CHAPTER SEVEN

"Hey Kayla!", rief jemand. Ich drehte mich um und sah Ben Lewis, wie er auf mich zukam. Er gehörte auch zu dem Freundeskreis meines Bruders. Wir hatten noch nicht viel miteinander zu tun gehabt, aber trotzdem mochte ich ihn. Er war warmherzig und humorvoll. 

"Hey", gab ich zurück. Er lächelte mich freundlich an und wir begannen nebeneinander herzulaufen. Ich schaute nochmal zu dem Haus aus dem Ben eben herausgekommen war. Es war etwas kleiner und hatte eine gelbe Außenfassade, wodurch es sehr fröhlich wirkte. 

"Wo ist Charlie?", fragte er interessiert. "Zuhause. Er fühlt sich nicht so gut", entgegnet ich. Schon als ich ihn gestern gesehen hatte, wusste ich, dass er heute nicht zur Schule kommen könnte. Ich wusste immer noch nicht warum er das getan hatte. Charlie machte normalerweise nichts dummes. 

Und, dass es dann gestern auch noch so ausgeartet war, machte alles nur noch schlimmer. Die beiden hatten sich kindisch verhalten, weshalb ich halbwegs froh war, heute ohne die beiden zur Schule zu gehen. 

"Was war gestern mit Noah los?" Fragend sah ich ihn an. "Was genau meinst du?" Er fuchtelte mit den Händen herum während er laut einatmete. Er wirkte keinesfalls unsicher oder so etwas in der Richtung. Eher suchte er nach den richtigen Worten. 

"Ich rede von Noah's Faust in Kian's Gesicht." Ich hob eine Augenbraue. "Du hast das gesehen?" Ben stieß ein leises Lachen hervor. "Ich würde sagen die ganze Schule hat das mitbekommen - sogar die, die nicht anwesend waren." 

Es hatte sich also rumgesprochen - toll. Und niemand wusste den wahren Grund für Noah's Wut. "Also...?" Wieder sah ich ihn unwissend an. "Was hat es nun mit dem Schlag in die Fresse zu tun?" Ich musste lachen, bei der Art wie er die Szene formulierte. 

"Nur ein paar Streitigkeiten, nichts weiter." Ich sah ihm an, dass er mehr erfahren wollte und er deshalb nicht wirklich zufrieden mit meiner Antwort war, aber ich wollte kein großes Ding draus machen. 

Wir liefen den restlichen Weg zusammen zur Schule und ich konnte nicht leugnen, dass es mir wirklich Spaß gemacht hatte, mich mit ihm zu unterhalten. 

Ein bisschen Furcht hatte ich vor der Pause. Alyssa zu begegnen fühlte sich immer noch unendlich komisch an. Doch ihr Lächeln, als sie mich von weitem sah, ließ mich fühlen, als wäre nichts geschehen. 

Wir erzählten uns viel und lachten, so wie früher immer. "Hast du heute schon was vor?", fragte sie mich. Mein Lächeln wurde breiter und ich wusste, dass ich sie nicht verloren hatte. 

"Wie findest du das?" Ich schüttelte den Kopf. "Die Farbe ist nichts für dich", kritisierte ich das Kleid, was sie sich vor den Körper hielt. Ich wühlte mich weiter durch die verschiedenen Klamotten. Mir fiel ein Teil besonders auf. Es war ein Oversized T-Shirt in weiß. Ich entschied mich es anzuprobieren, also hing ich es einfach über meinen Arm, wo noch um die 10 anderen Shirts hingen. 

Die nächsten Wochen verbrachte ich mit Alyssa. Nur wir zwei. Und es tat mir unglaublich gut. Ich fand nie den richtigen Zeitpunkt, um ihr von Kian zu erzählen. Ich hielt es nicht mehr für wichtig, auch wenn ich es eigentlich besser wissen müsste. 

Auch heute verbrachte ich den Abend mit Alyssa. Ich übernachtete bei ihr, so wie früher. Sie saß an ihrem Schreibtisch und lackierte sich die Nägel, während ich auf ihrem Bett saß und am Handy herumtippte. Neben mir stand eine riesen Schüssel Gummibärchen, in die ich hin und wieder griff. 

