32

Versehentlich hatte ich hier erneut das 31. Kapitel hochgeladen. Sorry!!! Hier kommt nun das Richtige für Euch:
☆☆☆

Was diese Worte von Dawson in mir auslösten, war unbeschreiblich. Ein Teil meiner Unsicherheit, meiner Sorge, mir könnte demnächst seine nächste hundertachtzig Grad Wende bevorstehen, fiel von mir ab. Was er sagte, deckte sich mit seiner Aussage, dass er vor kurzem aufgegeben hatte, sich gegen seine Gefühle wehren zu wollen.

Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, den ich rekrutieren konnte und trat auf Dawson zu. Dann legte ich meine Arme um seine Taille und sah zu ihm auf.

„Du schuldest mir nichts, Dawson. Kein Eis und auch sonst nichts." Einen Augenblick überlegte ich. „Außer vielleicht achtundneunzig der versprochenen hundert Küsse."

Seine Züge entspannten sich. Pures Glück stand in seinen Augen, als er seinen Mund auf meinen senkte. Der Kuss war berauschend intensiv und emotional. Trotzdem blieb Dawson zurückhaltend und seine Zunge tupfte nur ein oder zwei Mal sanft meine Lippe, versuchte, mich aus der Reserve zu locken. Aber ich hatte zu viel Angst, etwas falsch zu machen, um darauf einzugehen. An Dawsons Erfahrungsvorsprung gab es keinen Zweifel und das machte mich befangen.

Dawson hatte nicht übertrieben. Das Eis in dem unscheinbaren Café war sensationell. Es gab nur acht Sorten. Eines davon, nämlich das in meinem Eisbecher, war Tonkabohnen- Eis. Damit hätte ich gerne unsere Tiefkühltruhe gefüllt.

Nach dem kulinarischen Ausflug schlenderten wir Hand in Hand zu einer beliebten Shopping Mall. Ich genoss das ungewohnte Gefühl der Nähe. Gut möglich, dass ich es noch mehr hätte genießen können, wenn uns nicht unentwegt Leute angestarrt hätten. Dawson zog mit seinem lädierten Gesicht und den verschorften Händen mehr Blicke auf sich als Limonade Wespen anlockte. Das wiederum garantierte uns mehr Aufmerksamkeit, als in unserer Situation gut sein konnte. Unauffällig bleiben ging jedenfalls anders und ich hatte bei jedem Passanten, der in unsere Richtung sah, das Gefühl, man könne unseren Altersunterschied an unseren Nasenspitzen ablesen. Besonders irritierend fand ich, dass Dawson, der sonst das allergrößte Drama um die Rechtslage gemacht hatte, plötzlich völlig tiefenentspannt wirkte.

Durchatmen, nicht daran denken. Die lange Übung Emotionen vor Wettkämpfen zu verdrängen, half mir auch jetzt und ich begann mich zu entspannen, während wir uns die Auslagen in den blitzsauberen Schaufenstern ansahen. Wir amüsierten uns über zum Teil unmöglich kombinierte Kleidungsstücke in den Auslagen und fragten uns, warum Schmuck eigentlich teurer wurde, je hässlicher er aussah. Schließlich zog Dawson mich in eines der Geschäfte und kaufte mir eine schlichte silberne Kette, an der ein winziges silbernes Herz hing. In dem rechten Bogen des Herzes saß ein kleines rotes Steinchen.

Mir war das ganze unglaublich unangenehm. Er wollte sein Motorrad zurückkaufen und lud mich zum Eis ein und kaufte mir Schmuck. Das kam mir nicht richtig vor. Doch meinen Protest wischte Dawson mit einer ungeduldigen Geste beiseite und legte mir das Schmuckstück um.

„Wir werden uns während des Semesters nicht oft sehen können", erklärte er mir geduldig. „Ich möchte, dass du dich an unseren ersten gemeinsamen Tag erinnerst, wann immer du in den Spiegel siehst."

War das möglich, dass Dawson so süß sein konnte? Der Dawson, der nie um einen bissigen Kommentar verlegen war? Der Dawson, der mir immer deutlich zu verstehen gegeben hatte, wie wenig er sich für mich interessierte?

„Glaubst du nicht, dass die Kette zu auffällig ist?", fragte ich besorgt. Nachdenklich sah er mich an. „Vielleicht", gab er dann zu. „Aber ich möchte, dass du sie trotzdem trägst." Er klang ein bisschen bockig und gar nicht erwachsen.

„Werde ich", versprach ich. „Wenn jemand fragt, dann hab ich sie mir eben selber gekauft."

Dawson nickte sichtlich zufrieden. „Meinst du, wir sollen langsam nach Hause fahren? Ich will nicht, dass du Ärger bekommst."

„Wahrscheinlich sollten wir das tun. Miles war gestern ziemlich pissy. Er hat gedroht bei meinen Eltern zu petzen. Kann nicht schaden, mit ihm zu sprechen, bevor Mum nach Hause kommt."

Die Heimfahrt gestaltete sich zäh. Auf der Interstate herrschte reger Verkehr und öfter als einmal fluchte Dawson über andere Verkehrsteilnehmer. Je länger die Fahrt dauerte, desto genervter und abgespannter wirkte er. Gelegentlich rieb er über die Schwellung an seinem Kinn. Gerne hätte ich ihn am Steuer abgelöst, aber ohne Führerschein war das eher keine gute Idee. Ich war mir auch gar nicht sicher, wie ich mit seinem Wagen zurechtgekommen wäre. Der war gelinde gesagt riesig.

