4. Wettbewerb von Funkenpfote
Wenn ich mein Schicksal sehen könnte, würde ich all das dann wieder tun?
Anmutig wie die Schatten des Mondes breiteten die Silberfürher ihre zarten Schwingen aus, tänzelten in der warmen Nachtluft umher, als folgten sie einem uralten Ritus, bis sie sacht auf Farnschattens Pelz landeten. Ein Schnurren entfuhr der Kätzin, so leise und vorsichtig, dass selbst der Wind andächtig zu lauschen begann. Doch auch sein Respekt schien die junge Jägerin nicht glücklicher zu stimmen. Argwöhnisch begutachtete sie ihre Vorderpfote, drehte sie und zwickte sie, stampften mit ihr auf den Boden, als wolle sie einen Donner erzeugen. Nichts geschah. Kein Schmerz, kein Brennen nur ein angenehmes Kitzeln erfüllte sie, als ihre Zähne probehalber gegen ihre rauen Ballen stießen. „Was machst du hier?" Ein Fauchen riss die Kätzin aus ihrer Studie. Vor ihr stand ein gewaltiger, brauner Kater, der sie aus seinem einem verbliebenen Auge zornig anfunkelte. „B-Brockenstern? W-Was, aber du bist doch ... ich meine... ich dachte..." „Du dachtest nichts!" Sein Fell sträubte sich betont langsam. „Genau das ist dein Problem! Du denkst überhaupt nichts!" „Was ist passiert?", benommen vor Angst wandte sich Farnschatten wild umher. Dieser Albtraum durfte nicht wahr sein, es durfte einfach nicht sein. Nicht jetzt! Jetzt wo doch Rauchbach endlich zu ihr zurückgekehrt war, jetzt wo doch Kastanienstern nur noch ihr eines Leben hatte, jetzt wo sie doch ihre Aufgabe hätte erfüllen können! „Soll ich dir sagen, was passiert ist Mäusehirn? Du Stück von einem Fuchskot, du... " „Brockenstern? Kann ich dir irgendwie helfen?" Erschrocken über eine weitere Stimme zuckte die Kätzin erneut zusammen. Die kräftigen Farne gaben nach und aus ihren Mitten trat langsam ein Hirsch heraus. Er war ein seltsamer Anblick stellte Farnschatten mit gerümpfter Nase fest. Vielleicht hätte er besser ausgesehen, hätte er bloß kein dunkelblaues Fell gehabt oder hätte man ihm ein Geweih in einer Größe geschenkt, die sein Kopf auch hätte tragen können. Doch so ging er, so groß er war, mit vorgestrecktem, geducktem Haupt, sodass die mörderischen Klingen, die die Spitzen seines Schmuckes zierten seine dünne Haut nicht aufzukratzen vermochten und so bedächtig, dass die bunten Kugeln hinter ihnen nicht ein jähes Ende auf dem harten Waldboden fänden.
Das es viele unerklärliche Dinge hier gab, das lies sich die Kätzin bereitwillig einhämmern, doch als Brockenstern auch noch vor diesem ... Ding seinen breiten Kopf neigte, schien es ihr nun endgültig zu spät um ihren Verstand. „Kjotiphir?" „Ja." Die Stimme des Hirsches hallte gespenstisch durch die Baumwipfel und wurde von den hunderten Vögeln bis in die Unendlichkeit wiederholt. „Ich hatte dir die Erlaubnis gegeben deine Tochter zu empfangen, wenn sie dem Pfad der Silberführer folgt." Seine sanfte Miene verhärtete sich schlagartig. „Mehr nicht." „Sicher, erlaubt mir nur einen kurzen Plausch mit meinem kleinem Herzensstückchen, ich ziehe mich sofort zurück.", entgegnete Brockenstern mit seltsam befremdlichen Worten auf den Lippen. Kjotiphir beäugte Farnschatten mit zwei riesigen, schwarzen Seen noch mehrere Herzschläge bevor er schließlich nickte, um sich so langsam wie er gekommen war wieder umzudrehen. Erneut verneigten sich die Farne ehrfürchtig vor dem Hirsch und schlossen sich wieder, als er ihre Mitte passiert hatte.
