026 | Harry

Harrys P.o.V.

Ich versuchte mich so gut es ging auf die Betas zu konzentrieren und korrigierte immer wieder ihre Haltungen und half bei verschiedenen Angriffstechniken. Doch wenn sich einer von ihnen nicht ausreichend konzentrierte brachte ich ihn zu Fall. So merkten sie schnell, dass es besser war sich nicht ablenken zu lassen.

Ein paar lagen auf der Wiese und warteten bis sich ihre Wunden geschlossen hatten. Heute waren alle etwas hitziger und reagierten rücksichtloser, was ab und an mal vorkam. Hatte einer etwas schlechtere Laune, hatten die anderen meist auch welche. Aber es war auch gut, denn so hatten sie den ausreichenden Ansporn beim Training etwas zu erreichen.

Kurz glitt mein Blick zu Louis, welcher mehr als nur niedlich aussah. Die Decke umhüllte ihn fast vollständig und nur sein Gesicht war zu sehen. Seine Tasse stand vor ihm im Gras. Seine Augen waren gebannt auf die Geschehnisse hier geheftet und verfolgten jede Bewegung. Es brachte mich zum Lächeln, dass er mir seine Gefühle gestanden hatte. Und so konnte ich meine auch nicht zurückhalten und musste ihm sagen, dass ich ihn liebte. Ich konnte es auch einfach nicht anders. Schnell, um selbst nicht so abwesend zu wirken, schaute ich wieder zu den Betas.

Niall und Liam hatten gestoppt und standen wieder nur an der Seite. Ich zögerte nicht und zog zuerst Niall und dann Liam die Hinterbeine weg.

Plötzlich trat Robin auf den Platz, weswegen alle in ihren Bewegungen stoppten, sich ordentlich hinstellten und kurz verbeugten. Auch ich tat dies, schließlich gehörte er zu den Ältesten. Und wenn der Alpha schon keinen Respekt zollte, machten es die Betas irgendwann auch nicht mehr.

Robin blieb vor mir stehen und schaute mich mehr als nur ernst an. Direkt war ich alarmiert und verwandelte mich. "Was ist los?"

"Joseph hat neue Informationen. Wir müssen dringend miteinander reden. Wo ist Zayn?"

"Ihm geht es nicht gut."

"Dann soll Niall an seiner Stelle mitkommen." Überrascht schaute ich zu Robin. Es kam nicht oft vor das Niall einbezogen wurde. Mehr oder weniger wusste er alles durch Liam, aber bei einer Besprechung war er selbst noch nie anwesend.

Ich gab den beiden Betas ein Zeichen, worauf sie sich verwandelten und ebenfalls zu uns kamen. Nicht nur Liam, sondern auch ich spüre die Nervosität von Niall. Ich lächelte ihn nur an und Liam küsste ihn sogar kurz und murmelte etwas. Ich hätte zuhören können, doch Anstand war etwas anderes, weswegen ich es nicht tat.

Bevor wir jedoch den Trainingsplatz verließen gab ich die Verantwortung an Nick ab, welcher daraufhin das Training fortsetzte. Kurz blickte ich zu Louis, doch er war bereits aufgestanden, lächelte mir zu und ging zu seinen Schwestern. Er wusste das es was Wichtiges war und hielt sich deshalb aus der Sache raus. Das machte auch nicht jeder. Und das war noch einer der Gründe, warum ich ihn liebte und vor allem auch respektierte.

Bei Robin im Büro angekommen setzten wir uns alle hin. Joseph war bereits da und schenkte jedem von uns eine Tasse Kaffee ein. Er war der Beta meines Vaters und nach dessen Tod hat er sich direkt an Robins Seite gestellt. Auch wenn er mit meinem Vater besser harmonierte, waren Robin und er dennoch ein verdammt gutes aber auch ein sehr starkes Team.

"Wie Robin das bestimmt schon gesagt hat, habe ich neue Informationen was die Machenschaften der Menschen und der übergelaufenen Wölfe angeht."

Wir alle nickten und waren gespannt was er zu sagen hatte. Ich trank einen Schluck vom Kaffee und schaute gespannt zu Joseph, welcher ein paar Blätter hervorholte und auf dem Schreibtisch ausbreitete.

"Hier habe ich alles was Robin mir berichtet hat aufgezeichnet."

Bei den Blättern hielt es sich um angefertigte Karten. Die älteren Blätter zeigten die Verteilung der Gebiete noch vor wenigen Monaten. Bei den neuen Karten konnte man deutlich sehen, dass sich unseres und das Gebiet von Mason kaum verändert hatte. Das war schon mal gut, was mich jedoch nervös machte war, dass alle anderen Gebiete sich stark gewandelt hatten. Man konnte kaum Grenzen ziehen und alles war vermischt.