„Dawson, können wir vielleicht bei Gelegenheit eine Pause machen? Ich muss mal."

Er warf mir einen Seitenblick zu, der „muss das sein?" bedeutete, nickte dann aber und steuerte die nächste Tankstelle an. Appetitlich war die Toilette nicht gerade, aber der Zweck heiligte die Mittel. Dawson brauchte den kurzen Zwischenstopp mindestens so dringend wie meine Blase, daher ließ ich mir extra Zeit und besorgte in der Tankstelle noch zwei Flaschen Wasser und zwei Schokoriegel. Als ich rauskam, stand Dawson neben der Tür, die Augen aufmerksam auf den Ausgang gerichtet.

„Ach, Madam hat Hunger?", stellte er grinsend fest und dirigierte mich, eine Hand auf meiner Schulter, zum Parkplatz. Dort klappte er die Umrandung der Ladefläche nach unten, holte eine karierte Picknick-Decke aus einer Metallkiste und breitete sie aus.

„Ganz praktisch so ein Jeep", gab ich von mir. Dawson schüttelte tadelnd den Kopf.

„Kein Jeep. Dieses Baby ist ein Pickup, Riley", korrigierte er meine Aussage. Dann legte er sich auf die Decke und schloss in der Sonne genussvoll die Augen, die Arme hatte er unter dem Kopf verschränkt. Ich beobachtete, wie sich seine Gesichtszüge entspannten, und sein massiver Brustkorb sich unter dem Shirt hob und senkte.

„Zufrieden mit der Aussicht?", fragte er mit dunkler Stimme, als er mich beim Starren erwischte. Er setzte sich auf und für einen Augenblick verfing das Sonnenlicht sich auf der helleren Innenseite seines Unterarm. Stirnrunzelnd versuchte ich einzuordnen, was ich da gesehen hatte. Es sah aus, als hätte er dort eine Narbe. Von einer Verbrennung vielleicht? Doch jetzt, wo er sich auf seinen Ellbogen aufstützte, konnte ich nur die leicht gebräunte Oberseite des Armes sehen. Als ich aufsah, begegnete ich Dawsons grünen Augen. Dass er mich so offen betrachtete, war noch ungewohnt und verursachte ein Flattern in meiner Magengegend.

„Hm", machte ich und versuchte zu lächeln, während ich rot wurde und zur Seite sah. Natürlich gefiel mir, was ich sah. Die Frage erübrigte sich. Immerhin blickte er regelmäßig in den Spiegel, wenn er sich rasierte.

Er brachte sich in eine sitzende Position und mit den Augen verfolgte ich seine Bewegung in der Hoffnung noch einen Blick auf den Unterarm werfen zu können. Doch es war zwecklos. Wieder sah ich nur die gebräunte Haut und dann grüne Augen, als sich seine Lippen meinen näherten und er mich sanft küsste.

„Meinst du, wir können uns heute Abend noch sehen?", erkundigte er sich danach.

„Ich weiß nicht genau. Kommt darauf an, wieviel Drama Miles heute bei Mum daraus macht, dass ich einen Ausflug gemacht habe. Normal ist es kein Problem, wenn ich mit dem Bus irgendwohin fahre. Aber ich darf eigentlich nicht über Nacht wegbleiben."

Dawson musterte mich eine Weile. „Auch auf die Gefahr hin, dass du das jetzt nicht hören willst, Riley", begann er.

„Dann sag nichts", murrte ich.

„Du bist ein unglaublich hübsches Mädchen. Das fällt auch anderen auf und mir wäre es auch lieber, wenn du keine solchen Alleingänge mehr machst, ohne jemanden zu informieren."

„Dann solltest du vielleicht auch an dein Telefon gehen, wenn ich versuche dich zu erreichen", feuerte ich zurück. „Dann hätte ich dir nicht nachlaufen müssen."

Dawson schlang seinen Arm um meine Schulter und zog mich nach unten auf die Decke. Dann beugte er sich über mich, küsste mich. „Ich bin froh, dass du mir nachgelaufen bist. In Zukunft werde ich rund um die Uhr für dich erreichbar sein", versprach er. Noch ein Kuss folgte diesem Satz. Dann ein weiterer. Und noch einer. Viele weitere später, löste er sich von mir.

„Danke für die Pause. Ich hätte mir keine gegönnt. Aber ich glaube, die war wichtig."

Lässig sprang er von der Ladefläche und als er mich herunterhob, küsste er mich ein letztes Mal, bevor wir unsere Fahrt fortsetzten.

Dawson setzte mich vor der Haustür ab. Nur mit einem Lächeln verabschiedeten wir uns voneinander. Seine Hand streifte unauffällig meine.

„Schreib mir, falls du heute noch Zeit hast, okay?", forderte er zum fünften Mal, seit wir das Ortsschild passiert hatten und wie die Male zuvor nickte ich. Dann schnappte ich mir den Rucksack.

„Wir haben uns zufällig getroffen", ermahnte er mich.

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