren ausgelaugt und mit ihren Kräften am Ende.
Eine kleine Pause. Dann gehen wir. Nur einen Moment, bitte.
Liam antwortete auf meine Bitte lediglich mit einem Nicken und legte seinen Kopf wieder auf den von Niall. Als ich meine Augen schloss driftenden meine Gedanken geradewegs zu Louis. Meinem Louis. Jede Zelle meines Körpers vermisste ihn und ich konnte es gar nicht abwarten meinen Omega unter mir liegend zu spüren. Ich wollte momentan nichts anderes. Nur ihn. Ihn ganz allein und nur für mich.
Plötzlich breitete sich ein unglaubliches Gefühl in meiner Brust aus und drängte die Müdigkeit aus meinem Körper. Es war ein Kribbeln, welches mich bin innen heraus wärmte und mir Hoffnung und Liebe schenkte.
Gestern war auch so etwas Ähnliches passiert. Wir waren mitten in einer Besprechung, als ich einen enormen Hass in meiner Brust spürte. Ich konnte mich kaum halten und war selbst von diesen Emotionen so gefangen, dass ich mich gerade noch so halten konnte und nicht irgendwas zerfleischte. Etwas war mit Louis passiert. Nichts körperliches, das hätte ich auf eine andere Art und Weise gespürt.
Für ein paar Minuten dachte ich weiter über meinen Omega nach und als Robin sich erhob und von Joseph abließ, stand ich ebenfalls auf. Gemma tat es mir gleich und schmiegte sich für einen kurzen Moment wieder an meine Seite.
Wir machen langsam. Ich kann auch kaum auf meinen Beinen stehen. Hauptsache wir kommen erstmal in die Richtung von unserem Zuhause. Wir müssen uns auch was wegen Zayn, Joseph und den anderen überlegen.
Wir nehmen sie mit. Einen anderen Weg gibt es nicht. Ich und auch kein anderer würde sie hier zurücklassen wollen.
Gemma nickte und gemeinsam machten wir uns alle auf dem Weg. Liam sowie Niall liefen neben mir. Gemma war an Robins Seite und behielt ihm im Auge. Er war deutlich geschwächt und bereitete mir und meiner Schwester Sorgen. Wir legten immer wieder eine kleine Pause ein, doch ich legte mich nicht hin. Ich wollte Zayn nicht ablegen. Auch wenn sein schwerer Körper mich von Minute zu Minute immer weiter hinunterdrückte.
Auch Robin blieb stehen. Jedoch lehnte er sich leicht gegen Liam, welcher Gemma unterstütze und meinen Stiefvater aufrecht hielt. Er wollte Joseph erst ablegen, wenn wir angekommen waren und er ihn seiner Frau übergeben konnte.
Auch wenn mich der Gedanke an Louis wach und bei Kräften hielt wurde ich immer langsamer. Bald war ich der letze unserer kleinen Truppe. Niall ließ sich zurückfallen und trat wieder neben mich.
Soll ich ihn dir abnehmen? Wenigstens für ein paar Meilen?
Ich schüttelte meinen Kopf und verneinte es mit einem leisen Knurren. Tief atmete ich durch und riss mich zusammen. Es dauerte mehr als eine Stunde bis wir überhaupt in die Nähe von unserem Zuhause kamen.
Doch umso mehr wir uns dem näherten, desto schlechter wurde mir. Ich sollte wohl froh sein, dass wir es fast geschafft hatten, doch das war ich nicht. Die Hälfte hatte ihr Leben geopfert und wie sollte ich überhaupt diese Nachrichten übermitteln. Wie sollte ich noch Gigi in die Augen sehen? Wie sollte ich Josephs Frau, Mary, sagen, dass ihr Mann gestorben war?
Wie machte man so was am besten?
Aber das wichtigste war, das die Gefallenen einen ordentlichen Abschied verdient hatten. Gigi sollte die Möglichkeit bekommen sich anständig zu verabschieden. Das konnte ich ihr nicht nehmen. Das konnte ich keinem Familienmitglied nehmen.
Wieder blieb ich für einen Moment stehen und blickte hinauf in die Baumkronen, welche von den letzten Sonnenstrahlen des Tages in goldenen Tönen angeleuchtet wurden. Wie froh ich nur war, dass dieser Tag bald ein Ende hatte.
Nach weiteren Meilen vernahm ich plötzlich den Duft meines Omegas. Wie ich ihn nur vermisst hatte. Er war bestimmt mit seinen Schwestern unterwegs gewesen, denn es war nicht nur der Duft von meinem Omega, sondern auch ein paar weitere, die diesem doch sehr ähnelten.
Als wir ankamen war die Sonne schon gänzlich hinter dem Horizont verschwunden. Ein paar Laternen erhellten die Nacht und führten uns geradewegs zum Haupthaus. Langsam ließ ich mich zu Boden fallen, wobei Zayns Körper von meinem glitt. Neben ihm setzte ich mich aufrecht ins Gras und begann zu heulen. Auch die anderen taten es mir gleich, legten die Toten ab und stimmten mit ein.
Meine Augen waren geschlossen, als ich ein herzzerreißendes Schluchzen und eine kühle Hand in meinem Fell spürte. Innerhalb eines Atemzuges verwandelte ich mich und schlang meine Arme fest um den kalten Körper vor mir.
Er zitterte und seine nackte Haut war noch leicht nass. Als ich meine Augen öffnete sah ich, wie sich vereinzelt Wassertropfen von seinen Haarspitzen lösten und mein Shirt benetzten. Louis war wohl Hals über Kopf aus der Dusche gestürzt. Als ich ihn betrachtete sah ich auch, dass seine Mitte nur von einem Handtuch bedeckt war. Wirklich gefiel es mir nicht, doch ich war mehr als nur froh ihn wieder in meinen Armen halten zu können.
"H-Haz...", schluchzte Louis und murmelte meinen Namen immer wieder. Ich vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge und zog seinen lieblichen Duft ein.
"Ich bin da."
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1770 Wörter 05/10/2020
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