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„Nein, es hat nichts mit dem Team zu tun. Da sind alle sehr nett."

Nervös knabberte sie an ihrem Daumen. Sie hatte die Beine schützend angezogen.

„Du darfst dich aber nicht aufregen, wenn ich es dir sage. Versprich mir das."

„Das kann ich nicht versprechen. Das ist doch albern!"

Eine Träne rollte über ihre Wange. „Bitte, du musst. Ich halte es nicht aus, wenn du... versprich es mir. Sonst sage ich kein Wort!" Mit dem Handballen wischte sie bockig über ihre Wange.

„Aber wie soll ich etwas versprechen, wenn ich nicht weiß, worum es geht!", wetterte ich. Ihre Miene verschloss sich sofort.

„Okay!" Genervt hob ich die Hände. „Also gut. Ich verspreche es."

„Du schreist mich nicht an und du lässt mich nicht einfach hier allein?"

Ihre Stimme zitterte leicht. „Und du verlässt mich nicht sofort wieder?"

Ihre Angst bohrte sich wie ein spitzer Stachel in mein Herz. Dass sie sich bei mir nicht sicher und geborgen fühlte, war meine Schuld.

„Vertrau mir, Riley. Ich verlass dich nicht. Nie mehr. Nie mehr lasse ich dich im Stich", wisperte ich voller Inbrunst. Tief sah ich ihr in die Augen, hoffte, sie würde die Ernsthaftigkeit meiner Aussage dort lesen können. Dass ich ihr überhaupt erst versichern musste, dass ich für sie da war, kam mir tragisch vor. Aber ich meinte jedes Wort ernst. Ich zog sie quer auf meinen Schoß und drückte sie fest gegen meine Brust. „Aber bitte sag mir jetzt, was passiert ist. Ich bin schon halb verrückt."

An mir vorbei angelte sie nach ihrem Handy. Dem, das sie angeblich vergessen hatte. „Leroy wollte, dass ich unbedingt dieses Wochenende mitkomme, um mehr Leute für die Typisierung anzulocken. Weil ich nicht sofort zugestimmt habe, hat er mir das hier geschickt."

Sie öffnete den Chat mit Leroy und drehte das Handy, damit ich besser sehen konnte. Irritiert starrte ich auf das Foto und in die mir vertrauten blauen Augen. Sie war wirklich zum Vernaschen süß. Kaum zu glauben, dass diese sexy Version von Riley unter dem weiten Shirt verborgen direkt auf meinem Schoß saß und nervös auf ihrer Unterlippe kaute, während sie unablässig in mein Gesicht sah. Bemüht, sie beruhigend anzulächeln, befreite ich die rosige Haut aus der schmerzhaften Umklammerung ihrer Zähne und widerstand mit Mühe der Versuchung, sie zu küssen. Wir hatten gerade andere Probleme, als meine Gelüste zu stillen.

„Sorry, das verstehe ich jetzt nicht ganz. Thomas hat mir gestern die SD-Karte mit all Deinen Fotos gegeben und gesagt, er hätte nie die Absicht gehabt, die zu behalten und es gäbe auch keine weiteren Kopien. Wo hat dann Leroy das Foto her?"

Mit großen Augen sah Riley mich an. „Thomas gibt Dir meine Fotos? Wie kommt er dazu?"

Besorgt sah mich Riley an, Tränen schimmerten darin. „Was wirst du mit den Fotos machen? Du löschst sie doch nicht, oder?"

„Ich weiß nicht, ob ich das könnte, Riley. Das Beste wäre es wohl. Du siehst doch wie schnell es geht, dass sie in den falschen Händen landen." Sanft zog ich sie gegen meine Brust und sie vergrub ihr Gesicht in meiner Halsbeuge.

„Aber die sind so schön", jammerte sie leise.

„Ich weiß, Baby. Aber sie könnten dein ganzes Leben ruinieren. Verstehst du denn das noch immer nicht?"

„Doch, aber ich will sie trotzdem behalten."

„Du weiß, dass ich das nicht zulassen werde?"

Ruckartig löste sie sich von mir. „Du kannst sie nicht löschen. Es sind meine!"

Ihre Stimme bekam einen hysterischen Unterton, ihr Gesicht hektische Flecken. „Das würde ich dir nie verzeihen!", flüsterte sie leise.

„Dann muss ich damit leben, Baby. Aber ich werde sicherlich nicht zulassen, dass die Bilder alles kaputtmachen, was du dir erarbeitet hast. Das kannst du vergessen. Ich werde sicher nicht hinnehmen, dass etwas wie das hier noch einmal passiert."

Mein Fingernagel klickte leise auf Rileys Handydisplay, als ich darauf tippte.

„Ich werde den Datenträger nicht nur löschen, ich werde ihn vernichten. Darauf kannst du dich verlassen. Und Thomas rechnet damit. Er hätte das schon längst tun sollen."

Riley wand sich aus meinem Arm und funkelte mich böse an. Ich hatte sie schon lange nicht mehr so zornig erlebt.

„Wenn du das machst, zünde ich dein Motorrad an!", drohte sie mir und innerlich zuckte ich zusammen, behielt aber hoffentlich meine stoische Mine bei.

„Nur zu. Es ist nur ein Gegenstand", behauptete ich felsenfest. „Dabei geht es um dein Leben, Riley!"

Sie sprang vom Bett, riss meine Hose vom Boden.

„Hey, was wird das?"

„Wo ist die Karte? Wo?"

Inzwischen rannen ihre Tränen in Bächen.

