Kapitel 05

Liam

Müde quälte ich mich aus dem Bett. Gestern Abend war noch alles gut gewesen. Jüri und Marcus waren hier, wir hatten einen schönen Abend miteinander verbracht und dann war Marcus gegangen.

Zurück blieb ich mit Jüri. Das machte den Abend noch besser, zumindest hätte es ihn besser machen sollen. Stattdessen war das Gegenteil geschehen.

Schlussendlich stand ich vor dem Wohnungskomplex und sah Jüri hinterher, wie dieser in Richtung Marcus lief.

Als er nicht mehr zu sehen war, war ich wieder rein gegangen und hatte mich aufs Sofa fallen lassen. Meine Müdigkeit war verflogen und auch als ich später im Bett lag konnte ich beim besten Willen nicht einschlafen.

Hatte ich jüri verscheucht? Ich hätte ihm mehr Zeit geben sollen, hätte nicht so vorschnell sein sollen. Vor allem aber hätte ich meine Bedürfnisse hinten anstellen sollen und ihm so die Chance geben selber damit klar zu kommen.

Verdammt. Er hatte sogar einen großen Schritt auf mich zu gemacht, in dem er blieb und doch hatte ich es übertrieben.

Ich schleppte mich in die Küche, wo ich mir einen Kaffee aufsetzte und mich auf den Stuhl fallen ließ. Übermüdet vergrub ich meinen Kopf in meinen Händen und wäre fast im stehen eingeschlafen, wenn in diesem Moment nicht die Klingel ertönt wäre.

Murrend öffnete ich diese und machte große Augen, als ich sah wer dort stand. "Jüri", stellte ich geistreich fest. Er nickte leicht "Das ist mein Name", versuchte er sich an einem Scherz.

Doch dafür war mir unsere Zukunft gerade zu unsicher.

Ich trat zur Seite "Komm rein", bat ich ihn. Er nickte und folgte meiner Aufforderung. Drinnen schien er dann genauso nervös zu sein wie ich. "Kann ich dir was anbieten?", wollte ich wissen und versuchte ihn irgendwie in dieser Wohnung zu halten.

"Nein, ich will mit dir reden", gab er zurück und zog endlich seine Jacke aus. Unbeholfen sah ich ihm dabei zu und war erleichtert, als er die Führung übernahm. Er lächelte mir zu und deutete dann auf das Wohnzimmer. Ich folgte ihm und setzte mich nervös mit viel Abstand neben ihn.

"Gestern hast du noch meine Nähe gesucht", stellte der Este fest. Sofort wurde ich leicht panisch "Ich.. also.. ähm.. das tut mir leid.. ich weiß, dass das falsch war und ich wollte dich zu nichts zwingen, ich habe einfach nicht darüber nachgedacht, dass das Druck bei dir auslöst. Bitte glaub mir, dass das nie meine Absicht..", begann ich hektisch vor mich hinzuplappern, verschluckte mich dabei an meinen Worten und vergaß Luft zu holen.

"Atmen Liam" erinnerte er mich. Ich verstummte und tat was er wollte. "Ich bin nicht sauer auf dich", stellte Jüri dann klar. Ich sah unsicher zu ihm. Bedeutete das, dass es schimmer war, was er fühlte? War er enttäuscht? Fühlte er sich bedrängt oder hatte er mit uns schon abgeschlossen, sodass er nicht mehr sauer sein brauchte?

"Mein Gott Liam, jetzt beruhigt dich doch mal und denk nicht so unfassbar viel nach", holte Jüris Stimme mich wieder ins hier und jetzt.

Ich knetete meine Finger und sah unschlüssig zu ihm "Hat dein nächtlicher Besuch bei Marcus was gebracht?", wollte ich vorsichtig wissen.

Mein Gegenüber nickte "Wir haben lange und viel geredet, bis wir irgendwann ein Fazit hatten mit dem ich leben kann", erklärte er und gab mir damit überhaupt keine Einschätzung ob das ganze zu meinen Gunsten verlaufen ist oder nicht.

"Du bist ja nervöser als ich", stellte Jüri erleichtert fest. Ich warf ihm ein halbes Lächeln zu und sah dann wieder auf meine verknoteten Hände.

Ich hörte Jüri näher zu mir rutschen und sah auf. "Du musst nicht so nervös sein Li, glaubst du wirklich das ich hier säße, wenn ich uns keine Chance geben wollte?", wollte er plötzlich so ruhig wie noch nie wissen.

