Kapitel 14
(Bitte meine Rechtschreibfehler ignoreren; werde mich im Laufe der Tage darum kümmern!)
Deans Sicht
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„Hör auf, solche Sachen über meinen großen Bruder zu sagen!", ertönte die klitzekleine Stimme meines kleinen Bruders, welcher eine kurze Auseinandersetzung zwischen mir und Nummer zwei mitbekommen hatte und das Schweigen anscheinend kaum noch ertragen konnte.
Mit großen Augen und einem breiten Lächeln beobachtete ich Rain dabei, wie er vor Isiah zum Stehen kam und so tat, als wäre er bereits genau so groß wie wir, während er mit seinen zehn Jahren noch nicht einmal die Pubertät erreicht hatte.
„Ich bin auch dein großer Bruder, Rain", erwiderte Isiah und rollte seine Augen, flickte seinen Zeigefinger gegen die Stirn unseres Bruders und schaffte es, Tränen in seine Augen zu treiben.
„Aber dich mag ich nicht so gerne wie Dean!", schrie er, platzierte demonstrativ seine Hände an den Hüften und hob sein Kinn mit ausgestreckter Brust, eine Haltung, die ich ihm beigebracht hatte, als er vor ein paar Jahren mit seinem Kampftraining begonnen hatte.
Seine Worte kamen augenblicklich in meiner Brust an, bevor sie überhaupt meinen Kopf erreichen konnten und mit einem schiefen Lächeln zog ich ihn zu mir und schlang meine Arme um seine Schultern.
„Ach, seit wann ist denn Dean dein Lieblingsbruder?"
Dieses Mal ertönte die Stimme von Lucas, welcher normalerweise nie jemand war, der Seiten ergriff, doch sobald es um mich und Isiah ging, wussten auch unsere beiden Jüngeren genau wo sie zu stehen hatten.
Ich hatte schon immer eine gute Bindung zu all meinen Brüdern, trotz der Distanz und des Altersunterschieds; sogar zwischen mir und unserem Jüngsten, Noah, hatte sich der Bund mit den Jahren nur gestärkt.
Doch Rain Henry Parker, unsere Nummer vier, hatte schon immer seinen ganz eigenen Platz in meinem Herzen.
Sie alle haben ein Teil meines Herzens, sind ein unersetzlicher Teil meines Lebens und ich würde für sie sterben, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern.
Aber Rain war schon immer der Bruder, der mich am meisten an mich selbst erinnerte. Jeder Blick in diese jungen, sorglosen und aufgeregten Augen erinnerte mich an meine eignen und obwohl ich durch meine Position als zukünftiges Familienoberhaupt immer eine gewisse Kälte bewahren musste, lebte Rain all meine verdrängten Emotionen und Gedanken für mich mit.
Vielleicht war das auch der Grund, warum ich mich als Sechzehnjähriger mit einem Zehnjährigen stritt, als wären wir mental und physisch auf derselben Augenhöhe.
Am Ende des Tages jedoch, war es immer meine Nummer vier, der mich zum Lachen brachte und mir alle meine Sorgen nahm, wenn ich nach einem langen Training wieder Zuhause ankam.
Keiner von meinen Brüdern hatte mir je das Gefühl gegeben, nicht wertgeschätzt zu werden, nur schaffte es Rain jedes Mal aufs Neue mich mit seiner Dankbarkeit und Verehrung in regelrechte Verlegenheit und mein Herz zum Schmelzen zu bringen.
„Seit er Dad überredet hat, mein Training am Freitag zu kürzen, damit ich mit den anderen Fußball spielen kann!"
Ich wusste, dass es nicht nur diese Sache war, die mich zu seinem Liebling gemacht hatte, doch wie immer bevorzugten wir es alle, wenn die Gewalt meines Vaters nicht erwähnt wurde, um die Situation nicht noch mehr zu verschlimmern.
Und egal wie oft ich für Rain und seine sorglosen Aktionen die Demütigung und Prügel meines Vaters ertragen musste, ich würde mich jedes Mal aufs Neue zwischen die beiden stellen, um meinen Bruder zu schützen.
„Dean ist mein Superheld", sagte Rain und lächelte mich stolz an, während die Unschuld und Hoffnung in seinen blauen Augen mich regelrecht anfunkelte, „und das wird für immer so bleiben."
„Komm' schon, Rain", zische ich angespannt durch meine Zähne hindurch, als die Erinnerungen mit Höchstgeschwindigkeit durch meinen Kopf rasen und somit jeden Atemzug zu erschweren scheinen.
Seit gefühlten Stunden versuche ich mich zu beruhigen, obwohl wir erst seit zehn Minuten im Auto sitzen, doch je länger ich an meinen Bruder in solch einem Zustand denke, desto schwerer wird mein Herz und ich hasse es, wie Angst und Sorge meinen kompletten Körper übernehmen.
