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Sehnsucht ist die eigene Folter des Herzens.
Sachte zog der Wind an ihren langen, schwarzen Haaren, während der Stoff ihres roten Kleides ihren schlanken Körper umspielte. Ein strahlendes Lächeln lag auf ihren Lippen und sie zeigte ihrem Gesprächspartner, den silbernen, schmalen Ring an ihrem Finger. So schön und anmutig die junge Frau auch war, hatte ich jedoch nur einen kurzen Blick für sie übrig. Mein Interesse galt dem jungen Mann, der neben ihr stand und eine Hand um ihre Taille gelegt hatte. In seinem Anzug sah er verboten gut aus und ich biss mir auf die Unterlippe, als es kurz aber angenehm in meinen Lenden kribbelte.
Ich lehnte mich zurück, nippte an meinem Weinglas und genoss den süßlichen Nachgeschmack. Verträumt hielt ich das kunstvoll geschliffene Glas gegen die Sonne und beobachtete fasziniert, wie sich die Sonnenstrahlen in der blutroten Flüssigkeit brachen. Als ich im Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm, richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf das frisch verlobte Paar, welches sich langsam durch die unzähligen Gäste bewegte. Wie ein Gentleman schwebte die Hand des Mannes über dem geraden Rücken der Frau, schien sie zu leiten und gleichzeitig zu beschützen. Immer wieder stoppten sie, unterhielten sich angeregt mit den Gästen und stießen mit ihnen an.
Geschmeidig erhob ich mich von meinem Platz, stellte mein Glas zur Seite und strich mein Hemd glatt. Mit bedachten Schritten bewegte ich mich über die weitläufige Terrasse und trat durch die geöffnete Tür ins Innere des Hauses. Im Wohnzimmer spielte leise Musik und der Kamin sorgte für eine behagliche Atmosphäre. Niemand war hier, alle hielten sich draußen auf und genossen das milde Wetter.
Ein langer dunkler Flur lag vor mir, nur ein paar Sonnenstrahlen fielen durch die offenen Türen und erhellten ein paar Staubkörner, die in der Luft tanzten. Nach wenigen Schritten wandte ich mich nach rechts und betrat die modern, eingerichtete Küche. Auf der freistehenden Kochinsel standen zwei Flaschen Wein, von denen ich mir das Etikett durchlas und anerkennend nickte.
Französischer Name, guter Jahrgang und für mich unbezahlbar.
Vorsichtig stellte ich die Flasche zurück, als sich plötzlich zwei Arme um meinen Bauch schlangen.
Heißer Atem streifte meinen Nacken, Lippen berührten meine empfindliche Haut und eine warme Brust drückte sich an meinen Rücken.
„Deine Blicke sind viel zu offensichtlich", raunte eine tiefe Stimme und knabberte an der empfindlichen Stelle hinter meinem Ohr. Leise seufzend lehnte ich mich gegen ihn, schloss die Augen und fühlte seine Berührungen intensiver.
„Ich kann nicht aufhören dich anzusehen", flüsterte ich, neigte leicht den Kopf und bot ihm meinen entblößten Hals an. „Du hättest diesen verdammten Anzug nicht anziehen sollen."
„Gefalle ich dir etwa nicht?"
Zärtlich küsste und saugte er sich über meinen Hals, pustete leicht gegen die feuchten Stellen. Seine Nähe, seine Berührungen, selbst sein Duft, ließ wohlige Wellen durch meinen Körper rollen.
„Soll ich dir zeigen, wie sehr mir dein bloßer Anblick gefällt?", raunte ich und spürte, wie sich sein Körper kurz verspannte. Langsam, um den Moment seiner Überraschung zu genießen, drehte ich mich in seinem Armen um. Bestimmend legten sich seine Hände auf meine Hüften, hielten mich. Tief sah er mir in die Augen. Mit klopfendem Herzen erwiderte ich seinen Blick, zitterte leicht und griff nach seiner Hand.
„Alles an dir gefällt mir." Unter halb geschlossenen Lidern sah ich ihn weiterhin an und schob seine Hand über den Stoff meiner Jeans. Er schien zu realisieren was ich vor hatte, denn seine Augen weiteten sich und seine Lippen öffneten sich einen Spalt.
