Kapitel 12

Noras Sicht
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Auch wenn ich eine gute halbe Stunde brauche, um mich von den Worten meines Mannes zu erholen, schaffe ich es irgendwann dann doch, mit der Planung der Dinnerparty weiterzumachen, nachdem die Parker Brüder allesamt das Haus verlassen habe.

Kurz darauf kommen meine Mutter, als auch meine beiden Schwestern, Hannah und Tammy, zusammen mit meiner winzigen Nichte bei mir an, um mir mit den letzten Vorbereitungen zu helfen.

Ich bin unglaublich froh, dass sie sich dazu entschueden haben, früher als alle anderen aufzutauchen, da ich den Zuspruch und die Motivation der wichtigsten Frauen in meinem Leben jetzt mehr brauche denn je.

Es fühlt sich an, als würde ich das alles hier bereits seit Monaten planen, wenn ich mich doch erst vor ein paar Stunden mit Maddie und ihrem Team in Kontakt gesetzt und alles so kurzfristig wie nur überhaupt möglich organisiert habe.

Ich verstehe nicht Mal, warum ich so gestresst bin, da diese ganz bestimmte Kompilation aus Gästen nichts Neues für mich ist, da es sich hier um meine eigene und die Familie meines Mannes handelt, mit denen ich in regelmäßigem Kontakt stehe.

Bevor ich komplett den Verstand verlieren kann, taucht auch Leiah endlich auf und zwingt mich regelrecht dazu, mich zu beruhigen.

Nachdem meine Mutter und Maddie mir versprechen, dass alles nach Plan verläuft, entführen mich die anderen drei in mein Schlafzimmer, um sich um mein Styling zu kümmern, da meine zukünftige Schwägerin mir ihre Schminkkünste liebend gern zur Verfügung gestellt hat und ich bei all dem Trubel nicht Mal annähernd Zeit hatte, an einen Stylisten zu denken.

Während Tammy mir die Haare föhnt und in Lockenwickler steckt, kümmern sich Leiah und Hannah um mein Kleid und gehen sicher, dass alles so ist, wie es sein soll.

In der Zwischenzeit schläft die zuckersüße Maia in meinen Armen ein und zum bereits fünften Mal in den letzten zwei Stunden wünsche ich mir, ich wäre ein Baby.

Die Müdigkeit übernimmt bereits den Großteil meines Körpers, weswegen es mich alles an Kraft kostet, nicht einzuschlafen, als Leiah mein Gesicht eincremt.

Doch natürlich geben mir weder meine neugierigen Schwestern, noch meine wissensbedürftige Schwägerin einen Moment der Ruhe und durchlöchern mich stattdessen mit Fragen bezüglich der vorherigen Nacht.

„Und nach deinem Alptraum hat er sich dann zu dir legt, oder wie dürfen wir das jetzt verstehen?", fragt Leiah und verteilt die Foundation über mein ganzes Gesicht, erlaubt mir endlich gescheit zu sprechen, jetzt wo sie mit dem Lidschatten endlich fertig zu sein scheint.

Ich seufze leise und nicke nur, gucke in die Richtung meiner Schwestern und zucke mit den Schultern.

„Er war am Anfang eher zögerlich–"

„Ja, das ist doch das Mindeste, nach der ganzen Scheiße, die er abgezogen hat!", unterbricht mich Hannah genervt, rollt ihre braunen Augen und versucht nicht Mal zu verheimlichen, wie wenig sie von meinen Ehemann momentan hält.

„Aber dann hat er gemerkt, dass ich ihn in dem Moment brauche und ich...bin unglaublich froh, dass er geblieben ist. Der Traum war einfach nur verstörend.", erkläre ich ruhig, streiche über die weichen Wangen meiner schlafenden Nichte bevor ich in die Augen meiner ältesten Schwester blicke.

„Ich habe mit Isiah über die ganze Sache geredet und er meinte, dass Rio Dean im Auto zur absoluten Sau gemacht hat, nachdem er davon erfahren hat. Wahrscheinlich hat er sich danach dazu entschieden, doch nach Hause zu fahren.", erzählt mir Leiah und kümmert sich nun um die Feinschliffe meines Make Ups und bei der Kombination aus ihrer sanften Stimme und den stetigen Bewegungen ihrer Häne, will ich einfach nur noch mehr einschlafen.

