Kapitel 19
Deans Sicht
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„Warte, Bruder, ich helfe dir", ertönt die Stimme meines jüngeren Bruders, welcher beinahe aus dem Auto springt, um mich auf meiner Seite entgegenzunehmen und seufzend greife ich dankbar nach seiner Hand.
Ich bedanke mich bei meinem Fahrer und spüre, wei mein Herz um einiges langsamer zu schlagen beginnt, als beim Anblick meines Hauses dieser viel zu bekannte Schmerz der Sehnsucht mich einnimmt.
Es ist, als würde jeder Schritt in Richtung Eingangstür mich noch mehr erschöpfen, da ich ganz genau weiß, wer mich auf der anderen Seite erwarten wird – und wer eben nicht.
Inzwischen ist eine ganze Woche vergangen, in denen ich die meiste Zeit im Krankenhaus verbracht habe und außer den Anrufen mit meiner Frau, gerade einmal eine handvoll Worte gewechselt habe.
Zu meinem Glück hat es meine ganze Familie tatsächlich geschafft, meinen Aufenthalt vor meiner Nora zu verbergen und obwohl meine Mutter mir immer wieder davon abgeraten hat, bin ich immer noch zufrieden mit meiner Entscheidung.
Nora hat ihre Ruhe und den Abstand zu mir gebraucht und ich wollte – konnte ihr dies nicht erneut nehmen, egal wie sehr ich mich nach ihrer Anwesenheit gesehnt habe.
Trotz physischer Distanz, haben wir des Öfteren telefoniert und ich habe ihr beiläufig mitgeteilt, dass ich für ein paar Tage eines Vertrages wegen die Stadt verlassen musste, was sie auch nicht hinterfragt hat.
Alle meine Brüder haben meine Ehefrau so weit es ging gemieden, denn wie Rain meinte, hat es sich wie ein Verrat an der „besten Schwägerin der Welt" für sie angefühlt und ich konnte ihnen dies auch nicht übel nehmen.
Doch nachdem ich zum Anblick meines jüngsten Bruders an meinem Bettrand von meiner Narkose erwacht war, konnte ich mich nicht mehr zusammenreißen und habe einfach alles rausgelassen.
Noah hat mich in seinem Leben nur ein einziges Mal weinen sehen und das, nach dem brutalen Tod meines Großvaters, dem ich unglaublich nahestand.
Bis zu jenem Tag nach meiner Operation.
Ich habe keine Ahnung, wie lange ich in den Armen meines 18-jährigen Bruders geweint habe, doch irgendwann hatte dieser Gefühlsausbruch mir jegliche Energie geraubt, sodass ich nach einer gefühlten Ewigkeit einfach eingeschlafen war.
Isiah hat mir erzählt, dass Noah nichts dazu gesagt hat, bis er allein mit dem Zweitältesten war und dann selber an seinen Tränen erstickend versucht hat, ihm die Situation zu schildern.
Seit Tagen weicht er mir kaum von der Seite, besteht darauf, im selben Auto zu fahren wie ich und ruft mich an bevor er schlafen geht und sofort nachdem er aufwacht, nur um sicher zu gehen, dass alles in Ordnung ist.
Zu Beginn habe ich sein Verhalten nicht wirklich verstanden, bis ich durch die Worte meiner Mutter realisiert habe, dass Noah in sehr kurzer Zeit, bereits zwei Mal um das Wohlergehen seiner Brüder bangen musste und dementsprechend emotional instabil ist.
Er ist so viel sanfter, so viel ruhiger und empathischer als die anderen. Bei Noah habe ich das Gefühl, nichts weiter als ein Mensch zu sein, während ich eben für die anderen Jungs auch noch der Boss und das Familienoberhaupt bin.
Es ist schön zu wissen, dass sein Bild von mir sich in den letzten Wochen nicht verändert hat und ich immer noch einfach nur sein ältester Bruder und zweiter Vater bin.
Kurzzeitig habe ich sogar darüber nachgedacht, Noah zu fragen, ob er Nora alles erzählen kann, weil er sich wahrscheinlich am Besten in ihre Lage versetzen kann, wobei ich mich relativ schnell von dem Gedanken verabschiedet habe, als ich gehört hatte, wie viel entspannter meine Frau am Telefon klang.
Ich vermisse sie, ihren Geruch, die Art wie sich ihre Haut auf meiner anfühlt, ihre Umarmungen, Stimme und Lache, ihr wunderschönes Lächeln und diese verdammten Augen, die mir seit Nächten den Schlaf rauben.