"Morgen bin ich seit einem halben Jahr mit Kian zusammen", teilte Aly mir euphorisch mit. Ich hielt in meiner Bewegung inne, die Hand gerade in den Süßigkeiten vergraben. Ich merkte wie mir ganz warm wurde. Mein Körper war total angespannt und ich konnte nichts tun. 

"Jedesmal, wenn ich auch nur seinen Namen sage, verkrampfst du dich und sagst keinen Ton." Sie hatte sich auf ihrem Stuhl zu mir gedreht und sah mich verzweifelt an. "Warum kannst du dich nicht für mich freuen?" 

Ich schlang meine Arme um meine angewinkelten Beine. "Das ist es nicht, Aly." Sie seufzte traurig. "Was ist es dann?" Die vielen Gummibärchen in meinem Bauch machten mir mit einem mal zu schaffen. Und ich fragte mich, wie ich so viele davon essen konnte. 

Ich nahm all meinen Mut zusammen, um zu reden, doch irgendwie bekam ich keinen Laut raus. Als hätte ich meine Stimme verloren. Ich holte erneut tief Luft. "Kian...", ich konnte es ihr einfach nicht sagen. "Bitte Kayla", sie wirkte hilflos und ich wollte, dass sie endlich die Wahrheit erfuhr. 

"Kian ist ... nicht der richtige für dich", versuchte ich es mit anderen Worten zu formulieren. Sie runzelte ihre Stirn. "Was willst du mir genau damit sagen?" Ich konnte einen Hauch von Wut in ihrer Stimme erkennen. 

Ich machte mich für den Moment bereit ihre heile Welt zu zerstören. Sie zu verletzen war das letzte was ich wollte, doch Kian musste aus ihrem Leben verschwinden. "Er hat mich angefasst ... an intimen Stellen." 

Sie schaute mich mit großen Augen an. Ein verächtliches Lachen erfüllte meine Ohren. "Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?" Verständnislos schüttelte sie den Kopf und noch so ein Lachen verließ ihren Mund. 

Auch wenn sie mir wahrscheinlich keinen Glauben schenkte, versuchte ich sie nicht anzukeifen, wie sie es gerade mit mir machte. "Ich würde dich nie anlügen. Ich will dich nur vor ihm beschützen." Sie schaute mich aus zusammengekniffenen Augen an. "Und wann soll das bitte passiert sein?" 

"Auf der Party", entgegnete ich kraftlos. Sie stand von ihrem Stuhl auf und stellte sich mit verschränkten Armen vor mich. "Denkst du ernsthaft ich kauf dir das ab? Ich seh doch wie du Kian angaffst!"

Ich hatte mit allem gerechnet, dass sie sagen würde: "Menschen machen Fehler", oder, dass sie ihn abserviert, aber nicht damit, dass sie denkt ich würde sie anlügen. Und es tat mir verdammt weh, weil ich immer dachte sie würde zu mir halten, egal was passiert. Doch nun, in diesem wichtigen Moment hält sie zu der falschen Person. 

"Du verstehst das völlig falsch!" Nun stand ich auch auf und stellte mich vor sie. Sie fasste sich mit der Hand an den Kopf und drehte sich mit dem Gesicht weg von mir. "Ich kann es echt nicht fassen", flüsterte sie in einer Lautstärke, die ich gerade so noch verstehen konnte. 

Ich ging näher an sie heran und legte meine Hand auf ihre Schulter, doch sie entwischte meinem Griff in Sekundenschnelle. "Ich dachte wir wären Freunde." Schnell ging ich dazwischen. "Wir sind Freunde!" 

"Wieso versuchst du dann mir meinen Freund auszuspannen?" Ich konnte den glasigen Schimmer in ihren Augen sehen und es brach mir das Herz. Nicht nur, weil ich es hasste wenn sie traurig war, sondern weil sie wegen mir traurig war.

"Wieso kannst du deine Eifersucht nicht in den Griff kriegen und verstehen, dass ich mit Kian glücklich bin!" Ich konnte sie nur fassungslos anschauen. "Kian hat mir schon erzählt, dass er glaubt du hättest dich in ihn verliebt. Ich wollte es nicht glauben - bis jetzt." 