Ihre Worte hallen in meinem Kopf und dieses Mal denke ich etwas länger über meine Antwort nach, spüre wie die Last auf meinen Schultern wieder schwerer zu werden beginnt.

„Ella hat mir erzählt, dass außer Rio – und den anderen Brüdern – keiner Dean so zurechtweisen kann, und das auch nur, weil die beiden sich schon seit über fünfzehn Jahren nicht von der Seite weichen.", erwidere ich und spüre das Vibrieren meines Handys in meinem Schoß, ignoriere es jedoch, da ich nicht vorhabe, Maia wegen einer Nachricht zu wecken.

„Krass", kommentiert Hannah und schmunzelt, „dann sollte Rio vielleicht immer in deiner Nähe bleiben, damit dein toller Dean nicht wieder auf irgendwelche Gedanken kommt."

Ich rolle mit den Augen, kann jedoch bei den Worten „dein Dean" das Lächeln auf meinen Lippen nicht verbergen und ich hasse es, wie sehr mir solch ein Besitzanspruch zu gefallen scheint.

Normalerweise bin ich gar nicht so...besitzergreifend oder eifersüchtig. Während ich bei meinem Ex-Freund nicht Mal mit der Wimper gezuckt habe, wenn es um solche Themen ging, würde ich bei dem Gedanken an Dean mit Emmi am Liebsten im Strahl das Kotzen anfangen.

Vielleicht ist es die Tatsache, dass sich die Verbindung die ich zu meinem Ehemann hege, auf einer ganz anderen Ebene zu befinden scheint, als jene, die ich zu Tristan hatte und obwohl mir das ein wenig Sorge bereitet, versuche ich einfach nicht zu viel hineinzuinterpretieren.

„Ach, ich weiß doch auch nicht, was ich noch dazu sagen soll", seufze ich und lächle, als ich Maia dabei beobachte, wie sie total verschlafen ihre grünen Augen öffnet und mit ihren dicken, winzigen Händen nach mir greift.

„Jetzt wo ihr euch ein wenig näher gekommen seid, wird er wahrscheinlich bald über das Wichtigste dieser Ehe sprechen, das weißt du, oder?", sagt Tammy und obwohl ihre Stimme unglaublich ruhig ist, spüre ich, wie ihre Worre mir das Herz brechen, denn sie hat absolut Recht.

Egal wie gut Dean und ich uns verstehen, am Ende des Tages geht es bei dieser Ehe um etwas ganz Bestimmtes: einen Nachfolger, der beide Kartelle für immer miteinander verbindet und somit noch unbesiegbarer macht als sowieso schon.

Wahrscheinlich ist der einzige Grund, warum mein Ehemann sich nach Monaten der absoluten Distanz dazu entschieden hat, mir endlich Aufmerksamkeit zu schenken, die Angst davor, dass diese Zweckehe eben – nicht ihren Zweck erfüllt.

Mein Vater war von Anfang an sehr offen über diese  Thematik, hat nicht Mal gezögert, als er davon geredet hat, dass ich mit einem Mann, den ich nicht liebe, ein Kind bekommen muss, damit die ganze harte Arbeit, Zeit und Mühe nicht der Verschwendung zum Opfer fallen.

Anfangs hat mir nur der Gedanke daran schreckliche Angst gemacht, doch jetzt wo ich mich auf irgendeine einzigartige Art und Weise in dem Blau seiner Augen verloren habe, erscheint mir die Vorstellung nicht mehr so katastrophal. Man bedenke hierbei, dass ich natürlich davon ausgehe, dass Dean sich zwar um das Kind kümmern, mit mir aber wahrscheinlich wieder zu dem Punkt kommen wird, wo nur das Nötigste besprochen wird und ich hasse mich selbst dafür, dass mir das nicht wirklich etwas ausmacht.

Vielleicht kann ich ja irgendwie eine Seite der Menschlichkeit in dem ältesten Bruder wecken, die dafür sorgt, dass er sich nach der Geburt des Kindes nicht sofort von mir scheiden lässt oder sich vehement dagegen weigert, mit mir zu sprechen.

Gerade als ich mich in der eventuellen Vorstellung unseres gemeinsamen Kindes verlieren will, fängt meine Nichte an sich auf meinem Schoß zu regen und seufzend reiche ich sie ihrer Mutter.

„Dazu möchte ich nichts sagen", ist das einzige was ich auf Tammys Worte erwidere, bevor ich mich bei Leiah bedanke und dann nach meinem Handy greife.