Jeden Tag habe ich auf ihren Anruf gewartet, wollte sie nicht einengen und ihr das Gefühl geben, sie wäre mir eine Erklärung oder ein Telefonat schuldig und so als hätte sie gespürt, dass ich den Klang ihrer Stimme brauche, hat sie sich auch mit der Länge ihrer Anrufe nicht zurückgehalten.
Auch wenn es gerade Mal ein paar Tage her ist, habe ich Angst zu vergessen, wie es sich anfühlt sie zu küssen, sie in meinen Armen zu halten und mit ihr einzuschlafen, weswegen ich versuche, mich an jedes kleine Bisschen Erinnerung festzuhalten.
Meinen Brüdern ist bewusst, dass mir die Sache mit Nora viel mehr zu schaffen macht, als die Schusswunde; letztendlich ist es nicht das erste Mal, dass ich angeschossen wurde, doch noch nie zuvor musste ich mit solch einem gebrochenen Herzen klarkommen.
Vielleicht sind sie deswegen alle um einiges verständnisvoller und ruhiger, wenn es um mich geht und obwohl ich unsere alte Dynamik sehr vermisse, bin ich umso dankbarer dafür.
Seufzend werfe ich den Arm um die Schultern meines Bruders, welcher inzwischen fast genau so groß ist wie ich, und danke ihm erneut.
„Mama hat deinen Lieblingskuchen gemacht", erzählt mir Rain aufgeregt und läuft auf Krücken langsam neben uns her, macht mich unglaublich stolz mit seiner Entwicklung.
Ich lächle nur, nicke und seufze erneut, denke an den Abend von vor ein paar Wochen, an dem ich genau jenen Kuchen von meiner Ehefrau essen durfte, während sie mir von ihrem Tag berichtet hat und nichts auf dieser Welt unseren Frieden stören konnte.
Auch wenn es dieses Mal wahrscheinlich genau so gut schmecken wird, wie die letzten Male auch, spüre ich bereits in meiner Brust, dass etwas fehlen wird.
Nach einer gefühlten Ewigkeit kommen wir endlich an der Tür an, wo uns sowohl Sweet Jane als auch meine Eltern bereits ungeduldig erwarten.
Wortlos falle ich in die Arme meiner Mutter, seufze leise, als ihr Schluchzen meine Ohren füllt und sie mich so fest es geht an sich drückt, als hätte sie Angst, dass ich im Erdboden versinke, wenn sie mich loslässt.
„Herzlichen Willkommen, mein Sohn", sagt mein Vater und lächelt erleichtert, eher mich umarmt und mir sanft aber firm auf den Rücken klopft.
Ich erwidere nichts, nicke nur dankend und begebe mich nach der Begrüßung in Richtung Wohnzimmer, wobei ich mich an meine Familie wende und dann laut seufze.
„Wir werden morgen alles weitere besprechen", beginne ich ruhig, „aber bis dahin brauche ich jetzt ein wenig Zeit für mich."
Meine Stimme ist monoton, meine Wortwahl sachlich und mein Blick müde, wobei es mir schwerfällt, vor allen stark zu bleiben.
Wenn meine schöne Nora jetzt hier wäre, dann würde mir alles so viel leichter fallen.
Immer wieder habe ich mir Gedanken dazu gemacht, was ich wie formulieren könnte, um meiner Frau zu zeigen, dass mir meine Worte wirklich leid tun und ich sie um Vergebung betw, obwohl ich dem nicht würdig bin.
Ganz langsam mache ich mich auf den Weg in mein Zimmer, um in dem Bett zu schlafen, versuchend mich daran zu erinnern, wie es sich angefühlt hat, darin ohne meine Frau zu schlafen.
Noah gibt mir eine letzte Umarmung, bevor er sich von mir abwendet und gerade als ich nach der Türklinke greifen will, ertönt eine Stimme, die ich definitiv nicht erwartet habe.
„Dean", sagt meine zukünftige Schwägerin ruhig und kommt vor mir zum Stehen, blickt mich bedauernd aus grünen Augen an und scheint mir meinen unglaublich überforderten Gesichtsausdruck nicht übel zu nehmen.
„Leiah", erwidere ich verwirrt und blicke mich um, als meine Augen nach Isiah suchen, da ich ihre Anwesenheit ohne ihn gar nicht gewohnt bin, „was – kann ich für dich tun?"
Als die junge Frau mich sanft anlächelt, realisiere ich, dass ich sie bereits seit einer guten Minute mit zusammengezogenen Augen streng annlicke, weswegen ich mein Gesicht entspanne.
„Nora ist auf dem Weg hierher, Dean", sagt sie und spielt mit ihrem Verlobungsring, schafft es mit nur ein paar Worten mein Herz zum Rasen zu bringen.