Verwirrt blinzelte Farnschatten. „Wer beim heiligen SilberClan war das?" Brockenstern kniff genervt sein Auge zusammen. „Der? Kjotiphir? Er ist der Wächter des SilberClans. Du bist im Übrigen tot.", fügte er nüchtern hinzu. Als er den ratlosen Blick seiner Tochter auf seinem Pelz spürte stöhnte er auf und erläuterte leise fluchend: „Er glaubt nur weil er ein paar Katzenhimmel bewandern kann und ein überdimensionales Geweih hat, muss man Angst vor ihm haben! Pah!" Farnschatten nickte wortlos, sie spürte wie ihr Gehirn fieberhaft nach einer Entschuldigung für ihre gescheiterte Mission forschte, doch es schien bereits zu spät in Brockenstern Augen. „Du wolltest wissen was passiert ist? Streuner haben euch Dummköpfe im Schlaf überrascht! Und du warst natürlich klug genug, um dich vor Kastanienstern zu werfen, als ihr Anführer ihr gerade an die Kehle rücken wollte!" Farnschatten blinzelte noch verwirrter als zuvor. „Ist das nicht gut?" Zorn loderte in Brockenstern Augen auf und erschlug ihren gerade gewonnen Mut mit den Pranken des Feuers. „Nein! Natürlich ist das nicht gut! Du hättest es geschafft! Du hättest es verflixt nochmal geschafft! Du wärst Anführerin geworden! Aber nein was tust du? Du opferst dich!" Das Wort „opfern" sprach er mit einer solchen Verachtung aus, dass Farbschatten spürte, wie sich in ihr, ihr Magen umdrehte. In ihren Adern gefror ihr Blut zu giftigem Eis. „Es, es tut mir leid, Vater...", hauchte sie schließlich kraftlos, betend, er würde sie nicht in durchsichtige Stücke zerreißen. Doch heute schien Brockenstern andere Pläne zu haben. So dicht, das Farnschatten die Wölkchen seines beißenden Atem sehen konnte, schob er seine Schnauze in die ihre und flüsterte: „Lauf. Lauf zu den Himmeln der Vier Clans und mache sie dir untertan! Hörst du mich?" Verwirrt mühte sich die Kätzin ein leichtes Nicken ab und folgte dann den Bewegungen ihres Vaters, als er durch das Unterholz in die weite Ferne des Silberhimmels sprang. Sie wusste was sie tun zu hatte.
Von den Vier Clans hatte sie schon einmal gehört. Damals in der Kinderstube, als Maulbeerbart den Schülern von den dunklen Katzen der Schatten, den unsichtbaren Gestalten der Winde, den kraftvollen Klängen des Donners und den klugen Herrschern der Flüsse erzählt hatte. Damals, ja damals hätte sie nicht zuhören dürfen, das erkannte die Kätzin mit prickelnder Belustigung unter ihrem flauschigen Pelz. Doch hätte sie es nicht getan, wer weiß wie es ihr heute ergangen wäre?
Mit einem Schrei flogen die nächtlichen Vögel auf, als Farnschatten an ihnen vorbei über die Kiefernadeln preschte. Niemand sollte sie hier sehen, nein, niemand durfte sie hier sehen! In diesem Augenblick hätte Ihre Mission nicht katastrophaler enden können. Doch wie durch ein Wunder ergötzte sich kein Kjotiphir an ihren verzweifelten Versuchen, den Übergang der Himmel zu finden nur die zarten Tänze der kleinen Silberführer rauschten in ihren Ohren, die eigenartigen Melodien der Nacht schienen die taktsicheren Schläge des Tages längst übertrumpft zu haben. So musste es vielleicht seien an der Grenze von zweien zu vieren.
Wie die Pranken eines Geiers stieß die Überraschung in Farnschattens Pelz. Ein dumpfes Pochen erfüllte ihren Kopf und benebelte ihre Sinne mit fremdartigen Stimmen. Einmal da waren sie laut, ein andermal da waren sie wieder leise. Einmal da klagen sie wie von den Lippen eines Jungen ein andermal wie von denen eines verdorrten Ältesten. Panisch aber vergeblich mühte sich die Kätzin ab den Ausgang aus diesem grausigen Stimmengewirr zu finden, ein Licht, einen Schatten, irgendetwas. Doch was sich auch erwartete: Es kam nicht. Mit einem Schauder verstand Farnschatten, dass dieses Etwas bis in die Unendlichkeit auf sich warten lassen würde. Und noch viel weiter... Sie musste wohl oder übel selbst aus diesem Kaninchenloch herausfinden!
