Abschlussball

Ich stand auf einer Rolltreppe, welche meine Freundin Laica und mich zum Abitur Abschlussball führte. Wir hatten keine Begleitung - nur uns, wie auch schon die ganze Schulzeit über. Im Allgemeinen würde man uns als Mauerblümchen betiteln und wir Unkraut haben uns vom ersten Tag an zusammengetan und angefreundet.

„Luana hörst du mir überhaupt zu?!" fauchte mich meine Freundin an. Ehrlich gesagt, war ich so in Gedanken, dass ich das nicht tat. „Tschuldige. Sag es mir nochmal bitte." bat ich sie lächelnd.

Genervt rollte sie mit ihren Augen. „Ich sagte: Noch höhere Schuhe hättest du nicht anziehen können?!" Nun war es an mir, mit den Augen zu rollen. Laica konnte in hohen Schuhen nicht laufen, ich schon. Sie machte sich über mich lustig, weil ich eh schon so groß war -1,80 Meter um genau zu sein. Ich stieß ihr meinen Ellenbogen leicht in die Seite und deutete auf zwei Menschen in der Menge -Ole und Lorenzo. Bereits seit der 7. Klasse schwärmte ich für Ole und Laica für seinen Freund – Lorenzo.

Ich war viel zu schüchtern, um meinen Schwarm jemals anzusprechen. Meine Freundin war mir da einen Schritt voraus und hatte Lorenzo vor einiger Zeit einen Liebesbrief geschrieben. Ihre Zuneigung zu ihm wurde nicht erwidert, was sie aber nicht daran hinderte, dass sie ihn weiterhin anschmachtete. Ich wiederum verbrachte jeden Schultag damit, Ole von schräg hinten anzuhimmeln und mich immer zu fragen 'Was wäre wenn....?'.

Er hatte wunderschöne eisblaue Augen, in die ich mich sofort verliebte. Sie erinnerten mich an einen Husky und erweckten das Gefühl von Vertrautheit in mir, was ich nicht erklären konnte. Doch er und sein benehmen, blieben mir ein ewiges Rätsel... mal zahm und freundlich, mal wild und unberechenbar. In all den Jahren gab es unzählige Momente, wo er mir tief in die Augen schaute und ich einfach nicht wegsehen konnte. Genauso viele Momente gab es, wo er mich zum Lachen brachte – sogar zu Tränen lachte ich des öfteren, bei seinem herrlichen, schwarzen, trockenen Humor.

Ich wusste einfach nicht, woran ich war. Doch mein Herz schlug jedes Mal wie wild, wenn er mir seine Aufmerksamkeit schenkte. Jedes mal benahm ich mich wie ein schüchternes, albernes Kind, was kaum verständliche Sätze hervorbrachte oder nur Blödsinn redete. Ich hatte Angst vor Ablehnung und nahm die Unwissenheit in Kauf, was er für mich übrig haben könnte. Es gab Situationen, die eher wie Spaß schienen aber vielleicht auch ernst gemeint waren – wer weiß das schon... .

Schaute ich in den Spiegel sah ich eine 19 jährige hochgewachsene junge Frau, die bei weitem nicht mit den Klassenkameradinnen mithalten konnte. Allesamt waren hübsch, hatten reine Haut, keine fettigen Haare und ihre Mode war besser gewählt und nicht so pragmatisch wie meine. Zum Glück wurde ich gut angenommen in der Klasse – es waren keine Biester die über mich herzogen, sie nahmen mich an, wie ich war und schrieben das ein oder andere Mal von meinen Hausaufgaben ab. Bevorzugt hielt ich mich am Liebsten im Stall bei den Pferden auf, statt in Shoppingcentern ... Tiere verstanden mich einfach besser als meine Mitmenschen. Für meine Eltern war ich sicherlich das größte Rätsel, ebenso wie für alle aus der Familie.

Laica war der festen Meinung, dass Ole was von mir wollte. Sie war aber auch der Meinung, dass aus uns nichts dauerhaftes werden würde und er mir nicht gut täte. Ich war der Meinung, dass ein Mann seine Absichten deutlich offenlegen sollte, sofern er diese ernst meinte. So oder so – unsere Wege würden sich nun trennen.

Laica und ich hatten uns unters Volk gemischt und redeten mit den ein oder anderen Mitschülern. Ole stand hinter mir und sprach wie immer kein Wort, als ich ihn ansah. Mir entging jedoch nicht sein abschätzenden Blick von oben nach unten. Ohne Kommentar ging er an mir vorbei. Irritiert von ihm, sah ich mich nach Laica um, um ihr davon zu berichten. Ich fand sie nicht aber ich erspähte in der Menge einen schönen, fremden Mann mit langen blonden Haaren. Sicher war er der Bruder von einem der Mitschüler. So schnell ich ihn sah, so schnell verschwand er wieder. Wo war er hin?