Die Mädels fangen an, über ihre eigenen Outfits und Männer zu sprechen, was jedoch total an mir vorbeizieht, da ich bersuche zu verstehen, zu wem die unbekannte Nummer gehört, die mir nichts weiter als drei Videos zugeschickt hat.

Verwirrt erhebe ich mich von meinem Stuhl und bitte die anderen um Entschuldigung, bevor ich mich ins Bad begebe, um die Videos in Ruhe anzugucken.

Die Titelbilder sagen kaum bis gar nichts aus, außer die Tatsache, dass der Blitz der Kamera bei allen Videos an zu sein scheint und noch verwirrter als sowieso schon, öffne ich die erste Datei, nachdem ich zur Sicherheit meinen Ton etwas leiser gestellt habe.

Nichts – und damit meine ich absolut nichts und niemand auf dieser Welt hätte mich jemals auf den Inhalt der Aufnahmen vorbereiten können.

Bereits zwei Sekunden später, spüre ich wie mir das Herz den Rachen runter in den Magel fällt, als ich eine viel zu vertraute Stimme höre, gefolgt von dem Anblick meines Mannes, der es sich total entspannt auf der Brust von niemand anderem als Emily Johnson macht.

Mit großen Augen starre ich auf den Bildschirm meines Handys, spüre wie die Last auf meiner Brust immer schwerer wird, je länger ich mir das Video ansehe und auch wenn Dean nichts weiter macht, als ihre Arme zu streicheln, ist es die Intimität in jener Position und Situation, die mir die Galle in den Hals schießt.

Mit zittrigen Fingern und einem trockenen Mund wage ich es, auch die nächste Datei zu öffnen und dieses Mal kann ich mich nicht davon abhalten, nach Luft zu schnappen, als ich Dean dabei beobachte, wie er seine Hand um Emilys Brush schließt und mit dem größten Lächeln in seinem normalerweise so strengen Gesicht, in die Kamera blickt.

„Babe", ertönt plötzlich die Stimme meines Mannes bevor die Kamera die Sicht wechselt und nun auch das Gesicht seiner Ex mit ins Bild holt, mir damit den ekelhaftesten Schauer über den Rücken jagt, „hör' auf mich zu filmen und mach endlich die Beine breit."

Dean klingt...spielerisch. Seine Stimme, diese Augen, seine Gesichtszüge, alles ist genau gleich und doch scheinen regelrechte Universen zwischen seinem damaligen Ich und dem, das ich kenne zu liegen.

Ich spüre wie meine Sicht langsam verschwimmt und blicke panisch in den Spiegel, als eine Träne meine Wange herunterrollt, darf nicht zulassen, dass die Mädels etwas mitbekommen.

Und obwohl ich bereits genug gesehen habe, übernimmt mich das Verlangen, auch das letzte Video anzuschauen und dieses Mal wünsche ich mir wirklich, ich hätte doch lieber auf mein Herz gehört, statt meiner Neugier nachzugehen.

Denn während ich dachte – oder eher gesagt – hoffte, dass das letzte Video nicht noch schlimmer ist, als die anderen beiden, schafft es die junge Anwältin tatsächlich, noch einen draufzulegen.

Dieses Mal wird nicht geredet, nein. Sanftes Stöhnen, ruhiges Seufzen und kurzes Gekicher ist das einzige was die beiden austauschen, als sie sich leidenschaftlich küssen und Dean nicht Mal ansatzweise ein Problem damit zu haben scheint, dass er gefilmt wird.

Mein Magen dreht sich mehrere Male komplett um und ich kann das leise Schluchzen, das sich meiner Kehle entweicht, einfach nicht mehr zurückhalten.

Absolut überfordert und überwältigt starte ich auf den Boden, versuche verzweifelt mich zu sammeln und mir einzureden, dass die Videos alt sind und mein Mann, trotz Zweckehe, nicht antun würde. Und doch schmerzt mein Herz bei jedem Schlag und ich hasse die Tatsache, dass diese Bilder sich in innerhalb so kurzer Zeit in mein Gehirn graviert haben, als wäre die Erinnerung nicht schon Qual genug.

Emily Johnson jedoch, gibt natürlich nicht auf, ohne mir noch den letzten Tritt mitten in den Magen zu setzen, mit einer Nachricht, die so banal und doch so boshaft zu sein scheint.

