009 | Louis

Louis' P.o.V.

Ich schloss meine Augen und genoss es, wie Harry mir durch die Haare strich.

"Lou?" Er stoppte mit den Streicheleinheiten und platzierte einen leichten Kuss auf meiner Stirn.

"Ich muss jetzt zum Training. Kommst du mit?" Fragend schaute Harry zu mir hinab. Ich allerdings wollte den Moment noch genießen und schlang meine Arme fester um ihn.

"Noch ein paar Minuten, bitte", bettelte ich.

Seufzend richtete sich Harry auf, nahm meine Hände von seinem Körper und ließ sich auf der Bettkante nieder.

"Wir können nachher weitermachen", schmunzelte er wobei seine Grübchen hervortraten.

"Nur ich habe auch andere Verpflichtungen. Das Rudel wartet."

Ich nickte leicht und stand auf. "Na gut, dann komme ich mit." Ich griff nach meinen Klamotten und zog mich wieder an. Beim Hinausgehen nahm Harry den Teller mit und schaute mich von der Seite aus an.
"Das du noch nichts gegessen hast, habe ich nicht vergessen. Heute Mittag isst du deinen Teller komplett auf. Nochmal diskutiere ich nicht mit dir darüber."

Langsam nickte ich und lief Harry hinterher. Er war irgendwo ich mehr so gut gelaunt wie vorhin.

Auf der Wiese vor dem Haus angekommen lagen die Mädels mit Gemmas Mann auf der Decke und hörten ihm gebannt zu. Er hielt ein altes Buch in der Hand und las ihnen daraus vor.
Als Daisy und Phoebe mich entdeckten kamen sie auf mich zu und klammerten sich an meine Beine.
Lächelnd schaute ich zu den beiden hinunter, kniete mich hin und schloss sie in meine Arme.

"Und was macht ihr schönes?" Die zwei begannen zu kichern. "Michi liest Geschichten vor. Das kann er besser als du." Nun fingen sie an zu lachen. Es war ein so schönes Lachen. Man wurde direkt mitgerissen und lachte mit. Sie strahlten förmlich. Es war kein Funke an Trauer in ihren Augen zu erkennen.

Ich war froh darüber. Sie sollten nicht traurig sein.

Ich würde die gesamte Trauer für sie abfangen. Sie sollten eine fröhliche Kindheit haben, auch wenn unsere Eltern nicht mehr da waren. Sie schauten von oben aus zu und eines Tages würden wir sie wiedersehen. Aber das hatte noch Zeit.

Harry stellte sich neben uns und schaute mich an.

"Bleib doch hier bei deinen Schwestern. Ich bin direkt da vorne." Ich folgte Harrys Finger und erblickte einen großen Platz welcher mit Baumstämmen umrahmt war.
"Falls was ist, ich bin dort." Er beugte sich leicht vor und strich kurz über meine Wange.
"Ich bin in der Nähe, versprochen."

Ich nickte leicht und ging dann mit meinen Schwestern zusammen auf die Decke. Harry schaute ich noch ein paar Minuten hinterher, bis Gemma sich in mein Blickfeld stellte.
Lächelnd schaut sie mich an und lies sich ins Gras fallen.

"Und wie war's?" Grinsend wackelte sie mit ihren Augenbrauen und zog leicht mein Shirt an der Schulter beiseite. Erstaunt blicke sie auf das Symbol und räusperte sich. "Ihr habt doch nicht... Ich dachte ihr..?"

Mit roten Wangen schaute ich auf meine Hände und schüttelte meinen Kopf. "Wir haben nur.." Ich beendete den Satz nicht sondern blickte zu meinen Schwestern. Verstehend nickte sie. "Du kannst es mir auch später erzählen." Schmunzelnd nahm sie ihre Tochter in die Arme und lehnte sich an ihren Mann, welcher immer noch den Kleinen eine Geschichte vorlas.

"Aber woher willst du das wissen, wenn du nur das Symbol ansiehst. Ich erkenne in diesen geschwungenen Linien nichts."

„Ich wollte euch holen, allerdings seid ihr da gerade übereinander hergefallen." Gemma richtete sich auf, setze Ella neben sich und zog ihr Shirt leicht hoch. Ihr Symbol glänze nicht, so wie bei mir, in leichten Goldtönen. Bei ihr sah es aus wie Narben, welche sich deutlich von ihrer blassen Haut abhoben.