Die ersten Tränen rollten meine Wange hinab und die Wut auf Kian wurde größer und größer. Er hatte alles im Griff. Herablassend schaute sie mich an. "Du bist so eine Schlampe." "Er wollte mich vergewaltigen! Verstehst du das nicht!", brüllte ich direkt nach ihrer Bemerkung. 

"Hau ab! Hau verdammt nochmal ab!", entgegnete sie schreiend und drehte sich direkt wieder von mir weg. Kurze Zeit verharrte ich noch in meiner Pose, weil ich nicht realisieren konnte, was gerade passiert war. Dann nahm ich mein Handy vom Bett, den Rucksack, der auf dem Boden stand und lief durch die Tür ohne mich noch einmal umzudrehen. 

Die restlichen Tage hatte ich nichts mehr von Alyssa gehört. Sie ignorierte mich komplett. Wenn ich sie in der Schule sah würdigte sie mich keines Blickes. Und wenn sie es doch tat, dann war sie gerade auf Kian's Schoß und schlabberte ihn ab. Es war offensichtlich, dass sie versuchte mich eifersüchtig zu machen und ich fand das unerträglich. 

Auch diese Pause sah ich die beiden knutschend auf der Bank. Ich rümpfte die Nase und sah augenblicklich weg, als ich dann Ben sah wie er alleine an einem Tisch saß. Ich überlegte kurz, ob ich mich wirklich zu ihm setzen sollte, nur weil ich mich vor ein paar Wochen gut mit ihm unterhalten hatte. Doch ich wollte auch nicht, wie die letzten Tage alleine sitzen.

Ich rang mit mir selbst, als ich schließlich auf ihn zuging. Er sah auf als ich gerade vor dem Tisch angekommen war. "Hey, kann ich mich zu dir setzen?" Er nickte und lächelte mich freundlich an. "Klar doch." Erleichtert, dass er mich nicht abserviert hatte, setzte ich mich neben ihn.

Ich packte mein Essen aus, welches aus Erdbeeren, Kirschen und Schokoladenkeksen bestand. Ich öffnete die erste Tupperdose und nahm mir eine große Erdbeere heraus. Im Augenwinkel sah ich, dass Ben mich ansah. 

"Ist was?" Seine Mundwinkel zuckten nach oben. Gibt es überhaupt eine Zeit in der er nicht lächelt? "Ich hab mich nur gefragt, wieso du dich zu mir gesetzt hast." Mir wurde etwas unbehaglich, weil ich nicht unbedingt wollte, dass er von der Auseinandersetzung mit Alyssa erfährt. 

Ich überlegte kurz, dann sagte ich: "Du sahst hier so alleine aus. Das wollte ich ändern." Ich unterstrich meinen Satz mit einem Lächeln, welches er selbstverständlich erwiderte. Sein Blick glitt zu meinen Erdbeeren. "Willst du eine?" Ohne zu zögern nahm er sich eine aus meiner Tupperdose, sagte: "Klar!" und warf sie in die Luft bevor er sie mit dem Mund wieder auffing. Ich lachte laut auf. 

Dann klatschte jemand hinter uns und jubelte laut. "Das sah großartig aus!", rief eine weibliche Stimme. Das Mädchen setzte sich neben Ben. Was mir als erstes auffiel waren ihre schwarzen robusten Stiefel, die Nieten an sich trugen. Sie hatte dunkles braunes Haar und war ganz in schwarz gekleidet, was das genaue Gegenteil von Ben war. Sie wirkte selbstsicher, was ihr Erscheinungsbild noch vervollständigte. 

Hinter ihr tauchte ein Junge auf der uns begrüßte. Er hatte dunkelblondes Haar und fast einen genauso ausgefallenen Style wie sie. Der Junge setzte sich genau hinter sie, während sie sich an ihn lehnte. "Hey Leute", begrüßte Ben die beiden. Die zwei musterten mich.

"Hey ich bin Kayla", stellte ich mich zögernd vor. Die beiden konnten einem ziemlich viel Respekt einflößen, was von meiner Seite aus Unsicherheit hervorrief. Ein paar Sekunden vergingen bis das Mädchen das Wort als erstes ergriff. "Lori." Der Junge neben mir taxierte mich bevor er sagte: "Ich bin Jasper." Er lächelte mich einladend an und ich tat es ihm gleich. 