„Hi, Liebes :) Ich wollte dich nur daran erinnern, wie Dean aussieht, wenn er wirklich verliebt ist, nur damit du nicht irgendwelchem Wunschdenken verfällst. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ihm einfällt, zu wem er eigentlich gehört, also genieß' deine Zeit. xoxo"

Immer wieder lese ich mir ihre Worte durch, versuche einerseits zu verstehen, warum sie so etwas tun würde und andererseits, wie ich diese Nachricht einfach so schnell wie nur überhaupt möglich aus meinem Gehirn verbannen kann.

Doch leider habe ich nicht Mal Zeit, die letzten Gott weiß wie vielen Minuten zu verarbeiten, da ich anscheinend schon viel länger weg bin als gedacht.

„Nora, Dad und Dean sind jetzt auch da und sie meinten, dass die Parkers in ein paar Minuten eintreffen sollten", sagt Hannah entspannt durch die Tür hindurch und noch bevor ich weiterhin Zeit verschwenden kann, erhebe ich mich und gehe kurz auf Nummer sicher, dass alles so sitzt, wie es sitzen soll, bevor ich mich wieder zu meinen Mädels begebe.

„Was hast du denn so lange da drinnen getrieben?", schmunzelt Tammy und schiebt Leiah ihren Ellenbogen in die Rippe, welche daraufhin nur zu Lachen beginnt, während beide absolut keine Ahnung haben, womit ich gerade in diesem Moment zu kämpfen habe.

Immer wieder spielen sich die Aufnahmen in meinem Kopf ab und jedes Stückchen an Horfreude auf die Dinnerparty ist verflogen; somit wurde einer meiner Abende erneut zerstört, obwohl ich mich so sehr darauf gefreut hatte.

„Eine Kommilitonin hat nach Notizen gefragt und mir Sprachnachrichten geschickt, deswegen habe ich meine Ruhe gebraucht", lüge ich, traue mich nicht, den Namen meines Mannes in den Mund zu nehmen, weil die Angst vor einem Zusammenbruch als Reaktion darauf, viel zu groß ist.

Die Mädels hinterfragen es nicht weiter und nachdem alle sich umgezogen haben, begeben sie sich auch bereits nach unten ins große Wohnzimmer, während ich mich erneut entschuldige, mit der Ausrede, die Details meines Kleides zu richten.

Alles in mir hofft, dass Dean heute Abend zu beschäftigt ist, um mir auch nur das kleinste Bisschen Aufmerksamkeit zu schenken, da allein der Gedanke ihm ins Gesicht zu sehen, mir eiskalte Schaue über den Rücken jagt.

Ich habe Emily nicht geantwortet. Niemals würde ich ihr den Triumph gönnen, mich am Boden zu sehen, egal was sie tut.

Genervt und unglaublich angespannt versuche ich, mir die Kette meiner Großmutter anzulegen, merke aber, wie die Frustration mir Tränen in die Augen treibt.

„Klopf Klopf", kommt es plötzlich von Seiten der Tür, die die Mädels anscheinend nicht geschlossen haben und panisch schnappe ich nach Luft, als ich die Stimme registriere, „darf ich rein, Baby?"

Der Kosename stellt Dinge mit mir an, die ich nicht erklären kann, doch anders als noch vor ein paar Stunden, sind es definitiv keine guten Sachen mehr.

Ich nicke nur, traue mich nicht zu sprechen, weil ich nicht will, dass meine Stimme bricht.

Dean kommt direkt hinter mir zu stehen, blickt mir durch den Spiegel in die Augen und lächelt sanft, bevor er seine Hände an meine legt und mir die Aufgabe der Kette abnimmt.

Ohne große Probleme legt er sie mir an, führt seine rechte Hand über meine entblößte Schulter und schlingt seine Finger um meinen Hals, wobei ich der Berührung geschickt entkomme.

„Ist alles in Ornung? Oder ist die Aufregung so schlimm?", lacht er und will dieses Mal nach meinen Händen greifen, wobei ich aus dieses Mal nicht kooperiere.

Mich hat er nie so geküsst – zumindest dachte ich, dass er mich so küsst, doch nachdem ich dieses Video gesehen habe, zweifle ich an jeder einzelnen seiner vergangenen Berührungen.

„Alles gut, lass uns nach unten", sage ich schnell und hole tief Luft, wage es immer noch nicht, ihm ins Gesicht zu gucken.

