Kapitel 21
Der Knall des Schusses peitschte durch die bedrohliche Stille des Waldes.
Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen – ich wartete auf den berüchtigten, brennenden Schmerz, der sich gleich von der Brust ausgehend ausbreiten und mir den bevorstehenden Tod ankündigen würde.
Ich spürte nichts. Die Lider meiner geschlossenen Augen zitterten, während ich dem Impuls widerstand, sie zu öffnen.
Doch dann spürte ich etwas anderes, das mein Herz beinahe zum Stoppen brachte. Nialls Griff an meiner Hand lockerte sich, bis er plötzlich ganz verschwand. Entsetzt wirbelte herum und sah gerade noch, wie Niall aufkeuchte und sich eine Hand an den Bauch presste, bevor er vornüberklappte. Mit einem erschrockenem Aufschrei schnellte ich vor und konnte um ein Haar verhindern, dass er zu Boden stürzte. „Oh Gott, Niall!" Vorsichtig ließ ich ihn in meinen Armen hinabsinken, sodass ich auf dem steinigen Weg kniete und Nialls Kopf an meiner Schulter ruhte. Mit fahrigen Bewegungen strich ich ihm über die sonst so rosigen Wangen, die nun allerdings schlagartig an Farbe verloren und ihn leichenblass wirken ließen.
„Scheiße!", presste er zwischen zwei gequälten Atemzügen hervor und krallte sich unbewusst in meinem T-Shirt fest, bis ich seine freie Hand ergriff und sie fest drückte, worauf er sich deutlich entspannte und den Druck dankbar erwiderte.
„Wo bist du getroffen?" Sanft nahm ich seine andere Hand, die er nach wie vor auf den Bauch gedrückt hielt, und hob sie leicht an. Scharf sog ich die Luft ein, als ich den sich auf dem Shirt ausbreitenden roten Fleck sah. Dennoch war ich zu einem gewissen Teil erleichtert, dass Justin offenbar nicht genug Zielwasser besessen hatte, ihn in die Brust zu treffen – denn dann wäre jede Hilfe zu spät gekommen. Doch jetzt gab es noch Hoffnung.
Mit vor eiskalter Wut blitzenden Augen sah ich zu Justin auf, der hektisch an seiner Pistole herumnestelte, die offensichtlich keinen weiteren Schuss abgeben wollte. „Du wolltest doch mich tot sehen! Wieso er?", brüllte ich ihn an, weswegen Niall etwas zusammenzuckte und gleich darauf einen kleinen Schmerzenslaut von sich gab, der mir mitten durchs Herz ging. Hätte ich mich doch mehr kontrollieren können und diesen Jungen in Frieden gelassen, dann wäre er jetzt nicht hier und müsste nicht leiden!
Justin schenkte mir ein zähneblitzendes Lächeln. „Du solltest Goodbye zu deinem Leben sagen. Ich habe einfach geraten, was dein Leben ausmacht."
„Du verdammtes Arschloch!" Tränen begannen in mir aufzusteigen und ich musste wiederholt schlucken, um nicht hemmungslos loszuheulen. Er hatte recht. Niall war das einzige, was mir von meinem Leben geblieben war. Nie hatte ich mit ganzem Herzen die Leaderrolle eingenommen; selbst Louis hatte es gewusst. In Niall hatte ich endlich wieder die schöne, leuchtende Seite der Welt gesehen und neuen Lebensmut gefasst. Und jetzt lag er hier und rang um sein eigenes Leben. Nun tropfte doch eine Träne herab, genau auf seine Stirn. „Ni, bleib bei mir." Ich legte die Hand an seine Wange, als sich seine Augen langsam zu schließen begannen. Nein! Er durfte nicht bewusstlos werden! „Hey!"
„Wie herzzerreißend", spottete Justin, dessen Pistole anscheinend doch nicht den Geist aufgegeben hatte, da er sie erneut auf uns richtete. „Ich werde dieser rührseligen Zweisamkeit jetzt ein wohlverdientes Ende setzen!"
Automatisch beugte ich mich über Niall, um ihn mit meinem Körper abzuschirmen, doch als der Schuss – nein, die ZWEI Schüsse kamen, blieb der erwartete Schmerz erneut aus – stattdessen hörte ich ein dumpfes Geräusch, als ob ein Körper auf dem Boden auftreffen würde. Langsam hob ich den Kopf. Vor uns lag Justin auf dem staubigen Weg und rührte sich nicht mehr. An seiner Schulter konnte ich einen Streifschuss ausmachen, doch in mir stieg der Verdacht auf, dass der zweite Schuss sein Ziel nicht verfehlt hatte.
„Zayn ..."
Sofort senkte ich meinen Blick auf Niall, der mich aus halb geschlossenen Augen schwach anschaute. „Es t-tut mir leid, was ich gesagt habe. Dass ich nicht mit dir zusammen sein will. Ich will nämlich so sehr."
„Gott, Ni!" Noch mehr Tränen fielen auf sein Gesicht, vermischten sich mit seinen eigenen und liefen seine Wange hinab, während ich versuchte, seinen Blick mit meinen Augen festzuhalten und ganz in sein Bewusstsein zu dringen. „Niall, ich liebe dich."
Seine Augen weiteten sich, bevor sein Körper von einem Hustenanfall geschüttelt wurde. Entsetzt schlang ich meine Arme noch fester um ihn und versuchte, ihn mit meiner Nähe zu beruhigen und zu trösten, doch ich merkte, wie ihm das Atmen immer schwerer fiel und sich seine Lider langsam aber sicher endgültig zu schließen begannen. „Nein! Niall!" Beinahe hysterisch rief ich wiederholte Male seinen Namen, doch er antwortete nicht mehr.