„Was? Warum?", erwidere ich nun noch überforderter, moch verwirrter und fahre mir angespannt durch die Haare, während ich versuche, das Gefühlschaos in meinem Körper zu bändigen.
Natürlich will ich meine Frau wiedersehen; es gibt nichts, was ich lieber tun würde, doch allein der Gedanke an ihre Reaktion auf meinen Anblick jagt mir eiskalte Schauer pber den Rücken.
Ich habe mich bewusst dazu entschieden, Nora nichts von den Überfall zu erzählen, da ich ihren Seelenfrieden nicht erneut brechen wollte; doch als ich jene Entscheidung traf, wusste ich auch ganz genau, dass sie meine Hintergedanken niemals verstehen und sich verraten fühlen würde.
Doch das war es mir wert.
„Weil du nicht rangegangen bist, hat sie Rain angerufen und der hat gesagt, dass ihr jetzt Zuhause angekommen seid. Sie wartet schon seit Tagen auf eine Gelegenheit, dich zu sehen", erklärt mir Leiah ruhig und ihre Worte schießen regelrecht die Luft wieder zurück in meine Lungen und für einen ganz kurzen Moment fühle ich mich von all der Last auf meinen Schultern erleichtert.
„Sie wird mich hassen", seufze ich jedoch kurz darauf, als die Sorge erneut ihren Platz in meiner Brust findet und allein an der Art, wie Leiah mich anblickt ist klar, dass sie meine Worte nicht verleugnen kann.
„Nora sorgt sich um dich genau so sehr wie du dich um sie, Dean", erwidert die Verlobte meines Bruders und streicht sich eine dunkle Strähne hinters Ohr.
„Und nur weil sie dieses – Leben nicht will, heißt das nicht, dass dasselbe für dich gilt", fährt sie fort und überrascht hebe ich den Kopf, „sie wird nicht begeistert sein, dass du es vor ihr verheimlicht hast, aber wenn du dich ihr erklärst, wird sie dir verzeihen und alles wird sich wieder fügen."
Leiah lächelt mich motivierend an und erneut verfalle ich dem Zustand der Sprachlosigkeit, weswegen ich nichts weiter als ein dankbares Nicken herausbringe.
Wortlos begebe ich mich in mein Zimmer und setze mich auf die kleine Bank vor dem Bett, während ich nervös mit meinem Ehering spiele.
Weder Nora, noch irgendjemand außer dem Schmied meines Ringes weiß, dass ich ihre Initialen in die Innenseite eingravieren ließ, Monate, bevor ich sie kennenlernen durfte.
Zu Beginn, kam es mir unnötig vor, doch jedes Mal wenn ich daran gedacht habe, fühlte es sich richtig an und auch heute ist dem noch so.
Es ist, als wäre sie auf eine ganz bestimmte Art und Weise immer bei mir.
Ich habe keine Ahnung, wie viel Zeit vergeht, da ich mich so in meinen Gedanken verliere, in der Hoffnung die richtigen Worte zu finden, wenn ich meiner Frau gegenüber stehe.
Immer wieder starre ich mein Spiegelbild an, als würde ich die Antworten zu meinen Fragen auf meiner eigenen Haut lesen können und seufzend wasche ich mir erneut das Gesicht mit nur einer Hand so gut es eben geht.
Die Tatsache, dass ich zu all dem Stress udn der Sorge auch noch in meiner Bewegung eingeschränkt bin, passt überhaupt nucht in meinen Kram und doch muss ich jetzt lernen damit zu leben.
Der Schmerz ist mir absolut egal, doch Rios Vater, einer der angesehensten Chirurge des ganzen Landes, hat mich davor gewanrt, dass ich meinen Arm schonen muss, weil sonst die Gefahr besteht, dass ich ihn nie wieder so benutzen kann, wie zuvor. Da ich dies einfach nicht riskieren darf, gebe ich mein Bestes, die Existenz meines linken Armes auszublenden, damit ich ihn so wenig wie nur überhaupt möglich benutze.
Angestrengt, jedoch vorsichtig, ziehe ich mir also mein Shirt über den Körper, hasse die Tatsache, dass ich gefühlte Stunden dafür brauche, weil mich die Wände des Badezimmers inzwischen einfach nur einengen.
Und als hätte ich es in meiner Brust gespürt, stoße ich auf den Anblick meiner Ehefrau, als ich endlich die Tür öffne.
Sofort wird jeglicher Sauerstoff aus meinen Lungen gepresst und je länger ich meine Augen über ihren Körper gleiten lassen, desto heftiger knallt mein Herz gegen meinen Brustkorb.
