44.2. Confessions and Plans
Ich lausche dem entfernten Laufen des Wasserhahns und versuche, die Müdigkeit von mir abzuschütteln. Anders als Haymitch, der sich gleich auf den Weg in die Kommandozentrale zu Coin und den anderen Rebellenführern machen wird, habe ich heute einen freien Tag. Jedem Bewohner von 13 stehen pro Woche zwei arbeitsfreie Tage zu. Man kann sie sich nicht aussuchen, sie werden einem jeden Monat neu zugeteilt. Mit Haymitchs Position ist das anders. Der Krieg macht keinen Halt vor freien Tagen oder geregelten Arbeitszeiten und so gibt es Zeiten, zu denen wir uns gar nicht sehen.
Es kostet mich Überwindung, die Wärme meines Bettes zu verlassen. Ich stecke meinen Arm in das summende Gerät in der Wand und starre auf die freien Flächen des Stundenplans zwischen Frühstück, Mittag- und Abendessen, bevor ich mich an Haymitch vorbei ins Bad drücke. Damals war ich der frühe Vogel, immer die erste Persona auf den Beinen, immer putzmunter und den vorausliegenden Tag bis ins kleinste Detail geplant. Heutzutage ist das anders. Durch meine Albträume bin ich morgens oft so müde, dass es mir schwerfällt, die Augen offen zu halten. In diesem grauen Distrikt fehlt mir die Motivation, aufzustehen oder überhaupt irgendetwas zu tun, weil ich weiß, dass ich nicht hierhergehöre.
Morgens besuchen weder Haymitch noch ich die Kantine. Er, weil er keinen Appetit hat und ich, weil ich bei Johanna esse. Wenn ich es vor meiner Schicht schaffe, schaue ich meistens noch bei ihr vorbei und da das Pflegepersonal nie damit aufgehört hat, auch mir eine Portion Essen bereitzuhalten, bleibt mir der einsame Besuch in die überfüllte Kantine erspart.
An Tagen wie diesem verbringe ich mehr Zeit bei Johanna. Manchmal gesellt sich Finnick ebenfalls dazu, aber ich bezweifle, ihn heute dort anzutreffen. Er und Annie kleben in letzter Zeit stärker aneinander als üblich. Finnick erzählt nicht viel darüber, weicht den Fragen aus, allein sein geheimnisvolles Schmunzeln ist Indikator dafür, dass Annies gesundheitlichen Probleme nichts damit zu tun haben. Ich bin froh darum.
Ein Blick auf Haymitchs Uhr verrät, dass es immer noch sehr früh ist. Früher als die meisten anderen im Distrikt aufstehen. Doch Johanna wird schon wach sein. Genauso wie ich schläft auch sie nicht viel. Ich stehe gerade vor dem Spiegel und binde meine Haare zusammen, als Haymitch sich hinter mir räuspert. Ein seltsames Gefühl durchfährt mich bei dem Klang seiner Stimme und ich muss mich dazu zwingen, meine Gesichtszüge neutral zu halten, als ich den Kopf halb in seine Richtung drehe und eine Augenbraue hebe.
„Hast du Lust, später in der Kantine zu essen?" Sein Ton klingt zögerlich und sonderbar heiser, beinahe atemlos. Der Kuss scheint zu lange her zu sein, als dass wir jetzt, kurz vor seinem Aufbrechen in Ruhe darüber sprechen könnten. Es macht die Situation nicht angenehmer. Wo eben noch Wärme in meinem Körper war, macht sich nun ein mulmiges Gefühl bemerkbar, das mir den Magen zusammenzieht.
„Aus deinem Mund klingt das genauso schrecklich, wie ich mir ein Essen in der Kantine vorstelle", murmele ich und falte das graue Haartuch zwischen meinen Fingern zurecht. Haymitch kennt meine Abneigung der Kantine gegenüber; er weiß, dass es nichts Persönliches ist. Seine Frage ist überflüssig: Wir essen die meisten Abende zusammen, ohne dass es einer vorherigen Absprache bedarf. „Gibt es einen speziellen Anlass?"
