I'm a lot more popular than you think
„Minyoung steht total auf eine Gruppe namens Beast", warf ich einfach so mal in den Raum. Keine Ahnung, warum ich das tat. Vielleicht weil ich diese Stille nicht mehr aushielt. Es war wirklich schrecklich, dass keiner von uns was gesagt hatte bis jetzt. Wir waren immerhin ein Paar, sollte man sich da nicht unterhalten und nicht nur anschweigen?
„Ach echt?"
Verwirrt blinzelte ich Junhyung an. Er hatte die Wörter regelrecht heraus gepresst und wirkte angespannt. Seine Lippen waren nur noch ein dünner schmaler Strich.
„Ja, sie hat mir eines der ersten Musikvideos mal gezeigt", erzählte ich einfach weiter und ging nicht auf Junhyungs Art ein. Vielleicht war es besser, wenn ich ignorant war. Ich wusste ja, dass Junhyung nicht immer auf sein Verhalten angesprochen werden wollte. Jetzt war wieder einer dieser Momente, das merkte ich.
„Wirklich?", krächzte Junhyung, den Blick stur nach vorne gerichtet.
Ich stockte und blieb stehen, was ihn dazu veranlasste, es mir gleich zu tun. Jedoch sah er mich immer noch nicht an.
„Ist alles in Ordnung mit dir? Wirst du vielleicht krank?", hakte ich besorgt nach und musterte ihn von der Seite. Ein Nicken war die Antwort. Nicht mehr.
Okay, langsam war sein Verhalten auch nicht mehr normal. Lag es daran, dass ich zuvor so gelacht hatte? War er sauer deswegen?
„Ich bin kerngesund. Mach dir keine Sorgen", gab er nun etwas heiser von sich.
Okay?
Vorsichtig griff ich nach seiner Hand, verschränkte meine Finger mit seinen und lächelte leicht. Ich wusste, dass Junhyung nicht wollte, dass ich weiter nachhakte. Er hatte es ja eben indirekt gesagt. Also würde ich wohl einfach weiter reden und seine Reaktionen wohl ignorieren. Zu mindestens teilweise. Wenn es richtig komisch werden würde, dann würde ich nicht mehr so einfach Ruhe geben.
„Die Musik von ihnen ist nicht wirklich so meins. Ich will nicht damit sagen, dass deren Musik schlecht ist, aber naja... es ist nun mal nicht mein Geschmack. Andere Künstler mag ich lieber", redete ich einfach weiter mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen.
Junhyung schielte kurz zu mir und leckte sich über die Lippen. Dann entstand auch auf seinen Lippen ein Lächeln.
„Was hörst du eigentlich für Musik?", fragte ich schließlich.
Mir kam das spontan in den Sinn. Ich hatte, seit wir uns kannten, immer über die Musik, die ich hörte, geredet. Allgemein hatte ich meistens immer etwas über mich erzählt. Von Junhyung wusste ich kaum etwas, wie mir auffiel.
„Unterschiedlich. Meistens Rap", gab er kurz und knapp zurück.
Mir entkam ein unzufriedenes Seufzen, worauf mich sein fragender Blick traf.
„Was?"
„Was was? Du hast gerade geseufzt, wie als würde dir meine Antwort nicht passen."
Und wieder seufzte ich und wandte den Blick von ihm ab. Ich hatte zwei Möglichkeiten. Entweder ich sagte ich knallhart, dass es mich gerade ein wenig störte, dass er so wortkarg war oder aber ich lenkte vom Thema ab.
Möglichkeit Nummer eins gefiel mir um einiges besser, wenn ich so darüber nachdachte. Ich könnte zwar damit riskieren, dass Junhyung sauer wurde oder im Nachhinein verstimmt war, aber das würde ich wohl hinnehmen müssen.
„Du bist ziemlich wortkarg", murmelte ich leise und fühlte mich komischerweise ein wenig unwohl. Es war vielleicht nicht die schlauste Idee ihn darauf anzusprechen. Ich konnte mir gut vorstellen, dass es ihm vielleicht unangenehm war oder er es einfach nicht mochte. Wer wollte auch schon auf seine Macken, seinen Charakter oder sein Verhalten angesprochen werden? Vor allem wenn es sich dann auch noch um etwas handelte, was man selbst an sich nicht leiden konnte. Gut, bis jetzt wusste ich noch nicht, ob Junhyung das an sich leiden konnte oder nicht. Wahrscheinlich würde ich es eh gleich erfahren, also sollte ich meinen Gedankensturm mal unterbrechen und meinem Freund meine Aufmerksamkeit schenken.