Eine Hand schloss sich um mein Handgelenk. Erschrocken drehte ich mich um - Laica hatte mich gefunden. „Ich weiß wo unsere Plätze sind ... Kommst du?" Ich nickte.

Gedankenverloren drehte ich mich um, um mir ein Getränk zu holen und stieß erst einmal direkt mit jemanden zusammen. Peinlich berührt, mit gesenktem Blick stotterte ich eine Entschuldigung vor mir hin.

Eine warme, weiche Hand hob meinen Kopf nach oben. Ich schaute einem jungen, wunderschönen Mann, der lächelte, in seine blauen Augen. Er war derjenige mit den langen, blonden Haaren, den ich vorhin in der Menge ausmachte.

„Alles in Ordnung. Der Zusammenstoß ist das Beste, was mir passierte!" antwortete er auf mein Gestammel mit einem hinreißenden Lachen.

„Luana, wo bleibst du denn?" rief Laica aus der Ferne nach mir.

Der blonde Mann schaute mich nach wie vor an. „Luana ... ein wundervoller Name. Kennt Ihr die Bedeutung Eures Namens?" Er war wortgewandt, unglaublich höflich und förmlich.

Der Schöne reichte mir einen Arm an dem ich mich einhaken konnte.

„Nein das weiß ich nicht. Ich kenne auch nicht euren Namen ... und dessen Bedeutung." ein Scherz der mir über die Lippen kam, aber nicht ohne rot zu werden. Mein Begleiter schien amüsiert, denn er grinste, hüllte sich aber in Schweigen. Der blonde Mann war trotz meiner 8 cm Absätze einen halben Kopf größer als ich. Er führte mich ruhigen Schrittes zu meinem Tisch, an dem Laica bereits ungeduldig wartete. Der Herr rückte den Stuhl ab, ließ mich setzen und schob mich an den Tisch ran – wie ein wahrer Gentleman.

Er setzte sich unaufgefordert rechts neben mir.

„Euer Name hat eine wundervolle Bedeutung... 'Mond'. Da wo ich herkomme, wird der Mond und die Sterne verehrt. Ich heiße im übrigen Legolas und das bedeutet nur 'grünes Blatt'... nicht so spektakulär wie dein Name."

Ich lachte amüsiert und zur Abwechslung ohne rot zu werden – das Eis war wohl gebrochen. Seine Stimme und sein ganzes 'Ich'verzauberte mich, er war ein wundervoller, stattlicher und wirklich schöner Mann. So jemand würde niemals ernsthaftes Interesse an mir haben – sicher war er sowieso in festen Händen. Legolas hatte etwas geheimnisvolles an sich und vielleicht auch etwas trauriges.

Gerade als ich ihn fragen wollte, wo er genau herkam, setzte sich Ole zu meiner linken Seite. „Wer ist das?" fragte er mich reichlich plump. „Das ist Legolas." antwortete ich knapp.

Mit hochgezogenen Augenbrauen sah mich Ole an. „Dein Begleiter?" Ich sah verwirrt zwischen Ole und Legolas hin und her. Der Fremde ergriff meine Hand. „So ist es! Der Begleiter von der schönsten Frau." fügte er mit einem Lächeln hinzu.

Ole setzte sein Pokerface auf während ich mit rotem Gesicht meinen Nachbarn zur rechten ansah. Legolas lächelte mich zaghaft an. Etwas ehrliches lag in seinen Augen. „Möchtet ihr etwas trinken?" fragte er mich beinahe schüchtern, während unsere Blicke sich vertieften und wir Ole ignorierten.

„Zu spät, das habe ich schon gemacht. Luana, dein Weißwein. Wer ist das?" fragte mich Laica mit einem Blick auf den schönen Mann neben mir. „Das ist Legolas, Legolas meine beste Freundin Laica." stellte ich sie einander vor.

Er gab ihr die Hand.

„Legolas ... merkwürdiger Name. Wo kommst du her?" fragte meine Freundin ihn direkt. Es war mir unangenehm, wie sie mit ihm sprach. „Laica!" zischte ich ihr zu.

Ole amüsierte scheinbar das Ganze. Die Beiden waren unmöglich. Ich versank beinahe vor Scham. Legolas erhob sich, weiterhin meine Hand haltend. „Würdet Ihr mit mir tanzen?" fragte er ruhig und leise.

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