„Das machst du mit mir", wisperte ich und drückte seine Handfläche gegen meine pochende Mitte. „Ein Blick genügt und ich werde hart. Nur für dich." Ich seufzte wohlig, als er meine wachsende Erregung durch den Stoff meiner Jeans zu massieren begann.
„Nimm mich", bettelte ich und legte keuchend den Kopf in den Nacken.
„Gott, Jungkook", knurrte Taehyung, griff grob nach meinen Haaren und zerrte meinen Kopf zu sich. Seine Lippen trafen auf meine, küssten mich hart und tief. Jegliches Denken setzte aus und ich gab mich ihm völlig hin. Wollend drückte ich mich ihm entgegen, genoss den süßlichen Schmerz, als mein Rücken mit der Küchentheke kollidierte. Unkontrolliert erwiderte ich seinen Kuss, nestelte an den Knöpfen seines Hemdes und berührte seufzend die weiche, sonnengebräunte Haut. Er knabberte an meiner Unterlippe, zog sie zwischen seine Zähne, biss mich sanft. Ich genoss seine härter werdenden Küsse, öffnete die nächsten Knöpfe und wurde langsam ungeduldig.
Schwer atmend löste ich mich von seinem wundervollen Mund, fuhr mit meinem Daumen seine feuchte Unterlippe nach.
„Bitte."
Wimmernd schmiegte ich mich an seinen warmen Körper und spürte die angespannten Muskeln durch den Stoff, bis sich sein Blick plötzlich veränderte.
Ich wusste was das bedeutete.
Enttäuschung machte sich in mir breit, die ich mir äußerlich nicht anmerken ließ.
„Ich verstehe schon", nuschelte ich und begann, sein Hemd wieder zuzuknöpfen.
„Jungkook, bitte", wisperte Taehyung und fuhr zärtlich mit seinen Fingerspitzen über meine Wange. „Sieh mich an."
Nur widerwillig löste ich meinen Blick von seinem Schlüsselbein, welches unter dem Kragen seines Hemdes hervorlugte. Ein Hauch von Erregung lag noch in seinen Augen, während er mich entschuldigend ansah.
„Du weißt warum", wisperte er und küsste mich, bevor ich etwas sagen konnte. Sinnlich bewegte er seine Lippen, schob mir seine Mitte entgegen und strafte seine vorangegangen Worte Lügen.
Er wollte mich, so wie ich ihn.
Doch wir durften nicht, war es immerhin verboten was wir hier taten.
„Taehyung? Schatz?"
Im Flur erklang das Geräusch von Absätzen, die sich langsam in unsere Richtung bewegten. Schlagartig verflüchtigte sich jegliche Erregung und ich schob den Mann vor mir, bestimmend an den Schultern zurück. Betont lässig lehnte ich mich an die Küchentheke und leckte mir flüchtig über meine leicht geschwollenen Lippen. Unentwegt sah Taehyung mir in die Augen, strich sein Hemd glatt und schob es ordentlich unter den Bund seiner Hose.
Nichts deutete mehr daraufhin, was bis vor wenigen Sekunden noch zwischen uns passiert war. Nur in seinen Augen konnte ich das gleiche brennende Verlangen erkennen, das ich auch in mir spürte. Meine Kiefer fest aufeinander gepresst, verbot ich es mir etwas zu sagen, bis Taehyung leise seufzte.
„Jungkook... es tut mir Leid."
Schweigend vernahm ich seine Worte und sah ihm hinterher, als er schließlich die Küche verließ.
Der Mann, der mich gerade noch leidenschaftlich geküsst hatte, entfernte sich mit jedem Schritt weiter von mir und kehrte zu seiner Verlobten zurück.
Ich hatte mich unwiderruflich in Taehyung verliebt, dessen Zukunft aber nicht an meiner Seite war.
~♥~
„Öffnest du jedem so die Tür?", begrüßte mich Taehyung, woraufhin ich nur mit den Augen rollte.
„Warum nicht?", erwiderte ich und trat einen Schritt zur Seite, damit er eintreten konnte. „Es ist Sonntag und viel zu heiß."