Zögerlich bemühte sie sich langsam eine Pfote über die andere zu setzten, wohin sie wollte, das konnte sie in dem dichten Nebel selbst nicht erkennen, doch sie wusste es gab nur eine Richtung: Freiheit! Zunächst lösten sich ihre Beine nur mit größter Mühe aus ihren Wurzeln geschlagen in eine solch undefinierbare Masse, doch so öfter die Kätzin zog und fluchte, desto besser erging es ihr mit jedem Atemzug, bis sie schließlich im Laufschritt durch dünne Gässchen eilte. Und da kam es wieder aus dem Nichts: Die erbarmungslosen Krallen schlugen sich erneut in ihre Haut, kalt und grausam. Wieder begann ihre gesamte Sicht zu verschwimmen, doch diesmal war etwas anders, heller, schöner.
Mit einem gewaltigen Krachen landete Farnschatten auf weichem, saftigem Gras. Langsam nahm die Welt um sie herum wieder Form und Farbe an, unbekannte Gerüche kitzelten ihr in der Nase. Blinzelnd erhob sich die Kätzin, leckte ihr staubiges Fell sauber und betrachtete ratlos die sanfte Hügellandschaft vor ihr. Sie wandte den Kopf. Ein blaues, durchdringendes Augenpaar starrte sie aus einer Woge grauen Fells an. Die Kätzin spürte, wie sich ihr Inneres zusammenzog. „Wer bist du?", war das einzig Vernünftige, das sie in dieser Situation zwischen ihre Zähne hindurchschmuggeln hätte können. „Ich bin Blaustern, ehemalige Anführerin des DonnerClans." Das Gesicht ihres Gegenübers verzog sich überrascht und zu tiefst misstrauisch zugleich. „Du scheinst mir nicht lange unter dem SternenClan zu weilen, dass du mich nicht erkennst! Haben die Clans den alles vergessen?" „Clans? Meinst du die Vier Clans?", bemühte sich Farnschatten zögerlich um Auskunft. Doch Blaustern schien eher knauserig mit ihren Informationen umzugehen. „Fünf Clans, der WolkenClan ist seit kurzem zu uns gestoßen. Hast du die große Ratsversammlung nicht mitbekommen?" entgegnete sie knapp und funkelte die Kätzin prüfend an. „Doch, doch ... äh ich meine nein! Du weißt doch, diese ... Bauchschmerzen, die damals die Runde gemacht haben? Die haben mich genau an dem Tag erwischt, habe ich etwas so viel verpasst? Du bist doch auch noch nicht so lange hier, oder?", versuchte sie sich verzweifelt stotternd zu retten, während ihr Pelz unter dem Blick der blaugrauen Kätzin zu glühen begann. „Seit vielen, vielen Monden! Ich war bereits alt, als Feuerstern noch ein kleiner Schüler war!" Dann setzte sie sich bedächtig und zischte leise: „Es gibt keine Krankheiten im SternenClan." Entsetzten sprang in Farnschattens Glieder, als sie endlich zu begreifen begann, welchen unsagbaren Fehler sie gemacht hatte. Hatte sie wirklich geglaubt, Blaustern würde ihr eine solche Schülerausrede wahrhaft glauben wollen? Hatte ihr Verstand sie vollständig verlassen? Mit einem Satz sprang sie zur Seite und begann zu rennen. Ihre Pfoten flogen wie die Schwingen eines Steines über die niedrigen Grashalme, ihr Lunge kreischte bald nach Luft. Doch stehen bleiben, das kam für sie nicht in Frage, zu sehr brannte sich dieses blaue Augenpaar in ihren Hinterkopf. Ich bin ein Fuchsherz! Was wollte ich damit erreichen? Die Gedanken wirbelten nur so in ihrem Bewusstsein, blockierten ihre Sicht.
