39 Seifenblase voller Glück.
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Obwohl ich echt stinkig war, so fiel es mir schwer Harry nicht mit einem gezielten Kick aus dem Bett zu schubsen. Einfach, weil er so warm und gemütlich war. Er roch nach seinem speziellen Aftershave und die Art und Weise, wie er mit den Fingerspitzen über meine Schulter strich, machten es unmöglich Gegenwehr zu leisten.
Ich schlief tatsächlich noch einmal ein. Ihn schien das nicht zu stören, denn als ich wieder aufwachte, da hatte sich Harry keinen Zentimeter bewegt. Mein Kopf pochte leicht, ich war noch immer erschöpft von dieser dummen Prüfungszeit und realisierte nur langsam, wie Harry mich hier gerade sah.
Mein Zimmer war ein Schlachtfeld. Ich hatte mehr Ähnlichkeit mit einem Statisten von The Walking Dead, als mit mir selbst. Gott sei Dank war ich zumindest mittlerweile wieder duschen gegangen.
Schwerfällig robbte ich über Harry und griff schließlich nach meinen CI's. Als ich mein Gehör unter das klamme Haar gefummelt hatte, kämmte ich es halbherzig mit den Fingern und richtete mich auf, als wäre ich 90 und nicht in der Blüte meiner Jugend.
Angestrengt blieben meine Gesichtsmuskeln ernst als ich auf Harry herunter sah und sprach: „Ich sehe hier keine weiße Flagge oder die Friedenspfeife."
Erwischt hob Harry die Hände: „Ich komme in der Absicht zu verhandeln."
„Dann lass mal hören", meinte ich und kämpfte mich aus meiner Decke. Harry richtete sich ebenfalls langsam auf: „Dieses geteilte Sorgerecht für Fluffy ist völlig in Ordnung und gekauft."
Das klang doch schon Mal gut.
„Aber dieses Limit von 100 Pfund funktioniert nicht."
Meine Mundwinkel sackten nach unten und Harry seufzte tief: „Ich wäre für einen Kompromiss. Wir setzten unseren eigenen Vertrag auf. Zusammen, und schauen womit wir beide klar kommen."
Am liebsten hätte ich ihm gezeigt, dass er mit meinem Fuß im Hintern klar kommen sollte, doch ich zügelte mich und sagte mir, dass ein Kompromiss nur fair wäre. Ich kramte nach einem Block und Kugelschreiber. Dann konnten wir das auch gleich sofort erledigen.
Während der Kugelschreiber über Papier kratzte, fragte ich mich, was Harry wohl umgestimmt haben mochte. „Okay", sprach ich. „Fangen wir an. Diese Immobilien-Witz-Sache wird nicht klappen, wenn wir geteiltes Sorgerecht für Fluffy haben. Es sei denn wir machen die Übergabe immer auf irgendwelchen Parkplätzen."
„Schon gut, das wird sowieso gestrichen", kam Harry mir entgegen. „Aber ich möchte, dass... all das, was wir erleben, privat bleibt. Also sollten wir uns mal richtig verkrachen, trennen und alles, dann rechnest du nicht mit mir in der Öffentlichkeit ab."
Ich sah ihn an, als hätte er zu heiß gebadet: „Wieso sollte ich so etwas tun? Es geht niemanden etwas an, also zerbrich dir darüber nicht den Kopf."
„Schreib das auf!", verlangte er und ich gab nach. Wenn es Harry so wichtig war, dann sollte es auf die Liste. Kaum hatte ich das festgehalten, legte er nach: „Einmal im Monat auf jeden Fall ein Date für vier Stunden und ohne Bodyguards, Fans und sonstige Hysterie."
Obwohl es meine Bedingung war, so freut ich mich darüber, dass er es zu mögen schien. Ich wollte gerade alles aufschreiben, als Harry jedoch die Hand hob: „Allerdings werde ich mir jedes Mal mächtig was einfallen lassen müssen und dafür will ich belohnt werden."
Jetzt blinzelte ich. „Was?"
„Ich will eine Sexklausel", sprach er dreist und in diesem Moment platzte ich fast vor Lachen: „Ist das dein Ernst?"
„Absolut!", behauptete er. „Meine Dates werden es in sich haben und ein Lohn wäre nur gerecht."
Ich neigte leicht den Kopf: „Ist mein glückliches Gesicht nicht Lohn genug?"
„Nicht, wenn ich das ganze Programm haben kann", antwortete Harry. Beinahe hätte ich gesagt, dass es typisch Mann sei und fragte, während ich schrieb: „Was ist für dich das ganze Programm?"
