000 | Prolog

Louis' P.o.V

Bettelnd schaute ich meine Schwester an. "Bitte Lottie, ich möchte doch einfach nochmal an die frische Luft. Ich war seit vorgestern nicht mehr draußen."

Seufzend nickte sie. "Na schön. Aber Fizzy kommt auch mit. Und unseren Eltern sagen wir nichts."

Ich rollte meine Augen und murmelte ein leises "Okay." Unsere Eltern waren sehr bemüht mich im Haus festzuhalten.

An manchen Tagen hatte ich auch das Gefühl, dass sie mich am liebsten im Keller anketten würden.

Meine Familie bestand hauptsächlich aus Betas. Ich war die Ausnahme. Ich wurde als erster Sohn und als Omega geboren. Dies stellte sich aber jedoch relativ spät hinaus. Als ich in die Pubertät kam, machte mein Geruch den Alpha unseres Stammes wahnsinnig. Da hat meine Mama nicht gezögert und wir sind tiefer in den Wald gezogen. Von diesem Moment an schütze sie mich wie einen heiligen Schatz. Eine Erklärung gab es dafür nie.

Meine Schwestern hingegen wussten Bescheid. So wie die vier eigentlich alles wussten.

Sie verhielten sich wie unsere Mutter. Allerdings machten sie gerne mal Ausnahmen, wenn Mama und Papa nicht da waren.

"Ich bin da, wir können los." Fizzy holte mich aus meinen Gedanken in die Realität zurück. "Sehr gut, ich möchte unbedingt nochmal zu dem wundervollen See."

Lottie als auch Fizzy nickten. Wir liefen zusammen hinaus und verwandelten uns. Ich brauchte hingegen etwas länger. Wehleidig schauten die beiden in Wolfsgestalt meiner Verwandlung zu und stupsten mich mit der Schnauze an, als ich vollends verwandelt vor ihnen stand.

Obwohl Charlotte ein Jahr und Félicité ganze zwei Jahre jünger als ich waren, waren sie deutlich größer. Mit der Zeit hatte ich mich damit abgefunden. Langsam trabten wir in die Richtung des Sees.

Meine Laune verbesserte sich schlagartig, als ich den See erblickte. Ich zog mein Tempo an und blieb am Ufer stehen. Die Sonnenstrahlen brachten das Wasser förmlich zum Glitzern. Ich hockte mich hin und beobachte einfach nur das Glitzern des Sees.

Nach einer Weile meldete sich Lottie telepathisch. Wir sollten wieder los Louis. Mit einem geknickten Ohr schaute ich in ihre Richtung. Lottie hat Recht. Hier stimmt etwas nicht.

Und nun merkte ich es auch. Ein mir unbekannter Duft lag in der Luft. Er erinnerte mich an den Geruch von Nadelholz mit einer süßlichen Note.

Louis komm. Lotties Stimme hallte durch meinen Kopf. Schweren Herzens stand ich auf und näherte mich meinen beiden Schwestern. Ich komme ja schon.

Meine Ohren vernahmen ein Rascheln. Ich spürte die Anwesenheit von anderen Wölfen und blieb stehen. Etwas fühlte sich komisch an. Einer von ihnen strahlte eine merkwürdige Wärme aus. Verwundert versuchte ich ihn ausfindig zu machen und wollte seine Fährte aufnehmen. Fizzy kam mir jedoch dazwischen und zwickte mir ins Genick. Sie begann zu knurren und sich vor mir aufzubauen. Wehmütig duckte ich mich und folgte anschließend den beiden. Ich hatte einmal versucht Fizzy zu widersprechen. Und das war eine ziemlich schlechte Idee. Nicht nur dass sie größer war, sie war auch schneller, kräftiger und furchtloser.
Ich versuchte das Tempo, welches die beiden vorgaben einzuhalten.

Plötzlich stolperte ich über eine Wurzel und fiel jaulend zu Boden. Ich spürte wie meine hintere Pfote anfing zu pochen und ein Wimmern verlies meine Lippen.

Lottie machte kehrt und duckte sich. Verwandle dich und spring auf.  Allerdings blieb ich leise wimmernd in meiner Wolfsgestalt liegen. Der Schmerz zog immer weiter hoch. Ich traute mich auch nicht hinzuschauen. Nach ein paar Sekunden gelang es mir jedoch die Verwandlung und ich kletterte auf den Rücken meiner Schwester. Ohne große Anstrengung holte sie zu Fizzy auf. Beide zogen ihr Tempo immer mehr an und blickten nicht einmal zurück.

"Tut mir leid", murmelte ich leise und vergrub meine Hände in ihrem braunen Fell.

Ich vernahm den Geruch meiner Mutter als wir uns dem Haus näherten.

Beide Hände in ihre Hüfte gestemmt, erwartete sie uns an der Haustür. Sie wollte etwas sagen, verstummte jedoch, als sie mich auf Lotties Rücken sah und rief Dan.