„Pass auf!" Farnschattens Pfoten rammten etwas Weiches, Flauschiges. Vor Überraschung überkreuzten sich ihre Pfoten, sodass sie mit ihrer Schnauze voran im Matsch landete. Ein hellblaues Augenpaar musterte sie, scheinbar sich mit Mühe ein Lachen verkneifend. Die Kätzin wollte bereits den Mund aufmachen, um eine Entschuldigung zu erwidern aber das -wie sie nun erkannte- Junge kam ihr zufor: „Kein Problem, ich bin Schneejunges! Wer bist du, ich habe dich noch nie hier gesehen." Mühevoll rappelte sich die Kätzin auf und betrachtete Schneejunges, nun durch den Vorfall in nicht allzu ferner Vergangenheit vorsichtiger geworden. „Farnschatten.", gab sie schließlich doch von sich. Nachdenklich legte Schneejunges den Kopf schief. „Aus dem SchattenClan? Die Mutter von Dachsfang?" „Ähm nein, da musst du mich verwechseln." Fluchend biss sie sich auf die Lippe. „Ich komme aus dem WolkenClan.", fügte sie schließlich hinzu, als ihr Blausterns Rede wieder in den Sinn kam und betete, dass Schneejunges auch im SternenClan nicht allzu viel Kontakt mit WolkenClan-Katzen hatte. Zum Glück schien sich der kleine Käter tatsächlich mit dieser Antwort zufrieden zu geben. Doch dann leuchtenden seine Augen plötzlich triumphieren auf. In Farnschattens Brust begann ihr Herz heftig zu pochen. Schneejunges hatte etwas ausgeheckt! „Dann kennst du dich hier bei uns nicht aus, oder? Soll ich es dir erklären, soll ich, soll ich?" Aufgereckt sprang das Junge um sie herum und bespritzte dabei Farnschattens braunschwarzen Pelz mit dunklen Flecken. Doch Schneejunges Enthusiasmus kam ihr genau gelegen und so miaute sie mit gespielt bekümmerten Blick: „Oh ja, bitte! Ich wäre dir so dankbar!" Vor Freude quiekend wirbelte der kleine Kater herum. „Gut. Es gibt fünf Clans: Donner-, Schatten-, Wind- und FlussClan und ihr, der WolkenClan, ihr seid der letzte fünfte Clan!", begann er mit leuchtenden Augen. „Aber nicht alle Katzen sind hier im SternenClan, manche sind auch im Wald der Finsternis! Du kannst da hingehen aber ich rate es dir nicht, die Katzen dort sind übel und grausam! Wir haben sie schon einmal mit den Clans besiegt aber ich glaube sie trachten immer noch nach Rache!" Schneejunges blinzelte und begann dann zu gähnen, sodass sich seine spitzen weißen Zähnchen zeigten. „Reicht das? Ich glaube ich muss jetzt zu Fleckenschweif!" „Sicher", murmelte Farnschatten noch entmutigter als zuvor. Wenn es hier zwei Parteien gab, würde alles wieder auf einen Kampf hinauslaufen, sobald sie eine unter ihre Gewalt gebracht hatte! Ach Brockenstern, wieso verlangst du bloßnso etwas Wiederwertiges von mir? „Ähm Schneepfote? In welcher Richtung liegt denn der Wald der Finsternis, nicht dass ich ausversehen dort reinlaufe!" „Norden, dort wo die Sonne niemals hinkommt!", rief ihr das Junge über die Schulter zu, bevor es mit großen Sprüngen zu einem sanftem Wäldchen hoppelte. „Danke!" Ein Lächeln huschte über Farnschattens Gesicht. Sie wusste nun, was sie zu tun hatte!
Über den Geruch in diesem Wald hatte Schneepfote jedenfalls rechtgehabt, schloss Farnschatten schnell als sie mit gesträubtem Pelz durch die wenige Deckung schlich, die an diesem Ort zu finden war. Eine düstere Gestalt zog ihre Bahnen durch die Dunkelheit. Farnschatten hielt die Luft an. Dort, in einem Stückchen ekelhaften Lichts stand eine schildpattfarbener Kater. Seine bernsteinfarbenen Augen glühten, als er Farnschatten langsam sein Gesicht zu wandte. Durchzogen von Narben verzerrte es sich zu einem höhnischen Lachen. „Wer bist du denn?" „Farnschatten", kam die leicht zittrige Antwort. „U-Und du?" „Rehfuß", entgegnete der Kater und beäugte sie misstrauisch. „Du siehst aus wie einer von diesen SternenClan-Typen! Hat dich der noble Feuerstern geschickt?" Farnschatten schluckte. „Nein, ich kenne keinen Feuerstern." Die gelben Augen wurden groß. „Wie kannst du denn Feuerstern nicht kennen? Jedes Mäusehirn kennt ihn doch!" „Tja ich kenn' ihn halt nicht! Ich bin halt kein Mäusehirn!", mühte sich Farnschatten um eine Konterung ab und scheinbar schien Rehfuß