Normalerweise bin ich der rational denkende Bruder. Es war schon immer meine Aufgaben, mit meinem Verstand zu handeln, statt mit meinen Gefühlen, doch plötzlich fühle ich mich wie ins kalte Wasser geschmissen, habe keinerlei Ahnung oder Erfahrung, wie ich mit dieser Situation umgehen soll.
Weder Isiah, noch mein Vater und vor allem Lucas konnten mir keinerlei Information zu Rains momentanem Zustand geben und ich bin mir bewusst, dass auch sie durch den Wind sind und es für sie wahrscheinlich noch schwerer zu verarbeiten ist, weil auch sie involviert waren, doch es fühlt sich an, als wäre ich kurz davor den Verstand zu verlieren.
Ich merke kaum, wie sehr ich mich angespannt habe, doch als ich plötzlich eine vertraute, unglaublich sanfte Berührung an meiner Wange spüre, scheint mein Körper ganz langsam runterzukommen.
Wenn es auch nur für einen kurzen Moment ist, merke ich, wie die Nähe meiner Ehefrau das tonnenschwere Gewicht auf meiner Brust erleichtert und sich meine Lungen endlich wieder mit Luft zu füllen beginnen.
Automatisch schließe ich die Augen und bewege mich in Noras beruhigende Berührung, ehe ich mich leicht zu ihr drehe und sie regelrecht erschöpft anblicke.
Ihre dunkelblauen Augen, die normalerweise mit nichts als Ruhe erfüllt sind, triefen vor Besorgnis und Angst, doch an irgendwas sagt mir, dass sie sich fast genau so sehr um mich sorgt, wie um meinen Bruder. Es ist, als würde sie die Schwere meines Herzens mit mir teilen, während sich gleichzeitig ihr Bestes gibt, die Stärkere von uns beiden zu sein, um das zu sein, was ich gerade jetzt brauche.
Sie sagt nichts. Kein einziges Wort verlässt ihre vollen Lippen und doch sagen ihre Augen alles was ich wissen muss; etwas, das ich so noch nie mit einem Menschen erlebt habe.
Alles in mir will ihr verbal antworten, mit ihr sprechen und ihre Stimme hören, doch jedes Mal wenn ich mir vornehme, etwas zu sagen, scheint jedes einzelne Wort aus meinem Vokabular zu verschwinden.
„Nora", flüstere ich endlich nach gefühlten Stunden, greife sofort nach der Hand, die sie mir reicht und kann es kaum glauben, als ich spüre, wie die Tränen meinen Nasenrücken hochkommen.
Ich weiß wortwörtlich nicht, wann ich das letzte Mal geweint habe und zum ersten Mal in meinem Leben schäme ich mich nicht dafür.
„Es wird alles gut, Dean", erwidert sie genau so leise und vorsichtig wie ich, „der Rain, den wir kennen würde niemals so leicht aufgeben. Er muss doch jetzt noch an den Leuten seine Rache nehmen."
Als ich das von meiner Frau Gesagte verarbeitet habe, seufze ich kurz auf und nicke, kann das kleine Lächeln auf meinen Lippen nicht verhindern, als erneut eine Runde an Erinnerung durch meinen Kopf fliegen.
„Ich habe ihm seinen Namen gegeben", erzähle ich und merke erst in jenem Moment, dass ein dichter Tränenschleier meine Sicht verschwimmen lässt und noch bevor ich meinen Blick aus Noras Augen wenden kann, nimmt sie mein Gesicht in ihre Hände und geht sicher, dass der Augenkontakt erhalten bleibt.
„Wie bist du auf Rain und vor allem auf Henry gekommen?", fragt sie und lächelt ruhig, jedoch erreicht es nicht ihre Augen, was ich meinem eigenen Wohle zu Liebe aber geschickt ignoriere .
„Am Tag seiner Geburt hatte es geregnet und ich fand den Namen Rain unglaublich cool", lache ich und schüttle den Kopf, „ein norwegischer Junge aus meiner Klasse hieß Henry und such den Namen fand ich so toll, dass ich einen meiner Brüder unbedingt so nennen wollte. Bis heute meint sogar mein Dad, dass kein anderer Name so gut zu ihm gepasst hätte."
Noras Lippen verziehen sich augenblicklich zu einem Lächeln und ich merke, wie der Druck auf meinen Ohren langsam zu schwinden beginnt und das, obwohl zwei Tränen ihren Weg an meinen Wangen herunter finden.