„Wir fangen damit an, dass jedes Hotelzimmer, in dem du mit auf Tour bist, ein Bisschen entweiht wird."
Na von mir aus. Ich grinste und Harry kopierte es, dann beugte er sich vor und ließ mich wissen: „Nur damit du eine Vorstellung davon kriegst, ich schlafe pro Woche in mindestens drei verschiedenen Hotels."
Okay... das war eine ganze Menge. Ich sah Harry nachdenklich an, musterte sein ernstes Gesicht, die dicken Locken und dachte daran, dass nicht nur er von diesem Deal profitieren würde. „In Ordnung, abgemacht. Aber sei bloß nicht zu müde, wenn es drauf ankommt. Du hast selbst gesagt, das volle Programm, also läuft nichts mit einer kurzen Nummer. Und wehe dem, ich zerre mir wegen irgendeinen Blödsinn einen Muskel!"
Unwillkürlich lächelte Harry sonnig: „Glaub mir, dafür werde ich nie zu müde sein."
Ihn nahm ihn bei Wort und war mir sicher, dass ich ihn damit bestimmt in ferner Zukunft ärgern konnte.
„Zwei Dinge werde ich ablehnen müssen", machte Harry weiter im Text. „Ich habe nicht viel Zeit und die Zeit, die ich habe, möchte ich mit dir und nicht mit deiner Clique verbringen. Also wird das nicht umsetzbar sein. Ich bin sowieso die meiste Zeit unterwegs und nicht in London."
Daran hatte ich ehrlich gesagt auch schon gedacht und obwohl ich Harry gerne fest in meinem Freundeskreis integriert hätte, schien es doch nur schwer umsetzbar. „Was ist das Zweite?"
„Ich werde dich weiter beschenken und die 100 Pfund-Grenze überschreiten", erklärte er nüchtern. Bevor ich protestieren konnte, schob er hinterher: „Lass mich das einfach tun und habe kein schlechtes Gewissen dabei. Ich beschenke dich gerne und ich weiß sehr wohl, dass du in meiner Preisklasse nicht mithalten kannst. Aber das ist mir egal."
Harry dachte kurz nach: „Sieh es so, was ich wirklich will, das kaufe ich mir selbst. Aber Geld auszugeben macht ab einen bestimmten Punkt nur noch richtig Spaß, wenn man es für andere tut."
„Können wir trotzdem ein Limit setzten?", bat ich ihn und er verschränkte knapp die Arme vor der Brust, dann nickte er: „Ich verspreche im Gegenzug, ich werde dir niemals ein Auto, ein Haus oder noch einmal etwas Lebendiges kaufen."
Alleine die Vorstellung, dass er so viel Geld hatte für ein Haus, jagte mir einen Schauer über den Rücken. „Theoretisch gesehen könntest du mir echt ein Haus kaufen?"
„Ja", Harry schmunzelte. „Allerdings habe ich noch keine meiner Freundinnen die eigenen vier Wände bezahlt."
„Und fang ja nicht damit an!", empörte ich mich. Ich sah auf den Vertrag vor mir und sprach dann an, was mich bereits am Anfang beschäftigte: „Du wolltest, dass ich mich aus deinem Umfeld raushalte, wenn wir getrennte Wege gehen sollten. Aber... was ist, wenn ich mit jemanden in Kontakt bleiben möchte?"
„So, wie eventuell mit Fizzy?", fragte er und ich nickte. Harry strich sich durch die Haare und schien abzuwägen. Am Ende meinte er: „Das schließt mit ein, dass wir uns zufällig wieder über den Weg laufen. Wäre das nicht... ich weiß nicht..."
„Schmerzhaft?", half ich aus. Ich konnte mir nicht vorstellen die Beziehung mit Harry dermaßen gegen die Wand zu fahren, dass ich mich einmal schlecht fühlen würde ihn nur zu sehen. „Ich glaube nicht, dass wir uns zufällig über den Weg laufen, auch wenn wir ein, zwei Freunde gemeinsam hätten."
„Wieso nicht?"
Ich ließ den Stift in der Hand sinken: „Weil wo du hingehst, bin ich nicht und wo ich bin, gehst du nicht hin."
Vielleicht klang es etwas dramatisch, aber es war die Wahrheit.
Harry schwieg eine ganze Weile. Schließlich antwortete er mir: „Ja... es ist tatsächlich so."
Wir waren fertig mit unserem Vertrag und nachdem ich ihn unterschrieben hatte, da reichte ich ihn Harry. Er setzte seine Unterschrift drunter und fotografierte ihn mit seinem Handy ab. Dann warf er den Block vom Bett und musterte mich ernst: „Wieso hat mir Noah viel Glück gewünscht, bevor ich nach oben gegangen bin."