Dan war von uns Kindern der Stiefvater. Meiner sowie der Vater der Mädchen starben bei Rudelkämpfen.

Lottie duckte sich und Dan schlang direkt einen Arm um meine Hüfte und half mir ins Haus. "Wie oft habe ich es gesagt. Das Hause wird nicht verlassen, wenn keiner von uns anwesend ist", zischte meine Mutter.

"Es war meine Schuld, es tut mir leid. Ich wollte unbedingt nochmal an den See."
"Ihr wart wo?!"
Nun fing sie an zu schreien und eine Ader trat an ihrer Stirn hervor. Ängstlich sah ich zu Lottie hinüber, welche nun wieder in Menschengestalt neben mir stand. "M-Mama", murmelte ich leise.

Sie würdigte mich keines Blickes, sondern schaute Lottie und Fizzy an. "Mädels, ich bin maßlos enttäuscht. Wisst ihr was hätte passieren können?" Sie wurde nun immer leiser und strich sich über die Augen.

Ich stieß mich von Dan leicht ab und schlurfte humpelt in mein Zimmer. Es lag im Erdgeschoss direkt neben dem Wohnzimmer, damit ich keine Treppen gehen musste. In den vergangenen Jahren hatte ich so viele Verletzungen, die mich in meiner Bewegungsfreiheit einschränkten. Da waren Treppen eine Qual. An jedem Regal, welches an der Seite stand, stützte ich mich ab.

Ich hatte unsere Mutter wieder einmal enttäuscht. So wie eigentlich immer. Traurig ließ ich mich auf mein Bett nieder und schaute zu meinem Fuß hinunter. Er hatte mittlerweile eine ungesunde blaue Farbe angenommen. Ich ließ mich in mein Bett zurückfallen und fing an zu weinen.

Das nächste an das ich mich erinnern konnte war eine Wärme, die ich noch nie gespürt hatte. Sie umgab mich völlig. Auch der Geruch nach Nadelholz mit einer süßlichen Note schwirrte um mich herum. Vollständig benommen ließ ich mich treiben und schlief wieder ein.

Etwas strich durch meine Haare, weswegen ich langsam aufwachte. Blinzelnd öffnete ich meine Augen und schaute direkt in grüne. Ich zuckte zusammen und richtete mich auf. Wo bin ich? Keinen einzigen Geruch konnte ich zuordnen. Bis auf einen und dieser strömte von der Person vor mir aus.

Geschockt riss ich meine Augen auf, als ich noch einen anderen Geruch wahrnahm. Das Paar grüne Augen vor mir gehörte zu einem Alpha. Eingeschüchtert machte ich mich klein. Ein Wimmern verließ meine Lippen. Ich hielt meinen Kopf geduckt. Der Schmerz von meinem Fuß war völlig vergessen.
Ich wusste nicht wie ich hier her kam, was das alles sollte und wer das vor mir war. Blanke Panik machte sich in mir breit. Meine Fingernägel gruben sich in meine Handinnenflächen. Ich wollte nach Hause.
Der Alpha drückte mein Kinn mit einer sanften Bewegung nach oben.
"Hör auf zu weinen, das steht dir nicht." Ein Lächeln zierte seine Lippen.
Völlig von seinem Geruch benommen, schluchzte ich und versuchte die Tränen zurückzuhalten. Die Stelle wo er mich berührte fing an angenehm zu kribbeln.

"Du bist jetzt mein."

"Nein", schluchzte ich. Ich wollte nach Hause.

Ich versuchte mich aus dem starken Griff des Alphas zu befreien. Jedoch fühlten sich seine Hände auf meinen Schultern wie ein Schraubstock an, welcher immer fester gedreht wurde.
Er zog an meinem Shirt und legte somit eine Stelle an meiner linken Schulter frei. Langsam näherte er sich mit und ließ seine scharfen Eckzähne aufblitzen.
Ich realisierte sofort was er vorhatte und fing an mich zu winden.

"B-Bitte. Lass mich gehen."

Er legte seine Lippen kurz auf die Stelle zwischen meinem Hals und meiner Schulter. Ich spürte seinen warmen Atem, als er langsam seinen Mund öffnete. Er war dabei mich mit einem Biss als sein Eigen zu markieren. Ich hatte mir es jedoch anders vorgestellt.

Ich träumte immer von der großen Liebe. Man würde sich kennen und lieben lernen. Ich wollte erobert werden. Das hier war ganz anders.

Ein ziehender, heißer Schmerz holte mich aus meinen Gedanken, ich begann zu schreien. Es fühlte sich keineswegs angenehm an. Seine scharfen Zähne gruben sich tief in mein Fleisch. Ich war vollkommen machtlos. Der Schmerz verebbte langsam und ein Glühen ersetzte diesen.

Der Alpha lies von mir ab und leckte sich mein Blut von den Lippen. Entsetzt und mit aufgerissenen Augen schaute ich ihn an.

Ich wusste nicht einmal seinen Namen.

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1332 Wörter 27/04/2020

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