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Mit Duschgel bewaffnet betrat ich das kleine Bad und drehte das Wasser auf, gab eine ordentliche Menge Duschgel auf meine Hand und widmete mich meinem dringenden Bedürfnis nach Sauberkeit. Ich stützte mich mit einer Hand gegen die Fliesen, ließ das Wasser meine Geräusche schlucken, während ich bestimmte Bereiche besonders gut einseifte. Leises Klicken ließ mich den Kopf heben. Ungläubig starrte ich in Sams kornblumenblaue Augen, versuchte auszublenden, dass Sam nackt vor mir stand, lediglich in einen grünen Drachen gehüllt.
„Da hat es aber jemand ziemlich nötig." Sie schmunzelte mit Blick auf meine Hand, die mitten in der Bewegung erstarrt war und trat zu mir in die Dusche.
Der Moment, als unsere nackte Haut aufeinandertraf, war unbeschreiblich intensiv. Ich drängte Sam rückwärts gegen die Fliesen, küsste sie und knetete ihre Brüste. Jede Faser meines Körpers schien sicher, dass das alles meins war. Andächtig kniete ich mich vor Sam, küsste ihren straffen Bauch und umfuhr mit den Fingern ihren Bauchnabel, der wie ein Knopf auf der angespannten Haut lag.
Mein Hunger nach ihr nahm ungesunde Ausmaße an. Ich hatte sie früher begehrt. Jetzt hätte ich sie am liebsten verschlungen. „Grady", wimmerte sie, als ich mit der Hand über ihren Bauch und immer tiefer wanderte.
„Bett", knurrte ich und Sam küsste mich. Gott, bitte, wie heiß konnte ein Zungenkuss sein? Besser hörte sie damit auf. Ich fühlte mich wie ein Teenager, der sich seinen ersten Porno reinzog. Eilig schob den Duschvorhang auf. Ich wickelte Sam in eines der Handtücher trug sie aus dem Bad. Wasser tropfte aus Sams Haaren, von meinen Beinen, als ich sie auf mein Bett legte und mich an sie kuschelte.
Ich küsste ihren Nacken, ihren Hals ihre Schultern und zum ersten Mal, seit ich sie kannte, zögerte ich. Doch mein Zweifel verlor sich, als Sams Mitte mich berührte. Ich ließ mich fallen, versank in ihrer Lust und Ektase.
Später zog ich die durchnässte Tagesdecke vom Bett. Dann umarmte ich Sam von hinten, streichelte ihren Bauch, lauschte ihrem Atem, der sich nur allmählich beruhigte.
Genau wie bei meiner Schwester erschien es mir wie ein Wunder, dass unter dieser Rundung ein Kind heranwuchs. Als ich meine Schwester zu Weihnachten gesehen hatte, da war sie gerade im fünften Monat gewesen und es war mir seltsam abstrakt vorgekommen, dass die Wölbung unter ihrem Pullover bedeutete, dass ein Kind in ihr heranwuchs.
Ich stützte mich auf meinen Ellbogen und strich Sam das dunkle Haar über die Schulter. Ohne einen Kalender, war es schwierig zu sagen, aber schätzungsweise war Sam zwischen der achtzehnten und zwanzigsten Woche. Lydia war zu Weihnachten in etwa genauso weit gewesen, aber hatte deutlich weniger Bauch gehabt als Sam. Im Mai konnte das Baby auch nicht entstanden sein. Für den achten Monat war Sam nicht ausladend genug. Die Wahrheit musste also irgendwo dazwischen liegen.
„Sam? Bist du wach?", fragte ich sie leise.
„Hm", machte Sam.
„Warum willst du Rooney heiraten?"
„Weil das Baby einen Vater und eine Mutter braucht."
„Aber du hast doch gesagt, du willst nichts Festes, warum dann der Hochzeitsmist? Du willst das doch nicht wirklich durchziehen?"
„Das Kind braucht einen Vater", wiederholte Sam stoisch.
„Das Kind hat einen Vater, der zu ihm und der Mutter steht und der auch ohne Ehe und die Aussicht auf eine Werkstatt die Verantwortung übernehmen würde."
Vorsichtig küsste ich ihren Hals. „Bist du sicher, wer der Vater ist oder hast du mit uns beiden zur gleichen Zeit geschlafen?", ging ich zum Frontalangriff über.
„Was? Nein!", empört sah sie mich an.
„Okay. Dann lief es folgendermaßen: deine Periode ist ausgeblieben. Du hast noch zwei Wochen gewartet, dann warst du beim Arzt. Du bist wegen der Schwangerschaft in Panik geraten, hast dich von Rooney flachlegen lassen und dann behauptet es wäre sein Kind. Wenn du bereits sechs Wochen weiter bist, dann würde dein Bauch in etwa zur Schwangerschaftswoche passen." Ein bisschen Stolz wegen meiner brillanten Schlussfolgerung und erwartungsvoll sah ich Sam an. Sie kniff zweifelnd die Augen zusammen.
„Und du bist neuerdings Gynäkologe?"
„Nein. Aber meine Schwester war um Weihnachten herum in der zwanzigsten Woche und hatte, obwohl die zweite Schwangerschaft, weniger Bauch als du jetzt. Mag sein, dass Rooney dir den Mist abkauft. Ich nicht."
„Eine tolle Theorie. Aber eben auch nicht mehr als das." Sie sah stur geradeaus. Verdächtig stur.
„Sam, hör auf mich zu verarschen. Wenn das hier", zart strich ich über die Wölbung, „mein Kind ist, dann will ich das wissen."
