Kapitel 14
Kapitel 14
Julian
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Ich mische mich in Angelegenheiten ein, aus denen ich mich eigentlich raushalten soll. Da ich eh weiß, wann Ivana Feierabend hat und auch weiß, wo sie arbeitet, stehe ich kurz vor Feierabend auf dem Parkplatz des Instituts und warte auf sie.
Ich will mit ihr über die Sache mit Mats und Cal reden. Sie wenigstens vor dem stinkigen Mats und seinen Anwälten vorwarnen, obwohl ich weiß, dass die Angst von Mats, mehr als unbegründet ist.
Ich weiß es eben, so dumm sich das anhört. »The Weeknd« dröhnt aus der Musikbox, während ich immer wieder die geschriebene Nachricht an Iva lösche.
Ich:
Erschreck dich bloß nicht, wenn du auf dem Parkplatz vor deiner Arbeit einen weißen BMW, der dir verdächtigt bekannt vorkommt, siehst.
Als ob. Iva kommt nach Stunden online und schreibt mir zurück.
Iva:
Ich habe mir aber keinen Uber bestellt.
Ich:
Eigentlich nicht, richtig. Trotzdem bin ich mal so nett und hole dich ab, bevor du wieder mit den bescheuerten Öffentlichen nach Hause tuckern darfst – falls diese nicht entfallen, oder so?
Iva:
Ah, die U-Bahn, die mich zur Innenstadt bringt, wäre gefahren. Da hätte ich nur in den Bus umsteigen müssen, der als Schienenersatz für die andere U-Bahn (die normalerweise jede fünfzehn Minuten kommt. Der Bus nur nicht). Die hält fast bei mir Zuhause.
Ich:
Wer weiß, ob die nicht doch noch ausgefallen wären. Deshalb, bin ich ja da.
Iva:
Fünf Minuten. Dann bin ich da.
Iva braucht mehr als fünf Minuten, da schlendert sie über den Parkplatz. Als sie meinen Wagen sieht, kommt sie direkt auf mich zu. Schon von weitem sehe ich, dass sie nasse Haare hat. Sie steigt in mein Auto und ein Duftschwall von Zitrone und Kirschblüte knallt mir entgegen. »Hast du geduscht?«, frage ich sie.
»Dir auch einen guten Tag«, bemerkt sie belustigt. »Aber gute Auffassungsgabe. Hast du bestimmt nicht an meinen noch nassen Haaren gesehen, was?« Sie nickt, als sie die Tür zuzieht und ihre Handtasche im Fußraum gleiten lässt. »Jedes Mal nach der Arbeit. Ich arbeite an Leichen in sämtlichen Verwesungsstufen zusammen.«
»Stimmt. Was wurde dir heute so aufgetischt?«
Julian! Was für eine dämliche Frage ist das bitte schön? Und wie taktlos und behindert. Ich reibe mir die Stirn und versuche nicht im Erdboden zu versinken.
Iva runzelt die Stirn, als sie nach dem Gurt greift und hält kurz Inne. »Hast du mich gerade wirklich gefragt, was mir heute aufgetischt wurde?«
»Ja, ich weiß nicht, wie ich die Frage sonst formulieren soll. Und, wer ist heute abgekratzt? Hört sich mies an, oder?«
Iva blinzelt zwar verwirrt, aber kann sich ein Schmunzeln nicht unterdrücken. »Ist beides so ziemlich sonderbar. Ja, ist schon verwirrend, so eine Frage zu formulieren. Außerdem verstört es mich ein bisschen, dass du das überhaupt wissen willst.«
»Ich bin neugierig und das ist für mich echt unbekanntes Gebiet. Das ist doch typisch. Neuland macht einen Neugierig. Darfst du darüber überhaupt reden?«
»Nicht über jeden Fall. Und wenn ich die Verstorbenen nicht per Namen nenne, sondern einfach Jane oder Jon Doe, geht das schon klar.« Iva schnallt sich an. »Du willst das wirklich wissen?«
»Sonst würde ich nicht fragen.«
»So zu hundert Prozent?«
»Zu hundert Prozent«, nicke ich.
»Das ist nicht für Zarteier.«
»Die hab ich in der Hose. Aber selbst bin ich keiner«, murmle ich. »Geht schon klar«, füge ich hinzu, nachdem Iva nicht auf meinen ersten Satz reagiert hat - oder sie hat es einfach nur ignoriert.