„Weil ich die Jungs in der Woche fast gefressen hätte", gab ich peinlich berührt zu. „Wenn ich Prüfungszeit habe, dann... bin ich etwas schwierig und leicht reizbar." Ich hasste mich selbst, doch ich konnte vor lauter Stress nicht richtig schlafen und hatte nur eine dünne Haut.
Apropos Haut - scheiße, ich musste ein furchtbares Bild abgeben. „Bin gleich wieder da, ich will nur eben ins Bad und mir die Haare kämmen", sprach ich und wollte hastig aufstehen, damit Harry mich nicht weiter so nachlässig sah.
Er ließ mich gehen und ich stolperte dermaßen gehetzt ins Bad, dass ich mir fast den Zeh gestoßen hätte. Schnell betrieb ich Schadensbegrenzung und hoffte, nicht mehr ganz so Zombiemäßig auszusehen. Frischekick im Gesicht und die Haare gebändigt, putze ich mir noch fix die Zähne. Dann kniff ich mir selbst in die Wangen, um die Blässe zu vertreiben.
Zurück im Zimmer begann ich vorsichtig einige Unterlagen zu stapeln, doch die Explosion an Blättern blieb einfach beständig. Harry winkte ab: „Wegen mir musst du nicht aufräumen. Im übrigen ist es mir auch egal, wie du aussiehst, die Tellergroßen Augenringe haben mich jetzt nicht in die Flucht geschlagen."
„Du kannst froh sein, dass ich geduscht habe bevor du kamst", behauptete ich und er nickte geschäftig und übertrieben ernst: „Du hast recht, diesen Anblick hätte ich sicher nicht verkraftet." Er zog mich zurück ins Bett und umschlang meine Hüfte mit seinen Armen. „Jetzt, da wir offiziell die Friedenspfeife geraucht haben, könnten wir zum Alltag übergehen."
Ich musste lachen und stimmte beherzt zu, indem ich mich vorbeugte und Harry küsste. Seine Lippen schmeckten nach Kaffee, ich dachte nur noch kurz daran, wie herrlich er roch. Stattdessen verlor ich mich in seinen Armen und vergaß diesen kindischen Streit um den Vertrag.
Harrys Fingerspitzen krochen über die Haut auf meinen Rücken und ich keuchte atemlos auf, als er sanfte Muster unter meinem Shirt malte. Ich begann sofort innerlich zu verbrennen und schloss genießend die Augen. Seine Lippen glitten über meine Wange und berührten schließlich die empfindliche Stelle an meinem Hals.
Ich mochte es sehr, wenn Harry mich mit sanften Berührungen liebkoste und wünschte, er würde sich dafür immer Zeit nehmen. In dieser Nacht schien er meine Gedanken zu lesen und so gerne ich Silvester auch wiederholt hätte, ich war froh, dass Sex dieses Mal kein Thema war.
Stattdessen hatte ich Mühe nicht auf Harry einzuschlafen und völlig wegzutreten. Er lehnte sich schließlich zurück und ich versuchte zu ignorieren, dass jemand eindeutig zu laut über den Flur an meine Zimmertür vorbeistampfte. Fluffy bellte begeistert, dann schepperte etwas.
Ich hatte vergessen, wie laut wir manchmal waren. Zu Hause hatte ich die CI's selten den ganzen Tag an und jetzt vermisste ich die heuchlerische Stille schmerzlich. Harry atmete unter mir tief durch, dann sprach er: „Mach dein Gehör ruhig aus, mich stört das nicht."
Leicht hob ich den Kopf und schließlich wurde es um mich herum wieder absolut still. Den Kopf auf Harrys Brust gelegt, schlief ich so allerdings innerhalb weniger Minuten richtig fest ein. Die Klausurenphase hatte mich quasi aufgesaugt. Ich war fix und fertig und würde mich morgen auf jeden Fall bei Noah entschuldigen für meine miese Laune.
Na ja... vielleicht auch bei Benny.
Es überraschte mich selbst, dass ich ihn nicht geschlachtet hatte. Doch er gab mir in der letzten Woche auch keinen Grund ihn töten zu wollen. Im Gegenteil, immer, wenn ich patzig wurde, da sah er mich nur ernst an, atmete angestrengt durch und ließ die Sache auf sich beruhen.
Wach wurde ich erst am nächsten Morgen und war zuerst irritiert darüber, dass ich ganz hinten an der Wand meines Bettes lag. Schlapp wischte ich mir den Schlaf aus den Augen und rollte mich nach rechts.