Eine Mischung aus Adrenalin, Sehnsucht und Nervosität brodelt in meinem Blut und rauscht so laut in meinen Ohren, dass ich für eine gute Minute nicht Mal meine eigene Atmung hören kann.
Ich spüre, wie Noras Anwesenheit – nur die Tatsache, dass sie sich nach einer Woche im selben Raum befindet wie ich – mir die tonnenschwere Last auf meinem Körper nimmt und das Gefühl, Zuhause angekommen zu sein, mich langsam einnimmt.
Doch leider halten diese Glücksgefühle nicht lange an, als mein Blick der ihren findet und ich auf diese wunderschönen, tränenerfüllten, blauen Augen treffe.
Bevor sie überhaupt blinzeln kann, rollt eine einzige Träne ihre Wange entlang, findet ihren Weg zu ihrem Kinn und erneut versuche ich verzweifelt die Scherben meines zerbrochenen Herzens zu sammeln.
„Es tut mir so leid", flüstere ich und trotzdem bricht meine Stimme am Ende meiner Entschuldigung, sodass ich mich an meinen eigenen Worten verschlucke und beschämt den Blick abwende.
Nora sagt nichts.
Was wiederum mehr als Antwort genug ist.
Und ohne noch eine weigere Sekunde zu zögern, hebe ich den Kopf und erwidere ihren Blick, will nämlich, dass sie weiß, wie ernst ich es meine und nur sie es schafft, dies in meinen Augen zu lesen.
„All diese Dinge, die ich dir wegen meinen Befürchtungen an den Kopf geworfen und die Art, wie ich mich dir gegenüber verhalten habe. Ich bin mir bewusst, dass ich dich verletzt habe und ich bereue meine Wort- und Tonwahl sehr. Es tut mir leid, ich hatte nicht das Recht, so auf dich loszugehen."
Ich atme tief durch, bin froh, dass ich es geschafft habe, meine Gedanken und Gefühel so weit es geht in einen verständlichen Satz zu packen und auszusprechen, ohne über meine Worte zu stolpern wie ein Kleinkind.
Als auch dieses Mal nichts seitens Nora kommt, fahre ich einfach fort, egal wie schwer es mir fällt. Sie verdient eine ehrliche, ernst gemeinte und ehrliche Entschuldigung und ihr dies zu geben ist dad Mindeste, was ich tun kann.
„Ich habe zugelassen, dass meine Sorge um dich, die Wichtigkeit deiner Freude und Zufriedenheit übertönt und habe – wusste deine Bemühungen und dein Verständnis nicht genug zu schätzen. Du hast bis jetzt immer dein Bestes für mich gegeben und ich habe dir nicht dasselbe entgegengebracht, es tut mir leid", erkläre ich ihr ruhug und traue mich endlich, einen Schritt auf sie zuzugehen, wobei mir ein großer Stein vom Herzen fällt, als ich realisiere, dass sie es zulässt.
Immer wieder zittert ihre Unterlippe und inzwischen sind ihre süßen Wangen, als auch ihre wunderschönen Augen ganz gerötet von den Tränen, die sich von einzelnen Tropfen zu regelrechten Wasserfällen entwickelt haben.
Am liebsten würde ich für jede einzelne dieser Tränen die ganze Welt verbrennen, doch leider kann ich nichts weiter tun, als mich den Konsequenzen meines eigenen Verhaltens zu stellen und den Schmerz zu akzeptieren.
„Warum–", schluchzt sie plötzlich, jagt erneut einen Stich direkt in meine Brust, „warum hast du es vor mir verheimlicht?"
Während ich erneut nach den richtigen Worten suche, kommt Nora mehrere Schritte auf mich zu und hebt zitternd ihre Hand an meinen Arm, traut sich jedoch nicht, mich anzufassen, so als würde sie befürchten, dass sie ich zerbreche, wenn sie es tut.
„Du klangst so glücklich", erwidere ich heiser, schaffe es einfach nicht mehr, meine eigenen Tränen zurückzuhalten, „ich wollte einfach nur, dass du wenigstens für ein paar Tage deinen Seelenfrieden beibehalten kannst. Es tut mir leid."
„Verdammt, Dean", seufzt sie plötzlich und fährt sich veruweifelt übers Gesicht und dann durch die Haare, bevor sie mich beinahe schon wieder streng anguckt, „du machst mich glücklich. Ich bin glücklich, wenn ich mit dir bin. Du bist – du bist die einzige Person, bei der meine Seele sich so geborgen fühlt. Niemand, nirgendwo auf diesem Planeten wird es jemals schaffen, mir Seelenfrieden zu geben, so wie du es tust. Warum verstehst du das einfach nicht?"
