CHAPTER FOUR

Am nächsten Morgen wachte ich total fertig auf, nicht nur dass mir mein Kopf höllisch weh tat, ich war auch noch mehr als nur total müde. Der Wecker neben mir war so laut, dass ich ihn am liebsten zertrümmert hätte. Neben mir schlief mein Bruder noch und wälzte sich dauernd im Bett. Übel gelaunt stand ich auf und lief mit einem Schwindelgefühl in die Küche.

Am liebsten würde ich heute Zuhause bleiben und einfach nichts machen. Ich würde versuchen Charlie zu überreden, denn ich wusste er würde hartnäckig sein und wissen wollen was wirklich los ist, auch nach dem Debakel gestern. Also könnte ich nicht einfach nur sagen mir geht es nicht gut. Doch Charlie würde mich bestimmt nicht in die Schule gehen lassen, mit dem Hintergedanken, dass es mir nicht gut geht. 

Das erste was mir in der Küche auffiel, war der große, etwas ältere Mann. "Dad!", rief ich, während ich auf ihn zuging. Er erwiderte die Umarmung mit einem amüsiertem Lachen. "Hey, Schätzchen." Ich hatte ihn ein paar Tage nicht gesehen, da er als Chefarzt tätig ist und somit erst spät nach Hause kommt und in den meisten Fällen auch schon früh am Morgen, wenn wir aufstehen, weg ist. Deswegen bin ich umso glücklicher ihn jetzt zu sehen. 

"Charlie hat mir erzählt ihr wart gestern auf einer Party", sagte er ernst. Mein Dad wirkte nicht gerade glücklich über diese Erkenntnis. Doch eine Frage blieb offen. "Wie konnte dir Charlie davon erzählen? Wir sind doch beide gleich ins Bett gegangen." Ich fragte mich ob mein Bruder ihm auch erzählt hatte, dass er mich gestern in einem besorgniserregendem Zustand nach Hause fahren musste. Aber ich konnte mir schon denken, dass er es getan hat. 

"Er war gestern Nacht noch mal wach - anscheinend konnte er nicht schlafen. Wir haben uns unterhalten, als ich nach Hause kam." Ich nickte verstehend. "Geht es dir besser?", erkundigte er sich. Ich nickte etwas bedrückt, woraufhin er mich erneut umarmte. 

"Willst du mir wenigstens erzählen, was gestern passiert ist - Charlie wolltest du es ja nicht sagen." Ich löste mich aus der Umarmung und schüttelte verunsichert den Kopf. Ich wollte nicht mit ihm darüber sprechen, überhaupt fand ich es unangenehm und auch irgendwie peinlich, mit meinem Dad darüber zu sprechen was Kian alles mit mir gemacht hat. Doch er nickte verständnisvoll und fügte noch hinzu "Erzähl es mir sobald du bereit bist, okay?" "Okay."

Mein Dad widmete sich der Tasse Kaffee neben ihm und trank daraus. "Ach und Dad", setzte ich an,"Kann ich heute Zuhause bleiben? Ich fühle mich nicht so gut." Ich hoffte er würde Ja sagen, aber wie ich meinen Dad kannte würde das kein Problem sein. "Ja, natürlich", sagte er und sah mich besorgt an. Und während mein Vater in meiner Schule anrief und Bescheid gab, kam mein Bruder müde die Treppe hinunter. "Hey", meinte er verschlafen. Ich grinste ihn an und dann sah er Dad mit genau dem selben zufriedenen Grinsen an, wie ich ihn. 

Eine halbe Stunde später klingelte es an der Tür und Charlie machte auf. Noah kam herein und begrüßte meinen Bruder. Ich hatte es mir auf der Couch gemütlich gemacht, mit einer Decke auf mir, Tee neben mir auf dem Tisch und der Fernbedienung in der Hand, um den ganzen Tag Netflix schauen zu können. 

Charlie lief nochmal nach oben, um den Rest von seinem Schulzeug zu holen. Noah steuerte auf mich zu und stützte sich mit einer Hand auf der Couch ab. "Was ist mit dir passiert?", fragte er interessiert. Ich wusste worauf er hinaus möchte und ich hoffte er würde nicht mit dieser Ich-habs-dir-doch-gesagt-Sache anfangen. "Mir geht es einfach nicht gut", sagte ich monoton. 

Er lachte trocken. "Hat Kian's Party etwas damit zu tun?" Ich seufzte genervt auf. Auch wenn sie natürlich etwas mit meinem Zustand zutun hat, wollte ich nicht, dass er es weiß. Ihn geht das alles am wenigsten etwas an. "Nein", log ich. Wo blieb Charlie nur?