Es dauerte, bis ich begriff, wer da auf dem Rand meines Bettes saß. Nur in Boxershorts hatte Harry mir den Rücken zugewandt und telefonierte mit seinem Handy. Ab und an fuhr er sich mit der Hand durch die dicken Haare.
Meine Augen glitten über die Rückenmuskulatur, am liebsten hätte ich die Vertiefungen mit den Fingern nachgezeichnet. Ich war nie jemand gewesen, der auf Tattoos stand, aber bei Harry wirkten sie wie die Hinweise einer Schatzkarte. Hart schluckte ich, denn mein Hals war ganz trocken.
Langsam ließ Harry nach einer gefühlten Ewigkeit das Handy sinken, doch statt es wegzulegen, schien er etwas nachzusehen. Langsam pellte ich mich aus meiner Winterdecke und robbte in seine Richtung. Schließlich umarmte ich ihn von hinten und presste einen Kuss auf seinen Hals.
Ich spürte ihn lächeln und wandte mich ihm leicht zu. Harry machte eine Geste, die mich wissen ließ, dass ich meine CI's anschließen sollte. Also langte ich zur Nachttischkonsole, wo auch die kleine Lampe brannte.
Es war angenehm still und als ich Harry ansah, da bemerkte ich die tiefe Falte auf seiner Stirn. Er sprach: „Hörst du, was ich sage?"
„Ja", bekräftigte ich. „Was ist los?"
„Du nutzt Instagram, nicht wahr?", fragte er und wieder nickte ich: „Allerdings nicht besonders stark, ich poste nur Fotos, wenn ich auch etwas zu posten habe." Es gab ein paar Partybilder mit Freunden und kleine Witzfotos, genauso ganz alte Erinnerungen aus dem Internat.
„Du solltest deinen Account auf privat stellen", meinte er. „Wobei... es könnte jetzt schon zu spät dafür sein."
„Was meinst du?", ich stand auf und ging zu meinem Rucksack, in dem sich noch immer mein Handy befand. Als ich es entsperrte, da erschlugen mich fast zweihundert WhatsApp-Nachrichten. Statt sie direkt nachzusehen, ging ich erst auf Instagram online.
Ich hätte fast den Boden unter den Füßen verloren. Plötzlich fühlten sich meine Knie an, wie Wackelpudding. Zittrig ließ ich mich auf den Hintern fallen. Eigentlich hatte ich auf Instagram so knapp 400 Follower. Alles Bekannte und Freunde.
Doch jetzt musste ich mich versichern, dass das auch wirklich mein Account war. Wo zur Hölle kamen die 35.000 Leute her? „I-Ich... w-was zum-!", ich drehte mich zu Harry um und der kratzte sich an der Stirn.
„Es ist zu spät, um den Account noch auf privat zu stellen, oder?", völlig überfahren wusste ich nicht, was ich tun sollte. Harry atmete angestrengt ein und aus, schließlich ließ er die Bombe endlich platzen: „Schätze, ich hätte dir nicht meinen Schal geben dürfen."
„Was hat dein Schal damit zu tun?", ich hatte ein Brett vor den Kopf und erst als Harry sich zu mir hockte und mir sein Handy unter die Nase hielt, da begann ich zu begreifen. Fotos, die ein Bisschen schlecht gemacht waren, zeigten uns auf einem Bahnsteig bei King's Cross. Es war jener Tag als Harry mich vor Silvester abholte.
Direkt darunter war ein weiteres Bild, dieses Mal mit besserer Qualität. Irgendjemand hatte uns aufgelauert, als wir mit Fluffy das erste Mal Nachts Gassi gegangen waren.
„Haben die einen Knall? Ist das normal, dass es Leute gibt, die sich irgendwo verstecken und... was ist das, stalking?", fragte ich und sah mir die Bilder genauer an. „Man erkennt mich gar nicht richtig."
Aber... wieso folgten mir trotzdem Leute auf Instagram, die ich überhaupt nicht kannte?
„Man erkennt genug", fand Harry. „Mein Schal, dieselbe Mütze, wie vom Bahnhof, deine Haare und da Olly Murs euer Video getwittert hat, haben sich wohl einige an dich erinnert."
„Und was heißt das nun?" Sollte ich meinen Instagram-Account löschen? Mich neu anmelden?
Harry blieb jedoch seltsam gelassen, fast schon ZU entspannt. War das hier normal für ihn, oder was?
„Das heißt, dass die Seifenblase um uns herum nun geplatzt ist."
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