"Joseph, warte bitte einen Moment. Robin? Ist das hier richtig eingezeichnet?" Ich tippte auf den Bereich wo Louis Elternhaus war. Das was ich auf der Karte sah bereitete mir Bauchschmerzen.
"Ja, das wurde vollkommen eingenommen. Als wir daran vorbeikamen warst du bewusstlos daher kannst du es nicht wissen, aber dort hatten sich andere Wölfe bereits niedergelassen. Ziemlich rachsüchtige Biester. Sowas wie diese Art von Wölfen hatte ich schon lange nicht mehr zu Gesicht bekommen. Ich frage mich immer noch wie wir an ihnen vorbeigekommen sind."

Ich schluckte den Kloß, der sich in meinem Hals gebildet hatte, hinunter. Wenn Louis Geschwister und Eltern nicht hierhergekommen wären, dann hätte er niemanden mehr gehabt. Vermutlich sind seine Eltern diesen Wölfen auch zum Opfer gefallen. Wie gut, dass auch Zayn es überstanden hatte. Das hätte auch ziemlich nach hinten losgehen können. Kurz atmete ich tief durch und begutachtete nochmal zusammen mit Liam die Karten genauer. Auch Niall sah uns über die Schulter und stellte immer wieder ein paar Fragen. Er wusste es aber auch noch nicht besser.

Leider stellte sich heraus, dass auch das Gebiet, aus dem er stammte, eingenommen wurde. Es dauerte einen Moment bis er sich beruhigt hatte. So langsam stieg auch meine Wut an. Das alles konnte nicht mehr so weiter gehen.
"Wie sieht der Plan aus?"

Auf einmal öffnete sich die Tür und direkt drehte ich mich um und ein tiefes Knurren verließ meine Kehle. Mason stand in der Tür und hob seine Hände. "Ganz ruhig Styles." Immer noch knurrend blickte ich ihn an.

"Harry..." Liam stupste mir in die Seite, weswegen er sich auch direkt einen bösen Blick einfing. Robin ließ es jedoch unkommentiert und fing mit der Erklärung des Plans an.
"Der Plan sieht folgendermaßen aus. Da Masons und unser Rudel noch nicht von den Entwicklungen betroffen sind schließen wir uns zusammen. Wir müssen dem Ganzen ein Ende setzten. Wenn die Menschen das mit den anderen Wölfen gemeinsam in wenigen Wochen geschafft haben-" Er zeigte auf die Karte und schaute mich ernst an. "-möchte ich nicht wissen was passiert, wenn sie hier ankommen und wir nicht vorbereitet sind."

Mir gefiel es nicht das es Masons Rudel war, doch es war seine Stärke, die wir bei so einer Situation gut gebrauchen konnten. Murrend stimmte ich dem Ganzen zu. "Und wie soll das dann alles ablaufen?", meldete sich Niall zu Wort und sah gespannt zwischen uns allen hin und her.

"Wir werden gemeinsam trainieren, auf Patrouille gehen und zusammen für ein paar Tage leben. So können wir besser bestimmen in welche Gruppen wir eingeteilt werden, damit alle annähernd gleich stark sind", erklärte Mason.

"Und Anne hat wieder ein bisschen mit den Kräutern experimentiert. Die werden wir ebenfalls ausprobieren", merkte Robin an und holte eine Holzbox hervor in der sich ein paar dieser Kräuter befanden. "Sie verleihen Stärke, Ausdauer und man kann schneller Heilen, ohne viel Kraft dafür aufwenden zu müssen. "

Meine Mutter hatte also wieder ganze Arbeit geleistet. Man könnte sie ja fast als Kräuterhexe bezeichnen. 

Für einen kurzen Moment dachte ich über all das nach und schaute dann zu Robin. "Und dann? Die Menschen mit ihren Waffen können uns auch auf Entfernung treffen. Wir sind nur im Nahkampf überlegen."

"Glaub mir, wir geben ihnen nicht einmal die Gelegenheit die Waffen zu zücken", mischte sich Mason ein.

"An sich ist die Idee ja nicht schlecht, aber ich werde auch nicht grundlos die Menschen und vor allem nicht Unsereins abschlachten. Dann sind wir nicht besser."

"Das verlangt auch keiner Harry. Wir wollen in erster Linie an sie heran und wissen, was sie wollen. Vielleicht können wir etwas aushandeln. Wenn sie aber in die Offensive gehen, dann werden wir uns nicht zurückhalten. Gewiss nicht."

