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Am Abend war ich in absoluter Feierlaune. Ich schlug Sam vor, nach Nashville zu fahren und dort Essen zu gehen und was zu trinken. Sie war sofort begeistert. Wenn ich auch nur annähernd geahnt hätte, wie anstrengend es werden konnte mit Sam wegzugehen, dann hätte ich das vielleicht nicht vorgeschlagen. Das mit dem Essengehen, das war noch in Ordnung. Sam und ihr tätowiertes Monster, das vorwitzig unter ihrem Rock hervor schlängelte, zogen zwar viele Blicke auf sich, doch das war noch harmlos.
In der Kneipe, die wir nach dem Essen aufsuchten, dauerte es jedoch keine halbe Stunde und irgendein blöder Wichser fasste Sam unter den Rock. Offensichtlich verspürte er den dringenden Wunsch zu sehen, wohin, der Schwanz der überdimensionalen Echse führte und Bekanntschaft mit meiner Rechten zu machen. Damit war der Abend mehr oder weniger gelaufen. Für ihn sowieso, denn ich hatte ihm ein sauberes Veilchen verpasst und für mich und Sam auch, denn wir bekamen Hausverbot. Das fand ich ziemlich Scheiße. Er hatte Sam unter den Rock gefasst, es interessierte den Geschäftsführer aber nicht die Bohne. Dabei war das mindestens genauso übergriffig, wenn nicht schlimmer, als jemandem eine in die Fresse zu hauen.
„Tut mir leid, dass ich dir deinen Abend versaut habe", entschuldigte sich Sam auf dem Weg zum Auto. „Nicht schlimm", gab ich zurück. „Du hast nichts falsch gemacht. Sondern der Arsch hat sich zu viel rausgenommen. Wir feiern einfach woanders."
„Und wo?", erkundigte sie sich.
„Hab schon eine Idee."
Etwas außerhalb der Stadt lotste ich Sam erstmal ein kurzes Stück in Richtung Nationalpark und dann eine abgelegene Landstraße hinunter. Hier hatte mein Dad mir Motorradfahren beigebracht. In einem Waldstück hielten wir und ich zog Sam über die Mittelkonsole auf meinen Schoß. Rittlings saß sie auf mir und ihr verführerischer Mund lag nur Sekunden später auf meinem.
„Das ist nicht feiern", murrte sie.
„Macht aber mindestens genauso viel Spaß", gab ich zurück und küsste sie intensiver.
„Und wenn du darauf bestehst, dass du feiern willst..." Ich langte nach hinten zur Rückbank, wo ich meinen Rucksack abgestellt hatte, nachdem Sam mich aus dem Krankenhaus abgeholt hatte.
Neugierig rutschte sie zur Seite.
„Den hatte ich eigentlich für Tony gekauft. Aber ich denke, der Zweck heiligt die Mittel."
Ich hielt eine Flasche Jack Daniels hoch.
„Hm, Grady, das sieht wirklich nach feiern aus." Noch einmal küsste sie mich. Dann schnappte sie sich die Flasche und stieg aus.
„Hey! So haben wir nicht gewettet!", schimpfte ich. „Du kannst nicht einfach mit meiner Flasche abhauen!"
„Einer muss aber fahren. Und da ich begrapscht wurde, muss ich gründlich desinfiziert werden. Alkohol eignet sich dafür eben am Besten." Sie warf mir den Schlüssel zu. „Pass gut auf mein Baby auf, ja?"
„Niemand muss fahren", widersprach ich und legte ihr von hinten die Arme um die Taille. „Wir schlafen einfach hier." Ich küsste ihren Nacken und meine Hand wanderte unter ihren Rock, dann den Oberschenkel hinauf.
„Das sind starke Argumente, die du da vorbringst", seufzte sie leise. Sie drehte sich um und schlang, noch immer meine teure Flasche in den Händen, ihre Arme um meinen Hals. Ihre Augen strahlten. „Dann teilen wir eben."