Ihre Worte fühlen sich wie eine warme Umarmung an und ich merke sofort, wie mein Gehirn diese abspeichert und in den sichersten Ecken aufbewahrt.
Ich hasse es, wie die Tränen auf meiner Haut brennen, als sie ihren Weg zu meinem Kinn finden, doch gerade als ich den Blick beschämt abwenden will, greift meien Frau nach meinem Gesicht und hält mich fest.
„Ich bereue es nicht, diesen Abstand von dir genommen zu haben, Dean", flüstert sie und stupst mit ihrer Nase meine, hält sich nur schwer auf ihren Zehenspitzen, „aber das bedeutet nicht, dass ich mich nicht jeden Tag, jede Stunde, jede Sekunde nach deiner Nähe gesehnt habe."
Sofort schlinge ich meinen heilen Arm um ihre Taille und drücke sie fester gegen meinen Körper, vergrabe mein Gesicht in ihrer Halskuhle und atme zitternd auf.
„Du hast mich verletzt, Dean", flüstert sie und seufzt, weiß genau so gut wie ich, dass sie sich nun alle Dinge vom Herzen sprechen muss, damit wir uns in Richtung Besserung bewegen können, „und es wird noch ein wenig dauern, bis ich dir das hier verzeihe, letztendlich hast du mich angelogen."
Ich nicke nur, bin zu beschämt, um sie anzugucken, als sie sich von mir löst und nach meiner Hand greift.
„Mir ist bewusst, dass beide Male nicht mit dieser Absicht waren, doch falls es erneut so weit kommen sollte, wird es nicht nur bei einer Woche des Abstands bleiben", erklärt mir meine Frau ruhig und erneut bestätige ich ihre Aussage mit einer Kopfbewegung, spüre wie meine Atmung immer schwerer wird.
„Du schuldest mir weder deine Vergebung noch dein Verständnis, Nora", erwidere ich endlich, räuspere mich kurz, „und deswegen werde ich wirklich alles in meiner Macht stehende tun, um dieser würdig zu werden und falls ich das nicht schaffen sollte, verdiene ich die Konsequenzen."
Ich spüre Noras sanften und doch enttäuschten Blick auf mir, als würde er sich durch meine Haut bohren und aus irgendeinem Grund fällt mir das Atmen immer schwerer.
„Bitte, sieh mich an, ich sehne mich nach diesen Augen", flüstert sie plötzlich und als hätte sie einen regelrechten Schock durch meinen Körper geschossen, hebe ich den Kopf und seufze leise, als unsere Blicke sich treffen.
Und für ein paar Minuten steht die ganze Welt einfach still.
Keiner von uns beiden sagt auch nur ein Wort, denn unsere Augen sprechen die Dinge aus, die von Wichtigkeit sind.
Ganz langsam kehrt der Lebenswille zurück in mein Blut? während ich merke, wie meine Brust immer leichter wird und kein einziger Gedanke meinen Kopf kreuzt.
Nach so vielen schlaflosen Nächten, kommt meine Seele endlich zur Ruhe und je länger ich meine Frau angucke, desto klarer wird mir, was der Grund hinter allem ist.
Erneut vergeht ein ganzer Moment der Stille, bevor ich Noras wunderschönes Gesicht in meine Hand nehme und die Art genieße, wie sie sich mit geschlossenen Augen in meine Berührung schmiegt.
Und so als würden keine anderen Worte zu dieser Situation, zu diesem Moment passen, warte ich bis sie ihre Augen öffnet und unsere Blicke wieder treffen.
„Ich liebe dich, Nora."
Meine Stimme ist nicht lauter als ein Flüstern, so als hätte ich Angst, dass sie zerbricht, wenn ich zu laut bin und doch hallt es in meinem Kopf, als hätte ich es in die Welt geschrien.
Für einen kurzen Moment verengt sich meine Brust, bevor ich wie aus Reflex meine Stirn gegen Noras presse und leise seufze.
„Ich habe mich in dich verliebt, als du den Gedanken von mir gehasst hast", beginne ich ruhig, gebe ihr nicht die Möglichkeit, mir zu antworten, als ich es endlich schaffe, alle meine Gefühle in Worte umzusetzen, „jedes Mal, wenn ich das Privileg...die Ehre hatte, dich zu berühren, dich lachen zu hören und in meinen Armen zu halten, habe ich mein Herz noch mehr an dich verloren, weil ich von Anfang ganz genau wusste, dass niemand auf dieser Welt so gut darauf aufpassen wird, wie du", flüstere ich gegen ihre Lippen, gebe ihr einen kurzen Kuss und bekomme Gänsehaut, als ein sanftes Wimmern meine Ohren erfüllt.
