17. Let's get this party started

Langsam ging ich die Gänge in der Arrestebene ab und hoffte inständig Clint hier abfangen zu können. Tatsächlich hatte ich wenige Momente später Glück. Barton ging alleine auf dem schmalen Weg einige Meter vor mir. Ich rannte so leise wie möglich an ihn heran. Gerade als ich bei ihm angekommen war, spannte er in einer blitzschnellen Bewegung einen Pfeil ein und drehte sich zur mir. Jedoch konnte ich seinen Bogen greifen und in eine andere Richtung lenken, als er den Pfeil gnadenlos abschoss. Danach kam es direkt zu einem unerbittlichen Handgemenge. Clint schlug mit dem Bogen auf mich ein, doch ich konterte ihn kurze Zeit später indem ich ihm einen kraftvollen Tritt in den Bauch gab und er nach hinten stolperte. Ich nutzte diesen Moment und sprang auf eine parallellaufende Plattform. Dabei konnte ich gerade noch so einem Pfeil ausweichen Innerhalb weniger Sekunden tat er mir es jedoch gleich und wechselte ebenfalls den Laufweg.

Wieder probierte er mich mit seinem Bogen am Kopf zu treffen, doch ich konnte ihn gerade noch so abfangen. Dann drängte er mich auch schon über das eiserne Geländer und drückte mir beinahe mit dem Bogen die Luft ab. Ich wandte mich unter atemnot, holte kräftig aus und verpasste ihm einen Faustschlag mitten ins Gesicht. Er flog zurück und ich hatte nun die Macht über seinen Bogen, jedoch zog er gleich darauf ein Messer aus seinem Gürtel. Wütend schnaubte ich. Er zögerte wirklich vor nichts. Ich hatte mir vorgenommen ihn nicht schwer zu verletzen, hingegen hatte ich zu meinem Eigenschutz keine andere Wahl.

Beinahe gleichzeitig attackierten wir uns. Clint holte mit dem Messer aus, doch ich packte seinen Arm und verdrehte ihn. Vor Schmerzen krümmte er sich. Dann warf er das Messer in seine andere Hand, fixierte mein freies Handgelenk und hielt mir das Messer an die Kelle. Ich konnte jedoch jeder seiner Bewegungen ausweichen und stemmte ihn mit aller Kraft weg vom mir, doch sein Gegendruck war stärker. Ein lautes Keuchen entwich meiner Kehle, als er mir sein Knie kräftig in den Bauch rammte. Langsam näherte sich das Messer meiner Kehle und ich erhitzte überdurchschnittlich schnell meine Handflächen. Clint schrie sofort auf und lockerte seinen Griff. Erneut nutzte ich diese Chance, schlang meine Beine um seinen Hals, stürzte ihn um und schloss ihn mit meinem Arm ein. Gerade als er sich wieder befreien wollte, schlug ich seinen Kopf mit voller Wucht gegen das Geländer der Plattform. Barton kam hart auf dem Boden auf und sah langsam zu mir auf.

"Alice?", keuchte er, als er langsam wieder zur Besinnung kam. Ich antwortete nichts. Starr griff ich zu seinem Bogen, um erneut auszuholen und ihn ihm über den Kopf zog. Bewusstlos kippte er schließlich hinten um. Zischend wischte ich mir mit meinen Fingern das Blut von den Lippen. Niemals hätte ich gedacht, dass ich Clint alleine überwältigen könnte. Doch der Adrenalinschub und die Todesangst machten es möglich. Denn ein Blick in seine Augen hatte mir gereicht, um mir zu sagen dass er bis zu meinem bitteren Ende gegangen wäre. Allein darüber nachzudenken ließ mir einen Schauder über den Rücken laufen. Mein Puls war immer noch auf Hochtouren und ich hörte meinen Herzschlag sogar in den Ohren pochen. Ich strich mir gerade ein paar Haarsträhnen aus meinem verschwitzten Gesicht, als ich Furys Stimme in meinem Ohr vernahm.

"Agent Coulson ist tot."

*

"Du kannst zu ihm. Er ist wieder ganz der Alte", lachte Natasha, als sie das Krankenzimmer verließ und mir ermutigend auf die Schulter klopfte. Ich nickte ihr dankend zu und betrat dann das Zimmer. Clint saß mit einer Wasserflasche in der Hand auf dem Bett wie ein Häufchen Elend.

"Wie hast du es geschafft mich wieder zurück zu bringen?" Clint starrte ohne mich anzusehen gegen die Wand, als ich mich neben ihn auf die Matratze setzte.

"Kognitive Neukalibrierung. Ich hab dir deinen Bogen kräftig über den Kopf gezogen", schmunzelte ich erzwungen.

"Danke", flüsterte Clint, beinahe hätte ich es nicht verstehen können. Dann sah er zum ersten Mal zu mir auf. "Wer hat dir nur beigebracht so gut zu kämpfen?" Dieser Satz triefte nur so vor Ironie.

Gespielt eingeschnappt, boxte ich ihm leicht gegen die Schulter. "Ich freue mich auch dich wiederzusehen, Clint."

"Loki, ist er entkommen?" Als Antwort nickte ich zögerlich.

"Wohin weißt du nicht zufällig?", fragte ich, doch er schüttelte nur mit dem Kopf.

"Wurde mir nicht gesagt. Aber er wird schon bald angreifen. Noch heute." Er nahm einen Schluck aus seiner Trinkflasche.

"Wir müssen ihn aufhalten."

"Wer ist 'wir'?" Clint lachte auf.