„Und du redest viel", gab er lediglich zurück. Ein amüsierter Unterton schwang in seiner Stimme mit. Leicht neigte Junhyung den Kopf zu mir und schmunzelte. Gespielt beleidigt schlug ich ihm gegen den Arm. Der Kerl wollte also echt nichts von sich preis geben. Kopfschüttelnd beschleunigte ich meine Schritte und schob dieses Thema beiseite. Irgendwann würde Junhyung schon noch reden. Von sich selbst aus. Vielleicht mochte er es einfach auch nicht, zum Reden gezwungen zu werden. Das konnte ja gut sein.
„Hast du für die Gruppe schon mal einen Song produziert?"
Kaum merkbar zuckte Junhyung an. Jedem anderen wäre es wohl entgangen. Mir nicht. Ich stand immerhin direkt neben ihm und hielt auch noch seine Hand. Es wäre, meiner Meinung nach, schlimm, wenn ich so unaufmerksam wäre.
Zu meiner Überraschung beugte er sich plötzlich zu mir runter, hauchte einen Kuss auf meine Wange. Ein angenehmer Schauer durchfuhr mich. Automatisch fing ich an zu lächeln.
„Ich bin berühmter, als du denkst", murmelte er und zog mich dann schnell weiter. Nicht ohne sich noch einmal umzuschauen. Stirnrunzelnd hielt ich mit ihm Schritt. Er tat wieder so, als würde man uns verfolgen.
Wieso war er eigentlich so?
An manchen Tagen benahm er sich normal, schlenderte normal mit mir durch die Stadt und an anderen checkte er durchgehend die Umgebung ab. Außerdem war er immer so verhüllt, dass man ihn kaum erkannte.
Trotz diesen Gedanken, die mich misstrauisch werden ließen, schlich sich ein kleines Lächeln auf mein Gesicht. Auch wenn Junhyung Verhalten verdächtig war, benahm er sich. Ab und zu war er recht grob, aber ansonsten war er sanft und kümmerte sich um mich. Ich war ehrlich froh darüber, ihn kennen gelernt zu haben.
„Ich bring dich heim", sagte er plötzlich, was mich verwirrt blinzeln ließ.
Warum das jetzt? Irgendwas stimmte nicht.
„Wieso?"
Natürlich fragte ich gleich nach, aber so war ich nun mal.
Junhyung seufzte und drückte meine Hand.
„Frag nicht so viel", grinste er und zog mich einfach weiter. Eine richtige Antwort würde ich wohl heute nicht mehr bekommen.
„Na? Wie war es mit Mr. Unbekannt?"
Neugierig funkelte mich Minyoung an. Ungewollt stöhnte ich auf und warf ihr einen tadelnden Blick. Ich war noch keine zehn Minuten Zuhause und schon durchlöcherte sie mich mit ihren Fragen.
„Ganz okay", gab ich knapp zurück.
Minyoung rollte mit den Augen, sagte aber nichts mehr, sondern kümmerte sich weiter um das Abendessen. Mein Bauch knurrte schon und langsam war es mir selber unangenehm, wie viel Essen ich in mich reinstopfen konnte. Mit Junhyung war ich immerhin auch schon zweimal was essen. Heute Morgen hatte ich auch zweimal gefrühstückt und Minyoung bereitete grade das Abendessen vor. Eigentlich recht überraschend, dass sie das mal tat. Es kam selten vor, dass wir selber kochten, weil wir beide zu faul dafür waren. Meistens bestellten wir uns was oder kauften haufenweise Fertiggerichte. Wir wussten zwar beide, dass es nicht gesund war, aber interessieren tat es uns auch nicht.
„Willst du ihn mir nicht mal vorstellen?"
„Nein."
„Aish! Soomin!"
Aufgebracht bauchte sie sich vor mir auf, knallte mir einen Teller vor die Nase. Der Duft des Essens war himmlisch. Für Lasagne hatte sie sich entschieden. Ich könnte sie gerade abknutschen. Gerade wollte ich mir mit der Gabel den ersten Happen genehmigen, als Minyoung mir den Teller wieder wegzog.
