Das blut in ihrem Mund (1/3)

Jana

»Hörst du auch noch mal auf mich zu ignorieren?«, fragte Kaz sie. Jana fuhr noch nicht einmal zu ihm herum, während sie weiter auf dem Balkon saß und den Seelöwen zuhörte.

Das war ihr Alltag geworden, einfach auf dem Balkon zu sitzen und Kazzius zu ignorieren. Auch wenn er es ihr wirklich schwer machte. Jeden Tag kam er zu ihr, mit etwas Frischem zu essen, kaltem Wasser oder auch mit einem Buch, das er dachte, könnte ihr gefallen.

Dass sie nicht lesen konnte, wusste er natürlich, doch er gab ihr immer eine kurze Zusammenfassung und bot ihr an, es ihr vorzulesen. Sie hatte ihn ignoriert, bis er gegangen war. »Jana!« Es war einfach, ihn zu ignorieren, zumindest hatte ihre Blindheit da ihre Vorteile, denn so musste sie wenigstens nicht so tun, als könnte sie ihn nicht sehen.

Er verdiente nicht mehr, obwohl ihr Herz immer schneller schlug, wenn sie ihn hörte und sie das Verlangen zu übermannen, drohte ihn zu berühren. Jana blieb standhaft, auch wenn sie nicht wusste, wie es weitergehen sollte.

Sie hatte mit ihm geschlafen, aber um ehrlich zu sein, schob sie es auf den Schlag auf ihren Kopf, der sie unsicher gemacht hatte. »Bitte Jana«, sie konnte sich nur zu gut vorstellen, wie er neben ihrem Stuhl kniete. Seine Hand berührte ihren Arm, um sich daran festzukrallen, wie ein Ertrinkender es an einem Stück Treibholz tun würde.

Auch darauf reagierte sie nicht, während ihr Kopf immer wieder wiederholte, dass man ihm nicht trauen konnte, dass er der Drache war. »Die Blumen beginnen langsam zu verblühen, der Herbst zieht langsam übers Land. Ich freue mich schon auf den Schnee, die Insel sieht dann immer wunderschön aus. Ich hab ein Reh gefangen, ich dachte, wir könnten heute zusammen essen.« Jana schluckte hart, bei dem Gedanken an den Herbst. Sie war am Anfang des Sommers auf dieser verfluchten Insel angekommen und jetzt ist schon Herbst. Wann würde sie wohl ein komplettes Jahr hier sein, würde sie es überhaupt wissen?

Jana ignorierte Kaz weiter und drehte ihren Körper von ihm weg. Über ihr kreischten die Seelöwen, wenn der Herbst wirklich bald Einzug hielt, würden sie aufhören zu kreischen und auch zu fliegen, sie würden sich zu ihren Nestern zurückkehren und nur noch hinausfliegen, um Essen zu holen für den Winter.

»Jana!« Nun wurde er wütend, er wurde immer so schnell wütend, wenn er seinen Willen nicht bekam. In der Hinsicht erinnerte er Jana an ein kleines Kind.
Und zum ersten Mal seit Wochen reagiert sie auf ihn. »Geh, lass mich allein. Ich will nichts mehr von dir hören.«
»Jana ... ich werd dich ganz bestimmt nicht allein lassen!«
»Geh!«
»Nein du bist nicht du selbst!«
»Natürlich bin ich nicht ich selbst, du Arschloch! Schliesslich hast du dafür gesorgt mit deinen Lügen!«
»Ja-«
»Du bist der Scheiß Drache, du bist der Grund dafür, dass ich hier gefangen bin und wenn du mich wirklich lieben würdest, würdest du mich gehen lassen! Aber lieben kannst du nicht, du bist ein Scheiß Monster und mehr nicht. Ich wünschte, ich wäre nie auf dieser Insel gelandet!«, fluchte sie. »Ich wünschte, Myra hätte dich nie verflucht, dann müsste ich dich jetzt nicht ertragen! Ich hasse dich! Ich hasse dich! Ich fucking hasse dich, du hast mir mein Leben genommen!«, schrie sie wütend.