„Da kann ich deinem Vater nur zustimmen", flüstert sie und platziert einen sanften Kuss auf meiner Stirn, wischt ohne zu zögern die Tränen von meiner Haut und gibt mir damit ein einzigartiges Gefühl der Sicherheit.
„Nora ich weiß nicht...", die Worte bleiben mir im Rachen stecken, ehe ein beinahe lautloser Schluchzer sich mir entringt und ich beschämt aus dem Fenster blicke, „ich weiß nicht was ich tun soll."
Die sanften, besorgten Blicke meiner Frau liegen auf mir und beobachten jede meiner Bewegungen, bevor sie erneut ihre Hand an meine Wange legt und mich dazu bringt, ihren Blick zu erwidern.
„Keiner weiß, was uns die nächste Zeit erwarten wird und ich weiß, dass du versuchen wirst, stark zu bleiben, für deine Mutter und die Jungs, aber das heißt nicht, dass du keine Schwäche zeigen darfst, okay? Egal was du brauchst, ich bin für dich da, bitte vergiss' das nicht."
Mit jedem einzelnen Wort, das ihre Lippen verlässt, verfalle ich ihr ein bisschen mehr und als der letzte Teil bei mir ankommt, lege ich den Kopf in den Nacken, um mich zu beruhigen.
Es ist, als würde das von ihr Gesagte meine Tränendrüsen nur noch mehr antreiben und egal wie sehr ich versuche sie zu unterdrücken, es scheint einfach nicht zu klappen.
„Danke", flüstere ich und ziehe sie noch näher an mich heran, haiche zunächst einen Kuss auf ihre sanften Lippen, ehe ich meine eignen an ihrer Stirn ruhen lasse und ihre Präsenz genieße.
„Wir sind da, Sir", ertönt die Stimme meines Fahrers und trotz der Ruhe in seinem Ton, reißt er mich auf brutale Art und Weise wieder in die Realität zurück und mit einem Mal scheinen alle meine Tränen auszutrocknen.
Ich habe keine Ahnung, wie schnell ich das Krankenhaus meines Onkels betrete, noch habe ich eine Ahnung, wie viel Uhr es überhaupt ist und obwohl es sich anfühlt, als würde ich vor Angst ersticken, ist es die Art wie Nora sich an meiner Hand festkrallt, die mich auf dem Boden hält.
Als ich endlich im richtigen Stockwerk ankomme, erblicke ich zwei meiner Brüder, meinen Vater und und meine Mutter, als auch die Verlobte Isiahs und meinen besten Mann, Rio.
Vielleicht ist es die Tatsache, dass ich mich noch nie in solch einer Situation befunden oder dass ich meinen Vater noch nie so am Boden gesehen habe, doch als ich mit einem lauten Seufzer meine Mutter in meine Arme schließe, bricht meine Welt erneut zusammen.
„Mein Baby", schluchzt meine sonst so starke Mutter, vergräbt ihr Gesicht in meiner Halskuhle, „sie haben meinem Baby wehgetan."
Der rohe Schmerz, die bittere Angst und absolute Verzweiflung in ihrer Stimme zerreißen mein Herz auf eine Art und Weise wie ich es noch nie erlebt habe und ich spüre regelrecht, wie sich meine Trauer und Sorge in ekelhaften Zorn verwandelt und das Verlangen nach Rache langsam Überhand gewinnt.
Noch bevor ich sie sehe, spüre ich Noras Nähe und ehe ich es realisieren kann, legt sie ihre Hand an den Rücken meiner Mutter und weint leise mit ihr.
„Ich weiß, Mama, ich weiß", flüstere ich angespannt und seufze laut, warte darauf, bis sie sich von mir löst und mich aus verweinten Augen anblickt.
„Dann weißt du auch, was jetzt zutun ist, mein Sohn", erwidert sie streng und ohne zu zögern nicke ich, ehe ich mich an meinen Vater wende und auch ihn in die Arme schließe.
Anders als bei meiner Mutter, ist die Umarmung absolut still. So still, dass ich das Gefühl habe, ich könnte seinen Herzschlag hören, wenn ich die Luft anhalte.
Und doch umgibt mich eine ganz andere Art und Weise der Sicherheit, als würde er mich wortlos daran erinnern, wer ich verdammt nochmal bin.
„Wir werden darüber reden, wenn sich die Lage etwas gelegt hat, Sohn", sagt er mit tiefer Stimme, umarmt auch meine Ehefrau, doch um einiges zärtlicher als mich, „bitte geh' und kümmere dich erstmal um Luke."
Erst als mein Vater den Namen meines jüngeren Bruders erwähnt realisiere ich, dass er nicht anwesend ist und verwirrt gleiten meine Augen zu meiner Nummer zwei.