Ich spüre ihre Tränen an meiner eigenen Wange, bevor ich sie sehe und kann ein sanftes Lächeln nicht zurückhalten.
„Noch nie in meinem Leben habe ich mich bei einer Person so wohl, geborgen und sicher gefühlt wie bei dir, Nora", meine Worte sind bedacht und doch denke ich keine Sekunde länger über sie nach als nötig; sage das, was mir in den Sinn kommt und es fühlt sich einfach nur richtig an.
„Es ist, als hätte das Schicksal deinen Namen in mein Herz geschrieben und mich auf die Suche nach dir geschickt. Ich wusste – oder besser gesagt – ich hoffte, dich eines Tages zu finden und als der Moment dann kam, konnte ich endlich wieder atmen."
Noras Griff in meinem Shirt verstärkt sich, während sie sich fester gegen meinen Körper presst, sodass nicht Mal ein Blatt Papier zwischen und passen würde.
„Du bist so wunderschön", hauche ich und blicke sie an, verliere mich in dem Blau ihrer Augen, finde jedoch beinahe augenblicklich wieder nach Hause, „und doch habe ich mich in dein reines Herz und deine warme Seele verliebt."
Eine ganz kleine Stimme im hintersten Teil meines Körpers will jetzt endlich zum Ende kommen, aber aus irgendeinem Grund hält mein Herz mich davon ab; scheint noch nicht auf dem selben Stand zu sein wie mein Kopf.
„Du bist die wichtigste Person in meinem Leben, Nora Giselle Parker und nichts auf dieser Welt wird das jemals ändern."
Nachdem ich jahrelang alle meine Gefühle und Gedanken verstecken und begraben musste, weil „ein echter Parker keine Schwäche zeigt" und „der zukünftige Kopf der Scorpions sich seiner Macht bewusst sein muss", realisiere ich erst jetzt, wie sehr mir Nora geholfen hat, mein Inneres Kind zu heilen, indem sie mir die Geborgenheit und Liebe gegeben hat, die mir so lange meines Standes wegen verweigert wurde.
„Sowohl meine Worte bezüglich Mariko, als auch die Tatsache, dass ich dich angelogen habe und den Überfall vor dir verheinlicht habe, waren nicht in Ordnung und keiner Vergebung würdig, und doch hoffe und bitte ich dich darum, dass du mir die Chance gibst, aus diesen Fehlern zu lernen und an ihnen zu wachsen, damit ich der Ehemann werden kann, den du verdienst."
Nora erwidert immer noch nichts, blickt mich nur aus tränenerfüllten Augen an und schluchzt immer wieder leise vor sich hin, während sie meine Worte verarbeitet und sich an meinem Körper festklammert.
„Ich liebe dich", flüstere ich sanft, merke wie die emotionale Erschöpfung mich langsam einholt, „und egal auf welchen Weg uns das Schicksal schicken sollte, das wird sich nicht ändern."
So als hätte auch meine Frau es gespürt, schlingt sie ihre Arme um meinen Hals und sagt mit ihrer Umarmung alles was ich wissen muss.
Und während ich ursprünglich erwartet hatte, dass mich das Fehlen der wörtlichen Erwiderung verletzen oder verunsichern würde, realisiere ich, dass ich diese Worte nicht von ihr hören muss, denn allein die Art wie sie mich in ihren Armen hält spricht Bände, die in keine Sprache übersetzt werden können.
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„Sitzt du bequem?", fragt meine Frau ruhig, als sie sich in nichts weiter als meinen Pullover und irgendwelche kurzen Shorts gekleidet neben mich auf die bequeme Lounge setzt, während zwei meiner Männer sich um das Lagerfeuer vor uns kümmern.
Ich nicke nur und stütze meinen verletzten Arm an der Lehne ab, ohne Gewicht darauf zu verlagern, bevor ich mich an Nora wende und sie mit einer Handbewegung den Platz neben mir anbiete.
„Danke, Jungs", sage ich seufzend, wobei diese nur nicken und sich dann wortlos von uns entfernen, während Nora einen Schluck von ihrem Wein nimmt und sich dann an meine Seite kuschelt und eine Decke über uns beide wirft.
Die nächsten paar Minuten sind gefüllt mit dem Knistern des Feuers, angenehmen Schweigen und dem Singen der Heuschrecken bis meine Frau nach meiner Hand um ihrer Schulter greift und einen Kuss auf meine vernarbten Knöchel haucht.
„Dean?"
Beginnt sie ruhig und ohne zu zögern antworte ich mit einem sanften: „Ja, mein Herz?"