Anders als ich es erwartet hätte, ekelt mich sein Anblick nicht wirklich an, sondern macht mich eher traurig. Die Tatsache, dass er mit mir niemals so intim und vertraut sein wird, wie mit Emily bricht mir immer wieder das Herz, vor allem wenn ich an meine Gedanken bezüglich eines gemeinsames Kindes denke.

„Baby", beginnt Dean total ruhig und vielleicht ist es die Tatsache, dass ich seit Stunden angespannt bin und auch den Rest des Abends, der noch bevorsteht, genau so angespannt überstehen muss, doch ohne es wirklich zu überdenken, schaue ich ihn genervt an.

„Hör' auf mich so zu nennen", fauche ich und schlucke hart, unterdrücke den Würgereiz der sich ankündigt, „und lass uns jetzt einfach runter. Ich habe keine Lust mehr auf diese ständigen Unterhaltungen über meine Gefühle."

Mein Herz hämmert auf brutalste Art und Weise gegen meinen Brustkorb, bevor es mir regelrecht in die Hose rutscht, sobald Deans sanfter Gesichtsausdruck plötzlich seine übliche Strenge annimmt. 

„Alles klar", ist das Einzige, was er hinzufügt und obwohl ich diese Sache so gerne besprechen würde, ist jetzt einfach nicht der richtige Zeitpunkt.

Diese verdammte Bitch.

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Im Laufe des Abends sprechen Dean und ich kein einziges Wort miteinander.

Wie ich es mir erhofft hatte, bekommen wir nämlich keine einzige Möglichkeit der Zweisamkeit, da die Familien seit der Hochzeit das erste Mal wieder aufeinandertreffen und somit unglaublich viel Gesprächsbedarf herrscht.

Immer wieder jedoch, erwische ich mich dabei, wie meine Augen zu meinem Ehemann gleiten und so lange auf ihm ruhen, bis er versucht, den Blick zu erwidern und ich wie vom Blitz getroffen wegsehe.

Frustration, Wut, unglaublich ekelhafte Eifersucht und tiefe Trauer führen in meinem Körper einen regelrechten Kampf und ich merke wie die Erschöpfung langsam Überhand gewinnt.

Es lief...so gut zwischen uns.

Noch vor ein paar Stunden habe ich seine Berührung und Nähe genossen und jetzt scheint allein der Gedanke an einen Moment mit ihm allein mich in Panik zu versetzen.

Mein Gehirn versucht zu verstehen, warum Emily so etwas tun würde, wenn sie doch ganz genau ihre Stellung in dem Leben meines Mannes kennt.

Was musste sie wem beweisen?

Neben all den Gedanken zur jenen Ex-Freundin, tauchen auch noch tausende von möglichen Szenarien in meinem Kopf auf, wie Dean wohl reagieren wird, wenn ich ihm davon erzähle.

Zwei Tage zuvor war er übereifrig die Anwältin vor jedem zu verteidigen und trösten, da würde es mich nicht überraschen, wenn er auch aus dieser Situation keine Problematik zieht.

Der einzig ungebrochene Teil meines Herzens hofft darauf, dass er außer sich ist und es nicht fassen kann, sie vielleicht sogar vor mir anruft und sie zurechtweist, doch je länger sich der Abend zieht, desto weniger kann ich an diesen Wunschgedanken festhalten.

Meine Mutter hat natürlich sofort bemerkt, dass etwas nicht stimmt, doch sie weiß es besser, als mich darauf anzusprechen, wofür ich ihr unglaublich dankbar bin.

Doch Esther ist hartnäckiger, hat bereits dreimal versucht mich in eine Ecke zu führen, um in Ruhe mit mir zu sprechen, nur um dann von irgendjemandem unterbrochen zu werden.

Nach gefühlten Stunden aber, fängt sie mich in der Küche ab und funkelt mich aus blauen Augen an, die mich beinahe augenblick den Tränen nahe bringen.

„Oh, Liebling", flüstert sie und zieht mich in eine Umarmung, die mich zwar mit neuer Energie füllt, jedoch das letzte Bisschen Kraft auch zu rauben scheint.

„Was hat er getan?", fragt sie ruhig, erwähnt nicht den Namen ihres ältesten Sohnes, wofür ich unglaublich dankbar bin.