„Eine Kugel hat seinen Arm geschliffen und wir mussten ihn ins Behandlungszimmer prügeln. Ich habe keine Ahnung, wie wir ihn beruhigen sollen", erklärt mir Isiah angespannt und zum ersten Mal ist der Bruder, der normalerweise der Ruhigste von uns allen ist, absolut durch den Wind und irgendwie bin ich froh zu wissen, dass es nicht nur mir so geht.
„Ich werde mich um ihn kümmern", antworte ich nur und lege meine Hand auf die Schulter meines Bruders, bemerke aus dem Augenwinkel den verzweifelten Blick unseres Jüngsten.
Um einen Zusammenbruch zu vermeiden, ziehe ich ihn wortlos zu mir, seufze laut als auch Noah anfängt in meinen Armen zu schluchzen, streichle seinen Hinterkopf und gebe ihm die Zeit die er braucht.
„Hey, schau' mich an", sage ich und nehme sein Gesicht in meine Hände, gucke ihm in die Augen und presse dann meine Stirn gegen die Seine, „alles wird gut, hörst du mich? Wir müssen uns jetzt alle für ihn zusammenreißen . Du weißt, dass er dich auslachen würde, wenn er dich so sehen könnte."
Mir fällt ein regelrechter Stein vom Herzen, als Noah gebrochen zu lachen beginnt und nickt, bevor ich ein letztes Mal meine Ehefrau anblicke und mich dann auf den Weg zu meinem Bruder mache.
„Fass' mich verfickt nochmal nicht an", Lucas lautes Brüllen erreicht mich noch bevor ich überhaupt in die Nähe des Behandlungszimmers komme und mit angespanntem Körper sprinte ich beinahe zu ihm.
„Lu-", „Verpiss dich", zischt er die Krankenschwester genau in dem Moment an, als ich bei ihm ankomme und ohne nochmal nachzudenken, greife ich nach dem Arm der jungen Frau und ziehe sie hinter mich, um sie vor meinem unberechenbaren Bruder zu schützen.
„Lucas Nathaniel Parker", fauche ich ihn angespannt an und lasse meine Augen über seine Erscheinung gleiten.
„Nicht du auch noch, Dean", erwidert er nur und rollt mit den Augen, entfernt sich von mir mit einem lauten Seufzer und ich weiß ganz genau, dass der einzige Grund für sein Verhalten, die Sorge um seine bessere Hälfte ist.
„Entschuldigen Sie uns kurz, Ma'am", sage ich bedauernd zu der Dame hinter mir und würde Luke am liebsten ins Gesicht schlagen, als ich sehe, wie verängstigt sie ist.
„Was zum Fick soll das? Warum verhältst du dich wie ein verdammter Hooligan?", schimpfe ich ihn, baue mich vor ihm auf und versuche mein Bestes, nicht zu streng mit ihm zu sein.
Ich weiß, dass diese Situation von uns allen Lucas am schlimmsten trifft, weil er und Rain einfach wie Zwillinge sind, schon seit beide überhaupt denken können.
Doch leider muss ich als Ältester sichergehen, dass er sich zusammenreißt und nicht noch mehr Probleme bereitet, wenn wir schon genug Sorgen am Hals haben.
„Was soll das denn heißen?", schreit er mich an und bevor ich irgendwie reagieren kann, packt mein Bruder mich am Kragen und schlägt mich gegen die Wand.
In jeder anderen Situation hätte dieses Handlung meinen Kampfinstinkt ausgelöst, doch dieses Mal scheint mein Gehirn sich den Umständen absolut bewusst zu sein, denn obwohl meine Reflexe rechtzeitig reagieren, halte ich mich mit einer ebenso aggressiven Reaktion zurück.
„So ein paar Wichser schießen meinem Bruder die Organe aus dem Leib und anstatt dich darum zu kümmern, redest du von Anstand und Verhalten", zischt er und lässt mich plötzlich los, kann seinen rechten Arm kaum bewegen und trotz des wahrscheinlich unglaublichen Schmerzes, zuckt er nicht Mal mit der Wimper.
Seine Worten treffen einen ganz wunden Punkt in meiner Brust, schaffen es viel zu leicht, mich wieder aus dem Konzept zu bringen und in genau diesem Moment wünsche ich mir erneut, ich wäre als der Jüngere von uns beiden zur Welt gekommen, einfach um mir solche Dinge nicht mehr anhören zu müssen.
Luke meint es nicht so, doch leider ist er der Schlimmste, wenn es um solche Situation geht, da seine Wut ihn auf jede Art und Weise benebelt und er genau das sagt, was er in dem Moment denkt. Ihn interessiert dementsprechend auch nicht, wie verletzend seine Worte eigentlich sind.
