K A P I T E L ♥️ 36



[nicht überarbeitet]

•MAGNY•

Es war unfassbar, wie viel sich in nur wenigen Wochen und Monaten verändern konnte.

Das Vollmond-Rudel und Bloodmoon-Pack hatten sich wirklich zusammengeschlossen.
Mit einem Vertrag gesichert, führten tatsächlich zwei Alphas und zwei Lunas die Verhandlungen für zwei Rudel auf demselben Territorium.

Ich hatte zu Anfang kleine Zweifel daran, dass wir uns alle verstehen und Nate es wirklich schaffte sich mit Alpha Grant zu arrangieren.

Aber die beiden verstanden sich blendend und hatten exakt dieselben Vorstellungen, um besser denn je miteinander zu arbeiten.

In den letzten Wochen hatten wir alle fleißig begonnen, Häuser für unsere Neuankömmlinge zu bauen.
Jeder – und ich meine wirklich jedes Rudelmitglied – hatte sich sofort bereit erklärt, zu helfen.

Hand in Hand bauten sich auf das trockene Sommergras und zwischen die Bäume eine Vielzahl neuer Holzhütten in der jedes Mitglied meines alten Rudels ein neues Zuhause fand.

Es war unglaublich.
Aber es war wahr.

Unsere Rudel verstanden sich prächtig.

An warmen Sommerabenden luden sie sich gegenseitig zu Grillfesten und Gartenpartys ein. Kinder fanden hier sofort Anschluss und einige Rudelmitglieder sogar ihren Seelenverwandten.

Ich war glücklich mit dem Resultat aus wochenlanger Quälerei und Lügen.
Ich war glücklich, dass das alles jetzt für immer vorbei war.
Denn mit einem so großen Zusammenschluss aus Wölfen und den gemeinsamen Verträgen mit Nachbarrudeln war die Wahrscheinlichkeit für Angriffe und Kriege auf ein Minimum gesunken.

Es herrschte Frieden.
Es herrschte sogar mehr als Frieden.

Wir lebten in Harmonie.
Wir lebten zusammen.

Ich musste in meinen Luna-Aufgaben nicht verzweifeln.
Irina war an meiner Seite und sie erklärte mir und lehrte mich so vieles, was ich noch nicht über mich und meine Pflichten wusste.
Mit ihr fiel mir die Tatsache, dass ich so viel Verantwortung trug, deutlich leichter.
Ich wusste nicht, was ich ohne sie tun sollte und aber ich wusste, dass Nate so ähnlich über Grant dachte.

Die beiden hatten sich ihre Aufgaben eingeteilt.
Trotzdem arbeitete jeder noch hauptsächlich für das eigene Rudel.
Nate schien es mit einem Helfer trotzdem deutlich besser zu gehen.
Er hatte mehr Raum in seinem Kopf, musste sich weniger Sorgen machen und konnte vor allem noch ein wenig seines jungen Erwachsenen Dasein genießen.

Ich konnte es in seinen Augen sehen, dass er in Grant einen Vertrauten und irgendwie, irgendwo auch einen leichten Vaterersatz gefunden hatte.
Und auch das machte mich glücklich. Denn je mehr ich über meinen Seelenverwandten erfuhr, desto mehr sah ich auch, wie wichtig ihm sein Dad und sein Onkel waren.

»Magny?!«

»Wohnzimmer!«, rief jemand für mich und streichelte mir zeitgleich die Haare aus dem Gesicht.
Ich nuschelte etwas Unverständliches und rekelte mich auf dem warmen Schoß auf dem ich lag und anscheinend eingeschlafen war.

»Hey, Jungs!«

Nates Stimme drang durch mein verschlafenes Unterbewusstsein.
Der Arm, an dem mein Kopf lehnte, wackelte zu einer winkenden Begrüßung.

Ich spürte Nates Blick auf mir.
Auch sein inniger Wunsch, das ich doch bitte in seinen Armen liege und nicht in denen meines Bruders, entgingen mir nicht.