"Das glaube ich dir nicht." Ich rollte genervt mit den Augen, stand ruckartig auf und lief an ihm vorbei. "Schau, ich hab recht." Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn verwirrt an. "Womit?" Ich wusste das Noah so leicht nicht locker lassen würde, bis er endlich wusste was genau passiert ist. Doch ich versuchte mich zu verschließen, damit kein Ton, über das was auf Kian's Party passiert ist, rauskommen könnte. 

Aber was mir am meisten Sorgen bereitete, war Alyssa. Sie war immer noch mit Kian zusammen und ich konnte auf keinen Fall zulassen, dass ihr etwas passiert. Ich beschloss heute noch zu ihr zu gehen und ihr alles zu erzählen. Doch das würde ich erst machen, wenn sie Schulschluss hatte.

"Damit das du mich anlügst. Du weißt genau, dass diese scheiß Party etwas damit zu tun hat, sonst würdest du nicht meinen Fragen entkommen wollen." Genervt seufzte ich und dachte trotzdem an den Moment zurück, als seine Hände an meinem ganzen Körper waren und egal wie sehr ich von ihm entkommen wollte, ließ er mir keine Wahl. In meinen Erinnerungen versunken merkte ich gar nicht, dass ich emotional wurde und man an meiner Mimik und meiner gesamten Körperhaltung erkennen konnte, wie sehr mich das mitnahm.

Meine Augen erhielten einen glasigen Schimmer und ich senkte meinen Kopf um Kian nicht zu spüren, nicht zu hören, geschweige denn zu sehen. Noah schien zu merken, dass es mir nicht gut ging und legte deswegen seine Hand an meine Wange. Erschrocken zuckte ich zusammen, da mich diese Berührung so überkommen hatte und sich anfühlte, wie die von Kian. "Du kannst mir wirklich erzählen was passiert ist", sagte er flüsternd. Ich schüttelte kraftlos den Kopf und hatte das Gefühl, dass das Brennen in meinen Augen stärker wurde. 

"Wenn du es mir nicht sagen möchtest, dann rede wenigstens mit Charlie darüber. Du solltest das nicht nur mit dir selber ausmachen müssen." Vielleicht hatte er Recht. Ich meine, natürlich hatte er Recht. Nur ich hatte auch das Gefühl, ich müsste es nicht unbedingt jemandem erzählen, außer natürlich Alyssa. Ich würde es sicher bald hinter mir haben, ganz bestimmt. "Nein. Ist schon gut", meinte ich und wischte mir die einzelnen Tränen von der Wange, die in kurzer Zeit gekommen waren. Doch Noah schüttelte kräftig den Kopf. "Auf keinen Fall. Du musst wirklich mit jemandem reden." 

"Nein. Ist nicht nötig", redete ich mir ein. Und um so öfter ich es sagte, um so besser würde es werden, dachte ich. "Hör auf mit dem Mist. Du bist doch völlig fertig." Noah wirkte besorgt, was ich ziemlich süß fand. Er wollte wieder etwas sagen, doch Charlie kam die Treppe runter und meinte: "Wir können." Noah sah mich immer noch verzweifelt an, doch ich drehte mich um, weil es mir weh tat wie er mich anguckte, und schaute meinen Bruder an, der uns musternd zusah. Die beiden liefen zusammen zum Auto, doch bevor ich die Haustür schließen konnte, drehte Noah sich nochmal um und schaute mich so intensiv an, während er sagte: "Wenn du nicht bald mit Charlie redest, werde ich es tun." 

"Das kannst du nicht machen", sagte ich erschrocken. "Oh doch das kann ich", bekräftigte er nochmal. Er ließ mich alleine an der Tür stehen und drehte sich um, stieg in das Auto und ohne mir noch einen einzigen Blick zu widmen fuhren die beiden weg. 

Mein weiterer Morgen verlief nicht sehr interessant. Außer dass ich Fernsehen schaute und mir hin und wieder einen Snack nahm, dachte ich viel an das Gespräch mit Noah und dass er einfach so behauptete mit Charlie zu sprechen, wenn ich es nicht tat. Vielleicht sagte er es auch einfach nur so. Ja, bestimmt würde er es nicht machen. Außerdem was sollte schon großartig passieren? Ich machte mein Handy an, um zu schauen wie spät es war. Es war fast ein Uhr, was bedeutet, dass Alyssa bald Schluss hatte. 

Langsam begann ich schon mich zu langweilen. Ich hatte keinen blassen Schimmer was ich machen konnte, weshalb ich mich einfach gemütlich hinlegte und weiter Fern schaute. Irgendwann wurde ich schläfrig und mir fielen die Augen zu. 