„Nichts", seufze ich und tupfe mir die Tränen aus den Augenwinkeln, habe überhaupt keine Lust den anderen erklären zu müssen, warum ich total verheult bin.

„Okay, was ist dann passiert? Ihr beide habt euch kein einziges Mal angesehen und ich kenne meinen Sohn gut genug, um zu wissen, dass er normalerweise immer ein Auge auf dich wirft."

Esthers Worte überraschen mich und meine Reaktion kann ich dementsprechend nicht verbergen.

Mir ist noch nie aufgefallen, dass Dean mich beobachtet, wenn wir irgendwo zusammen auftauchen und ich könnte erneut in Tränen ausbrechen, wenn ich daran denke, dass es wahrscheinlich auch nicht mehr passieren wird.

Ich überdenke es ganze fünf Mal, ob ich Esther von der Situation berichten soll, wenn ich nicht Mal meiner eigenen Mutter davon erzählt habe, doch nach drei Stunden, scheint das Fass kurz vorm Überlaufen zu sein und ich kann einfach keinen Nervenzusammenbruch vor allen riskieren.

„Seine Ex-Freundin hat mir...Nachrichten geschickt", beginne ich und weigere mich dann doch vehement, die Details der besagten Nachrichten mit meiner Schwiegermutter zu teilen, „in denen sie behauptet, dass Dean zu ihr zurückgehen wird und ich mir nichts einbilden soll, weil er in sie verliebt ist."

Meine Stimme bricht am Ende des Satzes, denn laut ausgesprochen scheint die ganze Situation sogar moch verletztender.

„Das ist nicht alles", erwidert Esther total überzeugt, mit einem Hauch von Abscheu in ihren hellen Augen, „Emily ist zu boshaft, um es bei einer einfachen Nachricht zu belassen."

Dieses Mal schießen meine Augenbrauen in die Höhe und ich kann nicht Mal meinen Mund schließen, so sehr überrascht mich die Aussage meiner normalerweise so ruhigen und sanften Schwiegermutter.

„Es waren auch noch ein paar Videos mit...sehr innigen Momenten der beiden. Nichts explizites, aber doch sehr intim im romantischen Sinne", antworte ich ihr und würde mich am Liebsten übergeben von dem bitteren Nachgeschmack meiner eigenen Worte.

Ich beobachte Esther aufmerksam dabei, wie sie ihre Augen rollt und dann den Kopf schüttelt, ehe sie nach meiner Hand greift und mich dann besorgt anfunkelt.

„Wenn ich eine Sache über meinen Sohn weiß, liebste Nora, dann ist das die Tatsache, dass er nichts mehr für diese Frau empfindet. Ich weiß, du wirst es mir nicht sofort glauben, aber verwechsle' seinen Anstand und seine Loyalität der Vergangenheit gegenüber nicht mit Liebe. Er respektiert sie noch, doch lieben tut er sie ganz sicher nicht mehr."

Ich seufze laut auf und spüre wie mir zwei Tränen die Wange herunterrollen, stöhne frustriert auf um mich vom Schluchzen abzuhalten.

„Wie kannst du dir da so sicher sein? Er sah so...glücklich, so sorglos in den Videos aus, ich weiß wirklich nicht, ob ich dir da glauben kann, Esther", gebe ich offen zu und werfe den Kopf in den Nacken um weitere Tränen zu unterdrücken.

„Weil–", „– ich es ihr gesagt habe."

Die tiefe Stimme meines Mannes ertönt wie aus dem Nichts und lässt mich zusammenzucken, jagt jedoch auch unglaublich angenehme Schauer über meinen Rücken.

Ich liebe die Reaktionen meines Körpers auf Dean, weil sie so natürlich und ungezwungen sind, sich so gut und sicher anfühlen, weswegen die ganze Situation mich noch mehr ärgert.

Kurz darauf betritt er dann auch die Küche, während sein Dreiteiler sich natürlich wie angegossen an seinen Körper schmiegt und die Erinnerung an seine warme Haut mich in den absoluten Wahnsinn treibt.

„Entschuldigst du uns für einen Moment, Mum", sagt Dean ruhig und platziert seine Hand am Rücken seiner Mutter, ehe sie mich anblickt und sich erst erhebt, als ich ihr zustimmend zunicke.

Eine ganze Minute füllt sich mit nichts als Schweigen, so als würden wir beide nach den richtigen Worten suchen und das laute Rasen meines Herzens übertönt die ganzen Geräusche im Hintergrund.