„Niemand soll deinen wunderschönen Körper sehen", murmelte er und hob seinen Arm, um seine Hand auf meine nackte Brust zu legen. Mit einem flüchtigen Blick in den Hausflur, stieß ich die Tür ins Schloss und schob mich genervt an Taehyung vorbei.
„So wie du mich ständig darauf hinweist, werde ich es heute tun", begann ich und drehte mich auf halbem Weg zum Wohnzimmer zu ihm um. „Wir sind nicht zusammen."
Überrascht weiteten sich seine Augen, ehe er sich hastig die Schuhe auszog und mir folgte.
„Warum bist du sauer auf mich?"
Schnaubend setzte ich mich auf die Couch und schnappte mir meinen Controller, den ich vorhin auf den Tisch gelegt hatte. Vehement ignorierte ich meinen unangekündigten Besucher und vertiefte mich wieder in mein Spiel.
Eine halbe Stunde später hörte ich zum wiederholten Mal Taehyungs Seufzen und verlor langsam aber sicher die Geduld.
„Jungkook, bitte sprich mit mir."
Knurrend warf ich meinen Controller zurück auf den Tisch und verschränkte meine Arme vor der Brust.
„Warum sollte ich?", fragte ich und ließ zu, dass er seine Hand auf meinen Oberschenkel legte.
„Was habe ich gemacht?"
„Ernsthaft? Das fragst du mich allen Ernstes?" Ungläubig musterte ich ihn, während Taehyung verständnislos nickte.
„Du hast mich versetzt. Zweimal", knurrte ich und hielt zur Verdeutlichung zwei Finger hoch. „Eine ganze Woche habe ich auf dich gewartet und was bekomme ich?" Grob wischte ich seine Hand von meinem Oberschenkel und funkelte ihn wütend an. „Kein Anruf, nichts. Nur eine lächerliche Nachricht, mit einer verdammten Ausrede."
Mit jedem Wort wurden Taehyungs Augen größer und die Scham stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Du weißt doch-"
„Ja, ich weiß", unterbrach ich ihn und stand abrupt auf. „Ich kann es aber nicht mehr hören." Aufgebracht lief ich vor der Couch auf und ab, ließ Taehyung dabei nicht aus den Augen.
„Jungkook, bitte. Ich habe dich vermisst, lass uns nicht streiten." Hoffnungsvoll sah er mich an, stand ebenfalls auf und griff nach meiner Hand, als ich vor ihm zurückweichen wollte.
„Nicht", wehrte ich mich gegen seine Berührung und ließ mich nur widerwillig in seine Arme ziehen. Sobald ich allerdings seinen süßlichen Duft einatmete und sich seine Körperwärme auf mich übertrug, entspannte ich mich merklich. Fest krallte ich mich in den Stoff seines Pullovers und vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge. Mit geschlossenen Augen spürte ich seine Hände auf meinem Rücken, wie er zärtlich mit seinen Fingerspitzen meine Haut liebkoste und meine Wirbelsäule nachzeichnete.
„Verzeihst du mir?", flüsterte er, berührte mich an meinen empfindlichen Seiten und legte seine Hände schließlich auf meine Hüfte.
„Ich konnte noch nie lange auf dich sauer sein", nuschelte ich und drückte federleichte Küsse auf seinen Hals. „Wie könnte ich einem wunderbaren Mann, wie du einer bist, nicht verzeihen?" Sanft drückte er er seine Finger in meine Haut und seufzte wohlig, als ich mich über seinen Kiefer nach oben küsste.
Zart küsste ich seinen Mundwinkel, sah ihm dabei tief in die Augen und spürte wie mein Herz zu rasen begann.
„Du bist so schön", wisperte ich und bemerkte, wie sehr ich diesem Mann bereits verfallen war. Taehyung war es, der unsere Lippen zu einem fast schon schüchternen Kuss verband und mich dabei noch näher an sich zog. Langsam und ganz sanft küssten wir uns, schienen uns wortlos unsere Gefühle mitzuteilen.
„Wie viel Zeit hast du?"