„Beruhig' dich jetzt endlich", sage ich immer noch streng, gehe aber sicher, ihn mit meiner Tonlage nicht noch mehr zu provozieren, „dein Verhalten bringt gerade niemanden irgendwie weiter."
„Fick dich, Dean", faucht er nur und schubst mich weg von sich, kraftvoll genug um mich fast zu Boden zu stürzen und ich hasse es, wie ich langsam meine Geduld zu verlieren beginne.
„Dein unnötiges Gelabber kannst du dir wirklich in den Arsch schieben. Dich interessiert es doch sowieso nicht, wie es uns und vor allem Rain geht also kannst du einfach wieder gehen und dich und deine Macht Mal irgendwie nützlich machen, um diese Hurensöhne zu finden, die meinem Bruder das angetan haben."
Erneut.
Seine Worte sind nicht bedacht; ein reines Produkt seiner Wut und Sorge, und doch treffen sie mich tief in meiner Brust und zum ersten Mal in meinem Leben bin ich absolut sprachlos vor einem meiner Brüder.
Ich rede mir ein, dass er diese Dinge nur sagt, weil er so außer sich ist, aber er würde es doch nicht sagen, wenn er sich noch nie Gedanken dieser Art darum gemacht hat, oder?
Während mein Gehirn versucht, das von ihm Gesagte zu verarbeiten, starre ich ihn wortlos an und beobachte ihn dabei, wie er sich vor Schmerz windet und das Gesicht verzieht.
„Guck' mich nicht so blöd an", faucht er plötzlich und zerrt mich wieder in die Realität, „verpiss-", doch dieses Mal lasse ich es nicht zu, dass er seinen Satz beendet.
Bevor einer von uns auch nur blinzeln kann, packe ich sein Gesicht mit einer Hand und knalle ihn gegen die Wand, ignoriere die Tatsache, dass alles auf dem kleinen Tisch neben uns zu Boden fällt.
„Nie wieder", zische ich ihn an und greife nach seinem unverletzten Arm, „du wirst mir nie wieder so etwas unterstellen, hast du mich verfickt nochmal verstanden, Lucas?"
Ich merke wie mein Bruder langsam aufhört sich zu wehren, blickt mich jedoch immer noch mit nichts als absolutem Zorn in den Augen an.
„Wenn er dein Bruder ist, dann ist er auch ein verdammter Teil von mir. Wenn dein Herz blutet, blutet meins", fauche ich ihn an und verstärke meinen Griff um sein Gesicht, merke wie ich langsam die Kontrolle verliere, als Wut meinen Körper übernimmt.
„Reiß' dich jetzt endlich zusammen, du verfickter Bastard oder ich werde es in dich hineinprügeln. Natürlich werden wir uns um diese Missgeburten kümmern, die Rain das angetan haben, aber du weißt genau so gut wie ich, dass es noch schlimmer enden wird, wenn wir nicht strategisch vorgehen. Also hör' auf dich aufzuführen, als wärst nur du betroffen und werd' endlich ein Mann. Dieses kindische Rungebrülle ist nichts als Zeitverschwendung."
Mit dem Ausspruch meines letzten Wortes, lasse ich meinen Bruder wieder los, wende jedoch keine Sekunde den Blick aus seinen Augen und es ist, als könnte ich ganz genau beobachten, wie der dichte Nebel der Wut endlich verschwindet, ehe ein Tränenschleier sich in seinen Augen bildet und er regelrecht zusammenbricht.
„S-So viel Blut", flüstert Lucas und schluchzt tief, presst sein Gesicht in meine Brust und schlingt seinen heilen Arm um meinen Körper, „überall war sein Blut."
Er sagt nicht mehr als eine handvoll Wörter und doch schafft er es, mich regelrecht zu brechen, denn der Schmerz in seiner Stimme, seinem Schluchzen und das Gefühl von absoluter Hilflosigkeit das ihn komplett eingenommen zu haben scheint fühlt sich wie ein Messer in meiner Brust an.
Ich werfe den Kopf in den Nacken, um meine Tränen zu unterdrücken, spüre jedoch erneut wie sie sich gegen meinen Nasenrücken pressen.
„Wie oft?"
Allein diese Zweiwortfrage wiegt Tonnen auf meiner Zunge und auch meine Stimme bricht, je lauter mein kleiner Bruder zu schluchzen beginnt.
„Drei Kugeln", erwidert er und krallt sich in meinem Rücken fest, als hätte er Angst vor meinem Verschwinden, „drei verfickte Kugeln."
„Und für jede Kugel werden wir eine ihrer Generationen auslöschen", sage ich, als Lucas sich verzweifelt übers Gesicht wischt und mich aus verweinten Augen anblickt, „wir werden uns für jeden Tropfen Blut an ihnen rächen, auch wenn ich dabei sterben sollte."