Sie sah mich an. Tränen sammelten sich in ihren blauen Augen, ihre Lippen zitterten leicht.
„Ich hab recht, oder?"
Langsam, wie in Zeitlupe, nickte sie.
„Dann wirst du es ihm sagen. Verstanden? Mein Kind. Meine Verantwortung."
„Ach ja? Du studierst noch. Du wohnst in Tennessee. Wie willst du ein anständiger Vater sein?"
„Wie willst du eine anständige Mutter sein, wenn du eine Lüge lebst? Das ist doch Dreck! Willst du dich jetzt wirklich an einen zweiten Jimmy binden?"
„So ist Rooney nicht! Ihm geht es nicht um das Geld oder die Werkstatt", protestierte Sam und log sich damit in die Tasche.
„Dann sag ihm, dass er nicht der Vater ist, sondern ich. Mal sehen, ob er dich dann noch so dringend heiraten will oder ob es nur um das Gesamtpaket geht."
„Einen Scheiß werde ich ihm sagen. Und du auch nicht. Du hast es versprochen!", jammerte Sam. Aber ich ließ mich nicht erweichen. Wenn sie glaubte, sie könnte mit mir um unseren Nachwuchs schachern, dann hatte sie sich geirrt.
„Du hast bis nach Weihnachten Zeit, Sam. Wenn ich wiederkomme und er weiß es nicht, werde ich es ihm selbst sagen."
„Wenn du das tust..."
Ich legte ihr einen Finger auf die Lippen. „Was auch immer du grade denkst, sag es nicht. Keine Drohungen!"
„Du drohst mir auch!", feuerte sie zurück.
„Nein. Das siehst du falsch. Ich verhindere nur, dass du die Zukunft unseres Kindes auf einer Lüge aufbaust. Lügen sind tückisch wie Treibsand, Sam, und sie ziehen einen immer weiter runter, bis man glaubt zu ersticken."
„Hast du diese Weisheit in der Psychiatrie gelernt?"
Lautlos schnappte ich nach Luft. Es fühlte sich an, als hätte sie mich geschlagen. Nur viel schlimmer.
„Raus", forderte ich sie auf.
„Nein, bitte, Grady. Es tut mir leid. So war das nicht gemeint." Verzweifelt klang sie, wollte nach meiner Hand greifen. Ich schüttelte sie ab und schob sie vom Bett, nahm ihre Kleidung vom Stuhl und drückte sie ihr in den Arm.
„Doch Sam. Genau so hast du es gemeint. Du wolltest mir wehtun. Das ist dir gelungen. Und jetzt raus hier."
Rücksichtslos schob ich Sam, nackt wie sie war, aus der Tür und schloss ab. Sexy oder nicht. Auf den Sack gehen konnte sie getrost ihrem Rooney, der dämlich genug war, sich ein Kind unterschieben zu lassen.
Mit hektischer Aktivität versuchte ich mein emotionales Grundgerüst stabil zu halten. Die Tagesdecke aufhängen. Handtuch wegräumen, lüften.
Mein Gepäck nach einer Unterhose durchforsten. Dabei fiel mir die Capsaicin-Salbe wortwörtlich auf die Füße. Wie erstarrt sah ich auf die Packung. Die Versuchung war unglaublich groß und wieder einmal erlag ich ihr. Das war frustrierend. Warum kriegten es Millionen von Menschen in die Reihe, ihre Gefühle zu kontrollieren, ich aber nicht?
„Fick dich, Sam", fluchte ich, obwohl der Fehler nicht bei ihr lag, und feuerte den Karton mit der Salbe durch das Zimmer. Er knallte gegen die Wand über dem Geschirrbrett, räumte das Glas mit dem Besteck ab, das mit metallischem Scheppern auf die Spülablage knallte und dann in tausend Teile zerbarst, die sich in einem beachtlichen Radius über den Boden verteilten. Die Tube selber landete mit einem lauten Knall in der Spüle.
„Toll!", murmelte ich und riss meine Jeans von Stuhl. Oben ohne joggte ich die Treppe hinunter und platzte in die Küche.
Vier Augenpaare richteten sich auf mich.
„Brauch einen Besen", knurrte ich, bevor mich jemand ansprach und griff nach den Putzutensilien.
„Wo ist der Mob und ein Eimer?"
„Aber ich hab doch heute oben geputzt?", sagte Sam verwirrt. Ich warf ihr einen mörderischen Blick zu, der sie zum Schweigen brachte.
„Und ich putz jetzt eben nochmal", giftete ich sie an.
„Pass auf deinen Ton auf!", motzte Rooney und drohte mir mit seinem Löffel, was geradezu albern war.
„Gleichfalls!", forderte ich von dem blonden Mechaniker. Der brauchte mir jetzt mal gar nicht blöd kommen. Was wollte er denn mit dem Esslöffel anstellen? Mich totkitzeln?
Abraham warf mir einen mahnenden Blick zu. Den er sich nach meiner Ansicht sparen konnte und sagte dann: „Ganz schön viel Testosteron hier heute, was Rourke? Guten Tag übrigens, Grady. Du hast unterwegs Kleidung verloren?"
Zähl bis zehn, ermahnte ich mich und biss die Zähne zusammen. Eins, zwei...
„Der Eimer ist unter der Spüle, der Mob ist in der Waschküche hinter der Tür", klärte mich Rourke ruhig auf.
„Danke."
Mit einem „Schönen Abend" verließ ich kurz darauf mit meiner Putzausrüstung die Küche. Draußen atmete ich erstmal tief durch. Könnte sein, dass ich mich grad voll danebenbenommen hatte.
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