21. An Samantha

Caleb und Gabriel saßen gegenüber von Aimee und mir auf dem Sofa. Entweder war es Gabriel tatsächlich komplett egal was vorhin zwischen uns vorgefallen war, oder er war einfach verdammt gut darin es zu ignorieren.
Ich war innerlich komplett durcheinander, da ich einerseits nicht wusste was für eine Rolle ich in seinem Leben spielte, ich jedoch andererseits viel zu beschäftigt damit war an meinen Bruder zu denken.

Wir waren alle der Meinung, dass wir ihn am besten so schnell wie möglich finden sollten, um ungeklärte Fragen zu klären. Doch bevor wir einfach planlos alle Orte abklapperten, warteten wir lieber noch ein paar Minuten im Haus von Aimees Eltern und sammelten alle Informationen die wir über ihn wussten.

Caleb hatte viele Wochen damit verbracht ihn zu beschatten und kannte dadurch ziemlich genau seine nächtlichen Aufenthaltsorte. Anscheinend hatte er sich ein kleines Zimmer in einer WG ein paar Blocks neben meiner Arbeit besorgt. Ausserdem besaß er einen gefälschten Personalausweis und andere Unterlagen mit falschem Namen.

Aimee konnte uns all diese Dinge bestätigen, da sie sich mit Cole oft in seiner WG getroffen hatte, als sie versuchten mich zu finden. Wieso aber mein Bruder nun komplett verschwunden war, wusste sie nicht.

"Ihr wart schon bei seiner Wohnung?"

Für einen Moment war es vollkommen still, wärend sich Caleb und Gabriel ertappte Blicke zuwarfen. Sofort war mir bewusst, was die Ursache für diese Reaktion war und ich konnte nicht verhindern mir die Hände vors Gesicht zu schlagen.

"Euer ernst? Ihr schafft es jemanden zu entführen, kommt aber nicht auf die Idee zuerst bei Cole zuhause nach ihm zu suchen?", murmelte ich genervt in meine Handflächen und blickte zwischen den Beiden hin und her.
"Dann steht ja wohl fest was wir als Erstes tun werden."

"Ich fahre, dann könn-", meldete sich Gabriel zu Wort, doch ich unterbrach ihn noch bevor er irgendwelche weiteren Vorschläge machen konnte.
"Auf keinen Fall. Aimee fährt uns. Oder wir fahren getrennt. Jedenfalls werde ich nicht zu jemandem von euch ins Auto steigen. Dieser Fehler wird sich nicht wiederholen."

Als es nur noch wenige Minuten bis zu der Wohnung meines Bruders waren, konnte ich davon ausgehen, dass Aimees Angst gegenüber den Jungs sich immer mehr und mehr in Wut umwandelte. Anfangs war sie noch unsicher dabei Caleb und Gabriel hinter sich sitzen zu haben, doch inzwischen entging es mir nicht, wenn sie ihnen durch den Rückspiegel böse Blicke zuwarf. Obwohl meinen Erfahrungen nach die Beiden eher amüsiert darüber waren, anstatt eingeschüchtert.
Aber Aimee tat ihr bestes um mich vor ihnen zu beschützen, was mich ziemlich stolz und glücklich machte so eine Freundin zu haben.

Vor dem Gebäude war ich offensichtlich die Einzige von uns, die über das Wohnhaus staunte. Es war riesengroß und befand sich, um ehrlich zu sein, auch in keinem armen Viertel. Unsere Familie besaß noch nie wirklich viel Geld, weswegen wir auch keine besonders guten Umstände gewohnt waren. Als Cole angeblich verstarb, war lange Zeit das größte Problem für unseren Onkel, wo er das ganze Geld für die Beerdigung aufbringen sollte.

Wo zur Hölle hatte er das ganze Geld für so eine Gegend her?

Wir entschieden uns dafür die Jungs erstmal im Auto warten zu lassen. Cole würde uns bestimmt nicht die Tür öffnen wenn er sehen würde, wer alles noch eine Rechnung mit ihm offen hatte.
Das Gebäude war genauso teuer ausgestattet, wie es auch aussah. Alleine am Eingang befanden sich drei Aufzüge und ein eigener Aufenthaltsbereich. Da Aimee genau wusste wie man zu Coles Wohnung kam, stellte ich keine weiteren Fragen und folgte ihr einfach nur stumm, bis wir vor der Tür der WG angekommen waren. Meine beste Freundin bemerkte meine Nervosität, auch wenn sie sich selbst nur gezwungen ruhig verhielt, und drückte kurz beruhigend meine Schulter.
"Das wird schon", versicherte sie mir leise und lächelte mich an. Nickend beobachtet ich sie dabei, wie sie an der Tür klopft. Ginge es hier nicht um viel mehr als meine privaten Probleme mit meinem Bruder, würde ich wahrscheinlich bereits wieder den in den nächsten Fahrstuhl zurück nach unten gestiegen sein.

