4. Kapitel
Am nächsten Morgen war ich gerade dabei, mein Gefieder zu putzen, als ich Stimmen hörte. „Was? Das können sie nicht machen!" „Richtig. Gloria wollte sich Simba reservieren lassen! Deshalb können sie ihn unmöglich einfach an jemand anderen weiter vermitteln!" „Ich verstehe euch, aber die Familie macht wirklich einen sehr netten Eindruck. Er wird es dort sicher gut haben. Und nun Schluss mit der Diskussion, holt ihn!" Die Stimmen identifizierte ich als die von Lil und von Mona. Es war still, bis Eila sich einschaltete: „Jetzt hören sie mal Wicket! Sie können nicht einfach hier auftauchen und den Vogel verlangen! Ich bin immerhin noch die Leiterin dieses Heims, und höre damit heute nicht auf! Also, benehmen sie sich angemessener! Oder verlassen sie mein Haus! Wir leben hier immerhin noch mit Tieren zusammen!" Dann hörte ich nichts mehr. Offensichtlich redeten sie leiser, oder garnicht mehr.
Es war einige Zeit her, seit dem Gespräch, welches ich mitgehört hatte. Da hörte ich Schritte und stimmen auf der Treppe. „Das darf doch nicht war sein! Jetzt bekommen die Simba, und ich sehe ihn vielleicht nie wieder!" „Mach dir keine Sorgen, Mona. Simba ist dort nur für einen Woche als Adoptionstier. Wenn es nicht klappen sollte, wird das Tierheim ihn zurückholen. Noch ist nicht alles verloren! Wir schaffen das!" Da kamen Lil und Mona ins Zimmer. Lil trug einen Hosenanzug. Der Hosenanzug war aus blassgoldenem Stoff, mit einem Pfauenfedermuster auf der fließenden Hose und kunstvoller Perlenstickerei in blau, grün und gold auf dem wehenden Oberteil. Ihre Haare lagen locker auf ihren Schultern, in den Haaren eine smaragdgrüne Haarspange aus Samt mir einer Pfauenfeder. Mona trug ein schwarzes Shirt, eine orangefarbene Jacke, einen schwarzen Rock mit einem Mohnblumenmuster in rot und orange. Dazu trug sie rote Pumps mit weißen Punkten. Eine Strähne ihrer feuerroten Haare waren zu einem Kranz um ihren Kopf geflochten. Um den Hals trug sie eine goldene Kette mit türkis-blauen Steinen. (Wie diese Zweibeiner es schaffen, so oft ihr Federkleid wechseln können, frag ich mich immer noch!) Seufzend und schluchzend setzte Mona sich auf einen braunen, alten Stuhl, während Lil zu meinem Käfig kam, die Tür öffnete, mich auf ihrem Arm nahm, und mich vorsichtig streichelte und dann in eine Transportbox (eine größte als letztes Mal, aber trotzdem hasste ich es) setzte. Wenigstens gab es eine Art Fenster, so dass ich genau sehen könnte, was um mich herum geschah. In diesem Moment kam Eila herein. „Ist er soweit?" fragte sie. Eila trug immer so bunte Kleidung, dass sie mich echt oft an einen Papagei erinnert. Sie trug eine pastellfarbene Jacke in rosa und blau, ein Rock aus Fell in allen Farben, eine silberne, schimmernde Leggins, und einen pinken und einen blauen Schuh. Ein weißes Shirt mit Einhörnern drauf, jedes in einer anderen Laune: Ein glückliches, wütendes, müdes, gelangweiltes, trauriges- und ein ängstliches. „Du siehst so aus, wie ich mich fühle. Was ist hier nur los?" dachte ich. Ihre Haare waren wie immer. „Ja!" antwortete Lil. „Und bei euch auch?" „Muss es ja!" sagte Mona. „Das wird schon, macht euch mal keine Sorgen" meinte Eila, doch ich konnte die Unsicherheit und Trauer in ihrem Herzen fühlen. Dann setzten sie sich in Bewegung, mit mir in der Hand. Ich hörte nur noch das Schreien des Nymphensittichs, dann schlug die schwere Tür zu und ich hörte nichts mehr. Wo würden sie mich hinbringen?
Zwei Stunden später wusste ich genau, wo sie mich hinbrachten: Zu neuen Besitzern! Und ich fand es grässlich! Stellt euch mal vor, jemand würde kommen, euch aus euren Haus reißen, dann in einen neuen, einen neuen, und noch einen neuen Käfig stecken, bis man mal für einen Tag wo bleibt. Das ist echt furchtbar! Und dann auch noch von Leuten getrennt zu werden, die ihr sehr liebt!
Meine neuen Besitzer bestanden aus einem 12- jährigen Mädchen und deren Mutter. Nachdem sie mich aus dem Tierheim geholt hatten, fuhren sie mich nach Hause. Auf der Fahrt wollte das Mädchen mich die ganze Zeit streicheln, und rief „komm, komm, put, put, put!" als ob ich ein Huhn wäre! Sehe ich so aus wie ein Huhn? Nein. Nachdem ich einmal die gezwickt u d dann einen auf den Schnabel bekommen hatte, zog ich mich in die hinterste Ecke der Box zurück und blieb dann dort.
Ich hatte zwar einen Käfig mit Futter, jedoch weder Spielkameraden oder Beschäftigungsmöglichkeiten. Und genau das brauchte ich jetzt dringend! Jemanden oder etwas zum ablenken. Doch das passierte nicht. Stattdessen kam das Mädchen. „Na? Ist schön hier, oder?" „Nein, nein" dachte ich. Dann nahm sie sich einen Stuhl, und begann, mir die ganze Zeit „Hallo!" zu sagen. Nachdem sie es 49 Mal gesagt hatte, meinte sie: „na komm, sprach es mir doch mal nach! Hallo! Hallo! Na, los! Sag es!" aber ich wollte nicht. Dann wurde sie wütend, rüttelte an dem Käfig und schrie: „ich habe was gesagt! Nun tu, was ich dir befehle! Sprich. Mir. Nach!!!!" Als auch das nichts brachte, brüllte sie nach ihrer Mutter. „Mama! Der Vogel will nichts sagen! Dabei habe ich ihn freundlich darum gebeten!" „Klar", dachte ich, „und ich bin ein Hyazinth-Ara!" „Du böser, böser Vogel!" meinte die Frau halb empört, halb scherzhaft. „Lass ihn erstmal, Rosa. Vielmehr muss er sich auch erstmal einleben!" „Ich will aber das er jetzt was sagt und singt!" meinte risa beleidigt. „Warten wir mal ab. Wir warten bis morgen, irgendwann wird er ja wohl reden."
Ich hatte mich noch nie so gefreut, dass es endlich dunkel war. Risa schlief dann endlich, und ich hatte Ruhe! Ich steckte den Kopf unter meinen Flügel, saß auf einen Bein. Konnte aber nicht schlafen. Die ganze Zeit dachte ich an Gabriele, Mona, Lil, Gloria und Eila. Und eine meine Freunde im Tierheim, mir denen ich zusammengelebt hatte. Traurig plusterte ich mich auf. Es war schon sehr spät, als ich endlich schlafen konnte.
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