„Ich möchte die Videos sehen", meint Dean total ruhig und doch höre ich seine Anspannung in den wenigen Worren heraus.

„Warum? Damit du mit ihr in Erinnerung schwelgen kannst? Nein, danke. Ich werde nicht zulassen, dass sie mich erneut vor dir demütigt. Das gönne ich weder ihr – noch dir", fauche ich meinen Ehemann an und erhebe mich, um mit ihm auf ungefährer Augenhöhe zu sein, ignoriere einfach die Tatsache, dass er mich um fast zwei Köpfe überragt.

„Nora, ich–", doch ich lasse ihn nicht ausreden.

Die aufgestaute Wut und die Trauer, welche sich nun endlich zu Zorn entwickelt hat, gibt mir nicht die Möglichkeit, rational zu denken.

„Ich will es nicht hören, Dean. Sag' deiner tollen Emmi, dass sie mich doch bitte einfach in Ruhe lassen soll, ich habe wirklich keine Lust mehr auf so einen Kindergartenscheiß", unterbreche ich ihn augenblicklich und balle meine Händd zu Fäusten als Bilder der Aufnahmen an meinem inneren Auge vorbeirasen, als wäre ich nicht schon wütend genug.

Fick sie, kauf ihr die Welt oder tu was auch immer dafür nötig ist, aber hört auf, mich in euer abartiges Egospiel hineinzuziehen, kapiert?"

Deans Augenbrauen ziehen sich zusammen, als das erste Wort meine Lippen verlässt, doch leider interessiert es mich nicht genug, da ich immer noch den Blick in sein Gesicht meide.

„Das ist genug, Nora", erwidert Dean streng und erst als sein warmer Atem mir entgegenkommt merke ich, wie nah wir eigentlich beinander stehen.

„Ach, tut mir leid! War das etwas nicht nett genug für den feinen Herr? Soll ich über deine Ex-Freundin reden, als wäre sie ein Engel, wenn sie wortwörtlich kurz davor war, mir euer verficktes Sextape zu schicken, hm?"

Die Worte strömen nur so aus mir heraus und ich bereue kein einziges von ihnen, noch weniger meine explizite Wortwahl, da ich weiß, dass sich Dean sonst nicht dem Ernst der Lage bewusst wird.

„Lass' mich ausreden, Nora", sagt Dean jetzt etwas strenger und als ich es nicht schaffe, seinen Gesichtsausdruck zu lesen, spüre ich wie Tränen sich zum tausendsten Mal heute ankündigen.

„Nichts was du sagst wird mich vom Gegenteil überzeugen, Dean, nicht nach der ganzen Scheiße die ich mir heute Abend geben musste. Geh' einfach zu ihr und tu was du nicht lassen–", doch dieses Mal ist es Dean, der mich nicht aussprechen lässt, als er ganz ruhig nach meinem Kinn greift und mich näher an seinen Körper zieht, bevor er laut zu seufzen beginnt.

„Weißt du eigentlich, wann ich mich von Emily getrennt habe, Nora?", beginnt Dean erst als er sich sicher ist, dass ich ihn zu Wort kommen lassen werde und angespannt schnaube ich nur, versuche mich nicht von dem Gefühl seines firmen Griffes ablenken zu lassen.

„Mein Vater hat mir vor fast fünf Jahren gesagt, dass ich dich heiraten würde und ich wusste, dass es so kommen würde. Trotzdem habe ich mich auf die Beziehung mit ihr eingelassen. Ja, ich habe sie geliebt, aber an dem Tag, wo wir uns das erste Mal an einen Tisch gesetzt haben, wusste ich, dass ich nur noch dich will."

Seine Worte rauben mir jeglichen Atem und sobald mein Gehirn jedes einzelne verarbeitet hat, spüre ich wie mein Vokabular komplett verschwindet, da ich wortwörtlich nicht weiß, was ich sagen soll.

Seit Stunden blicke ich Dean das erste Mal in die Augen und vielleicht zum aller ersten Mal in all den Monaten die wir uns kennen, erblicke ich nichts als pure Ehrlichkeit und Überzeugung in dem wunderschönen Blau.

„Du versuchst doch nur mich zu beruhigen, damit du mich schwängern kannst und diese Ehe keine Zeitverschwendung ist", erwidere ich angespannt und schlucke hart, hasse es wie sehr ich seine Nähe und den Körperkontakt genieße.