In diesem Augenblick näherten sich trampelnde Schritte. Ohne Nachzudenken schrie ich: „Ruft einen Notarzt! SCHNELL!" Jemand kam neben mir schlitternd zum Stehen und ich spürte, wie mich jemand an den Armen packte und hochzog, während ein anderer Niall von meinem Schoß hob. „Ruft einen Notarzt!", wiederholte ich verzweifelt und konnte nur noch zusehen, wie sich mehrere Leute neben MEINEM Freund niederknieten, hektisch diskutierten und mit Erste Hilfe-Versuchen ansetzten, da stand ich schon an der Tür eines Autos und irgendjemand legte mir von hinten Handschellen an.
Ich hatte mich schon oft in dieser Situation befunden, aber noch nie so wenig Motivation zu einer Flucht verspürt. Ich wollte einfach nur sicher sein, dass Niall es schaffte, da konnte mich sein Bullen-Dad noch so oft verhaften.
LIAM
Die ganze Situation war furchtbar komisch. Nach dem schrecklichen Zusammentreffen mit Malik und Tomlinson, die Niall in ihrer Gewalt hatten, hatten wir die Beine in die Hand genommen und waren zu unserem Wagen gerast, den wir glücklicherweise nur an die dreihundert Meter entfernt im Wald geparkt hatten, um so schnell wie möglich die Kollegen zu verständigen. Die Nachricht, dass das Hauptquartier der Malik-Gang entdeckt worden war, verbreitete sich wie ein Lauffeuer unter den Einsatzteams, sodass am Ende nicht nur die Hoods vor der Haustür standen, sondern noch etliche andere der umliegenden Vereinen (die zugegebenermaßen allesamt mehr Mitglieder hatten als wir), die darauf bestanden hatten, uns zu helfen, was wir natürlich dankbar annahmen. Immerhin waren wir kein Superman-Pack. Als wir völlig überstürzt von der Zentrale aus wieder losfahren wollten (wir hatten extra bis unmittelbar davor karren müssen, um die anderen zu verständigen, denn unsere Funkgeräte und Handys waren ja beschlagnahmt worden), hätten wir beinahe Hood-Junior zu Schnitzel verarbeitet, da er mitten auf der Straße herumgestanden war und als einzige Aktivität den Verkehr aufgehalten hatte. Wie auch immer, als wir auf kürzestem Wege unser Ziel erreichen wollten, stießen wir bei der Hälfte auf diesen seltsamen Unfall. Die beiden Autos vollkommen ineinander verkeilt, leichter Qualm und in Kombination dazu fast keine herumstehenden Leute – doch es war ganz und gar nicht so, wie ich mir es vorgestellt hätte. Malik kniete am Boden und hielt etwas ... jemanden im Arm. Jemanden mit blondem Haar.
Mr Horan sah es auch, gab ein wenig professionelles Japsen von sich und sprintete los; Harry, El und mich dicht auf den Fersen. Malik brüllte hysterisch irgendetwas von einem Notarzt, was so drängend und verzweifelt klang, dass El mir sofort das Funkgerät aus der Hand riss und den Befehl durchgab. Seit wann hörten wir auf Kriminelle?! Ich hatte im Moment wirklich keine Zeit, mir darüber den Kopf zu zerbrechen, denn als wir den Schauplatz erreichten, realisierte ich, dass Malik einen bewusstlosen Niall umklammerte und dabei Rotz und Wasser heulte. Harry gab ein verblüfftes Grunzen von sich und starrte mich fragend an. Ich zuckte die Schultern und wartete, bis Mr Horan seinen Sohn an sich gezogen hatte, bevor wir uns Malik schnappten und an ein paar Leute der Hoods weitergaben, die mit offenen Mündern in der Gegend herumstanden und zu beschränkt dazu waren, die Situation zu begreifen, um dann zu Niall und seinem Vater hinüberzustürmen. El hatte bereits mit ersten Notfallsversorgungsmethoden begonnen, während Mr Horan über das Durcheinander und den Lärm hinweg abwechselnd den Polizisten Anordnungen zubrüllte und ins Funkgerät schrie. Wir wollten uns ebenfalls neben den noch immer bewegungslosen Niall kauern, doch sein Dad scheuchte uns mit fahrigen Armbewegungen davon. „Seht zu, dass ihr diese Arschlöcher erwischt!" Er deutete in den Wald hinter uns, wo in einiger Entfernung davonlaufende Menschen zu sehen waren. „Wo bleibt denn dieser verdammte Krankenwagen?!" Er griff nach Nialls Hand und fühlte seinen Gott sei Dank noch vorhandenen Puls. „Scheiße nochmal!"
Meine Hände wurden taub, als ich begriff, wie schlecht sein Zustand wirklich sein musste, dass sein Vater so nahe vor einem Nervenzusammenbruch stand, während man normalerweise nicht eine Gefühlsregung von ihm seinem Sohn gegenüber sah.
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Doch nicht Zayn erschossen hahaha xD
Lasst mir doch ein Vötchen und ein Kommi da, ich freue mich darüber so sehr, dass ich es gar nicht sagen kann ;)
Dankeschön für die ganzen witzigen und motivierenden Kommis beim letzten Kapi, ihr hättet mein Gesicht sehen sollen! <3
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