Immer wieder küsste ich seine geröteten Lippen, spürte das sinnliche Kribbeln unserer Berührungen und konnte nicht genug davon bekommen.
„Fünf Stunden", wisperte er und ich löste mich murrend von ihm. „Dann muss ich zurück. June will noch... naja, du weißt schon." Entschuldigend küsste er meine Nasenspitze, während ich meine Enttäuschung herunterschluckte.
Es war töricht von mir zu glauben, dass er irgendwann zu mir kommen und für immer bleiben würde. Dass er sich tatsächlich gegen seine Frau und seine Familie entscheiden würde.
„Lass uns Mario Kart spielen", schlug ich betont fröhlich vor, woraufhin Taehyung zustimmend nickte.
„Aber vorher", begann er und lehnte sich zu meinem Ohr, „ziehst du dir bitte ein Shirt an."
„Was wenn nicht?", fragte ich scheinheilig und erzitterte, als sein heißer Atem über meinen Hals strich. Überrascht krallte ich mich in seine Oberarme, als ich seine Zähne spürte, die sanft an meinem Ohrläppchen knabberten.
„Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn du halbnackt neben mir sitzt", wisperte er und senkte seine Lippen auf meinen Hals. Flatternd schloss ich meine Augen und gab mich dem süßlichen Schmerz hin, als er zu saugen begann und mich damit markierte. „Tust du mir den Gefallen?", schnurrte er und leckte entschuldigend über die kribbelnde Stelle.
Atemlos löste ich mich von ihm und nickte mehrmals.
„Weil du es bist", erwiderte ich und streckte ihm die Zunge raus. Lachend folgte er mir zur Couch und setzte sich, während ich mir mein Shirt nahm, welches ich heute Morgen über die Lehne geschmissen hatte.
„Hier." Lächelnd reichte ich ihm den zweiten Controller, nachdem ich mein Shirt angezogen und das Spiel eingelegt hatte.
„Jungkook?"
„Mh?", brummte ich und sah zu Taehyung, als er seinen Controller langsam sinken ließ. Wir hatten fast drei Stunden gespielt und gerade war ich in Führung gegangen, worüber er sich bis vorhin noch immer wieder aufgeregt hatte. Gerade allerdings, sah er emotionslos nach vorne und schien in Gedanken versunken zu sein.
„Taehyung?", fragte ich vorsichtig nach und pausierte das Spiel, bevor ich mich leicht zu ihm drehte.
„Möchtest du mein Trauzeuge sein?"
Fassungslos sah ich ihn an und glaubte mich verhört zu haben. Ein unangenehmer Schauer jagte mir über den Rücken und ich verkrampfte mich, als Taehyung seine Hand auf mein Knie legte. Wut stieg in mir auf und ich schlug seine Hand so heftig weg, dass er erschrocken zurückwich. „Willst du mich verarschen?"
„Ich... ich, also", stammelte er, woraufhin ich knurrend aufsprang.
„Wie scheiße kann man bitte sein", stieß ich hervor und hielt den Controller fest umklammert. „Ich werde ganz bestimmt nicht dabei sein, wenn der Mann den ich liebe, heiratet." Abrupt schlug ich mir die Hand vor den Mund und riss die Augen auf.
„Was hast du gesagt?", fragte Taehyung ungläubig.
Noch nie waren diese Worte zwischen uns gefallen und ich hatte auch nicht vorgehabt, sie überhaupt mal zu ihm zu sagen. Er war unerreichbar und diese Tatsache, tat ohnehin schon zu sehr weh, als es mit den drei kleinen Worte noch zu verschlimmern.
„Egal", erwiderte ich abweisend und wich zurück, als er ebenfalls aufstand.
„Das ist ganz bestimmt nicht egal."
„Doch ist es", stieß ich hervor und konnte nicht verhindern laut zu werden. „Immerhin gehst du täglich zu deiner Frau und teilst das Bett mit ihr."
„Wir schlafen nicht miteinander", nuschelte er und hatte wenigstens den Anstand zu erröten. Jegliches Denken setzte aus und mit einem Aufschrei, warf ich den Controller quer durch den Raum. Es war mir völlig egal, dass Taehyung zusammenzuckte und den Kopf einzog. Genauso war es mir egal, dass mein Controller wahrscheinlich kaputt war.