Und als er mir mit stockendem Atem zunickt, schließe ich ihn erneut in meine Arme und warte, bis er sich komplett beruhigt hat, bevor er sich endlich auf die Liege setzt und ich sowohl die Krankenschwester, als auch Noah ins Zimmer hole, nur um auf Nummer sicher zu gehen.
Als ich das Behandlungszimmer verlasse, stoße ich auf den Anblick meiner Ehefrau, welche mich aus sanften Augen ansieht.
Auch dieses Mal sage ich überhaupt nichts, als ich meine Arme um ihre Taille schlinge und mein Gesicht in ihrer Halskuhle vergrabe, um mich endlich in einem Moment der Ruhe verlieren zu können.
Sobald ich mit Nora in Kontakt komme, schaltet mein Gehirn komplett ab und der ganze Lärm in meinem Schädel verwandelt sich in nichts als Stille.
„Sie konnten die Kugeln entfernen und die Blutungen stoppen", flüstert sie ruhig, treibt damit bereits zum dritten Mal innerhalb der letzten Stunde die Luft wieder zurück in meine Lungen.
Nora nimmt ganz ruhig mein Gesicht in ihre zierlichen Hände und mit einem lauten Seufzer platziere ich mehrere Küsse in die Innenflächen, genieße einfach die Reinheit ihrer Berührung.
„Es ist immer noch nicht vorbei, aber der schlimmste Teil ist geschafft. Sie werden ihn in ein Koma versetzen, um ihn zu stabilisieren, bevor sie ihn erneut operieren. Die nächsten Stunden sind kritisch, doch der Arzt wirkte zuversichtlich. Daran müssen wir festhalten, Dean. Er wird es schaffen."
Ich atme erleichtert auf und nicke nur, traue mich nicht zu sprechen, weil ich nicht will, dass sie hört wie meine Stimme bricht.
„Danke", erwidere ich irgendwann und meine Stimme ist nichts weiter als ein Hauchen, doch ich weiß ganz genau, dass Nora mich hört, weswegen ich mich mit meiner eigenen Reaktion zufrieden stelle.
„Ich werde mit deiner Mutter und Leiah ein wenig nach draußen gehen, ihr geht es gar nicht gut", sagt sie zu mir, als wir uns auf den Weg zu meiner Familie machen und allein die Art wie sie meine Hand hält scheint mich zu beruhigen.
„Das ist zu gefährlich, Baby", erwidere ich und seufze leise, „wir wissen nicht, wer es war und dementsprechend haben wir keine Ahnung ob sie uns erneut angreifen werden. Es tut mir leid", Bedauern füllt meinen Ton, als ich sehe, wie enttäuscht Nora ist.
„Du hast Recht, ich würde niemanden in Gefahr bringen wollen, dann werden wir nur ein wenig durch das Krankenhaus spazieren, damit sie wieder etwas zu sich kommt", murmelt meine Frau mit einem kleinen Lächeln, platziert einen kurzen Kuss auf meinem Kinn und entfernt sich dann von mir.
„Nehmt bitte trotzdem Taro mit, ich sill nur sichergehen, dass ihr in Sicherheit seid", bitte ich sie, als wir bei dem Rest meiner Fanilie ankommen und ich meine Mutter erneut in meine Arme schließe.
Nora nickt und wendet sich dann an ihren Bodyguard, bevor sie nach der Hand meiner Mutter greift und sich dann zusammen mit Leiah in Richtung Ende des Ganges zu bewegen beginnt.
Als ich bei Isiah und meinem Vater ankomme, bleibt mir nichts anderes übrig als zu warten – und zu hoffen.
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Es vergehen mehrere Stunden, die mit nichts als schwerem Schweigen gefüllt sind; etwas, das ich so zuvor noch nie erlebt habe.
Mit jeder Minute die verstreicht, fühlt sich die Luft dicker und erschöpfender an und während ich versuche mir die Anspannung nicht anmerken zu lassen, merke ich wie der Rest meiner Familie langsam ungeduldig zu werden beginnt.
Lucas ist nach ungefähr einer Stunde voller Tränen und leisem Schluchzen mit dem Kopf auf dem Schoß unserer Mutter eingeschlafen, mit ihm auch unser Jüngster und die Verlobte meines Bruders.
Mein Vater starrt seit einer gefühlten Ewigkeit auf den Boden, scheint mit seinen Gedanken ganz woanders und ich nehme es ihm absolut nicht übel.
Mum hat sich inzwischen auch beruhigt und weiß, dass sie für ihre Jungs jetzt stark sein muss, doch ich hoffe, dass sie weiß, dass es uns genau so geht wie ihr, sodass die Schwere auf ihrer Brust wenigstens in jener Hinsicht erleichtert werden kann.
