10. Kapitel - Flying
Eine ganze Weile waren wir einfach nur durch diese endlos verworrenen Gänge gelaufen, auf und ab, links und rechts. Den Weg zurück zu dem Zimmer würde ich selbstständig nie wieder finden, wie ich mir allmählich eingestehen musste.
Das Gesicht meines Begleiters erhellte sich, was in mir die Hoffnung aufblühen ließ, dass wir endlich da waren. Bokuto stieß eine Türe auf. Langsam trat ich durch den Rahmen dieser, hielt meine Hand hoch, um das helle Licht der Sonne etwas abzuschirmen, als ein warmer Südwind mich ergriff, mein Herz schneller schlagen ließ.
Wir waren auf einem hocherhobenen Ast des großen Baumes, um den sich der wilde Wind nur so schlang. Wie hielten die ganzen Flieger nur diese Turbulenzen aus? Langsam löste ich mich von dem anderen, um etwas mehr in die Mitte der Plattform zu treten, den Blick in Richtung des Horizonts.
Etwas erschauderte ich, als ich die warmen Hände des anderen an meinem Bauch spürte, seinen Atem in meinem Nacken feststellte. Mir stockte der Atem, als unsere Körper sich noch mehr berührten. "Ich bin mir sicher, du hast Interesse daran selbst auch eine Runde zu fliegen, nicht?", raunte er mir leise zu, sodass ich aufpassen musste, dass seine Worte nicht einfach von dem ungestümen Wind hinfort getragen wurden.
Dennoch warf ich ihm einen irritierten Blick zu, ließ mich von ihm umgarnen, als wäre ich eine Beute in erreichbarem Bereich.
Sein Arm schlang sich um meine Taille. "Lass mich dir den Wind zeigen", flüsterte er in meine sensiblen Ohren. Und obwohl ich mich doch als unerreichbar ausgeben wollte, so nickte ich leicht, sank fast etwas gegen ihn, ehe Federn meine Haut kitzelten, er gekonnt die Strömungen des hier herrschenden Aufwindes ausnutzte. Warme, salzige Brisen wehten mir um die Nase. Der Geruch von Freiheit breitete sich in meinem gesamten Körper aus, während er meinen Körper dicht bei sich hielt, er gekonnt immer weiter aufstieg. Die Tiefe ließ mich nicht mal ein wenig erschaudern, viel mehr regte mich die unendliche Höhe des Universums an, ließ mich meine Hand nach dieser ausstrecken.
"Bereit?", brachte mich Bokuto wieder in die Realität, ließ mich ihn schockiert ansehen, als sein Griff plötzlich meinen Körper verließ, ich in den freien Fall geriet. Die Luft wurde rapid wieder dicker, während ich seinen Namen schrie, als ich wortwörtlich aus den Wolken stürzte. Mein Herz klopfte voller Angst, voller Aufregung, während ich entschied erstmal versuchen wieder meine Balance zu finden.
Der Wind umschloss mich wie eine warme Hülle, als mein Körper sich dem Boden allmählich wieder zur richtete. Ich streckte die Arme von mir, um die Balance wiederzufinden, fand ein Gefühl für den Wind, die Freiheit, schien von dieser getragen zu werden, bis eine starke Windböe von unten mir so viel Auftrieb verpasste, dass ich wieder ein Stück aufsteigen konnte. Das war geschah, war wie automatisiert, etwas, dass ich nie für möglich gehalten hatte. Mein Körper trug sich selbst, mein Geist verblieb in unersättlicher Freiheit, während meine Flügel sich streckten. Gefühle, die ich derartig noch nie gespürt hatte, rannten in mir, dass mir fast die Tränen kamen? War das die Freiheit, die ich schon so lange erwartete? Die Sonne blendete mich ein wenig, ehe ich eine warme Hand an meiner Taille spürte, mich suchend umsah, bis ich den Idioten fand, der mich einfach losgelassen hatte. Sein Körper war unter meinem, unsere Gesichter dennoch zueinander gerichtet, während ich ihn aufmerksam anblickte.
Woher er Dinge wusste, die ich nicht ahnte, hinterfragte ich nicht weiter, als wir zum Stillstand inmitten der Wolken kamen, die sich um uns türmten. "Ich hab dir noch nicht verziehen", stellte ich schnell klar, bevor er auf dumme Gedanken kam. Sogleich fiel mir sein geknickter Blick auf. "Und nochmal wirst du mich nicht fallen lassen", hing ich mürrisch an, damit ich auch ja alles loswurde, was mir auf dem Herzen lag. Kurz zögerte ich, ehe ich sein Kinn zu mir zog, unsere Lippen sanft miteinander verband. "Danke", nuschelte ich leise, ehe ich etwas unbalanciert durch die Wolken davon tauchte, nur beten konnte, dass er mir folgte. Sonst würde ich wahrscheinlich irgendwann im mehr landen und einsam ertrinken.
Doch Bokuto war durchschaubar und so war er mir tatsächlich gefolgt. Jetzt wo ich.. selbstständig durch die Lüfte kam, gab es keinen Grund mehr, hier zu bleiben. Das wusste der Gelbäugige wahrscheinlich genauso gut wie ich. Die ganze Zeit blieb er um mich herum, verließ meine Seite nicht. Nach einer knappen Stunde des Flugs, von welchem ich ziemliche Rückenschmerzen bekam, landeten wir auf einer kleinen zerklüfteten Insel, voller Klippen. Die flache Spitze, auf der wir landeten, war mit Moos bedeckt, kleine Pflanzen wuchsen auf diesem. Langsam setzten wir beide uns. Ich wahrte weiterhin meinen, wenn auch geringen, Abstand zu dem anderen. "Ich schätze, du wirst mich nicht heiraten?", brachte er ein Thema auf, wegen welchem ich mich fast an meiner eigenen Spucke verschluckt hätte. "Zu dieser Frage hast du mir ja nie eine Wahl gelassen!", bemerkte ich genervt. Meine Arme verschränkten sich defensiv vor meinem Körper. Tief atmete ich ein, stieß die Luft aus meinen Lungen und wollte mich gerade des Weiteren dazu äußern, ehe ich die verletzte Stimme meines Begleiters hörte: "Wenn du mich so sehr hasst, wieso hast du dann mit mir geschlafen?"
Mir stockte der Atem, denn seine Frage war wohl mehr als berechtigt.. berechtigter denn je. Ich verletzte ihn bewusst wieder und wieder, obwohl ich es gut sein lassen sollte. Tränen standen in den Eugen der Eule, während ich ihn weiterhin ansah, so schockiert und überrumpelt war, dass es mich lediglich hatte verstummen lassen. Er brachte meine Gedanken zum Rauschen, dass ich die Zeit, die ich zum Antworten hatte, dazu brauchte, um besagtes Gedankenkarussell zu ordnen.
"Dachte ich mir fast."
Verdammt, wenn ich nicht langsam mal etwas rausbekam, würde ich alles zerstören, an dem ich gerade gearbeitet hatte. "Koutarou!", er hielt inne in seiner aufstehenden Bewegung. Dieser Kerl brachte mich früher oder später wirklich noch um meine Nerven.. oder meinen Verstand! Das war wohl abhängig davon, was früher nachgeben würde. Doch viel wichtiger war es, ihm endlich meine Gedanken vollständig zu offenbaren, so sehr es mich auch schmerzen würde.
"Ich hasse dich nicht."
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