tatsächlich darauf einzugehen. Mit einem leichten Lachen in der Stimme antwortete er: „Du gefällst mir Süße! Trotzdem: Was machst du hier?" Die Kätzin spürte, wie sich ihr Fell allmählich entspannte. Aus seltsamen Gründen schien ihr ihr Gegenüber doch nicht ganz so unheimlich, wie sie erwartet hatte. „Ich komme von anderen Himmeln, ich möchte euch, den Wald der Finsternis, mit dem SternenClan vereinen!" Wieso, das behielt Farnschatten lieber für sich, es musste schließlich auch nicht jede dahergelaufene Katze wissen. Zu ihrer großen Überraschung schwieg Rehfuß jedoch, anstatt sie sofort wüst anzufauchen. „Weist du, ich würde alles geben um meine Jungen wieder zu sehen.", hob er schließlich langsam an. „Aber die anderen? Sie halten mich für einen Verräter und wenn ich ehrlich bin, bin ich das auch. Braunstern war eben ... Braunstern war anziehend, vielversprechend! Hätte ich doch bloß gewusst in welchen Schlamassel er mich führen würde! Niemand würde mich jemals wiedersehen wollen." Nachdenklich begann Farnschatten auf ihrer Lippe zu kauen. Rehfuß hatte Recht mit seinen Befürchtungen. Zu Recht! „Woher weißt du das denn? Sie sind doch alle deine Familie nicht wahr?" Kurz hielt die Jägerin inne, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, bevor sie nun leiser und vorsichtiger fortfuhr: „Du bist fast verblasst. Bald bist du vergessen." Diesmal zögerte der Kater nicht mit ihrer Antwort. „Du hast recht, denke ich. In ein paar Stunden komme ich mit denen die übrig geblieben sind zu der Grenze! Ich danke dir junge Kätzin!"
Farnschatten spürte wie das Blut in ihren Ohren rauschte. Schnell und hastig, als wäre eine Sturzflut hinter den sonst so sachten Wellen. Auf dem Weg zurück hatte noch ein paar Informationen zusammen tragen können und einen älteren Kater getroffen, den sie mit ein wenig Überzeugungskunst dazu veranlasst hatte, den gesamten SternenClan zusammen zu trommeln. Und nun? Nun standen sie alle hier. Die silbrigen, schlanken Körper der SternenClan-Katzen und die fauligen Gestalten des Waldes der Finsternis. Sie alle versammelt an einem kleinen Fleckchen Land. Doch was sagte man nun zu Katzen, die sich gegenseitig über den Tod nicht ausstehen konnten? Unsicher warf die Kätzin einen Blick über die verschiedensten Charaktere unter ihr. Nun war es wohl Zeit sie aufzuklären. „Freut mich, dass ihr gekommen seid! Ich habe alle Katzen, die dem Wald der Finsternis nun schon zu lange unrechts angehören, hinter mir versammelt. Bitte denkt nach: Diese Katzen müssen auf ewig in dieser Finsternis versauern! Sie haben lange genug in der Dunkelheit gesessen und haben wie ihr erlebt, wozu bluthungrige Katze fähig sind. Gebt ihnen diese letzte Chance!" Grausiges Fauchen und Beschimpfungen lösten sich von den gerade noch so friedlichen Katzen. Farnschatten kniff die Augen zusammen. Was hatte sie auch erwartet? „Bitte, seid ihr denn besser als sie, wenn ihr nicht existierende Feinde bis in den Tod hinaus foltern wollt? All jene die uns allen Unrecht zugefügt haben sind längst verblasst! Diese Armen Seelen wurde getäuscht, wie manche von euch ebenfalls!" Aus den Reihen hinter ihr trat eine hellbraune Kätzin heraus. Ihre bernsteinfarbenen Augen glitzerten hoffnungsvoll. „Ich bin Lilienbart aus dem WindClan. Mein Bein wurde bei einem Unfall zertrümmert. Darüber konnte ich nie hinwegkommen. Wie sollte ich auch? Aber dort, in diesem ekligen Wald ist mir klar geworden, was wichtiger ist. Ich bitte euch um Vergebung!" Und tatsächlich: Aus den Reihen der hellen Gestalten trat ein großer, schwarzweißer Kater heraus. „Ihr kennt mich, ich bin Riesenstern vom WindClan. Ich kenne Lilienbart und ich bin froh, wenn sie von heute an wieder durch unsere Reihen wandern darf." Unter den Katzen breitete sich heftiges Gemurmel aus. Doch immer, wenn Farnschatten glaubte ein Wort einer Katze zuordnen zu können, da ging es wieder unter. Schüchtern blinzelte Lilienbart und trat schließlich zu einer kleinen Gruppe SternenClan-Katzen, die sie zuerst zögerlich dann mit wachsender Freude begrüßten.