Ich hatte nicht Mal genug Zeit mich an ihn zu gewöhnen, weswegen mein Körper noch gieriger zu sein scheint.

Dean seufzt leise und presst seine Stirn gegen meine, stupst mit seiner Nase meine eigene, ehe er einen sanften Kuss auf meine gespaltenen Lippen haucht, der mir jegliche Luft aus der Lunge presst.

„Ich sage es, weil es die Wahrheit ist, Nora. Emily kann dich nicht ausstehen, weil sie weiß, dass ich dich ihr bevorzugt habe", haucht er und lässt mein Kinn endlich los, ehe er seine großen Hände an meiner Hüfte platziert, „ich hätte sie nämlich auch einfach weiterhin treffen können, Affären in Zweckehen sind nichts unnormales. Aber sobald ich dich gesehen habe, konnte ich den Gedanken von dir und einem anderen nicht ertragen und habe deswegen die, für mich, wichtigste Bedingung in unserem Ehevertrag eingeführt."

Auch dieses Mal bin ich absolut sprachlos, kann es kaum glauben, dass der Mann, der mich bis vor kurzem kaum angesehen hat, so viele Gedanken und Gefühle versteckt gehalten hat, aus Gott weiß welchem Gründen.

„Das was Emily getan hat ist absolut abartig und ich werde persönlich dafür sorgen, dass so etwas niemals wieder passiert, und wenn ich dafür mit ihrem verdammten Vater sprechen muss. Es tut mir wirklich leid, dass du dir diesen Schmarn geben musstest, Nora. Das wollte ich wirklich nicht."

Ganz langsam entfernt sich Dean von mir, doch wie aus Reflex greife ich nach seinem Jacket und blicke ihn aus großen Augen an.

„Ich werde heute Nacht trotzdem in meinem eigenen Zimmer schlafen, ich muss das alles erstmal verdauen und ich kann dich gerade nicht ansehen, ohne an diese Videos zu denken", fauche ich um einiges ruhiger als noch vor ein paar Minuten, denn auch wenn seine Worte genau das waren, was ich genraucht habe, ist die Wut immer noch sehr prominent in meinem Körper.

Dean lächelt nur sanft, ehe er mich komplett gegen seinen eigenen Körper presst und seine vollen Lippen an mein Ohr wandern lässt, weiß ganz genau was er mit so eine Art von Körperkontakt mit mir anstellt.

„Du kannst für immer in einem anderen Zimmer schlafen, aber das wird niemals die Tatsache ändern, dass ich es jedes Mal mitbekomme, wenn du dich selbst berührst und dabei meinen Namen stöhnst. Ich bin und bleibe dein Ehemann, ob du es willst oder nicht...und ganz offensichtlich hast du kein wirklcihes Problem mehr damit", flüstert er, jagt eiskalte Gänsehaut über meine Haut, bevor er einen letzten Kuss auf meinen Nacken haucht und dann die Küche verlässt.

Dieses Thema ist hier leider noch lange nicht abgeschlossen, doch ich würde lügen, wenn ich sage, dass mich seine Reaktion nicht unglaublich glücklich gemacht hat.

Vielleicht gibt es ja doch noch Hoffnung für uns.

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Und hier ist es! Nach Monaten des Wartens, gibt es endlich ein langes, ausführliches Kapitel für euch.

Zunächst bedanke ich mich erneut für eure Geduld und euer Verständnis, aber natürlich auch eure Unterstützung und Liebe; ihr seid wirklich die absolut Besten.

Ich hatte mir das Kapitel persönlich etwas dramatischer vorgestellt, also seid bitte ehrlich wenn ihr es noch dramatischer haben wollt, damit ich es in den folgenden Teilen besser machen kann.

Das nächste Kapitel wird auf jeden Fall SPICY, also lasst mir doch bitte eure Wünsche und Gedanken da, was ihr gerne zwischen den beiden lesen wollt.

Und bitte – scheut euch nicht vorm Kommentiere, ich liebe es, eure Gedanken zu lesen, ihr seid der absolute Hammer einfach.

Küsse eure Herzen, Seelen und Augen, passt auf euch auf.
All the Love, Sher.

(Und folgt mir gerne auf Instagram für mehr Interaktion! https://instagram.com/sh3razvde?igshid=YmMyMTA2M2Y= / @/sh3razvde )

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