Anders als alle anderen, ist Nora immer noch hellwach. Ihre blauen Augen wandern immer wieder über die Gesichter aller Familienmitglier, um sicherzugehen, dass niemand irgendwas braucht. Nachdem sie gewartet hat, bis Noah eingeschlafen ist, hat sie ihn zugedeckt und sich zu Isiah gesellt, um ihm Gesellschaft zu leisten, da sie genau so gut wie ich weiß, dass er der Ruhigste von uns Brüdern ist.
Irgendwann jedoch, kommt sie bei mir an und anders als ich es irgendwie erwartet hätte, schlingt sie ihre zierlichen Arme um meine Taille und vergräbt ihr Gesicht in meiner Halskuhle, bevor ein sanftes Seufzen ihre Lippen verlässt.
„Mein Vater hat von seinen Sicherheitsleuten auch welche nachgeschickt und seine Kontakte bei der Polizei und Staatsdienst kümmern sich bereits um euer Haus", erklärt sie mir ruhig und platziert einen sanften Kuss auf meinen Lippen, geht davor jedoch sicher, dass wir nicht beobachtet werden.
„Das wissen wir sehr zu schätzen", erwidere ich nur und drücke sie dichter an meinen Körper, inhaliere ihren angenehmen Duft und streiche ihr ruhig über die Haare.
„Willst du dich nicht auch etwas hinlegen? Du hast seit fast vierundzwanzig Stunden nicht geschlafen", murmelt sie besorgt und guckt mich aus hellen Augen an, wobei ich nur durch ihre Aussage realisiere, dass die Sonne bereits wieder aufgegangen ist.
Ich weiß nicht Mal, um wie viel Uhr wir genau angekommen sind, doch ich bin mir bewusst, dass seit unserer Ankunft mindestens sechs Stunden vergangen sind.
„Du doch auch nicht, Baby", flüstere ich und nehme ihr Gesicht in meine Hände; liebe den Kontrast, den ihre reine Haut mit der dunklen Farbe meiner Tattoos bildet.
„Paco hat mit seinem Onkel gesprochen und er meinte, dass wir einen der Schlafräume der Assistenzärzte benutzen können", erklärt sie mir, geht überhaupt nicht auf meine Worte ein und irgendwie bringt sie mich dadurch zum Lächeln.
„Sehr gut", beginne ich und wende mich an meine Mutter, welche den größten Teil des Gesprächs mitbekommen hat, „nehmt bitte alle und geht nach oben. Ich werde hier warten und euch anrufen sobald irgendwas sein sollte."
Während ich rede, wachen sowohl Luke als auch Noah auf und auch Isiah öffnet die Augen, wobei alle sich wie auf Knopfdruck erheben und genau das tun, worum ich sie gebeten habe.
Die mentale als auch physische Erschöpfung steht allen ins Gesicht geschrieben und ich bin froh, dass auch mein Vater ohne ein Wort den anderen folgt.
„Auf geht's, mein Engel, worauf wartest du?", sage ich verwirrt und blicke in das wunderschöne Gesicht meiner Ehefrau, welche nich wiederum mit zusammengezogenen Augenbrauen ansieht.
„Ich werde dich hier nicht allein lassen", erwidert Nora nur und der Ausdruck in ihren müden Augen duldet keinerlei Widerspruch, weswegen ich einfach nur dankend nicke und dann zwei meiner Männer zu meiner Familie hochschicke.
Erneut vergeht ein wenig Zeit, die ich nicht wirklich klar benennen kann, doch je länger ich meinen an mehrere Maschinen verbundenen Bruder beobachte, desto mehr scheine ich mich anzuspannen, weswegen ich umso glücklicher bin, dass Nora mir zur Seite steht.
Immer wieder lasse ich meine Augen aufmerksam über den Körper von Rain gleiten, seufze leise wenn ich daran denke, wie viel Schmerzen er gehabt haben muss und wie schwer seine Genesung sein wird, doch die Art wie seine Brust sich regelmäßig hebt und senkt, beruhigt mich dann doch wiederum.
Aus dem Nichts jedoch, ertönen die Worte meines jüngeren Bruders in meinem Gehirn, als wäre die mentale Anspannung nicht bereits genug, um mich zu foltern und seufzend veesuche ich wortwörtlich die Erinnerung wegzuschütteln; ertrage es einfach nicht.
Und als hätte Nora meine Gedanken gelesen, setzt sie sich seufzend auf und schaut mich ruhig und doch so liebevoll an, ehe sie mir einen kurzen Kuss gibt und dann lächelt.
„Ich habe mitbekommen, was Luke zu dir gesagt hat, Dean", beginnt sie plötzlich und überrascht blicke ich sie an.