Mutwillig nickte ich. "Dann bin ich damit einverstanden. Aber eins noch, wenn wir alle gehen, was ist mit den Kindern und denjenigen die nicht mitkommen können?"
Automatisch dachte ich auch an Louis, welcher zwar etwas an Stärke gewonnen hatte, aber bei weitem noch nicht kämpfen konnte. Und das wollte ich auch nicht. Ja, er sollte lernen sich zu verteidigen. Aber nur mit Verteidigung war ihm bei dieser Situation auch nicht geholfen. Es wäre viel zu gefährlich.

"Ein paar bleiben hier und schützen weiterhin die Grenzen. Gemma bleibt wegen der Kinder ebenfalls hier. Und Louis ebenso, ich denke das war es was du hören wolltest, richtig?"

Ich nickte nur leicht und schaute kurz zu Mason.
"Ach ja, stimmt Louis und seine Familie. Wie geht es ihnen hier bei euch?"

Ich wollte antworten, doch Robin hob seine Hand und würgte mich ab. "Louis und seinen Geschwistern geht es gut. Ihre Eltern haben es leider nicht geschafft und wurden kurz vor der Grenze von fremden Wölfen umgebracht."

"Was?" Mason richtete sich auf. "Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich es ihnen nicht erlaubt hier her zu kommen." Direkt sprang ich auf und wurde von Liam festgehalten. "Lass es gut sein Harry, bitte."

Ich knurrte Liam an und löste seine Hand von meinem Arm. "Ihr seid miteinander verbunden, stimmt's? Schade, ich fand den kleinen ja immer ganz süß."

"Du lässt die Finger von ihm", fauchte ich und diesmal hielt mich weder Liam noch Robin zurück.

"Ist ja gut", lachte Mason und setzte sich wieder hin. Ich wollte gerade dasselbe tun, aber ein Schmerz durchzuckte mich und ließ mich in der Bewegung stoppen.

"Louis."

Verwirrt schaute Mason mich an. Doch erklären würde ich ihm das gewiss nicht. Erneut durchzuckte mich ein Schmerz und so langsam keimte Wut in mir auf. Er ist doch nur zu seinen Schwestern, also warum hatte er sich verletzt?

Ohne ein weiteres Wort zu sagen stürmte ich aus dem Zimmer und rannte förmlich hinaus. Im Rennen verwandelte ich mich und stand binnen weniger Sekunden neben Louis und stupste ihn mit meiner Schnauze an.

Harry, alles gut, es geht schon.

Versucht er gerade mich zu besänftigen? Erneut stupste ich ihn an und forderte ihn somit zum aufzustehen, damit ich mir seine Wunde näher anschauen konnte bevor er sich verwandelte. Doch es sah wirklich nicht schlimm aus, weswegen er sich verwandeln konnte. Als er das gemacht hatte, stand ich bereits in meiner menschlichen Hülle vor ihm und nahm ihn in meine Arme und begutachtete die Wunden erneut. Es blutete nicht mehr, doch die Wunden an seiner Schulter und an der Schläfe hatten sich noch nicht geschlossen. Vermutlich würde das erst morgen oder gar übermorgen der Fall sein.

"Wer war das?" Louis legte Hand an meine Wange und schaute mich an. "Lass es gut sein Haz, ich bin nur gestolpert und Fizzy ist auf mich drauf." Ich merkte, dass er nicht die ganze Wahrheit sagte, denn Gemma legte nun auch ihre Hand auf meine Schulter. Zusätzlich spürte ich einen Blick auf uns liegen und schaute über Louis hinweg zu dem Teil des Rudels welches trainierte und sah direkt in die braunen Augen von Olli.

"Harry! Lass es bitte!" Louis hielt mich fest, als ich mich von ihm löste. "Er hat doch schon genug Angst. Sie dir doch mal seinen Blick an", mischte Gemma sich ein. Doch durch ein kurzes Knurren verstummte sie.

Plötzlich zog Louis mich zu sich herunter und legte seine Lippe kurz auf meine. Perplex starrte ich ihn an. "Es ist okay, bitte lass ihn in Ruhe. Du machst mir Angst, wenn du so wütend bist." Seufzend nickte ich leicht und schloss Louis wieder fest in meine Arme und küsste seinen Kopf.
"Okay, ich lasse es."

Gemma begann zu lachen und schaute uns belustigt an. Louis hob fragend eine Augenbraue. "Du hast ihn verdammt gut in den Händen. Ich wurde früher einmal von einem Kind über den Haufen gerannt und unser Vater musste dazwischen gehen, da Harry den anderen fast zerfleischt hätte. Ich glaube da war er gerade einmal sechs Jahre alt."

Louis verspannte sich sofort und schaute mit aufgerissenen Augen zu mir hoch. Auch seine Schwestern fiepten kurz und sahen mich geschockt an.

"Danke Gems, war das nötig?"

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1962 Wörter 24/08/2020

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