»Du wirst noch merken, dass es nicht so ist. Du wirst mir helfen meinen Fluch zu brechen.«, sagte er genauso wütend wie sie sich gerade fühlte, nur dass sie jedes Recht hatte, wütend zu sein, er nicht. »Du wirst mir helfen. Ich kann dich nicht gehen lassen, sonst würde Myra-«, sie unterbrach ihn. »Myra würde mir nichts tun, sie will schließlich dich nur leiden sehen! Und so lange ich ihr nicht im Weg stehe, ist alles gut!« »Denkst du das wirklich? Du bist nur bei mir sicher Jana!«

Ihre Wut schien nur noch unendliche Wellen zu schlagen, die mit einem tosenden Rauschen über ihr zusammen schlugen und sie blind und taub für alles machten. »Mach das du hier rauskommst Kazzius!«

Trotz ihrer Wut funktioniert ihre Magie nicht. Es war einfach nur frustrierend, früher hatte sie einfach nur mit den Fingern schnipsen müssen und schon hatte die Magie sie summend umgeben, wie Bienen ihre Königin umgaben. Nun war ihre Magie eher wie ein Tiefsee Hai, für sie kaum zu erreichen und so schnell weg wie sie gekommen war, zudem auch noch mit scharfen beißenden Zähne ausgestattet, die sich nur zu gerne in Janas Fleisch bohrten um ihr zu zeigen das sie nicht auf die ehemalige Hexe hörten.

Es war, als wäre diese Magie nicht einmal mehr ihre eigene, sie war mir so viel Wut umgeben, die Jana nicht kannte. Sie schien wild und alt, hätte Jana es nicht besser gewusst, hätte sie gedacht, dass die Magie vom Drachen selbst kam.

Kaz löste sich von ihrem Arm an dem er sich immer noch fest gekrallt hatte. Sie wartet bis er weg war, bevor sie sich an die Arbeit machte den Tisch umzukippen und vor die Tür zu schieben auch wenn sie bezweifelte dass so etwas mickriges wie ein Tisch einen mächtigen Drachen aufhalten würden. Sie hatte die Sachen, die auf dem Tisch gelegen hatten zuerst beiseite gelegt, damit sie nicht kaputt gingen. Jana fühlte wie die Wände immer näher und näher zu rücken schienen bis sie das gefühl hatte nicht mehr atmen zu können. Warum musste er ihr so etwas nur antun. Warum?
Warum?
WARUM???

Wieso hatte er sie nicht einfach so töten können wie die anderen? Wieso hatte er sie nicht einfach gehen lassen können? Und warum verdammt noch mal war sie geblieben als sie die Chance hatte? Sie war immer noch das gleiche dumme Mädchen, das die Oberste Hexe immer in ihr gesehen hatte. Dumm und viel zu unschuldig um eine Hexe zu sein, hatte sie immer gemeint und langsam sah Jana es auch. Du wirst nie dazu lernen Jana und eines tages wird es dich noch umbringen, hatte sie immer gesagt. Sie war zu Schwach für ihre Magie gewesen hatten die Götter das nicht selbst bewiesen?

Es schien, als würde ihre Frustration über die ganze Situation auf einmal überhand nehmen und sie griff nach einer der leichten Glas Figürchen. Die Kaz ihr vor einigen Tagen geschenkt hatte und schmiss es durch den Raum. Es zersplitterte mit einem lauten Knall auf dem Boden. Er hatte ihr die Figuren geschenkt, um ihr zu zeigen, wie viel sie ihm bedeutet, zumindest hatte er das behauptet. Ja klar, wer das schon glaubte. Sie griff nach der nächsten Figur, ihre Finger schlossen sich um die nächste Figur und ein Schrei löste sich aus ihrem Mund, während sie die Figur in Richtung der Tür schleuderte. Nach und nach geschah das mit jeder Figur oder Muschel, die Kaz ihr geschenkt hatte, als Zeichen seiner Zuneigung ... Pha, dass sie nicht lachte.

Aber sie konnte gar nicht lachen, nichts außer inzwischen stummen Schreien schien sich aus ihrer Kehle zu lösen, während sie sich in die hinterste Ecke des Raums verzog und ihre Arme um ihre Knie schlang und dort zu weinen begann. Sie versuchte sich hin und her zu wiegen, um sich irgendwie zu beruhigen, doch wenn sie ehrlich war, fühlte sie sich einfach nur so wie damals, als sie klein gewesen war und ihre Mutter Claus mit C gedatet hatte. Er war Alkoholiker und schläger gewesen und mehr als einmal hatte Jana sich im Kleiderschrank versteckt, um dem ganzen zu entkommen. Auch jetzt presste sie so wie damals ihre Hände auf ihre Ohren, um die Schreie auszublenden, nur dass sie die Schreie diesmal nicht ausblenden konnte, denn sie waren in ihrem Kopf.
Jana hatte wegen Claus angefangen Magie auszuüben, denn er hatte dafür gesorgt, dass sie sich nicht mehr sicher in ihrem eigenen Zuhause fühlen konnte und sie hatte den Gefallen nur erwidern wollen.