„Du würdest aber und du wirst!", brüllte ich und stand schwer atmend vor ihm.
„Ich habe keine andere Wahl." Traurig blickte er mir entgegen und wenn ich nicht so sauer gewesen wäre, hätte ich mich bestimmt erweichen lassen.
„Raus."
Vor Wut zitternd, sah ich in Taehyungs geschocktes Gesicht. Ich wollte mich nicht mit ihm streiten und unsere wertvolle, gemeinsame Zeit verschwenden, aber mein Limit war erreicht.
Mir war klar gewesen, worauf ich mich damals eingelassen hatte und doch schmerzte es zu sehr.
„Ich wollte dich damit nicht verletzen, aber... ich brauch dich", stammelte er und kam mit langsam Schritten auf mich zu.
„Du strapazierst meine Nerven", zischte ich, packte ihn an den Schultern und hielt ihn damit auf Abstand. „Verschwinde."
Mit vollem Gewicht stemmte er sich gegen mich, bevor ich ihn schubste und er mit einem erstickten Laut zurücktaumelte. Gekränkt sah er mich an, bis er enttäuscht seine Schultern hängen ließ.
„Ist gut", nuschelte er und schlich mit gesenktem Kopf in den Flur. Nachdem er sich provozierend langsam seine Schuhe angezogen hatte, ging ich, mit so wenig Körperkontakt wie möglich, an ihm vorbei und öffnete die Wohnungstür.
Eisern ignorierte ich seinen hoffnungsvollen Blick und umklammerte den Türgriff so heftig, dass meine Knöchel weiß hervortraten.
Mit einem letzten entschuldigenden Blick zu mir, verschwand er im Hausflur und stieg die Treppe herunter. Zischend warf ich die Tür mit einem lauten Knall ins Schloss und stapfte ins Wohnzimmer zurück.
Ich hatte kein Recht, mich so über seine Situation aufzuregen, denn ich war immerhin nur die heimliche Affäre.
Doch mein Herz verlangte nach Taehyungs voller Aufmerksamkeit, die ich niemals bekommen würde. Denn so sehr er sich auch nach mir verzehrte, würde er diesem Verlangen niemals nachgeben.
Viel zu oft stritten wir uns wegen seiner bevorstehenden Heirat, doch genauso oft vertrugen wir uns wieder. Jedes Mal kam er nach ein paar Tagen wieder zu mir, küsste und berührte mich, nur um mich dann wieder zu verlassen.
~♥~
„Jungkook, ich brauche dich."
Mit diesen Worten stand Taehyung einige Tage später vor meiner Tür. Dunkle Schatten zeichneten sich unter seinen Augen ab, die jeglichen Glanz verloren hatten.
„Ich kann an nichts anderes mehr denken als dich", flüsterte er und allein durch seine tiefe Stimme, breitete sich eine Gänsehaut auf meinen Armen aus.
„Komm rein", bat ich ihn und ließ ihn nicht aus den Augen, als er mit gesenktem Kopf in meine Wohnung schlich. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, schloss ich hinter ihm die Tür und musterte seine zusammengesunkene Gestalt.
„Was ist los?" Ich flüsterte nur, wagte nicht lauter zu sprechen und trotzdem zuckte er leicht zusammen.
„Heute ist mein Junggesellenabschied", antwortete er und sah mich dabei verzweifelt an. „Egal was ich mache, ich kann nur an dich denken. Ich will nicht feiern gehen oder mich betrinken. Gott... ich ertrage nicht mal die Nähe von meinen Eltern oder... June."
So sehr mich seine Worte oder seine Verzweiflung hätten freuen sollen, war es nur seiner Panik vor der Hochzeit zu verdanken, dass er sie überhaupt aussprach.
„Du bist nur nervös, Taehyung. Das legt sich wieder." Aufmunternd klopfte ich ihm auf die Schulter und ging an ihm vorbei, um ins Wohnzimmer zu gehen. „Du bekommst kalte Füße. Vielen Männern geht es so."
