9. Kapitel

Vertraue auf deine Instinkte und dir wird nichts passieren.

Rose hörte Hildgards Stimme vor ihr. Sie hatte auf sie vertraut, sogar bis zur letzten Sekunde ihres Zusammenseins hatte sie den Glauben an Rose nicht verloren. Konnte sie sie einfach so enttäuschen? Kampflos sterben und damit tausende Bändiger mit in den Tod nehmen? Nein das konnte sie nicht.

Rose wusste, wie sie ihr Element heraufbeschwören konnte, sie hatte es schon ein paar mal getan.

Angestrengt versuchte sie sich zu konzentrieren.

Der Erdbändiger saß immer noch auf ihr, doch er tötete sie noch nicht. Vermutlicherweise wollte er noch auf seine Kameraden warten, denn eine Elmyre zu töten war ein besonderes Ereignis, dass er mit den anderen teilen wollte.

Das war Roses' Chance.

Ein weiteres Mal spürte sie die Flammen in ihr hochstiegen. Wie sie ihren Körper erhitzten und sie leuchten ließen.

Der Erdbändiger stieß sich schnell hoch und sah sie entsetzt an.

Rose rappelte sich ebenfalls auf, denn wie auf wundersame Weise hatte das Feuer ihre Wunden geheilt.

Binnen weniger Sekunden war sie von Erdbändigern unzingelt, doch Rose spürte keine Angst mehr.

Das Feuer gab ihr Kraft, Mut und Geborgenheit, es war ihr Zuhause. Es fühlte sich so an, als hätte sie einen lang verlorenen Teil ihrer Seele wiedergefunden. Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sie sich komplett. Mächtig. Mutig. Sie spürte ihre Kraft, sie war stark, sehr stark, denn sie war die Elmyre des Feuerstammes.

Blitzschnell riß Rose ihre Hände nach oben und entfachte so eine Feuerwelle, die gegen die Erdbändiger prallte und sie mehrere Meter nach hinten schleuderte.

Hysterisch lachte Rose auf.

Sie genoss es sichtlich mit ihrer Macht die Bändiger zu verängstigen. Es gab ihr ein Gefühl der Genugtuung, wenn sie Feuerblitze auf sie losließ. Es gefiel ihr, wenn sie vor ihr zurückwichen, aus Angst sie würde sie töten.

Und das wollte Rose.

Sie ließ sich von ihrem Hass leiten, uraltem Hass, von dem sie nicht wusste woher er kam.

Wie ein Wirbelwind drehte sie sich, sprang umher und schoss ihr Feuer wild durch die Gegend.

Allmählich bekam sie nichts mehr von dem mit was sie tat. Es war so als würde ihr Körper von irgendjemanden ferngesteuert werden und sie konnte nur zusehen, wie sie immer mehr Bändiger verbrennen ließ, unfähig sich davon abzuhalten.

Ein starkes Schwindelgefühl erfasste sie und kurze Zeit später wurde alles um sie herum schwarz und sie fühlte nur noch, wie sie auf den Boden aufschlug.

Rose wusste nicht wie lange sie schon auf dem Waldboden lag.

Als sie ihre Augen öffnete, sah sie, dass die Sonne bereits hoch am Himmel stand, es war also ungefähr Mittag.

Stöhnend setzte sie sich auf. Ihr Kopf dröhnte und sie fühlte sich sehr müde und ausgelaugt an, als hätte sie die letzten 24 Stunden nicht geschlafen.

Rose sah sich um. Entsetzt sprang sie auf die Beine.

Der Boden um sie herum war verkohlt und überall lagen verbrannte Leichen. Ein heftiges Angstgefühl erfasste sie.

Irgendjemand hatte sie alle umgebracht, doch sie wurde verschont. Wahrscheinlich hatte ihr Feuer sie beschützt.

Ein Feuerbändiger musste das getan haben. Vielleicht Hildegard? Nein, sie würde so etwas nie tun. Also musste noch ein anderer Feuerbändiger da gewesen sein.

Sie musste hier weg. Weg von diesen ganzen Leichen. Rose konnte sich nicht vorstellen, wie jemand nur so viele Bändiger töten konnte. Das ergab alles keinen Sinn.

Und dann lief Rose los. Sie lief so schnell ihre Beine sie trugen. Sie wusste nicht wohin sie lief, sie ließ sich von ihren Instinken leiten.