Was hatte es ihr am ende nur gebracht? Bis auf das sie Blind geworden war? Jana hatte verloren und war verloren und Kaz schien davon nichts hören zu wollen. Sie schob langsam die Ärmel ihres Oberteils hoch und fuhr über die leicht erhobenen stellen wo die Narben immer noch wahren. Was machte es schon für einen unterschied ob sie jetzt starb oder erst in einigen Jahren? Kaz hatte mehr als nur zu verstehen gegeben das er sie nicht gehen lassen würde. Es wurde Zeit das sie ihr leben selbst in die Hand nahm. Jana stand auf. Ihre Füße drohten unter ihr nachzugeben als sie auf die Glasscherben zu gingen.

Sie musste dem Drang widerstehen, die Glasscherben, die unter anderem auch in ihre Fußsohlen schnitten. Einfach in ihren Mund zu schieben und zu schlucken, so lange, bis ihr Inneres nur noch aus scharfkantigen Glas bestand, vielleicht würde Kaz ja dann sehen, wie viel sie litt. Wenn er sich an ihr die Haut aufschnitt. Sie schloss die Augen, sie war einfach nur müde, sie wollte nicht mehr und Kaz machte es nicht besser.

Ihre Knie wurden trotz der Hose von einigen Glassplittern durchbohrt und kratzten durch den Stoff der ihre Knie bedeckte. Kazs Hose. Mit einem Mal hatte sie das Verlangen, die Kleider vom Leib zu reißen, weil sie ihm gehörten. Alles in diesem verfluchten Schloss gehörte ihm. Sie wollte zurück nach Hause, ja sogar zurück zu Claus mit C so lange sie nur von ihm weg kam. Doch wusste sie auch, dass Wünsche ihr nichts bringen würden. Genauso wenig wie Magie, zumindest nicht die schwache Magie, die sie besaß, und sie war nicht gewillt, das eine Verbrechen zu vollbringen, das alle Hexen als unnatürlich und widerwärtig darstellen.

Für einen kurzen Moment stellte sie sich vor, Kaz genau das zu geben, was er wollte, doch er brauchte Liebe, Liebe, die sie ihm nicht geben konnte. Genauso wenig wie er konnte sie ihre Gefühle zu irgendetwas zwingen. Es war einfach hoffnungslos. Es gab nur noch einen anderen Ausweg und oh wie Jana sich wünschte, zumindest für einen kurzen Moment sehen zu können, damit sie wusste, wie alles auf dieser Insel aussah. Vielleicht war sie ja wirklich wunderschön.

Sie stellte sich einen blauen Himmel vor, der so weit reichte und keine einzige Wolke zeigte. Sie stellte sich ein blaues Meer vor und einen fast weißen Sandstrand und unglaublich grünes Gras, das sich über die Hügel erstreckte, zusammen mit einigen Baumgruppen, die dazu einlud, sich unter sie zu legen und dort entspannt liegen zu bleiben. Das Bild war so real, dass Jana fast schon die Sommer-Sonne auf ihrer Haut spüren konnte. Bis sie spürte, wie das Blut über ihre Finger hinab rann und auf den Boden tropfte, sie wollte nur zu gerne die Farbe auf ihrer Haut sehen, das Rot, doch der Schmerz alleine schien auch schon zu helfen. Zumindest kam es ihr so vor, als würde es helfen.

Ihre Finger schlossen sich wieder fester um die Scherbe, die sie anscheinend gegriffen hatte während ihrer Dissoziativen Phase und begann weiter zu schneiden. Vielleicht würde Kaz ja erkennen, was er für Fehler machte, wenn er merkte, was für einen Mist er gebaut hatte. Wenn sie erst einmal ihr Inneres nach außen gekehrt hatte. Vielleicht würde er dann merken, dass sein Weg der Falsche war. Jana setzte einen weiteren Schnitt, alte Muster konnte man nur hart durchbrechen und sie hatte schon gedacht, dass sie mit Hilfe der Magie darüber hinweg gekommen war, doch dann war ihr die Magie genommen worden und Jana hatte nichts mehr auf der Welt ... Sie war wahrlich allein. Und die Schnitte auf ihrer Haut wurden immer schlimmer.