Kurz darauf saßen wir auf der Ladefläche und Sam schraubte die Flasche auf. „Auf deine Nichte!", sagte sie launig und nahm einen großen Schluck. Mein schlechtes Gewissen regte sich. Sam war noch nicht einundzwanzig und das war Whiskey.
„Auf meine Nichte", antwortete ich und zu diesem Moment war ich noch absolut überzeugt, dass wir ja nicht die ganze Flasche teilen mussten. Diese Überzeugung schwand aber mit jedem Schluck und allmählich begann Sams Truck instabil zu werden. Er schwankte. Oder ich schwankte. Sam jedenfalls schwankte definitiv, als sie aufstand und jammerte. „Mein Arsch ist eiskalt!"
„Veto. Dein Arsch ist superheiß", widersprach ich ihr und sie rümpfte ihre Nase. „Das sagst du nur, weil du mir heute an die Wäsche willst." Sie kicherte und stieg über meine Beine hinweg um mir aus den Kisten, die an der Rückseite der Fahrerkabine standen, die Isomatten und die Schlafsäcke zu geben. Dann folgten zwei Flaschen Cola und Wasser. Das war der reinste Drachenhort in diesen Kisten. Sehr gut. Noch mehr Whiskey in dieser Geschwindigkeit und ich hätte wohl das Abendessen neben einen der Bäume gekotzt.
„Schon besser", murmelte Sam und breitete den Schlafsack über ihre nackten Beine, bevor sie erneut nach der Flasche griff. Sie hatte einen ordentlichen Zug und langsam bekam ich Angst, dass sie mir alles wegtrinken würde.
Ich nahm ihr die Flasche ab.
„Verrätst du mir heute, warum du zwei Schlafsäcke spazieren fährst?", fragte ich zwischen zwei Schlucken.
„Der zweite gehört meinem Mann." Ich verschluckte mich.
„Bitte was? Ich glaub ich hör schlecht?"
Sie zuckte mit den Achseln. „Nö. Hast schon richtig gehört. Ich bin verheiratet. Was meinst du, warum ich nicht Smith heiße, du Hirni?"
„Weil du ein uneheliches Kind bist? Weil deine Mum nochmal geheiratet hat? Was weiß ich, Sam?"
„Ne, meine Eltern haben sich geliebt. Sie haben gleich nach der High-School geheiratet." Ihre Stimme klang verwaschen vom Alkohol. „Dad hätte sich eher einen Fuß abgehackt, als sich scheiden zu lassen."
„Sam. Du betrügst deinen Mann mit mir. Ich will jetzt nicht über deine Eltern reden."
„Das ist aber wichtig, damit du es verstehst", dozierte sie. „Ich hab nämlich auch gleich nach der High School geheiratet. Jimmy war drei Jahre älter als ich. Grad mit seinem Studium fertig. Hat immer gesagt, er würde mich lieben. Für immer. Du weißt schon. Das ganze „wir werden glücklich alt"- Programm. Zwei Kinder. Hund. Haus." Sie nahm mir die Flasche ab und diesmal unternahm ich nichts. Sie hatte den Alk gerade ganz offensichtlich nötiger als ich.
„Jimmy stieg bei meinem Dad ein. Wir kauften den Pick-up, planten unseren ersten gemeinsamen Urlaub und Dad baute ihm eine Smith-Maschine aus den Beständen, die er noch hatte, damit wir beide mit den Maschinen die Tour machen konnten. Drei Tage nachdem mein feiner Ehemann die Maschine von Dad bekommen hatte, eröffnete er uns, er hätte das Motorrad verkauft. Von dem Geld wollte er für ein Jahr durch alle großen Nationalparks touren und dann ein Buch schreiben."