Sofort fängt Nora an zu lächeln und erwärmt meine Brust mit dem schönsten Anblick auf dieser Welt.
„Wenn du die Möglichkeit gehabt hättest, dich für oder gegen dieses Leben und vor allem deine Position als ältesten Bruder zu entscheiden, hättest du dich dann trotzdem noch dafür entschieden?", fragt sie ruhig und ihre Worte überraschen mich.
Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, doch definitiv nicht so eine tiefgründige Frage.
Gedankenverloren lasse ich meine Hand an ihre Wange gleiten und fahre mit meinem Daumen über ihre sanften Lippen, sehne mich nach dem Gefühl, das mich erfüllt, wenn wir uns küssen, halte mich jedoch zurück um jegliche Art des Unbehagens zu vermeiden.
„Ich hätte mich wahrscheinlich trotzdem dafür entschieden", beginne ich und beobachte meine Frau aufmerksam dabei, wie sie überrascht ihre Augenbrauen hochzieht.
„Für dieses Leben hätte ich mich trotzdem entschieden, weil ich die Ehre hatte, dich zu heiraten und das würde ich für nichts auf dieser Welt aufgeben", erkläre ich ihr jedoch sofort und liebe es, wie ihre Wangen vor Verlegenheit zu röten beginnen, „und für die Position als ältester Bruder auch, einfach weil der Gedanke daran, dass einer meiner Brüder mein Leben leben müsste mir das Herz bricht. Sie wären alle stark genug dafür, aber es würde sie früher oder später brechen und das verdient keiner von ihnen."
Noras blaue Augen weichen kein einziges Mal meinem Blick aus, macht es mir unglaublich schwer, konzentriert zu bleiben, weil der Hunger und die Lust nach ihr mich langsam einholen und die Art wie sie mich ansieht hierbei nicht wirklich hilft, es zu verhindern.
Ich hasse die Reaktionen meines Körpers, denn sie sind nicht nur unglaublich unangebracht sondern auch total unpassend, als wäre es irgendein Test, um zu sehen, wie viel Selbstkontrolle ich habe.
„Du auch nicht", vermerkt sie ruhig, wobei ich nur leicht verwirrt über ihre Worte den Kopf zur Seite lege und sie angucke, „du hast die Bürde, die Last, diese Verantwortung, dieses Leben auch nicht verdient, Dean", fährt sie daraufhin fort und wortlos fange ich an zu lächeln, jedoch erreicht es nicht annähernd meine Auge.
„Es ist mein Schicksal", erwidere ich und gebe Nora einen ssnften Kuss auf die Stirn, „und ich habe mich inzwischen damit abgefunden."
Ich mache eine kurze Pause und denke gründlich über meine nächsten Worte nach, da die Sorge, ein Thema anzusprechen, dass meiner Frau vielleicht unangenehm sein könnte, zu groß ist.
„Aber du kannst dir sicher sein, dass ich alles tun werde, damit unsere Kinder dieses Schicksal nicht teilen müssen. Der Kreislauf endet mit mir."
Anders als jedoch erwartet, lächelt Nora nur und in ihren wunderschönen Augen funkelt nichts weiter als Fürsorge und Dankbarkeit.
„Ich weiß, dass du ein toller Vater wirst", antwortet sie mir nur kurz darauf, überfordert mich auf die beste Art und Weise mit ihren Worten und für einen kurzen Moment kann ich meinen Gesichtsausdruck nicht kontrollieren.
„Danke, Baby", seufze ich und presse meine Stirn gegen ihre, „du hast keine Ahnung, wie viel mir deine Worte bedeuten."
Nora kichert nur kurz, ehe sie unsere Lippen zu einem kurzen, aber leidenschaftlichen Kuss vereint und sobald ihr Geschmack meine Zunge benetzt, schießt ein Stoß der Lust durch meinen Körper und wie ein Teenager stöhne ich leise gegen ihre Lippen.
Sofort schießt das Blut in meine Wangen und zum ersten Mal schäme ich mich für die Reaktionen meines Körpers, hauptsächlich aber, weil ich nicht will, dass meine Frau sich unwohl fühlt.
Nora scheint es jedoch nicht mitbekommen zu haben, da sie sich wortlos und mit einem sanften Lächeln von mir entfernt und sich dann an meine Brust kuschelt, was mich einerseits erleichtert, doch leider auch etwas enttäuscht.
Der Gedanke, das Nora sich von der sexuellen Intimität zurückzieht, sollte mich nicht so bedrücken, da es nicht der Fall ist wenn es um jegliche andere Art der Intimität geht und doch es fühlt sich an, als hätte ich ein Privileg verloren.