„Nicht hier. Denkst du ich bin so bescheuert und renne mit der Karte durch den Wald, wo ich sie jederzeit verlieren kann und jemand anders sie findet?"

Wie eine heiße Kartoffel ließ sie meine Hose fallen. Aus zusammengekniffenen Augen musterte sie mich.

„Sag mir, wo sie ist!"

Bei ihrem bittenden Blick wäre ich beinahe schwach geworden, schüttelte aber den Kopf. „Tut mir leid, werde ich nicht. Das kann ich nicht."

„Dann haben wir uns nichts mehr zu sagen, Dawson."

Die Enttäuschung in ihrer Stimme tat weh. Sie war jung, naiv, unerfahren. Das alles hielt ich ihr zu Gute, als sie das Schlafzimmer verließ und die Tür zu knallte.

Ein durchdringender Pfiff ließ mich zusammenzucken und ich trat ans Fenster, während ich in meine Hose stieg. Hund zockelte neben Riley den Weg an der Pferdekoppel entlang. Warum sie den struppigen Kerl mitnahm, wenn sie ihr Handy doch dabei hatte, verstand ich genauso wenig wie den Grund dafür, dass sie gestern behauptet hatte, sie hätte ihr Mobiltelefon vergessen. Wehmütig sah ich Riley nach und umfasste die kleine Karte in meiner Hosentasche viel zu fest, bis der Schmerz der in meine Handfläche biss, heftiger als der in meinem Herzen war. Als ich behauptete, die Karte sei nicht hier, hatte ich ziemlich hoch gepokert und obwohl ich gewonnen hatte, ging ich mal wieder als Verlierer aus einem Streit mit Riley hervor.

Als sie am Waldrand verschwand, drehte ich mich um, schüttelte die Decke und unsere Kissen aus und verließ mit einem letzten Blick das Zimmer. Die Kaffeetasse, die ich in der Hand hielt spülte ich kurz aus. Kontrollierte, dass Riley den Herd wirklich abgeschaltet hatte und schraubte das Glas Instantkaffee zu.

Statt zur Werkstatt zurückzulaufen, betrat ich die Garage und suchte in der fremden Umgebung nach dem Lichtschalter.

Flackernd erwachte eine Neonröhre über mir, etwas verzögert eine zweite. Die Smith stand noch genau dort, wo Lio sie vor einer Woche abgestellt hatte, als wir die Werkstatt auf Vordermann gebracht hatten. Der Schlüssel steckte noch.

Langsam trat ich näher und strich über das Leder der Sitzpolsterung. Dann stieg ich auf und ließ das Gefühl wirken, das in mir entstand. Wehmut traf es am Besten. Der Griff um den Lenker fühlte sich vertraut an, als ich mit dem Motorrad nach draußen rollte. Als ich den Motor zum Leben erweckte, hatte ich das Gefühl, damit irgendwie einen Kreis zu schließen. Einen der unvollendet war, seit ich auf diesem Motorrad hierhergekommen war.

Ohne Helm und ziemlich vorsichtig wegen dieses Umstandes, fuhr ich die Landstraße hinunter bis zum Rose Inn, wo ich auf dem hoteleigenen Parkplatz hielt. Durch eine Automatiktür betrat ich das Foyer und war mir sehr bewusst, was für ein merkwürdiges Bild ich abgab mit meinen vom Fahrtwind zerzausten Haaren und oben ohne.

„Hey Donna", begrüßte ich das Mädchen hinter dem Tresen, das öfter auf Izzie aufpasste. „Ich möchte zu Mr. Fitz und Mr. Bowbridge."

„Wir sind kein Stundenhotel, Dawson. Komm wieder, wenn deine Kleidung vollständig ist", seufzte sie und musterte mich gelangweilt.

„Donna, das ist nicht witzig", murrte ich.

„Ich mach keine Scherze. Das ist ein ehrenwertes Haus. Und hier halbnackt rumzulaufen ist nicht okay." Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe von vielleicht einssechzig auf.

Ohne auf ihr lächerliches Getue zu achten, blickte ich über den Tresen auf die Belegungsliste.

„Man sieht sich", sagte ich, nachdem ich gefunden hatte, was ich suchte.

Im zweiten Stock hämmerte ich gegen die Tür und kurze Zeit später riss Bowbridge diese auf. Ohne große Erklärung schob ich mich an ihm vorbei und riss Leroy herum, der gerade seine Sachen achtlos in einen Koffer warf. Schmerzvoll quietschte er bei meinem ruppigen Angriff.

Die Einleitung ersparte ich uns allen und kam, die Hand um seine Kehle, sofort zur Sache. „Woher hast du das Foto von Riley?"

„Keine Ahnung, was du meinst!"

Gähn. Was für eine schwache Vorstellung! Gerade war sein Blick zu Thomas gehuscht.

„Ich hab keinen Bock auf Spielchen. Woher hast du das Foto, mit dem du sie erpresst hast?"

Thomas kam näher. Sein Gesicht hatte etwas Drohendes angenommen. Etwas, das mir nicht gefiel und Leroy noch viel weniger, wenn er wusste was gut für ihn war.

„Hast du Riley etwa heimlich fotografiert?", fragte er.

Leroy hob die Hände. „Nein, Mann, im Leben nicht!"

„Was dann?", brüllte der Fotograf so laut, dass mein Ohr danach ein empörtes Piepen produzierte.

„Als ich mich geweigert hab, die erste Fotosession zu machen, da hattest du mir ein paar Fotos geschickt. Von ihr im Garten. Möglich, dass da eins dabei war, dass nicht aus dem Garten war."

Thomas wurde blass. „Wie? Nicht aus dem Garten?"

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