Woher diese Gefasstheit kam wusste ich nicht, doch sie beruhigte mich etwas und gab mir Sicherheit, dass ich ihn nicht verloren hatte.

"Marcus hat mir dabei geholfen das Chaos in mir zu ordnen", begann er. Ich nickte leicht und sah nach wie vor unsicher zu ihm. "Ich denke, dass ich uns eine Chance geben möchte, allerdings nur wenn du mir versprichst mir Zeit zu lassen. Ich kann das nicht so schnell wie du es gestern wolltest", erklärte er.

Sofort nickte ich "Natürlich. Ich weiß, dass das gestern zu schnell war und ich werde garantiert nicht den selben Fehler nochmal machen. Wir machen es in deinem Tempo und du sagst mir sofort wenn etwas gerade nicht geht oder zu schnell ist" stellte ich klar.

Jüri lächelte leicht "Marcus meinte du würdest Verständnis haben", erklärte er leise. Ich erwiderte das Lächeln etwas "Hast du was anderes geglaubt?", wollte ich wissen "Ich habe es nur zu hoffen gewagt", gab Jüri zu und griff nach meiner Hand.

Ich hielt instinktiv den Atem an, als könnte ich Jüri verjagen in dem ich zu laut ausatmete. Jüris Finger lösten meine von einander und strichen leicht über meinen Handrücken.

"Weiter atmen Liam", erinnerte Jüri mich zum erneuten Mal an diese Tag. Schnell holte ich Luft und schenkte ihm ein leichtes Lächeln "Ich will nichts falsch machen", gab ich zu.

Jüri lächelte "Mit atmen machst du nichts falsch", versicherte er mir. Ich sah auf unsere Hände "Dann ist so berühren wie gerade okay?", wollte ich wissen. Jüri nickte "Wir haben uns auch vor gestern schon berührt. Ich bin nicht allergisch auf Berührungen", lachte er leicht. Dieses Mal konnte er damit auch mir ein Lächeln auf die Lippen zaubern.

Umso länger Jüri bei mir war, desto mehr fiel die Anspannung von mir ab. Dafür kam die Müdigkeit mit voller Kraft zurück.

Ich unterdrückte ein herzhaftes Gähnen, immerhin war Jüri erst seit kurzer Zeit bei mir und ich wollte auf gar keinen Fall jetzt schon einschlafen, dafür wirkte die kleine Pflanze einer Beziehung, wenn es das denn überhaupt schon war, noch viel zu zerbrechlich.

Jüri, welcher nach wie vor neben mir auf dem Sofa saß und seine Hand mit meiner verbunden hatte musterte mich. "Du bist müde", stellte er fest. Ich zuckte mit den Schultern "Ein bisschen vielleicht, aber das passt schon", lächelte ich ihm zu.

Jüri lachte leicht auf "Liam, ich werde dir nicht weg laufen, jedenfalls nicht weil du schläfst", scherzte er schon wieder. Es war mit ein Rätsel was Marcus mit ihm gemacht hatte, dass er innerhalb weniger Stunden von vollkommen überfordert und verwirrt zu diesem gut gelaunten, entspannten Verhalten übergegangen war.

"Im ernst, du siehst aus als würdest du im stehen einschlafen. Geh schlafen", forderte er mich erneut auf. Ich seufzte ergeben und stimmte dem ganzen dann zu "Fühl dich wie Zuhause", ordnete ich ihn an, nachdem er meinte er wolle nicht in seine Wohnung gehen.

Als ich das nächste Mal wach wurde fand ich Jüri in der Küche. Er hatte sich Musik angemacht zu welcher er jetzt voller Elan tanzte. Schmunzelnd lehnte ich mich in den Türrahmen und beobachtete ihn.

"Liam!", schrie er kurz auf, als er mich dort entdeckte. Ich grinste leicht und kam auf ihn zu "Was wird das?", fragte ich während ich interessiert die Schale vor mir betrachtete. "Muffins", erklärte Jüri bereitwillig "Kann ich helfen?", führte ich meine Frage weiter aus, worauf er nickte "Klar", damit verbrachten wir die nächste Zeit damit besagte Muffins zu backen. Es herrschte Normalität.

•••

Ich hoffe es hat euch gefallen :)

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