Meine eigentliche Meinung zu dem Thema behielt ich für mich, stellte meine eigenen Bedürfnisse hinten an und war für ihn das, was er gerade am meisten brauchte.
Ein guter Freund.
Mehr nicht.
„Setz dich und beruhig dich erst mal", schlug ich vor und deutete auf die Couch, als ich seine Schritte hinter mir hören konnte. Anstatt sich aber zu setzen, blieb er mitten im Raum stehen. Leicht hin und her schwankend, sah er mich an, bis sich sein Gesichtsausdruck plötzlich änderte.
„Taehyung?"
„Lass mich vergessen."
Mit gestrafften Schultern, sein Kinn leicht nach oben gereckt, sah er mir eindringlich in die Augen und schien fest entschlossen zu sein. „Irgendwie, Jungkook. Deine Nähe... ich brauche sie."
Mit klopfendem Herzen erwiderte ich seinen Blick und spürte ein lustvolles Ziehen in meiner Lendengegend. Vergessen war mein Vorhaben nur ein guter Freund für ihn zu sein. Ich verschwendete keinen Gedanken an die Konsequenzen, an den nächsten Tag oder an mein Herz, welches zwangsläufig gebrochen werden würde. Stattdessen übernahm mein Körper die Führung, bewegte sich auf ihn zu und blieb dich vor ihm stehen. Grob schob ich meine Hand in seinen Nacken und zog seinen Kopf zu mir, so das sich unsere Nasenspitzen berührten.
„Ich werde dich vergessen lassen", raunte ich und presste meine Lippen auf seinen Mund.
Keuchend erwiderte Taehyung meinen stürmischen Kuss, griff nach dem Saum meines Shirts und zerrte es ein Stück nach oben. Bebende Fingerspitzen berührten meinen Bauch, strichen über meine Seiten und hinterließen prickelnde Spuren auf meiner Haut. Seufzend knabberte ich an seiner Unterlippe und drückte mich ihm wollend entgegen.
Mit fahrigen Fingern suchte ich die Knöpfe seines Hemdes, öffnete sie und riss ungeduldig daran, so das sie mit einem leisen, kaum wahrnehmbaren Klappern, auf dem Boden landeten.
Grob zerrte er meinen Kopf an meinen Haaren zurück, senkte seine Lippen auf meinen Kehlkopf und saugte sachte an der empfindlichen Haut. Seufzend gab ich mich seiner Berührung hin und strich mit meinen Händen über seinen Oberkörper, zeichnete seine leicht definierten Muskeln nach.
„Schlafzimmer", keuchte ich und wimmerte enttäuscht, als Taehyung sich ruckartig von mir löste. Mit einer fließenden Bewegung schob er sich sein Jackett und sein Hemd von den Schultern, zerrte mir anschließend mein Shirt über den Kopf.
Gierig und hungrig fanden sich unsere Lippen zu einem weiteren leidenschaftlichen Kuss, während ich Taehyung langsam in den Flur schob.
Keine Sekunde konnten wir die Finger voneinander lassen, mussten die weiche Haut, des jeweils anderen berühren.
Knurrend stieß ich Taehyung gegen die Wand, öffnete seinen Gürtel und schob den Reißverschluss herunter. Dicht presste ich mich an ihn, spürte seine Härte durch den Stoff seiner Hose und massierte sie hingebungsvoll.
„Du glaubst nicht wie sehr ich dich will", raunte ich und schnappte nach seinen Lippen, um ihn leidenschaftlich zu küssen. Über die Lippen leckend sah er mich danach an und mir lief ein heißer Schauer über den Rücken, als sich sein Blick verdunkelte.
„Ich gehöre dir." Seine Worte vernichteten meine Bedenken, bevor wir uns unserer restlichen Klamotten entledigten und ins Schlafzimmer stolperten. Eng aneinander geschmiegt lagen wir kurz darauf zwischen den kühlen Laken, küssten und berührten uns, bis Taehyung auffordernd seine Beine öffnete. Automatisch rutschte ich dazwischen, sah ihm tief in die Augen und gab mich dem verbotenen Gefühl hin, mit einem vergebenen Mann zu schlafen.