Sie trank mindestens drei Schlucke. „Danach hat er seine Tasche gepackt und ist mit seinem alten Bike abgehauen. Er hat einfach alles stehen und liegen lassen. Sogar seinen Köter hat er dagelassen."
Das erklärte tatsächlich einiges, was mir bisher unklar gewesen war. „Dann ist das sein Schreibtisch im Büro."
„Ja", nickte sie.
„Und deshalb willst du nichts Festes?"
„Genau, Grady. Hab die Schnauze voll."
„Verstehe."
„Wassmitdir? WashastdufürAusreden?" Sie hatte definitiv genug getrunken. Ich schob die Flasche mit dem Hochprozentigen aus ihrer Reichweite und stattdessen Cola hin.
„Vier Monate Geschlossene. Verlustängste. Bindungsängste. Emotional instabil. Bin psychisch nicht gut aufgestellt für was Festes. Keine Ahnung, wie ich mit einer Freundin klarkommen soll, wenn ich mit mir selber nicht klarkomme."
„Mit der Richtigen wird es schon klappen. Und bis sie alt genug ist, hast du ja mich und Drake."
„Drake?", fragte ich irritiert.
Sie zog meine Hand auf ihren tätowierten Oberschenkel. „Oh! Drake!"
„Wie lange seid ihr schon ein Paar?", erkundigte ich mich und fuhr die Kontur immer weiter nach oben und ich hörte, wie ihr Atem sich beschleunigte.
„Noch nicht lange", stöhnte sie leise, als ich den richtigen Punkt fand. „Du bist der erste, der ihn nach dem Tätowierer gesehen hat."
Ich hatte noch hundert Fragen. Aber meine Konzentration litt mal wieder unter den erregten Geräuschen, die sie von sich gab. Doch nicht nur darunter. Das viel größere Problem war der Alkohol und die Tatsache, dass sich Sam auf meinen Schoß setzte. Mein Gehirn schaltete mal wieder auf Auto-Pilot, als Sam ihre Hände unter mein Shirt schob. Jede noch so winzige Bewegung ihrer Hüften machte mich wahnsinnig an. Diesmal war ich es der leise stöhnte und sie erstickte das Geräusch mit ihrem Mund.
Sam schmeckte nach Whiskey und Cola und wie ein Süchtiger saugte ich die Erinnerung ein, die der Geschmack auslöste und zog ihre Lippe zwischen meine, um die berauschende Mischung von ihren Lippen zu lecken.
Langsam umspielte ich ihre Zunge, dehnte den Kuss bis in die Unendlichkeit. Sam schmeckte, wie mein Paradies schmecken sollte. Ich zog sie mit mir auf die Isomatte und schob meine Hände unter ihren Rock. Ihr runder Hintern passte genau zur Wölbung meiner Handflächen und ich schob meine Finger unter den Saum des Spitzenhöschens. Am liebsten hätte ich es ihr ausgezogen, doch dazu hätte ich den Kuss unterbrechen müssen. Dazu war ich noch nicht bereit. Dass mich bisher kaum etwas so erregt hatte, wie Sams Whiskey-Cola Geschmack, war schon wirklich bedenklich aber ich war wie ein Süchtiger, dem man ein wenig des Stoffes gab, nach dem er sich verzehrte.
Doch irgendwann musste was vorwärts gehen, meine Erregung nahm allmählich schmerzhafte Ausmaße an. Sams Finger, die mich streichelten, und ungeniert durch die Hose massierten trugen dazu wesentlich bei. Ich wollte und brauchte mehr, als ich gerade von Sam bekam.
Unbeherrscht zerrte ich an ihrem Höschen. Sam war ebenso ungeduldig wie ich und half mir, das lästige Ding los zu werden. Dann öffnete sie mir den Gürtel und die Hose, zog sie mir runter, bis sie der Ansicht war, wir hätten genug Bewegungsfreiheit.