Sie öffneten sich erst wieder, als ich lautes Gebrüll hörte. Ich war in meinem Zimmer und fragte mich ob ich hier schon lag, als ich einschlief. Oder wurde ich hergebracht? Ich stand auf und schaute direkt aus dem Fenster, da es viel dunkler auf der anderen Seite war. War es schon Abend? Ich schaute auf meine Wanduhr und erschrak. Tatsächlich. Es war gleich sechs. Eine Sekunde später hörte ich ein lautes: "Ja!" Ich lief aus meinem Zimmer und folgte lauter Musik und zwei verschiedenen Stimmen. 

Sie kamen aus dem Wohnzimmer, wie ich bemerkte. Als ich unten ankam sah ich Charlie und Noah. Ich sagte ja bereits, dass Noah einfach immer da war. Gerade jetzt hatte ich keine Lust ihn zu sehen, besonders nach dem was heute passiert war. Beide schauten mich erstaunt an. "Haben wir dich geweckt?", fragte Charlie schuldbewusst. Ich schmunzelte. "Ja, vielleicht. Aber das macht gar nichts." 

Ich taxierte die beiden und sah, dass sie irgendwas zockten, das kannte ich nur zu gut, da sie es sehr häufig machten. "Ach Noah?", er schaute auf,"Ist Alyssa da?" Er nickte und widmete sich, nachdem er mich noch für ein paar Sekunden anstarrte, wieder Charlie und dem Fernseher. Ich nahm mir meinen Schlüssel und ging aus dem Haus.

Es nieselte leicht und die Luft war außerdem ziemlich frisch. Es war noch nicht ganz dunkel, sodass man an manchen Stellen noch helle Flecken sah und die restlichen Wolken ziemlich dunkel waren, was ein schönes Bild ergab. Ich ging nach links, zum Haus direkt nebenan. Ich habe es schon immer geliebt, dass Alyssa direkt nebenan wohnte, so konnten wir uns immer sofort sehen, wenn etwas passiert war oder man einfach Zeit mit der anderen verbringen wollte. 

Ich näherte mich der Haustür und bemerkte, dass meine Hände schwitzig geworden waren. Nachdem ich einmal geklingelt hatte, öffnete sich die Haustür und Alyssa's Vater stand davor. Er lächelte mich an und sagte herzlich: "Kayla. Komm doch rein." Er machte eine Handbewegung, die mir zeigte, dass ich eintreten sollte. In dem Haus war es sehr warm und gemütlich, wie sonst auch. Es gab nie eine Zeit in der ich mich hier nicht wohlgefühlt hätte. Das Haus der Reed's war wie mein zweites Zuhause. Hier war ich immer willkommen. 

"Wie geht es deinem Vater?", fragte er. Ich musste selbst erst einmal überlegen, da ich ihn nicht allzu oft sah. Deshalb ging ich von heute morgen aus. "Ja es geht ihm gut." Im Kamin brannte ein Feuer, was es nur noch gemütlicher wirken ließ. "Er hat bestimmt viel zu tun? Siehst du ihn denn oft?" 

"Eigentlich eher weniger." Mein Dad und Alyssa's Dad waren schon ewig befreundet und sie machten auch immer viel miteinander, doch als mein Vater dann als Arzt tätig wurde, sahen sie sich nicht mehr so oft. Weshalb Mr. Reed mich auch öfters nach ihm fragte. 

"Kayla, was für eine Überraschung." Ich sah Mrs. Reed im Türrahmen stehen, bevor sie auf mich zukam und mich stürmisch umarmte. Sie roch immer nach Spekulatius, was ich wirklich sehr mochte. "Alyssa ist in ihrem Zimmer, Schätzchen." Ich lächelte ihr dankend zu und ging die hölzerne Treppe hinauf und in Richtung Alyssa's Zimmer. 

Dort angekommen öffnete ich ihre Tür und trat ein. Sie saß auf ihrem Bett und schaute sofort auf, als ich hinein kam. "Hey", sagte ich nüchtern. Sie lächelte mich an, legte ihr Handy weg und schaute mir dabei zu wie ich mich neben sie aufs Bett setzte. "Hey", erwiderte sie. Kurz saßen wir stumm nebeneinander. Und ich war die, die wusste, was ihr Freund getan hatte. Mit Bauchschmerzen schaute ich sie an und fragte angespannt: "Wie war die Schule heute?" 