„Du hast keins seiner Worte verdient", fährt Nora fort und fährt sich durch ihre dunklen Haare, seufzt sanft und greift nach meiner Hand, „er war absolut außer sich und hat deswegen all diese Dinge gesagt. Nichts davon stimmt und ich hoffe du weißt das genau so gut wie ich. Bitte, nimm' es dir nicht zu Herzen. Jeder in dieser Familie weiß, was du für sie tust und wie viel sie dir bedeuten."
„Warum weißt du immer ganz genau, was ich hören muss, um mich zu beruhigen?", flüstere ich fasziniert über ihre Fähigkeit und mit einem breiten Lächeln beobachte ich, wie ihre Wangen sich leicht verfärben, als Verlegenheit sie zu übernehmen scheint.
„Übungssache", murmelt Nora nur und vergräbt ihr wunderschönes Gesicht in meiner Halskuhle.
Genau als ich meine Ehefrau noch näher an mich heranziehen will, erscheint aus einer Ecke der leitende Chefarzt und plötzlich rutscht mir das Herz in die Hose.
Ich habe keine Ahnung was ich erwarten soll, doch seine Haltung und die Mimik geben mir keine positiven Signale.
„Mr. Parker", sagt er und reicht mir die Hand, ehe er meiner Ehefrau zunickt, „ich wollte Ihnen nur Bescheid geben, dass es momentan relativ gut aussieht, ich jedoch leider nicht mehr sagen kann, da seit der Operation nur knapp vier Stunden vergangen sind."
Ich atme erleichtert aus und bedanke mich bei dem Arzt, versuche jedoch, mich nicht zu sehr zu freuen, da sich allein innerhalb der nächsten fünf Minuten als wenden kann.
„Vielen Dank, Sir, wir wissen Ihre harte Arbeit sehr zu schätzen", erwidere ich und seufze leise, als er mir zunickt.
„Ich werde die nächsten sechs bis acht Stunden in einer Operation verbringen, weswegen ich Ihnen den Assistenzarzt vorstellen wollte, welcher sich während meiner Abwesenheit um Ihren Bruder kümmern wird."
Vielleicht sind es die ganzen Emotionen, die mich seit Stunden absolut fertigmachen, vielleicht ist es auch die Müdigkeit und Erschöpfung, die beriets jede meiner Poren übernommen haben, doch aus itgendeinem Grund fällt es mir unglaublich schwer, das Gesicht des jungen, angehenden Arztes jemandem zuzordnen.
Er kommt mir unglaublich bekannt vor; so als hätten sich unsere Wege bereits gekreuzt, und doch scheine ich ihn eknfach nicht wiedererkennen zu können.
Ich reiche ihm etwas abgelenkt die Hand und erst als ich den Ausdruck purer Überraschung in seinem Gesicht erblicke, bemerke ich aus dem Augenwinkel die Reaktion meiner Ehefrau.
Noch bevor ich irgendwas sagen kann, entzieht er sich meiner Begrüßung und starrt Nora aus großen Augen an.
„Du bist es wirklich", flüstert er und ich merke, wie seine Worte das Blut in meinem Körper zum Brodeln bringen, so als wüsste ich im Unterbewusstsein, wer er ist.
Und als auch meine Augen auf meine Ehefrau fallen, realisiere ich endlich, warum mir das Gesicht so verdammt bekannt vorkommt.
Dieser Assistenzarzt ist tatsächlich Noras Ex-Freund, Tristan Hennson.
Verdammt.
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Und auch dieses Mal wollte ich euch kicht allzu lange warten lassen!
Dieses Kapitel ist auf jeden Fall etwas anders als die anderen und doch hoffe ich dementsprechend, dass es euch genau so gut gefällt.
Habt ihr irgendwelche Ideen/Wünsche/Vorahnungen, was durch das Auftauchen von Noras Ex jetzt pssieren könnte?
Was sind eure Gedanken zu Lucas' Verhalten?
Habt ihr inzwischen einen Lieblingsbruder in der Parker Reihe, wenn ja, welchen und warum?
Lasst mir gerne ein bisschen was von euren süßen Gedanken da, ich liebe es, eure Kommentare zu lesen!
Ich bedanke mich mit meinem ganzen Herzen bei euch für eure tolle Unterstützung und did Liebe die ihr mir seit Beginn der Geschichte schenkt, ich küsse eure Herzen.
Und falls ihr sonst noch irgendwie irgendwas zu sagen habt oder einfach ein paar tiefere Einblicke in die Geschichte haben wollt, könnt ihr mich gerne auf Instgram (@/sh3razvde) erreichen!
Küsse eure Augen, Herzen und Seelen. Sher
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