„Dein Symbol würde so wie meins aussehen. Aber deins ist immer noch am glühen. Wenn es aufhört zu glühen verblasst es vollständig und nichts bleibt zurück. Deins hat schon angefangen zu verblassen. Der äußere Ring verschwindet langsam. Wenn es auseinander bricht ist das nicht gut Louis.
Ich weiß, dass du da nicht drüber sprechen möchtest, aber nie wieder eine Bindung eingehen können schwächt einen Wolf. Ich habe es schon mit ansehen müssen und irgendwann geht man einfach daran kaputt und stirbt.
Natürlich kannst du dich wieder verlieben und Beziehungen führen. Nur wird nie eine so starke Kraft daraus hervorgehen, wie bei einem solchen Bund. Vor allem du als Omega würdest nur Vorteile daraus ziehen. Ich weiß, eure Umstände waren nicht die besten, aber bitte überlege es dir Louis. Es gibt schließlich einen Grund warum sich Alphas ab 18 Jahren und Betas sowie Omegas schon früher binden können. Umso früher, desto besser." Gemma wurde immer leiser und strich erneut über mein Symbol.

"Denk auch an Harry. Du bist nicht der einzige der unter einer vorschnellen Handlung leidet."

Ich fühlte mich nicht wohl dabei und richtete mein Shirt wieder.

Gemma verstand ohne Worte, dass das Gespräch für mich beendet war und widmete sich wieder ihrer Tochter.

Ich hingegen legte mich zurück und zog meine Schwestern an mich heran. Mit ihnen zusammen hörte ich Michal  ein wenig zu, bis ich vollständig in meinen Gedanken versank.

Leugnen konnte ich es nicht, ich fühlte mich zu Harry hingezogen und mein Herz machte jedes Mal wenn er mich berührte einen Hüpfer.

Ich konnte es jedoch nicht zuordnen. War es wirklich das was mein Herz wollte oder waren es die Auswirkungen von dem Symbol?

Und war es wirklich so schlimm wenn man sich nicht bindet?

Harry litt unter seiner Entscheidung? Auf mich machte er nicht gerade den Eindruck, dass es ihn seine schnelle Entscheidung viel ausmachte. Er war doch so davon besessen nicht mehr allein zu sein.

Es war in den letzten Tagen so unglaublich viel passiert und ich wollte am liebsten einfach nur weg. Einfach mal allein sein. Über alles in Ruhe nachdenken können. Der ganze Wirrwarr in mir machte mich wahnsinnig. Es machte mir regelrecht Angst. Ich sollte mit Anne sprechen. Sie hatte mir Hilfe angeboten. Vielleicht konnte sie mir die Angst nehmen?

Zweifel keimten auf und machten sich in mir breit. War das hier überhaupt richtig? War Harry das was ich wollte? Harry hatte mich vollkommen in der Hand. Allein sein Geruch beeinflusste mich unglaublich stark. Aber wäre das auch ohne den Bund gewesen?

Wie wäre es abgelaufen, wenn Harry und ich uns normal kennengelernt hätten? Hätten wir uns überhaupt normal kennengelernt? Ich schüttelte leicht meinen Kopf. Nein, wir hätten und nicht normal kennengelernt. Das er als Alpha eine solch große Auswirkung auf mich hatte lag nicht nur an dem Symbol, sondern auch daran das ich ein Omega war.

Die ganzen Fragen, auf die ich kaum Antworten hatte, bereiteten mir Kopfschmerzen.

Die Tatsache, dass uns noch eine Woche blieb machte mich nervös. Ich wollte nicht bis in alle Ewigkeiten gebrandmarkt werden und mich nie wieder an jemanden binden können.

Ich hasste es zu etwas gezwungen zu werden. Und dann auch noch so ein Schicksal zu erwarten wiedersprach mir völlig. Es gab nur keinen Ausweg. Ich schlucke als ich weiter darüber nachdachte in dieser Woche noch mein erstes Mal zu haben. Harry war in der Hinsicht sehr sanft und vorsichtig. Abgesehen davon, dass er auch total verständnisvoll war. Jedoch war da etwas, was mich daran hinderte es einfach zu zulassen.

Ich vernahm ein lautes Knurren und schaute erschrocken auf. Gemma deutete auf den Platz, wo das Training stattfand.

"Sie ärgern sich gerade, dass sie Harry nicht schlagen können. Möchtest du zuschauen? Verwandle dich aber lieber. Es kann ein bisschen hitzig werden und so kannst du immerhin besser auf dich aufmerksam machen."

Da ich nun wirklich neugierig war, erhob ich mich von der Decke. Mit großer Anstrengung verwandelte ich mich und schüttelte mich einmal komplett durch. Langsam näherte ich mich dem Platz und setzte mich etwas Abstand zu den Baumstämmen ins Gras.