~♥~
Niedergeschlagen, mit einem schmerzhaften Ziehen in der Brust, saß ich in einem kleinen Café in der Nähe meiner Wohnung. Es war früh am Morgen, vor mir stand eine dampfende Tasse Kaffee und ich sah gedankenverloren aus dem Fenster.
Die letzte Nacht war die Schönste in meinem Leben gewesen, doch ziemlich schnell hatte mich die schmerzhafte Realität eingeholt. Die liebevollen Worte, Küsse, Berührungen und seine Blicke hatten keinen Wert. Es war nur für eine Nacht gewesen.
Ein paar Stunden, in denen ich mir eingebildet hatte, mit Taehyung zusammen zu sein. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als ich daran dachte, wie ich mich wie ein Feigling davon geschlichen hatte.
Der Drang, wieder zu Taehyung unter die Decke zu schlüpfen und mich an seinen warmen Körper zu kuscheln, war groß gewesen. Geändert hätte es allerdings nichts. Er hätte mich trotzdem verlassen. Unwiderruflich.
Innerlich völlig leer, stand ich zwei Stunden später in meiner Wohnung und ließ meinen Blick durch das Wohnzimmer schweifen. In der völligen Stille um mich herum, hörte ich nur meine eigenen Atemzüge und meinen Herzschlag. Nichts deutete mehr darauf hin, was gestern Abend hier passiert war.
Seufzend zog ich mein Smartphone aus meiner Hosentasche, warf es auf die weichen Polster der Couch und wandte meinen Blick ab. Ich musste anfangen nach vorne zu sehen und ein Leben ohne Taehyung zu führen, auch wenn es mir schwer fiel ihn zu vergessen. Müde und erschöpft schlich ich durch den Flur, betrat mein Schlafzimmer und blieb abrupt stehen.
Auf dem ordentlich gemachten Bett, lag Taehyungs Hemd.
Mit gemischten Gefühlen streckte ich meine Hand aus, berührte mit den Fingerspitzen den weichen Stoff und lachte freudlos, als ich die fehlenden Knöpfe bemerkte.
Ich konnte Taehyung nicht vergessen. Niemals.
Dafür liebte ich ihn einfach zu sehr.
Mit dem Gedanken an ihn, zog ich mir meinen Pullover über den Kopf und schlüpfte in das Hemd. Kühl schmiegte sich der Stoff an meine Haut, sein süßlicher Duft haftete noch daran und ich schlang gequält meine Arme um mich selbst.
Nachdem ich mich den ganzen Zeit zurückgehalten hatte, hielt ich meine aufkommenden Tränen, dieses Mal nicht auf. Schluchzend gab ich mich dem Schmerz hin, Taehyung verloren zu haben.
Meine Nase in Taehyungs Hemd vergraben, saß ich regungslos auf der Couch.
Aus Sekunden wurden Minuten.
Minuten wurden zu Stunden.
Meine Augen brannten, auf meinen Wangen waren die letzten Tränen getrocknet und hinter meinen Schläfen pochte ein unangenehmer Schmerz.
Taehyung musste mittlerweile ein verheirateter Mann sein, mit einer wunderschönen Frau an seiner Seite und als Stolz seiner Familie.
Ein lautes Klopfen riss mich aus meinen Gedanken und ich überlegte, einfach sitzen zu bleiben. Derjenige vor der Tür blieb allerdings hartnäckig, wechselte zwischen Klingeln und Klopfen. Schwerfällig setzte ich mich auf, nahm mir einen Moment und erhob mich, um zur Tür zu gehen.
„Jungkook, bitte mach die Tür auf."
Meine Hand schwebte über dem Türgriff und eine Gänsehaut überzog meine Arme, als ich die mir bekannte Stimme hörte.
„Bitte, Jungkook."
Mit klopfendem Herzen, drückte ich die Klinke herunter und taumelte zurück, als sie ruckartig aufgestoßen wurde. Mit einem ohrenbetäubenden Knall schlug sie gegen die Wand.
„Taehyung", murmelte ich fassungslos und starrte in seine dunklen Augen. „Musst du nicht... Hochzeit... Was machst du hier?", stammelte ich, wich vor ihm zurück, als er meine Wohnung betrat und die Tür hinter sich schloss. Unentwegt sah er mir dabei in die Augen, lockerte seine Krawatte und zog sein Hemd aus seiner Hose.