"Bist du neu hier oder warum hab ich dich noch nie gesehen?", fragte Lori interessiert. Es kam ziemlich direkt, weshalb ich mich fast an meiner Erdbeere verschluckt hätte.

"Würdest du nicht immer nur auf dich selbst achten, hättest du sie schon längst bemerkt", konterte Ben überraschenderweise. Kurz musste ich lachen, weshalb nicht nur Ben einen bösen Blick von Lori kassierte.
                 
"Kayla? Dich hätte ich hier nicht erwartet", teilte mir eine bekannte Stimme hinter meinem Rücken mit. Charlie setzte sich neben mich und begrüßte die anderen.

"Ihr kennt euch?", fragte Lori spöttisch. War ich etwa jahrelang unsichtbar und wusste es nur nicht? 

"Kayla ist meine Schwester", beantwortete Charlie ihre Frage, auch wenn er selbst einen fragenden Ausdruck auf dem Gesicht hatte.

"Ach das ist deine Schwester?", erkannte Jasper verblüfft. "Ich hab sie mir immer ganz anders vorgestellt."

"Hast du etwa gedacht ich sehe so aus wie sie?", entgegnete ich und nickte zu Lori. Mit zusammengezogenen Augenbrauen schaute sie mich an.

"Was soll, dass denn jetzt heißen?" Wir alle lachten, außer Lori natürlich, die dass alles gar nicht lustig zu finden schien.

Während wir uns alle unterhielten sah ich, wie Charlies Blick gelegentlich zu jemandem glitt. Ich neigte den Kopf in die Richtung, in die er sah. Kian. Es war Kian, der Charlie's Blick auf sich zog. Ich versuchte mir nicht wirklich Gedanken darüber zu machen, und doch ließ es mich nicht los. 

Die Tür ging auf. "Essen ist fertig", teilte mir mein Bruder mit. Ich nickte und las dann noch den letzten Satz von meinem Buch zu Ende. Dann legte ich es auf mein Bett und stand auf. Im Augenwinkel sah ich, wie Charlie mich die ganze Zeit nachdenklich beobachtet hatte. Mir entging es nicht, dass er etwas zu sagen hatte. Abwartend schaute ich ihn an. 

"Ich überlege schon die ganze Zeit, warum du dich heute neben Ben gesetzt hast. Aber ich werde echt nicht schlau draus." Anscheinend würde mir diese Frage heute wirklich keine Ruhe lassen. Ich antwortete in einem ruhigen Ton, um nicht zu genervt zu klingen. Oder versuchte es zumindest, denn Charlie machte mir einen Strich durch die Rechnung. 

"Hat das was mit Alyssa zu tun? Ich hab gesehen wie sie manchmal zu dir geschaut hat, aber eher mit einem Bitch Face." Ich lachte auf. Und dann war mir aber nicht mehr nach Lachen zumute, als ich an sie denken musste. 

"Ja es hat was mit ihr zu tun." Er sah mich an, als würde er warten, dass ich weiter redete. Ich ließ mir ein paar Sekunden Zeit bevor ich versuchte es so kurz wie möglich zu machen. "Ich hab ihr von der Sache mit Kian erzählt", er machte große Augen, "Na ja, sie fand es anscheinend nicht ganz so glaubwürdig." 

Er runzelte die Stirn. "Sie denkt du lügst?" Ich war mir nicht sicher wie es für uns weiter gehen würde. Sollten wir uns jetzt für immer anschweigen? Wir sind schon jahrelang befreundet, doch nie war ich nach einem Streit unsicher, ob es nun das Ende unserer Freundschaft war. "Ja." 

Ich erinnerte mich an das, was er eben zu mir gesagt hatte. "Hast du deswegen zu Kian rüber gestarrt? Weil du Alyssa's Gesichtszüge ausmachen wolltest?" Kurz sah er aus, als hätte ich ihn bei etwas ertappt, doch schnell fing er sich wieder. "Wie kommst du darauf, dass ich Kian beobachten würde?"

Ich zuckte mit den Schultern. "Ich hab nur gesehen, wie dein Blick ständig ihm galt." Etwas in seiner Mimik verdunkelte sich. Dann stand er auf und lief Richtung Tür. "Komm, Dad wartet", sagte er und im selben Zug ging er durch die Tür. 

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