Aber es war nur Hail auf dem ich schlief.
Hail mein Bruder auf dem ich schon immer am besten schlafen konnte, weil er ein wenig breiter gebaut war, als Ash.

Das solltest du ihm niemals erzählen.

Nate stellte sich hinter die Couch auf der ich und meine Brüder lagen und sah für wenige Sekunden genauso starrend wie meine Brüder auf den flimmernden Fernseher auf dem sie Mario Kart spielten.

Das Haus von Asher und Hail war direkt neben das Haus von Nate und mir gebaut worden. Irgendwie hatten sich das beide Parteien gewünscht.
Meine Brüder, um mich immer um sich zu haben und mich nicht zu sehr zu vermissen – wie sie es selbst ausdrückten – und Nate, damit immer jemand da war, der mich beschützte, wenn er irgendwelche Besprechungen hatte.

Ich war zufrieden. Ich konnte mich nicht beschweren. Drei heiße Bodyguard waren ein netter Bonus. Obwohl, sie konnten auch sehr anstrengend sein. Vor allem, wenn sie hungrig oder kuschelbedürftig waren.

Nate und meine Brüder verstanden sich fabelhaft. Sie waren enge Freunde geworden und auch, wenn Nate nicht jauchzend in die Luft sprang, wenn ich in den Armen von Hail oder Asher lag, so wie jetzt, so hatte er seine Wolfsseite gut im Griff und kam damit klar.

Ich wollte ihn damit nicht ärgern oder provozieren.
Ich konnte nur nicht ändern, das meine Brüder für mich immer einen großen und bedeutenden Stellenwert in meinem Leben hatten und sie nun eben mal Männer waren.

Ich blinzelte ein paar Mal, dann rieb ich mir über die Augen. Dieser kleine Mittagsschlaf war gar nicht geplant gewesen, aber da ich nicht gewusst hatte, wann Nate von seiner Patrouille durch das Territorium zurückkommen würde, war es einfach passiert.

Laut dem Stand der Sonne musste es später Nachmittag sein. Aber das war perfekt.
Denn jetzt war es draußen am wärmsten und schwülsten und die Wiesen mussten vom leichten Sommerregen heute morgen getrocknet sein.

Wie ein kleines Baby hob ich meine Arme und zog einen Schmollmund, damit Nate mich aus Hails Schoß in seine Arme hob.
Ich hatte ihn vermisst und meine Wölfin und ich wollten jetzt seine Aufmerksamkeit genießen.

Grinsend erwiderte Nate meine stumme Aufforderung und fasste mich an der Taille um mich elegant wie eh und je zu sich über die Couch zu ziehen.

Ich schlang meine Beine um seine Taille und legte meine Hände um seinen Nacken, ehe ich ein "Hallo" murmelte und ihn zur Begrüßung küsste.

Seit unserer Markierung waren wir beinahe unzertrennlich.
Ich war wunschlos glücklich und das Leben zusammen hatte sich irgendwie auch perfekt eingespielt, dass ich mich wirklich wie zuhause fühlte.

Ich war froh um alle Wendungen in meinem Leben.

»Ich hab dich auch vermisst, Engelchen«, raunte Nate mir ins Ohr, ehe er mich langsam auf meine Füße zurückließ.

»Wenn du jetzt da bist, können wir ja los«, stellte ich fest und drehte mich zu meinen Geschwistern um.

»Wir sehen uns später, Jungs, übrigens seid ihr heute Abend fürs Essen zuständig. Wir werden Hunger mitbringen, als gebt euch Mühe!«

Ich küsste beide auf die Wange, ehe ich vor Nate her in den Flur lief und einen gepackten Rucksack zur Hand nahm.

Mein lieber Freund hatte keine Ahnung, was ich geplant hatte. Er wusste nur, dass wir heute etwas zu zweit machen würden und damit hatte er vollkommen recht.

Mit Sack und pack lief ich aus dem Haus, Nate folgte mir neugierig.