»Na gut.« Sie räuspert sich, ich drücke auf den Startknopf, der Motor heult auf. Dann lege ich den Rückwärtsgang ein und blicke auf den Bildschirm der Rückfahrkamera. »Ich hab heute bei vier Obduktionen und bei einer Untersuchung assistiert. Zwei Opfer zweier Verkehrsunfälle, eine Leiche, die in ihrer Wohnung gefunden wurde und eine Wasserleiche. Die Untersuchung fand bei einem minderjährigen Mädchen statt. Wir mussten dort Beweise für einen Missbrauch finden.«
Ich blase meine Wangen auf und lasse die Luft hörbar laut raus. »Ach du liebes Lieschen.«
»Du bereust das gefragt zu haben, hm?«
»Nein, nicht wirklich. Aber damit habe ich nicht gerechnet.«
»Wie gesagt. Ist halt nichts für Zarteier. Ist deine Neugier wenigstens ein bisschen gestillt?«
»Ein bisschen.« Ich fahre von dem Klinik-Gelände hinunter. Einen kurzen Moment schwelgen wir beide, dann redet Iva weiter.
»Ich hab mir gestern übrigens das Spiel angeschaut. Warum hat der Schiedsrichter eine Sprühflasche Sahne mit dabei?«
Da ich eh an einer roten Ampel zum Stehen komme, werfe ich Iva einen belustigten Blick zu. Gott, wie ich mir das Lachen unterdrücken muss. Sie hat ja so wirklich keine Ahnung vom Fußball.
Sie starrt mich an. »Ich habe dir gesagt, dass ich absolut keinen Plan von deinem Sport habe.«
Ich fange doch an zu lachen. »Das ist keine Sprühsahne, Iva. Das ist eine Art Flüssiggas-Substanz, ähnlich wie ein Rasierschaum. Besteht aus Wasser und Butan, löst sich nach ein bis zwei Minuten von selbst auf und ist weder schädlich für die Umwelt, noch für den Rasen – laut Hersteller.«
»Aha, okay.« Die Ampel schaltet auf Grün und ich kann weiter fahren.
»Damit markiert der Schiedsrichter, der Typ mit der Trillerpfeife und den bunten Karten, die Position zwischen Spieler und Ball. Das verhindert bei einem Freistoß, dass die Abwehrmauer, zu nah an dem Kerl, der Schießen muss, herankommt.«
»Bunte Karten? Ich hab gestern nur Gelbe und Rote gesehen.«
»Ja, in dem Fall rot und gelb.« Ich seufze. »Traurig genug, dass Manchester United uns trotz Unterzahl so in den Arsch treten konnte.«
»Ich habe das Spiel mit meinem Nachbarn geguckt, ganz netter Kerl. Hat gesagt, dass es schon seit einiger Zeit nicht gut in deiner Mannschaft läuft.«
»Ja, da ist gewaltig der Wurm drinnen.«
Ein riesiger, übergewichtiger Wurm. Ein Wurm so groß wie das Empire State Building.
»Hilft wohl nur ein anderer Trainer, der euch gehörig den Kopf wäscht.«
»Ja, es müssen auch einige Spieler gehen, vielleicht ein paar Neue, die gemeinsam mit einem neuen Trainer, frischen Wind in die Mannschaft bringen. Momentan läuft es alles andere als gut bei uns.«
»Wie ich bereits sagte, das wird schon. Ihr müsst nur einen richtigen Arschtritt bekommen und dann geht's schon wieder aufwärts.«
»Dein Wort in Gottes Gehörgang«, murmle ich. »Und dein Nachbar, wie ist der so?«
»Ganz nett. Der stand gestern einfach vor meiner Wohnungstür, mit einer Flasche Rosé und hat mich in der Nachbarschaft Willkommen geheißen. Er ist wohl auch erst vor kurzen von Hamburg nach Dortmund gezogen. Sympathisch ist er auch.«
»Wenn wir schon mal von Cal reden, kann ich ja auch gleich weiterreden.«
Ich spüre Ivas Blick auf meinem Gesicht. »Woher weißt du? Hä? Oh, Mierda. Du kennst Cal?«
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