Mir ist bewusst, dass ich mir um diese Sache viel zu große Gedanken mache, da ich mich einfach glücklich und dankbar schätzen sollte, dass sie mich noch nicht verlassen hat, weswegen ich vehement versuche, all die Gefphle bezüglich dessen zu unterdrücken und zu vergessen.
Sie wird sich mir wieder nähern, wenn sie sich bereit fühlt und die Zeit gekommen ist; damit muss und werde ich mich abfinden, egal wie sehr sich mein egoistisches Unterbewusstsein deswegen auffrisst.
Auf der anderen Seite jedoch, ist es mir tatsächlich total egal, denn anders als in meinen vorherigen Beziehungen, ist mir der körperliche Teil nicht annähernd so wichtig wie der emotionale und deswegen versuche ich zu verstehen, warum es mich dann so sehr beschäftigt.
Vielleicht ist es das Gefühl der Ablehnung oder ihr nicht genug zu sein, das mich einnimmt, sobald ich daran denke.
Oder vielleicht sind es auch einfach nur meine Hormone, die in der Gegenwart meiner Ehefrau sowieso in keinster Art und Weise intakt sind.
Nach einer so anstrengenden Woche aber, schaffe ich es nicht mehr, mich noch länger mit diesem wirren Chaos in meinem Schädel zu beschäftigen, weswegen ich meinen Arm um Noras Schulter werfe und einfach ihre Nähe genieße.
Ich weiß nicht wirklich, wie viel Zeit vergeht, als das geflüsterte Gelächter meiner Brüder uns erreicht und aus irgendeinem Grund bin ich froh, dass sie jetzt auch da sind.
Nicht dass ich falsch verstanden werde: ich liebe die Einsamkeit mit meiner Ehefrau, doch irgendwie habe ich das Gefühl, dass trotz der Wiedervereinigung, eine gewisse Distanz zwischen uns herrscht, die ich bewusst ignoriere, weil sie mir sonst das Herz brechen wird.
Ich weiß, dass Nora mir noch nicht verziehen hat und obwohl ich dies respektiere und verstehe, wird es nichts daran ändern, dass es mich ganz langsam von innen heraus zerfrisst.
„Da sind ja meine liebsten Eheleute", beginnt Rain um einiges ruhiger als normalerweise, bevor er bei uns zum Stehen kommt.
Nora setzt sich sofort auf, als sie die Jungs erblickt und rückt auch ein kleines Bisschen weg von mir, sodass ein erneuter Stoß des Schmerzes in meine Brust gejagt wird, was ich aber sofort herunterschlucke.
So als hätte meine Frau meine Gedanken gelesen, schiebt sie ihre Hand unter die Decke, welche immer noch über unserer beide Beine liegt und verschränkt unsere Finger miteinander, bevor sie mich sanft anlächelt und sich dann an meinen Bruder wendet.
„Tut mir leid, dass wir eure Zweisamkeit stören", beginnt Isiah bedauernd und blickt erst mich, dann Nora an, wobei ich nur den Kopf schüttle und das Sprechen ihr überlasse.
„Das muss es nicht", erwidert sie lächelnd, „setzt euch doch."
Das lässt sich keiner der Jungs zweimal sagen, machen es sich sofort gegenüber von uns bequem, wobei Isiah mich aufmerksam beobachtet und ich ihm durch ein kurzes Nicken mein Einverständnis erkläre.
Und obwohl ich mich nach Zweisamkeit mit meiner Ehefrau sehne, stört es mich nicht, die verlorene Zeit gemeinsam mit meinen Brüdern aufzuholen, denn für einen ganz kurzen Moment fühlt sich mein Leben einfach nur durchschnittlich an.
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Nach einer etwas längeren Funkstille haben wir auch Kapitel 19 endlich hinter uns!
Ich wollte zunächst ein Filler Kapitel schreiben, doch habe mich dagegen entschieden, weil ich jetzt erneut eine kleine Pause machen muss, da bei mir die Klausurenphase beginnt!
Ich bedanke mich herzlich bei euch für die bombastische Liebe und Unterstützung aber auch das Verständnis, das ihr mir täglich entgegenbringt, das bedeutet mir wirklich die Welt.
Lasst mich bitte gerne wissen,was ihr euch für die nächsten Kapitel wünscht und worüber ihr gerne mehr lesen wollen würdet.
Fandet ihr Noras Reaktions gerechtfertigt?
Wie denkt ihr wird Dean nun vorgehen, um seineTaten wieder gutzumachen?
Und welches nächste, große Drama wird eurer Meinung bach bald stattfinden?
Lasst mir gerne eure Gedanken da.
Küsse eure Herzen.
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