Die Sonne stand hoch am Himmel. Der Sommer war mit vollster Hitze eingetroffen und es herrschte Leben im Dorf wie niemals zuvor.

Von überall her grüßten uns die Bewohner unserer Rudel, während Nate und ich Hand in Hand das Dorf durchquerten und dann hinter den Häusern mitten ins Unterholz wanderten.

Ich wollte zu dem Ort an dem wir geendet waren, als Nate sich zum ersten Mal vor mir verwandelt hatte.

In den letzten Wochen war die Tatsache nämlich, dass ich jetzt auch endlich ein Wolf war, vollkommen in den Hintergrund gerückt und ich wollte mich ihm heute auch einmal von meiner Wolfsseite zeigen.

Nate sollte mich kennen, wissen wie und wer ich bin.
Ich wollte keine Geheimnisse und Dunkelheiten in unserer Beziehung. Denn ich vertraute ihm bedingungslos und das sollte er nach all der Zeit auch endlich können.

Wir liefen eine geraume Weile. Nates Hand lag in meiner. Die Vögel zwitscherten und ich war noch immer fasziniert davon wie verschärft meine Seh- und Hörkraft geworden war.

Ein paar hundert Meter von der Höhle entfernt, blühte im Sommer eine der schönsten Blumenwiesen, die ich je gesehen hatte. Genau dort wollte ich mit Nate hin.

Er lächelte, als ich mitten auf der Wiese voller Wildblumen – Gänseblümchen, Tulpen, Narzissen und Krokusse – eine Picknickdecke ausbreitete und ihm bedeutete, sich zu setzen.

»Was hast du vor, Engelchen?«

Nate lächelte. Er sah wundervoll im Sonnenlicht aus.

»Weißt du, nach all der Zeit ist jetzt im Moment alles so, wie ich es haben möchte. Es ist perfekt. Ich liebe dich, du liebst mich und im Rudel läuft auch alles super. Ich bin unglaublich glücklich. Aber ich möchte, dass du wirklich alles von mir bekommst, dass du jedes kleinste Detail von mir weißt. Ich will dir nichts vorenthalten.«

Ich hatte natürlich mit Nate über meine Gabe des Seelenlesens gesprochen.
Ich hatte ihm gesagt, was ich in den Wochen vor meinem Abgang mit Gilbert und Tara geplant und geübt hatte und ihm erklärt, was ich jetzt als Wolf alles hören konnte und mittlerweile auch schon kontrollieren konnte.

Ja, ich hatte fleißig geübt und war mit meiner Wölfin und dem, was wir konnten, im
Reinen. Ich war ein kleiner Profi geworden, hatte eine Menge dazugelernt und herausgefunden und zugleich auch dokumentiert.

Ich konnte es jetzt kontrollieren und selbst bestimmen, wann ich die Stimmen in meinem Kopf zuließ und wann ich sie aussperrte.
Auch Botschaften senden konnte ich mittlerweile am Tag und ohne große Umschweife. Aber davon hatte ich Nate noch nichts erzählt.

Er würde es gleich erfahren. Denn es gab da noch etwas, das er vergessen hatte und ich wollte ihm auch das letzte fehlende Stück seiner Erinnerung zurückgeben.

»Seitdem ich wieder hier bin, ist es in den Hintergrund gerückt. Aber auch du sollst meine Wölfin kennenlernen.«

»Du willst dich verwandeln?«

Ich nickte lächelnd. Dann entledigte ich mich ohne Blöße vor seinen Augen und kurz darauf stand ich mit leuchtend schneeweißem Fell vor dem Mann, den ich aus ganzem Herzen liebte.

Sein Mund stand einen Spalt weit offen. Er sah mich voller Faszination und Hingabe an.

Schneller als ich sehen konnte, war er wieder auf den Beinen und dicht vor mir, um mir über das Fell zu streicheln.

»Magny, du ... du bist wunderschön.«

Er fuhr mit seiner Hand über meinen Kopf und sah mir in die Wolfsaugen. Ich war zum ersten Mal größer als er.
Ich schnurrte vor Wohlgefühl.