"Mh. Eigentlich wie immer. Ziemlich langweilig." Ich nickte. "Charlie hat mir erzählt, was passiert ist ... auf der Party, weißt du?" Etwas erschrocken darüber wandte ich den Blick ab. Was sollte ich ihr sagen? Die Wahrheit am besten. Nur hatte ich so Angst davor. Ich holte tief Luft und setzte zum Reden an. "Die Sache ist ... ich. Ja. Also." Scheiße war es schwer ihr davon zu erzählen. Sie ließ mir meine Zeit, damit ich nochmal neu ansetzten konnte. "Ich denke ich hatte einfach etwas zu viel Alkohol." Sag es ihr.

Sie schmunzelte. "Ja. Ich auch." Dabei lachte sie und ich stimmte angespannt mit ein. Ich würde es ihr noch sagen, da bin ich mir ganz sicher. Nur nicht jetzt. "Ich würde dich ja einladen heute bei mir zu schlafen", setzte sie an. "Doch das tut Kian schon, also wird das wohl nichts." Ich erschrak. Ich fühlte mich nicht nur schlecht, weil ich es ihr nicht sagen konnte, sondern auch, weil sie jetzt die Nacht mit ihm alleine sein würde. 

"Er kommt gleich", sagte sie und schaute auf ihre Armbanduhr. Sie freute sich riesig, das merkte man ihr an. Als ich realisierte, dass ich Kian jeden Augenblick begegnen könnte, ließ mich erstarren. Ich musste schnell hier raus, denn ich wollte ihm auf keinen Fall unter die Augen treten. Ich stand auf und sagte: "Ich geh dann mal." Doch Alyssa hielt mich auf. "Nur weil Kian kommt, heißt das nicht, dass ich dich nicht hier haben möchte. Du kannst ruhig noch bleiben." 

Ich schüttelte den Kopf und öffnete ihre Tür. "Na ja, bis morgen dann", verabschiedete ich mich und ging hinaus. Ich hörte noch wie sie verwundert meinte: "Bis morgen?" Und dann lief ich schnell den Flur entlang, die Treppe wieder nach unten, bis ich perplex stehen blieb. Es war zu spät. Kian Miller stand ein paar Meter vor mir und schüttelte die Hand von Mr. Reed zur Begrüßung. Er erblickte mich und ging auf mich zu. "Hallo Kayla", er reichte mir zur Begrüßung die Hand. Ich schaute sie nur an, während ich ihm Hintergrund hörte wie Mr. Reed rief: "Alyssa, Kian ist da!" 

Als Kian merkte, dass ich ihm nicht mehr die Hand reichen würde, zog er sie zurück, kam dafür aber mit seinem Gesicht nach vorne und sein Mund gleitete an mein Ohr. "Schön dich wiederzusehen", flüsterte er mir hinein. Immer noch geschockt schaute ich geradeaus. Hinter mir hörte ich die Freudige Stimme von Alyssa, die rief: "Kian!" Ich bekam mit wie sie ihm in die Arme sprang und ihn stürmisch umarmte und küsste. 

Seine Berührung, selbst seine ganze Anwesenheit, rief die Dinge von neulich Nacht wieder hoch. Ich zitterte leicht und konnte mich immer noch nicht bewegen, wie beim letzten Mal. "Du bist ja immer noch da", stellte Alyssa fest. Ich erwachte aus meiner Starre und ging schwankend zur Tür. Frische Luft. Es regnete immer noch. Jetzt mehr als eben. Ich atmete schnell ein und aus und lief mit großen Schritten den Weg entlang, weit weg von diesem Haus. 

Mittlerweile war ich wirklich nass, obwohl der Weg nicht mal zwei Minuten lang ist. Ich brauchte diesmal aber ewig, da ich noch zu sehr geschockt war. Alles ging viel zu schnell. Langsam wurden meine Schritte größer, bis ich endlich vor der Haustür stand. Den Schlüssel ins Schloss zu bekommen war diesmal schwerer als gedacht. Ich zitterte zu sehr. Bis es mir dann gelang aufzuschließen, stand ich triefend nass im Raum und hielt mir die Hände vor den Mund. 

Links war direkt das Wohnzimmer, in dem Charlie und Noah saßen. Sie bemerkten mich sofort. Charlie war der erste der vorsichtig aufstand. Ich sah die beiden eindringlich an. Als sie sich sicher waren, dass etwas nicht stimmt, stand auch Noah auf.

Der erste Schluchzer schlich sich aus meinem Mund raus und es wurde immer schlimmer. Nicht nur der Anblick von Kian zog mich so runter, sondern auch, dass Alyssa die ganze Nacht mit ihm zusammen ist, ohne zu wissen wozu er fähig ist und was er ihr antun könnte. Ich fühlte mich auch schuldig, weil ich es ihr nicht sagen konnte, denn wenn ich es getan hätte, würde er jetzt nicht drüben bei ihr sein.

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