„Ich konnte nicht", begann er zu sprechen und schüttelte mehrmals den Kopf.
„Ich habe am Traualtar gestanden, zig Augenpaare haben mich angestarrt und mein Vater sah so verdammt stolz aus. All die Jahre war ich fest davon überzeugt gewesen, das Richtige zu tun."
Gebannt lauschte ich ihm und griff nach dem Saum des Hemdes, welches ich noch immer trug.
„June ist eine tolle Frau, in jeglicher Hinsicht und sie wäre bestimmt eine gute Mutter." Wie Messerstiche, bohrten sich seine Worte in mein Herz. Ich wollte nicht hören wie toll sie war, wie viel mehr sie ihm bieten konnte oder wie sehr er sie liebte.
„Aber ich werde sie nicht heiraten."
Wimmernd schlug ich mir eine Hand vor den Mund und drückte mich mit dem Rücken an die Wand hinter mir, um den Halt nicht zu verlieren. Unter meinem ungläubigen Blick, zog er den silbernen Verlobungsring von seinem Finger und ließ ihn fallen. Klimpernd landete er auf dem Boden, rollte ein Stück und blieb ruhig liegen.
„Jungkook?"
Langsam hob ich meinen Kopf, löste meinen Blick von dem Ring und stellte überrascht fest, wie nah Taehyung mir war.
„Ich liebe dich", sagte ich leise und dieses Mal würde ich mein Geständnis nicht zurücknehmen. Er sollte wissen wie ich fühlte, was ich dachte und wie sehr ich ihn wollte. „Schon immer, von Anfang an."
Sein Gesicht nahm einen liebevollen Ausdruck an, bevor er mich in seine Arme zog und mit seinen Händen sanft über meinen Rücken streichelte. Seufzend lehnte ich mich gegen seine Brust und schloss vertrauensvoll die Augen.
„Es wird nicht leicht werden", murmelte Taehyung in meine Haare, „Meine Familie hasst mich, sie werden dich für alles verantwortlich machen. Kannst du damit leben? Möchtest du trotzdem mit mir zusammen sein?" Schluchzend schlang ich meine Arme um ihn, nickte mehrmals und holte stockend Luft.
„Ich brauche doch nur dich, was interessieren mich die anderen", nuschelte ich und hauchte einen Kuss auf seine Stoff bedeckte Brust.
Schniefend löste ich mich ein wenig von ihm, wischte mir fahrig die Tränen von den Wangen und wagte erst dann einen Blick in seine Augen.
„Bist du dir sicher? Willst du mich und keine Frau, die dir Kinder schenken kann?"
„Ich höre auf mein Herz und das schlägt seit einiger Zeit nur noch für dich." Unzählige Tränen lösten sich aus meinen Augenwinkeln und ich versuchte zu lächeln, als Taehyung mich erschrocken ansah.
„Danke", hauchte ich, nahm seine Hand und legte sie an meine Wange. Mit geschlossenen Augen schmiegte ich mich an die wohltuende Wärme.
Ich schmolz unter der zärtlichen Berührung seiner Lippen, die unendlich vorsichtig und weich war.
„Ich liebe dich, Jungkook", wisperte er zwischen vielen kleinen Küssen, die er mir auf den Mundwinkel hauchte. Glücksgefühle durchströmten mich und vertrieben die Erinnerungen an die letzten Stunden, die ich mich meiner Trauer hingegeben hatte.
Eng umschlungen standen wir in meinem Flur, klammerten uns aneinander und küssten uns immer wieder.
„Ich mag dein Hemd." Kichernd schlang ich meine Arme um seinen Hals und drückte meine Nase an seinen Hals.
„Es gehört jemanden, der mir sehr wichtig ist."
Mit geschlossenen Augen lauschte ich seinem leisen Lachen und fühlte mich beschützt, als er einen sanften Kuss auf meine Schläfe hauchte. Egal wie schwer die kommende Zeit werden würde, ich hatte nicht vor, Taehyung ein weiteres Mal gehen zu lassen.
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