Des Stoffes entledigt, zog ich sie rittlings über mich. Sie sah mich an, ich sie. Fasziniert beobachtete ich, wie sie sich langsam auf mich senkte. Gerne überließ ihr die Führung, während ich meine Hände erregt bis in die letzte Faser meines Körpers in ihren Hintern krallte. Den Kopf in den Nacken gelegt starrte ich in den samtschwarzen Himmel und auf die glitzernden Galaxien. Vom Alkohol war mir ziemlich schwummerig, und ich schloss die Augen, spürte Sam und diese köstliche Anspannung, die ihre Bewegungen auslösten. Ich fieberte der Erlösung entgegen und versank dabei in völlig anderen Galaxien, als denen, die sich über mir am Himmel aufspannten. Meine Galaxien bestanden aus Mondlicht, Feuer, Zimt und Whiskey.
Danach hatte ich ein wirklich mieses Gefühl. Als hätte ich Sam betrogen, Riley missbraucht und mich selbst verraten. Ich ging einen Weg, den ich nicht hatte betreten wollen. Ich machte Sam nicht zu einem Platzhalter, sondern zu einem Ersatzobjekt. Und die Bilder von Riley in meinem Kopf zu einer Art Wichsvorlage.
Voller Anspannung wartete ich, dass Sam der Entspannung unserer stürmischen Vereinigung und ihrem Rausch erlag. Als sie endlich schlief, wühlte ich in meiner Tasche nach dem erlösenden heißen Schmerz. Hoffte, dass er mich von all den widerstreitenden Gefühlen erlösen würde. Schuld, Scham, Schmerz. All das bildete einen Strudel, der mich tiefer in eine Spirale zog, aus der ich schon so lange versuchte mich zu befreien. Immer wieder scheiterte ich.
Vergraben in meiner Tasche fand ich die Tube schließlich. Die Menge, die ich aus der Öffnung drückte konnte ich in der Dunkelheit nicht erkennen. Ich ging nach Gefühl. Was an sich schon ein Witz war. Ich und Gefühl?
Händewaschen konnte ich auch nicht. Daher spürte ich nach kurzer Zeit nicht nur Hitze im Arm, auch meine Hand brannte. Ich schloss meine Augen, konzentrierte mich auf das immer stärker werdende Brennen, trotzdem verschwanden die Bilder von Riley nicht aus meinem Kopf und auch nicht, was sie gesagt hatte: sie hatte keinen Grund auf Sam eifersüchtig zu sein. Sie war lediglich neidisch. Was hatte sie damit gemeint? Vielleicht war sie über mich hinweg, während meine Sehnsucht mich auffraß. Oder sie sah in Sam keine Konkurrenz. Beides war möglich. Ich sah in den Sternenhimmel und versuchte in den milchigen Konturen, die zwischen den Bäumen hindurch sichtbar waren, eine Antwort auf meine Fragen zu finden. Doch die Sterne blieben stumm, blinkten und blinzelten, scherten sich nicht um mich oder die Geschicke der Menschen, die Nacht für Nacht nach oben blickten und auf Lösungen hofften, die es nicht gab.
Ich blickte zu Sam, die neben mir ruhig atmete. Ihr Mann war ein Arsch. Und ich nicht weniger. Das schlimmste daran war, dass sie es wusste. Keine Ahnung, was ich getan oder gesagt hatte, um mich und meine Gefühle zu verraten. Mit der Richtigen klappt es und bis sie alt genug ist, hast du ja mich und Drake.
Vorsichtig rutschte ich näher zu Sam und nahm sie in den Arm. Ihre Züge verwandelten sich in ein leichtes Lächeln, dann entspannte sie sich in meinen Armen. Sie war süß. Sexy. Leidenschaftlich. Nett. Klug. Hilfsbereit. Aber es reichte einfach nicht ganz. Es reichte mir nicht.
Ich vergrub meine Nase in Sams Haaren. Sie hätte so viel mehr verdient, als ich geben konnte.
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