So ging es immer weiter und weiter, bis schließlich jede Katze gesprochen hatte und sich die Reihen hinter Farnschatten seltsam schnell gelehrt hatten. Wie ein warmer Donner zog das Schnurren durch die kleinen Runden und hinterließ seine glücklichen Spuren. Doch ein Gesicht war nicht glücklich, nein, es starrte sie mit in falten gelegter Schnauze an, die Ohren vor Abscheu angelegt. Sie kannte dieses Gesicht.
„Vater?" Unsanft wurde sie von dem braunen Kater in die Büsche gestoßen. „Was soll das hier? Hattest du keinen Auftrag zu erfüllen?" Farnschatten zitterte unwillkürlich. „Doch sicher, genau das mache ich doch!" „'Unterwerfen' sieht für mich anders aus!" „Aber das tue ich doch. Jetzt sind sie glücklich, alle!" Sah er denn nicht ihren Erfolg? Brockensterns Auge verdrehte sich entnervt. „Hast du mich überhaupt verstanden?" Hastig blinzelte seine Tochter und entgegnete: „Denk doch mal nach: Wenn ich jetzt irgendetwas machen möchte, werden sie mich unterstützen, alle, weil ich alle glücklich gemacht habe!" Ein Stöhnen drang aus der Kehle des Katers. „Hast du überhaupt nichts gelernt aus deinem Leben? Niemand, ich wiederhole: niemand, von denen wird je glücklich sein, wie in deinen Kinderstubengeschichtlein! Es macht ihnen Spaß unglücklich zu sein, das ist ihre Natur! Sie werden dir nie irgendetwas zurückgeben außer Gejammer und noch mehr Gejammer!" Nun schmolz seine Stimme zu einem grauenhaften, leisen Knurren. „Wieso glaubst du hat dich Kastanienstern zur Zweiten Anführerin ernannt? Nein, nicht weil sie dich so mochte, nicht weil sie so unfassbar glücklich mit dir war, weil ich ihr erschienen bin, weil ich ihr eine Prophezeiung untergeschmuggelt habe! Oder glaubst du Rauchbach würde sonst wieder zu solch einem Mäusehirn zurückkommen?" Farnschatten spürte, wie unter ihrem Pelz ihr Fleisch zu Eis gefror. War das wirklich wahr? War ihr ganzes Leben eine reine Lüge gewesen? Zu sehr in Gedankenversunken spürte sie nicht mehr wie sie von einem gewaltigen Vogel gepackt wurde, unvorsichtig und hastig. Sie spürte nicht, wie sich die Baumlangen Schwingen wieder erhoben und sie spürte nicht, wie sie schließlich erbarmungslos auf hartem Stein landete.
Moosiger Geruch stieg Farnschatten in die Nase. Sie blinzelte. Vor ihr, wie auf einem Sonnentron stand Kjotiphir, sein Haupt so hoch erhoben, wie es ihm nur möglich war und einem ernsten Blick in den Augen. Neben ihm saß ein kleines, undefinierbares Etwas, das sie aus seinen grünen Augen abenteuerlustig anfunkelte. „Was hast du getan?" Kjotiphirs Stimme hallte durch die uralten Felstrümmer, gespenstisch und wohltuend zu gleich. Jap, was hast du verbockt, schieß los!" Das kleine Wollknäuel neben ihm zeigte plötzlich Bewegung und kullerte fast vor Aufregung vor Farnschattens Pfoten. Genervt verdrehte der Hirsch die Augen. Unsicher, welche Höhenlage sie nun anstreben sollte antwortete die Kätzin. „Nichts, ich habe bloß den SternenClan und den Wald der Finsternis vereint. Ist das so schlimm?" Kjotiphirs schwarze Augen weiteten sich entsetzt während das Stückchen Wolle begann lauthals los zu prusten. „Ja, das ist. Du hast das Gleichgewicht von Gutem und Bösem in alle Ewigkeit zerstört!", erklärte er schließlich als sich das Etwas wieder beruhigt hatte, dessen grüne Augen nun in voller Begeisterung hervorstachen. „So was haben wir in 3000 Jahren nicht gehabt, ist's nicht so alter Hirsch?" „Jaja Puschelchen aber wie haben wir uns über deine Ausdrucksweise geeinigt?" Mit