Genau das hatte Hildegard zu ihr gesagt.

Ihre Instinkte würden sie zum Portal bringen. In ihre Welt. Zu ihren richtigen Eltern. War Rose bereit sie kennenzulernen? Konnte sie ihnen gegenübertreten? Sie wusste es nicht.

'Darüber muss ich mir noch keine Gedanken machen', dachte sie. 'Wenn es so weit ist, werden wir sehen. Erst muss ich das Portal finden und in die andere Welt reisen',

und plötzlich spürte sie es.

Es war wie ein Sog, der sie in eine Richtung zog. Rose folgte diesem Sog. Irgendwie wusste sie, dass er sie zu dem Portal führen würde. Und genau so war es.

Rose blieb vor einem Baum stehen. Er war riesig und in seine Rinde waren merkwürdige Ornamente eingeritzt worden. Sie vermutete, dass es eine Eiche war.

Staunend umrundete Rose den Baum. Er strahlte eine unglaubliche Kraft aus. Die Ornamente zogen sich über den ganzen Baum und schmückten ihn wie ein Kleid.

Vorsichtig fuhr Rose über die Rinde. Es war irgendwie komisch, aber der Baum pulsierte unter ihren Fingern. Es war als hätte er ein Herz. Aber wie sollte sie das Portal öffnen? Sie wusste, dass der Baum etwas damit zu tun haben musste, sie spürte es. Aber er war nicht das Portal.

Mehr wie ein Wächter, der das wahre Portal beschützte.

Rose drehte sich um, um nach einem Hinweis zu suchen, wie man das Portal öffnen konnte.

Erst jetzt bemerkte sie die anderen Bäume.

Es waren 9 Stück und allesamt Eichen. Jede von ihnen zierten die Ornamente, jedes anders als das andere. Sie waren in einem Kreis angeordnet, wie Stonehenge nur aus Bäume.

Ein paar ihrer Wurzeln brachen aus dem Waldboden heraus. In sie waren ebenfalls diese merkwürdigen Ornamente eingeritzt und sie trafen sich in der Mitte des Kreises. Dort bildeten sie eine Art Schüssel, indem sie sich umschlungen hatten. Daneben lag ein Messer.

Rose ging auf die Mitte zu. Sie nahm sich das Messer. Es war ein schlichter Dolch, doch das Heft zierten ebenfalls diese Ornamente.

Rose sah sich das alles noch einmal an. Es wirkte so unwirklich, wie ein Märchen, das gerade Farbe angenommen hatte. Das war das Portal. Und schon wieder zeigten Roses' Instinkte ihr, was sie zu tun hatte. Wie sie das Portal öffnen konnte.

Mit dem Dolch schnitt sie in die Handfläche. Kurz durchzuckte sie ein stechender Schmerz, doch er ebbte schnell wieder ab.

Rose ließ ihr Blut in die 'Holzschüssel' tropfen. Staunend betrachtete sie was dann passierte.

Die Wurzeln sogen ihr Blut wie ein Schwamm auf. Die eingeschnitzten Ornamente füllten sich mit diesem Blut und so floss es die Wurzeln entlang, bis zu den Bäumen.

Roses' Schnittwunde war bis dahin schon verschwunden.

Das Blut benutzte derweil die Ornamente als Kanäle und kletterten die Bäume hinauf. Als es oben angekommen war, leuchtete es hellrot auf. Es sah nun so aus, als wären die Ornamente mit roter Leuchtfarbe auf die Bäume gemalt worden. Der Kreis war in rotes Licht getaucht, das nun immer heller leuchtete. Rose musste mit ihren Hände ihre Augen verdecken, denn das Licht war zu hell. Und plötzlich spürte sie keinen Boden mehr unter sich. Das Portal funktionierte...

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Hallo Leute,
endlich melde ich mich mal wieder mit einem spannenden Kapitel. Was glaubt ihr wird Rose in der anderen Welt erleben und wird sie merken, dass sie die ganzen Bändiger umgebracht hat? Schreibt eure Meinung in die Kommentare und sonst wünsche ich euch noch frohe Ostern und schöne Ferien. ;)
Lg
Eure Chrissy

P.S.: Das verschwommene angehängte Foto sollte ungefähr die Wurzelschüssel darstellen, nur dass es halt keine Holzklötze sind sondern durchgehende Wurzeln und etwas kleiner. Kleiner Hinweis zum Verständnis. ;)

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