»Du bist der schönste Wolf, dem ich je begegnet bin, Engelchen.«

Er grinste vielsagend, während ich mich an ihn schmiegte und in seinen Worten verlegen aufblühte.

»Verwandle dich zurück«, bat er nach ein paar Minuten leise und ich folgte seiner Aufforderung. Dicht stand ich an Nate und es war mir egal, dass ich keine Klamotten mehr trug.

Ich schämte mich für nichts und Nate hatte längst alles von mir gesehen.

»Du bist generell, das schönste und süßeste und lieblichste Wesen, dem ich auf dieser Erde begegnet bin«, hauchte er und schlang seine Arme um meine Taille, um mich zu küssen.

Ich erwiderte den Druck seiner Lippen stürmisch.
Die Glücksgefühle überrannten mich.

Ich fühlte mich so wohl in seiner Nähe und täglich spürte ich, wie unsere Liebe zueinander wuchs und wuchs und uns zu einem unschlagbaren Team machte.
Ich liebte diesen Mann!

»Aber das ist noch nicht alles, was ich dir zeigen möchte«, murmelte ich nach einer geraumen Weile, die ich hingebungsvoll mit seinen Lippen verbracht hatte.

Ich löste mich aus Nates Griff und schlüpfte zurück in das luftige Sommerkleid, das ich vor meiner Verwandlung ausgezogen hatte.
Im Schneidersitz setze ich mich Nate gegenüber auf die Decke und atmete einmal tief durch.

»Ich habe die letzten Tage jeden Tag mit Tata meditiert. Du weißt wieso und warum. Aber du weißt noch nicht alles, was ich mittlerweile kann.«

Ich griff nach einer seiner Hände und legte meine eigenen darum.
Nate sah mir tief in die Augen.

»An die Nacht, in der ich abgehauen bin, hast du keine Erinnerung mehr. Sie ist futsch und ich weiß, dass dich das wurmt und ein kleines Bisschen unsicher macht.
Die Gabe des Seelenlesens hat zwei Seiten der Kommunikation. Eine Seele kann mir ihren tiefsten Wunsch übermitteln, aber dasselbe gilt auch für mich. Ich kann mir tief innig etwas wünschen und diese Botschaft zu einer Erinnerung verpacken, die ich dir übermitteln kann.«

»Heißt das ...?«

»Das heißt, das du all deine Erinnerung zurückbekommst. Du solltest wissen, was wir angestellt haben.«

Wir lächelten uns dämlich an.
In jener Nacht hatten wir wirklich unanständige Dinge getan. Obwohl zu unanständig waren sie auch nicht gewesen.

Als ich mich beruhigt hatte, schloss ich die Augen, um mich zu konzentrieren.
Dann sah ich auf. Es viel mir mit offenen Augen und tiefem Augenkontakt nämlich sichtlich leichter, mich fallen zu lassen.

Nate war die Beruhigung in Person. Ihm konnte ich stundenlang in die Augen sehen.

Während unsere blauen Augen miteinander verschmolzen, kramte ich in meinem Kopf nach jener Nacht und versuchte die Erinnerung mit so viel Gefühl und Hingabe zu verpacken, wie es mir nur möglich war.

Ich spürte das Kribbeln in meiner Haut und Magengegend. Die Kräfte in mir zogen sich in meinem Herzen zusammen und formten sich zu einem Ball der Gedanken.

Unser Händedruck festigte sich und ein Schauer überfiel meine Haut. Dann merkte ich, wie ich in den Erinnerung ertrank und in ein jenseits abtauchte, um meine Botschaft an Nate zu übermitteln.

Ich ließ die Nacht Revue passieren.
Ich zeigte ihm alles, was er wegen mir vergessen hatte.
Er bekam es zurück.

Er bekam alles von mir.

So wie er es verdient hatte.

Denn in unserer Liebe gab es keine Grenzen.

Unsere Liebe war grenzenlos.

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