"Keine Ahnung", erwiderte ich und zuckte mit den Schultern. "Die die noch da sind."

"Also ich-", fing der Bogenschütze an und zögerte dann. "-ich, wenn ich Loki einen Pfeil in die Augenhöhle schießen könnte, würde ich besser schlafen, schätze ich."

"Du klingst wieder wie der alte Clint", entgegnete ich und verzog meine Lippen in ein Grinsen. Dazu schwang eine Prise Erleichterung in meiner Stimme.

"Aber du nicht nach dir." Er sah von seinen gefalteten Händen zu mir in meine blauen Augen auf. "Du bist eine junge Frau und kein Soldat. Plötzlich willst du in einen Krieg ziehen. Warum?" Er musterte mich besorgt. "Was hat Loki dir getan?"

"Ich- garnichts-", stotterte ich zögerlich und wurde direkt in die Situation vor Lokis Zelle zurückversetzt. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dieses Gespräch hätte mich kalt gelassen. Dazu war ich zu wenig eine Agentin. Clint spürte es und legte beruhigend seine Hand auf meine.

"Wir werden Loki büßen lassen für all seine Taten, okay?"

Eine Antwort blieb mir verwehrt, denn Rogers stürmte in das Zimmer und blieb wie angewurzelt vor uns stehen. Bevor er sprach, wanderte sein Blick hinab auf unsere Hände.

"Wir müssen los."

"Und wohin?", fragte ich und seine blauen Augen sprangen zurück auf mich.

"Erkläre ich Ihnen unterwegs. Können Sie einen von diesen Jets fliegen?"

"Ich kann das", meldete sich nun auch Clint zu Wort. Steve sah mich fragend an und ich bestätigte seine Aussage mit einem Nicken. Wir konnten Agent Barton wieder vertrauen.

"Haben Sie eine Ausrüstung?" Clint bejahte dies. "Dann ziehen Sie sich mal an." Und schon verschwand der Super-Soldier auch wieder und ließ uns vorerst allein zurück. Mir brauchte er es ja nicht zu sagen, da ich immer noch seit gestern Abend in dem Anzug steckte. Wie sehr sehnte ich mich nach etwas Schlaf.

*

Damit sich Clint in Ruhe fertig machen konnte, war ich bereits in der Waffenkammer und suchte mir einen weiteren Oberschenkelholster, um noch eine weitere Waffe mit mir zu nehmen. Dann griff ich noch zu einigen Nachfüllpatronen, die ich allesamt in meinen Taschen verstaute. Zum Glück war kein weiterer Agent anwesend, der irgendeinen Verdacht über mein Vorhaben aufstellen konnte. Und trotzdem war ich nicht alleine. Tony war ebenfalls hier und nahm noch einige Verbesserungen mit dem Schweißgerät an seinem Anzug vor.

"Alice?"

"Mh?", entgegnete ich dem Billionär und suchte noch immer konzentriert nach dem gleichen Modell meiner anderen Pistole in dem großen Regal. Es gab hier sämtliche Ausführungen und es war schwer genau eine Spezielle zu finden.

"Jetzt dreh dich doch mal um!" Ich schnaubte widerwillig und folgte dennoch seiner Anweisung. Anstatt an seiner Werkbank stand Stark direkt hinter mir. Grinsend drückte er mir eine kleine mattschwarze Box in die Hände. "Sieh es als vorläufiges Es-tut-mir-leid-dass-dich-mein-radioaktiver-Atommüll-verstrahlt-hat-Geschenk. Für etwas Ausgefeilteres hat die Zeit leider nicht gereicht."

"Hast du etwa wirklich ein schlechtes Gewissen?", fragte ich und musterte ihn amüsiert.

"Jetzt mach schon auf!"

"Okay, Okay", erwiderte ich hastig, stellte die Box auf dem Tisch ab und hob behutsam den Deckel herunter. Ein dunkelgrauer Anzug verbarg sich darin. Ich holte ihn heraus und hob ihn vor mir in die Luft. Als er sich entfaltete, erkannte man erst seine besonderen Merkmale. Hauptsächlich war der Anzug in einem dunkel- und hellgrau gehalten, doch die roten und weißen Details und die weißen Ziernähte werteten ihn optisch nocheinmal auf.

Mir strahlenden Augen begutachtete ich das Geschenk und Tony sah mir angespannt zu.

"Tony, er ist wunderschön", hauchte ich und konnte meinen Blick kaum mehr von dem Stoff nehmen. Ich hatte nun einen eigenen Anzug. Ein alleiniges Kennzeichen. Sichtlich entspannt sich Tony und legte mir eine Hand auf die Schulter.

"Atmungsaktiv, feuerfest und wie eine zweite Haut. Dazu musst du nun nicht mehr dieses wirklich schreckliche Shield-Logo mit dir herum tragen." Doch nun holte er noch etwas hervor. "Und damit meine Mühe deine Identität geheimzuhalten später nicht vollkommen umsonst war-" Er überreichte mir eine eine Maske, die in dem gleichen rot gehalten war wie die Farbaktzente auf dem Anzug. Wie gebannt starrte ich darauf und mein Lächeln wurde nun noch breiter.

"Danke Tony", murmelte ich, als ich ihm Sekunden später in meine Arme zog und fest umarmte. Etwas überrumpelt tätschelte er meinen Rücken, bis er sich ebenfalls mit der Situation aklimatisiert hatte.

"Immer wieder gern, Kleines", entgegnete er mir grinsend, als wir uns aus der Umarmung lösten. "Let's get this party started. Los, versohlen wir diesem Ziegenpeter mal gehörig den Hintern!"

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