einem beleidigten Brummen zog sich „Puschelchen" hinter die stämmigen Beine Kjotiphirs zurück. Noch lange konnte Farnschatten seine leisen Flüche hören. Hätte ein Wesen wie Kjotiphir blinzeln können, so hätte er es in diesem Moment vermutlich getan, doch da er es eben nicht konnte musste er sich mit einem Ohrenzucken begnügen. „Wieso?", fragte er nun wieder der Kätzin zu gewannt weiter. „Wieso tust so etwas?" „Mein Vater. Brockenstern, wollte es so. Ich meine, eigentlich nicht, er wollte, dass ich sie alle unterwerfe." Sie mühte sich ein Lächeln ab. „Das war meine Art." Für einen kurzen Moment legten sich Kjotiphirs Falten in eine freundliche Miene um, bevor er, ernst wie zuvor entgegnete: „Ich weiß schon was du meinst, Farnschatten. Mein Vater hat mir damals zu Puschelchen, als meinen Unterstützer geraten. Ganz unter uns, denke ich nicht, dass er Recht hatte!" „Das hat Puschelchen gehört, alter Hirsch!", kam es noch beleidigter von hinten. Ein Schmunzeln huschte über Farnschattens Gesicht. „Ich kenne Brockenstern, ich weiß, er wollte nur das du ein Leben hast, wie es ihn glücklich gemacht hätte. Doch schlussendlich musst du dein Leben leben. Es tut mir leid, dass dieses so früh endet!", fügte er dann beinahe traurig hinzu. Farnschatten erschauderte. Das konnte doch beim SilberClan nicht sein Ernst sein! Doch soe spürte bereits wie sich auf ihren Pelz plötzlich hunderte, wenn nicht tausende Schmetterlinge fest setzten. Noch ein letztes Mal blitze das zufriedene Bild von Lilienbartvor ihrem inneren Auge auf, dann wurde ihre schutzlose Hülle erbarmungslos zerfressen. Ein entsetztes Keuchen entfuhr Farnschatten. Die scharfen Klingen der sanften Silberführer bohrten sich in ihre Haut, ihre Muskeln ihr Bewusstsein. Stille.
Ein Schrei weckte Farnschatten aus ihren Träumen. Schweißgebadet vor Panik sah sie sich in ihrem Bau um. Sie lebte noch, SilberClan sei Dank. Doch vor ihrem Bau sah sie wie Katzenkörper sich aufeinander warfen, Blut aus abertausend Wunden spritze. Schnell raste Farnschatten auf die Lichtung. Der bittere Gestank von Streunern stach ihr in die Nase. Wieder kamen ihr Brockensterns Worte in den Sinn. Streuner haben euch in der Nacht überrascht... Am Rande des Getümmels konnte sie die dunkle Gestalt ihrer Anführerin ausmachen, vor ihr ein struppiges, mordlustiges Wesen. Das Blut gefror in Farnschattens Adern zu spitzen Eisklumpen.
Wenn ich mein Schicksal sehen könnte, würde ich all das dann wieder tun?
~3713 W.
-Rauch enthalten: siehe Rauchbach
-Bild von Schmetterlingen: siehe Silberführer
-Ein Auftritt einer Katze aus dem Wald der Finsternis: siehe Rehfuß und Lilienbart
-Jemand bricht ein Gesetz: Farnschatten vereint SternenClan und Wald der Finsternis
Nachwort und Zusammenfassung:
Puh geschafft, das ist wohl das längste Kapitel, das ich bis jetzt zusammenbringen durfte, wobei es ruhig noch ein wenig länger hätte werden können! :D
Seltsamerweise klingt die Idee, die ich ehrlich gesagt alles andere als gut finde, in meinen Augen um einiges besser, als die ausgeschriebene Version. So klingt sie wehsentlich einfallsloser und unlogischer. Ganz unabängig vom Thema: Ist jemanden schon aufgefallen, wie gerne ich Wörter mit "-weise" an den Anfang von Sätzen hänge? Ich frage mich ernsthaft woher ich diese Worte habe! Oh und ist jemanden die kleine Anspielung auf ToyStory aufgefallen?^^ Kurz wäre diese Kurzgeschichte ehe in eine Parodie ausgeartet, ich konnte mich zum Glück jedoch noch halten!