Als sich die Wohnungstür öffnete, trat uns ein etwas kleinerer, junger Mann entgegen. Sein helles Haar war streng zusammengebunden und das weiße Hemd, dass er trug, spannte streng an seiner muskulösen Brust. Genervt musterte er uns und blieb dann mit seinem Blick an mir hängen.

"Bist du Samantha?", fragte er und ich musste nur kurz nicken um einen kleinen Umschlag in die Hand gedrückt zu bekommen. Verwirrt drehte ich das Papier zwischen meinen Fingern und betrachtete die Schrift darauf.

An Samantha

"Ist Cole hier?"
Aimee sprach in einem solchen Ton mit dem Mann, als würden sie nicht zum ersten Mal miteinander sprechen. Wahrscheinlich hatte sie ihn schon einige Male gesehen, als sie sich hier mit meinem Bruder getroffen hatte. Trotzdem schüttelte er nur den Kopf und deutet auf den Briefumschlag in meiner Hand.
"Den Brief soll ich dir von Cole geben", antwortete er verhalten und zog sich sofort wieder in sein Zuhause zurück.

Erwartungsvoll sah Aimee zwischen dem Brief und mir hin und her.
"Jetzt mach ihn schon auf", forderte Caleb neugierig und beobachtete mich von der Rückbank aus. Seitdem wir wieder zurück ins Auto gestiegen waren, verbrachte ich die Zeit nur damit den Brief langsam aufzureißen und das überstehende Papier zu kleinen Kugeln zu zwirbeln. Anschließend schaffte ich es meine Befürchtungen zu überwinden und den Zettel aus dem Umschlag zu ziehen.

Liebe Sam,
ich weiß ich bin dir viele Erklärungen schuldig. Ich habe dafür gesorgt, dass mehrere Jahre deines Lebens wahrscheinlich unerträglich schienen. Aber du hast es geschafft. Ganz ohne mich. Auch wenn es sich wie eine Ausrede anhört, mir war immer bewusst, dass du viel stärker bist als alle dachten. Wahrscheinlich wirst du mir trotz all dem was ich dir jetzt erzählen werde, nicht verzeihen können. Das verstehe ich.
Dieser Brief ist nicht dazu da um dein Vertrauen zurück zu gewinnen, sondern um den Großteil deiner unbeantworteten Fragen zu klären.
Was auch immer du über mich gehört hast.
Was ich getan und was ich gesagt habe. Bitte glaub nicht alles. Es ist viel passiert zwischen dem Tod unserer Eltern und meinem "Selbstmord". Deswegen ist es bestimmt das beste, wenn du nicht alles weißt. Was du wissen solltest ist, dass ich das nicht getan hätte, wenn ich mir nicht 100% sicher gewesen wäre, dass du es auch ohne mich schaffst. Und du hast es geschafft. Nur leider hat meine Vergangenheit nicht nur mich selbst, sondern auch dich eingeholt. Und dafür möchte ich mich aus ganzem Herzen entschuldigen.
Ich habe mir nach meinem Verschwinden ein neues Leben aufgebaut. Ich wusste, dass ich dich irgendwann wieder sehen würde. Mir war aber immer bewusst, dass es kein schönes Wiedersehen werden wird.
Meine Rückkehr hat dein ganzes Leben verändert. Und das nicht gerade positiv.
Weswegen es meiner Meinung nach am Besten ist, wenn du versuchst mich wieder zu vergessen. Du bist meine Schwester und ich habe dich in ein tiefes Loch fallen lassen. Das war nicht richtig und ich habe es nicht verdient, dass mir verziehen wird. Ich werde mir wohl selbst nie verzeihen können.

Auf deinem Bankkonto befinden sich seit gestern zusätzliche 10 000 Dollar. Hol dir damit einen guten Anwalt der dafür sorgt, dass deine Entführung gerächt wird. Du hattest nicht verdient, dass dir soetwas Geschieht. Mit dem restlichen Geld mach was auch immer du willst.

Wenn du dich fragst wo ich bin, werde ich dir gleich sagen, dass du mich nicht suchen brauchst. Da du das aber trotzdem machen wirst, verrate ich dir meinen letzten Aufenthaltsort:

Der Ort an dem ich mir bereits vor Jahren das Leben genommen habe.

Vergiss mich, Bitte,
Cole.

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Ich muss mich wohl entschuldigen, dass so lange kein Kapitel kam ^^
Die ganze nächste Woche bin ich auf Wintersportwoche mit meiner Schule, weswegen da wohl auch nichts mehr kommt.

Ich hoffe aber das Kapitel gefällt euch und macht euch neugierig auf mehr

Ich wünsche euch noch ein schönes Wochende <3

lg ines

♡♡♡

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