„Yah!"
Wütend und auch hungrig, was alles nur noch schlimmer machte, funkelte ich meine beste Freundin an. Das war doch jetzt nicht ihr Ernst.
„Yah mich nicht an, okay? Du darfst erst essen, wenn du mir von deinem Tag erzählst. Ich habe dir immerhin auf von meinem erzählt!"
Fast schon siegessicher grinste sie mich an, obwohl sie noch nicht mal wusste, ob ich auf ihren Deal einging. Wobei, ein Deal war das ja nicht mal. Es glich eher einer Erpressung. Außerdem hatte sie mir auch gar nicht von ihrem Tag erzählt. Heute Morgen hatte Minyoung erwähnt, dass sie was mit Freunden, darunter auch Sohee, machen würde und vor ein paar Minuten hatte sie gemeint, dass sie heute Abend wieder feiern ging.
So wie jeden Tag eigentlich.
Minyoung konnte eigentlich von Glück reden, dass meine Eomma uns die Wohnung zahlte. Würde sie das nicht tun, wären wir beide ziemlich aufgeschmissen. Ich hatte mein Studium abgeschlossen und war momentan ziemlich erfolglos auf Jobsuche, während Minyoung in einer kleinen Tankstelle als Aushilfe arbeitete. Ihr Verdienst war auch nicht das Wahre. Ein Wunder, dass sie sich den ständigen Alkohol auf den Partys leisten konnte. Wobei sie den wahrscheinlich nicht mal selber zahlte. Sie wickelte bestimmt einen Typen nach den anderen um den Finger, der ihr dann das Getränk zahlte, mit der Hoffnung auf eine Nacht. Hin und wieder hatten sie dann auch Glück und Minyoung beehrte sie mit ihrer Anwesenheit.
Bei dem Gedanken verzog ich kurz das Gesicht.
Sex ohne Gefühle war nichts für mich. Ich hatte schon die Erfahrung einmal gemacht und dann nie wieder. Zu viele Gedanken hatte ich mir gemacht und außerdem war ich mir komisch dabei vorgekommen. Für Minyoung schien das wohl alles kein Problem zu sein.
„Wir sind jetzt offiziell zusammen."
Und mal wieder waren die Worte schneller draußen, als dass ich sie hätte zurückhalten können. Na ganz toll. Am liebsten würde ich meinen Kopf auf den Tisch knallen. Alleine schon wegen dem Gesichtsausdruck meiner Freundin. Sie sah total begeistert aus und heckte gleichzeitig irgendwas aus. Wahrscheinlich überlegte sie gerade, ob sie mich zur Party mitschleppte. Nur um zu feiern, dass ich einen Freund hatte.
Es war ja nicht so, als wäre ich schon mal in einer Beziehung gewesen.
Ich verstand einfach nicht, warum das für Minyoung so besonders war. Klar, ich kannte nicht so viele Leute wie sie und hatte kaum Freunde, aber trotzdem war es nicht so unglaublich, dass man es feiern musste. Vor allem, weil sie ihre eigenen Beziehungen auch nie feierte, wenn sie denn mal in einer war.
„Du kommst heute Abend mit! Jetzt essen wir erst mal und nachher kümmern wir uns um dein Outfit!"
Ihr Tonfall zeigte nur zu deutlich, dass protestieren zwecklos war. Deswegen tat ich es auch nicht, obwohl ich es so gerne gemacht hätte. Vielleicht war es auch ganz gut so, dass ich mitging. Immerhin hatten wir in letzter Zeit nicht viel Zeit miteinander verbracht, was hauptsächlich daran lag, dass ich mit Junhyung so viel unterwegs war.
„Okay", seufzte ich ergebend und zog meinen Teller wieder zu mir. Minyoung grinste fröhlich und stopfte das Essen schon regelrecht in sich rein. Wow. Sie aß gerade noch schlimmer als ich es manchmal tat.
„Gut, dass du dich nicht dagegen wehrst. Damit hättest du nämlich nur unsere Zeit verschwendet", zwitscherte sie kauend, woraufhin ich die Augen verdrehte.
Aish... ich bereute es jetzt schon wieder, nicht protestiert zu haben.
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