Im ersten Entwurf sollte Farnschatten eigentlich auf Moosjunges und Ahornschatten treffen daher herrührend, das letztere und Blaustern ursprünglich ihre Gemeinsamkeiten sehen sollten. Als diese Idee sich jedoch nicht mehr verwirklicht hat, habe ich Moosjunges und Ahornschatten mit Schneejunges und Rehfuß ersetzt, auch deswegen, weil ich mir dachte Ahornschatten würde sicher nicht gerne wieder mit dem SternenClan zusammenkommen.
Die eigentliche Idee, die mir von Anfang an im Kopf geschwebt ist, war die Verurteilung auf der Felslichtung und die beiden Charaktere von Kjotiphir und Puschelchen der Rest wurde von mir wohl eher notgedrungen dazu gesponnen. Auch Farnschatten sollte ursprünglich eher hitzköpfig sein und ihren Clan als Anführerin in eine Gefahr lenken, in der sie sechlussendlich bei dem Verlust eines ihrer Leben Vernunft lernen muss. So ändern sich Ideen!^^
Zusammenfassung bzw. Erklärung:
Die naive, junge Farnschatten wacht eines Nachts im SilberClan bei ihren Ahnen auf. Völlig verwirrt trifft sie auf ihren bereits verstorbenen Vater Brockenstern. Dieser hat ihr "befohlen" ebenfalls Anführerin ihres unbekannten Clans zu werden, was nach Farnschattens scheinbaren Tod jedoch unmöglich wird. Als er dies erkennt schickt er sie schließlich zu den bekannten vier Clans um wenigstens deren Himmel einzunehmen. So hofft er dem Himmelswächter Kjotiphir zu entgleiten, der sein Augenmerk vermehrt auf den Himmel des SilberCLans richtet. So tritt Farnschatten ihre Reise an und landet zunächst bei Blaustern. Diese gibt ihr zu verstehen, dass es sich längst um fünf Clans handelt und entlarvt die noch völlig verwirrte Kätzin schnell. Aus Angst von Kjotiphir zurückgeholt zu werden läuft sie weg und stolpert geradewegs in Schneejunges, der vielleicht dem ein oder anderem noch aus der ersten Staffel bekannt ist. Aus dem tauben Jungen ist ein wahrer Schwätzer geworden, der Farnschatten schnell die wichtigsten Informationen liefert. Nun mit dem Plan der Freundlichkeit bewaffnet zieht die Kätzin in den Wald der Finsternis und trifft auf Rehfuß. (Rehfuß existiert nach dem Wiki tastächlich , ein wenig abgwewanndelt wurde er jedoch von mir trotzdem!^^) Auch ihn kann sie schnell überzeugen sich mit dem SternenClan zu vereinen. Als sie sich wieder auf "sicherem" Gebiet befindet trifft sie auf einen Kater und lässt sich den Konflikt zwischen beiden Parteien erklären. Mit diesem Wissen ausgestattet richtet sich Farnschatten nun an alle Katzen und kann sie nach zweitem Anlauf tatsächlich versöhnen. (Ja, auch Lilienbart hat angeblich einen kleinen Auftritt in Riesensterns Rache gehabt!) Zufrieden stellt die Kätzin fest, dass ihr Plan diesen Himmel glücklich zumachen geglückt ist und ist sich nun sicher, das getan zu haben, was ihr Vater von ihr wollte. In ihren Augen hat sie die Clans nun an einen Gefallen gebunden, den sie sicher auch hergeben würden. Sie stehen also in ihrer Schuld. Brockenstern, der sie die ganze Zeit über beobachtete hat, ist jedoch alles andere als zufrieden mit seiner Tochter. Abgelenkt begreifen beide nicht, dass der mehr oder weniger emotionslose Kjotiphir den Wirbel bei den Clans wahrgenommen hat und einen seiner Wachkräfte bereits auf Farnschatten gehetzt hat. Von einem riesigen Vogel wird zu einer alten Felslichtung gebracht, wo sie von Kjotiphir und seinem undefinierbaren Partner "Puschelchen" bereits erwarte wird. Der Hirsch klärt sie über ihr scheinbares Verbrechen auf und erklärt ihr, sie solle eher auf sich selbst hören. Schlussendlich wird Farnschatten von den kleinen Schmetterlingen, die Silberführer genannt werden, weil sie verstorbene Seelen zum SilberClan geleiten, aufgefressen.
In diesem Moment erwacht sie aus ihrem Traum und stellt fest, dass sie noch die Chance hätte ihr eben erlebtes Schicksal zu ändern. Es bleibt unklar welchen Weg Farnschatten wählen wird.
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