Kapitel 29
„Wie geht es ihnen?" fragte ich. Mittlerweile hatte ich mich wieder aufgesetzt und über Haymitch's Worte nachgedacht. Außer eine Träne war nichts mehr gekommen. Ich war noch nie diejenige, die viel geweint hat.
„Gut." sagte er. Ich sah in seine Augen... er log. „Wieso geht es ihnen nicht gut?" fragte ich stumpf weiter. Er wusste, dass Lügen nicht mehr zu meinen Lieblingsdingen gehörte. Und dennoch hatte er mich angelogen... und zuckte nun mit den Schultern. Er hatte keine Ahnung wie es ihnen ging, nicht einmal, wo sie waren, dass war nämlich meine dritte Frage gewesen. Zwei Sekunden später hörte ich etwas piepen... es war sein Armband, was er vom Widerstand bekommen hatte. Er musste los. Mit einem Kuss auf meiner Stirn, ließ er mich sitzen und verschwand... wahrscheinlich um zu zeigen, dass er trotz allem noch einen Gedanken für mich übrig hatte. Ja, die Beziehung zu Haymitch Abernathy war immer schon schwer genug... deswegen werde ich das jetzt nicht noch weiter aufdröseln.
Es wurde schon Abend, als ich die vielen verschiedenen Gänge auf und ab lief, nicht schlafen könnend, weil ich die ganze Zeit nur einen Gedanken hatte; Brownie ist tot. Das letzte Mal, als ich es realisiert hatte, trank ich mich so dicht, dass ich schon eine andere Persönlichkeit annahm. Und jetzt? Jetzt raubte mir dieser Gedanke den Schlaf. Das einzige, was mich von der grausamen Realität fern hielt.
Und dann waren da diese Geräusche. Ich würde sie überall her wieder erkennen... schlussendlich gerade weil ich sie vor ein paar Stunden noch selber von mir gegeben hatte. Albträumgeräusche, um genauer zu sein halbe Schreie. Dann Gemurmel... über Peeta und Annie. Und im selben Moment wo sie wohl ziemlich zeitgleich aufschreckten, verschwand ich aus dem Gang und ging zum Hauptgang, welcher wiederum zur Zentrale dieses Bunkers führte. Und dort würde ich antworten für sie finden. Vielleicht kam meine derzeitige wilde Entschlossenheit durch den erst jetzt richtig realisierten Verlust von Brownie, vielleicht aber auch, weil ich das Leiden anderer nicht mehr abkonnte. Es war schließlich Grund genug für mich in die Zentrale einzubrechen. Denn eigentlich hatte ich gar keinen Zugang zur Zentrale.
Und erblickte, als ich schließlich dort eingebrochen war, Haymitch in einem der Stühle.
„Du wirst dich bei dem Versuch umbringen."
„Eine Warnung?"
„Ein Fakt. Niemand kommt alleine durch das Kapitol. Schon gar nicht unbewaffnet. Und schon gar nicht mit dem Namen Flake Snow."
„Also nur eine beschützerische Warnung. Dann ist ja gut."
Ich wollte mir schon einen Zugang zu einem der Fluggeräte schaffen, da sah ich, dass ich einen Schlüssel brauchte... einen Schlüssel den Haymitch in der Hand hielt und mir provokant anbot.
„Was denn noch?"
„Du tust es für ihn."
Ich wusste, dass er nicht nur Brown meinte. Ich wusste, dass er schon immer eine fast Allwissenheit mit sich trug, betrunken oder nicht. Doch es ließ mich stocken. Nur für einen Moment. Lang genug um für ihn zu Nicken und aufzustehen... und mir diesen Schlüssel in die Hand zu drücken, nur um mir dann etwas ins Ohr zu flüstern... etwas lustiges, was nicht lustig gemeint war.
„Dann zieh wenigstens eine gute Show ab."
Und wenig später flog ich auch schon davon. Gut das ich mir alles eingeprägt hatte, als ich noch klein war.
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