Harry war von mehreren Wölfen umzingelt, konnte aber jedem Angriff standhalten.
Es war wirklich amüsant mit anzusehen wie Harry, ohne große Anstrengung, die Wölfe von sich fernhalten konnte.

Auf einmal stürmten junge Wölfe mit auf den Platz, ich brauchte einen Moment, um zu erkennen, dass es sich um Ella und meine zwei Schwestern hielt. Panisch sprang ich auf und sprintete zu ihnen hin. Allerdings war ich nicht sonderlich schnell und die drei gerieten mitten ins Gefecht.

Stopp! Hört bitte auf! Ich bekam höllische Angst. Die anderen Wölfe müssten sie nur an der falschen Stelle treffen und sie würden es nicht überleben.

Ich schaltete meinen Kopf komplett aus. Für mich zählte es nur noch die drei zu beschützen, alles andere rücke in den Hintergrund. Ich huschte hinter Zayn vorbei und stellte mich über die Kleinen, welche starr vor Angst mitten im Gefecht stehen geblieben waren. Da ich nicht jeden einzeln in Sicherheit bringen konnte rollte ich mich um sie herum.

Ella war die erste die quiekte und mich mit aufgerissenen und angsterfüllt Augen anschaute.

Alles wird gut.

Louis es tut mir so leid. Sie waren plötzlich weg. Sie wollten nur wieder einem Schmetterling hinterher. Ich dachte, da könnte nichts passieren. Fizzys Stimme halte in meinem Kopf und ich schaute auf und sah wie sie sich näherte.

Bleib da wo du bist. Komm nicht auch noch dazu.

Als sich die anderen Wölfe etwas entfernt hatten, anscheinend bemerkten sie uns wirklich nicht, scheuchte ich die Kleinen in die Richtung meiner zweit ältesten Schwester. Jedoch zitterten sie so stark und konnten sich kaum bewegen.

Plötzlich wurde ich auf den Boden gerissen. Ich erkannte Liam an seinen Geruch. Er rappelte sich auf und schaute mich entschuldigend an. Keuchend richtete ich mich auf. Das würde definitiv blaue Flecken geben.

Nun kam auch Harry hinzu und baute sich sowohl vor den Kleinen als auch vor mir auf und knurrte bedrohlich.

Es war von Zuschauen die Rede. Nicht das du mitmachst. Und besonders nicht die Kleinen. Verschwinde.

Entschuldigend schaute ich zu ihm auf.

Es war keine Absicht, sie sind einfach dazwischen gelaufen. Es sind doch noch Kinder, sei bitte nicht so steng.

Harry legte die Ohren an und knurrte erneut.

Die Mädchen wimmerten und versteckten sich hinter mir. Ich duckte mich leicht und hielt den Kopf gesenkt. Mein Herz rutschte ihn die Hose. Ein Blick zu Seite verriet mir, dass die anderen langsam ein paar Schritte zurück machten und sich weiter von Harry entfernten.

Er fletsche die Zähne und ein noch bedrohlicheres Knurren verließ seine Kehle.

Mein Herz zog sich schmerzvoll zusammen. Ängstlich stupste ich die Mädchen mit meiner Schnauze an und schob sie zu meiner Schwester.

Wimmernd nährte ich mich Harry und zog meinen Schwanz ein. Vorsichtig stupste ich ihn an und wollte ihm den Respekt, den er als Alpha verdient hatte erweisen.Jedoch blieb Harry starr und reagierte nicht.

Ein leises Fiepten entfloh mir. Einen Blich nach hinten zeigte mir, dass Gemma sowie Lottie bei Fizzy angekommen waren und widmeten sich direkt den kleinen Wölfen. Ich hingegen ging an ihnen vorbei und zog das Tempo an. Ich wollte jetzt unbedingt zum See und meine Ruhe haben.

Dort angekommen, ließ ich mich traurig in den Kies fallen. Es war doch keine Absicht, warum war Harry dann so sauer? Mein Herz schlug vor Schreck immer noch viel zu schnell.

Warum nahm er meine Entschuldigung nicht an?

War ich nur da um Harrys Einsamkeit ein Ende zu setzten oder konnte uns mehr verbinden als nur ein aufgezwungener Bund?

_____

1726 Wörter 17/05/2020

Bei Louis herrscht wohl ein kleines Gefühlschaos...

Was würdet ihr machen, wenn ihr nur noch eine Woche zu entscheiden hättet?

Soll Louis der Tradition folgen?

Oder wenn es mit Harry nicht passt in Kauf nehmen sich niemals wieder binden zu können?

Bin gespannt auf eure Antworten : )

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top