Jana keuchte als sie aufwachte, sie lag auf einem Bett, aber es war nicht ihr eigenes, das wusste sie schon am Geruch, sie war in Kazs Zimmer. »Was hast du getan, Jana?«, fragte er. Sie schaute sich um ohne etwas sehen zu können da berührte seine Hand ihre eigene und verflocht seine Finger mit ihren. Als Jana ihm ihre Hand entziehen wollte, hielt er dagegen und sein Griff festigte sich noch mehr. »Was hast du getan?!«, wiederholt er sich. »Lass mich los!«, zischt sie. Ihr Mund schmeckt nach Blut und sie kann sich nicht mehr daran erinnern, ob sie wirklich Glas geschluckt hatte oder nicht. »Nein und nachdem was passiert ist, werde ich dich auch nicht mehr aus den Augen lassen!«, in seiner Stimme schwang das Grollen des Drachen mit. »Oh, wirklich und wie willst du das schaffen? Musst du nicht auch noch Sachen an anderen Orten machen He? Oder hast du vor mich dann einzusperren in deinen Kerker, den du bestimmt irgendwo hast. Du kannst mich ja direkt dorthin bringen, schließlich bin ich nichts anderes mehr nur eine Gefangene!«, zischt sie wütend.

»Du wolltest dein Leben beenden, Jana, deine unsterbliche Seele an einen Ort verbannen, der noch schlimmer ist als die tiefste aller Höllen!« Wow okay, damit hatte Jana nun echt nicht gerechnet und das vor allem von dem Drachen. »Fick dich!« Sie entreißt ihm endlich ihre Hand und versucht sich aufzusetzen. Sie war noch schwach, doch nicht so schwach, dass sie sich nicht mehr bewegen konnte. Auch wenn sie das sein sollte, verdammt sie sollte noch nicht einmal wach sein. Ihre Finger wandern zu ihrem Arm, doch sie fühlt nicht einmal einen Verband, nur makellose, sanfte, unberührte Haut. Wie konnte das nur möglich sein? »Kaz, was hast du getan?«, fragte sie ihn nun. Sie spürt seine Hand an ihrer Wange. Er strich mit seinem Daumen sanft über die Haut unter ihrem Auge, so als wollte er sich merken, wie die Haut sich dort anfühlte. »Ich hab dir mein Blut gegeben, um dich zu heilen. Ich konnte dich nicht sterben lassen, Jana. Wie schon gesagt, du bist meine letzte Chance.« Sie knurrt wütend. »Und mir sagst du etwas von übernatürlichen Seelen retten, dabei machst du noch etwas schlimmeres, du greifst in die natürlich Ordnung ein, das ist nicht wirklich rettend oder?« »DU hast mich dazu getrieben«, sie konnte sich sehr gut vorstellen wie er anklagend mit einem Finger auf sie zeigt, so wie ihre Mutter es immer machte

»Hättest du nicht beschlossen, eine der größten Sünden überhaupt zu begehen, dann hätte ich dich nicht davon abhalten müssen. Ich hab dir mein Blut gegeben um dich zu retten!« Jana fühlt die Wut immer größer und größer werden. Dieser ungebildete Idiot »Hast du so etwas schon mal öfter gemacht?« »Ja wann immer du außer gefecht warst oder schwer verletzt, damit du schneller Heilen kannst.« Er klang verwirrt. Bei den Göttern er war ein Idiot, ein verfluchter Idiot. Hätte er sie doch nur sterben lassen. »Wir oft Kaz?«

»Warum Intre-«

»Wie fucking oft?!« Er war für eine Weile still, dann sagte er. »So in etwa fünf mal vielleicht auch Sechs. Und warum willst du das unbedingt wissen?« Sie atmete erleichtert aus.
»Weißt du, dass solche Flüche wie deine auch über Blut übertragen werden können? Wenn man zu oft Blut eines Verfluchten trinkt, wird man selbst verflucht. Deshalb darfst du mir nie wieder dein Blut geben, Kaz, hast du mich verstanden? Ab dem nächsten Mal könnte es schon zu spät sein und ich werde so wie du. Es kommt immer auf die Stärke des Fluches und die Macht, die in dem Blut des Verfluchten verankert ist an, also Kaz, du darfst mir nie wieder dein Blut geben.


Hallo ihr lieben ich hoffe euch gefällt das Kapitel. Falls Ja lasst doch gerne einen Like oder Kommentar da. Wir nähren uns dem halbfinale des Buches und eins kann ich euch versichern, ihr werdet damit nicht rechnen. Die einzige frage ist seit ihr dafür bereit? Falls ja folgt mir doch gerne um nichts mehr zu verpassen. Ganz liebe grüße eure Trouble. 

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