Haymitch streicht sich in einer nervösen Geste durchs Haar, lehnt sich in den Türrahmen des kleinen Badezimmers und seufzt. Kein gutes Zeichen. „Nicht mit mir allein, sondern mit anderen Leuten aus Zwölf. Es ist eine kleine Gruppe und die meisten kennst du bereits."
Mein Körper versteift sich unmerklich, aber ich bin mir sicher, dass er es trotzdem sieht. Ich gebe mir Mühe, mir mein Haartuch ohne Komplikationen aufzusetzen und presse die Lippen unentschlossen aufeinander. „Wer denn?"
„Hauptsächlich Katniss und ihre Familie", erklärt Haymitch und zögert dann, bevor er fortfährt. Ich wundere mich, wie er überhaupt auf diese Idee gekommen ist. Ich wundere mich, wie aus dieser wohligen, vertrauten Atmosphäre von vorhin innerhalb kürzester Zeit diese unangenehme, entfremdende Hemmung entstehen konnte. „Dann sind da noch die Hawthornes, Gales Familie und ein paar andere, deren Namen dir aber nichts sagen würden."
„Hälst du das nicht für etwas gewagt?" Mittlerweile kenne ich die Kantine gut genug, als dass sie kein zwischenmenschliches Hindernis mehr für mich darstellt. Seitdem ich die Krankenstation verlassen habe, bleibt mir keine andere Möglichkeit, an Nahrung zu kommen, abgesehen von dem gelegentlichen Frühstück bei Johanna. Doch sich mit den Bewohnern von Distrikt 12 konfrontiert zu sehen, deren Kinder ich Jahr für Jahr in den Tod geschickt habe, finde ich etwas fragwürdig.
Haymitch zuckt mit den Schultern. Er hat die Arme vor der Brust verschränkt und gibt sich Mühe, zu verstecken, was ihm gerade durch den Kopf geht. „Ich würde dich nicht fragen, wenn ich mir um deine Sicherheit Sorgen machen würde."
„Woher überhaupt dieser Gedanke?", frage ich und drehe mich nun vollständig zu ihm um. Uns trennt kein Meter und der Gedanke, dass ich ihn einfach überqueren könnte, so schnell, so einfach, veranlasst mich dazu, einen Schritt zurückzumachen. Zumindest so weit, bis mein Rücken gegen das Waschbecken stößt. „Der einzige Grund, weshalb sie mich akzeptieren, ist ihr Respekt dir gegenüber. Das bedeutet nicht, dass sie am selben Tisch wie ich ihre Mahlzeiten einnehmen wollen."
Haymitch verzieht das Gesicht und überwindet dann den Abstand zwischen uns. Er legt mir seine Arme auf die Schultern, sodass unsere Diskussion für einen Augenblick in den Hintergrund rückt und ich mich frage, ob das bereits als Umarmung zählt oder nicht. Im Kapitol wäre diese Art der Intimität nicht gern gesehen. Sie würde vielleicht nicht als unzivilisiert gelten, wäre aber weder besonders höflich noch salonfähig. Er zieht an dem Tuch und ich unterdrücke das Seufzen, das mir auf der Zunge liegt, als er mit seinen Fingern über mein Haar streicht und es mir plötzlich etwas schwerer fällt, zu atmen. Mittlerweile habe ich aufgegeben, es in seiner Präsenz zu verdecken. Mit einem Mann wie ihm, der sich jede Mühe gibt, Witz um Witz zu reißen und mich so lange zu ärgern, bis ich den Verstand verliere, ist es kaum möglich, seinen Wünschen nicht nachzukommen. Auch wenn es nur dem Wunsch dient, von ihm in Frieden gelassen zu werden. Wenn es um das Tuch geht, vertritt er dieselbe Meinung wie Johanna: Er findet es lächerlich.
„Sie werden dich sicher nicht mit offenen Armen empfangen, Süße, aber sie wissen, was du Katniss uns mir bedeutest." Eine Sekunde lang senkt er den Blick und ich weiß, dass er an unsere Diskussion vorhin zurückdenkt. Denkst du wirklich, dass ich nur aus Gründen der Schuld so viel Zeit für dich geopfert hätte? „Sie wissen, dass du Peeta das Leben gerettet hast."
„Ich habe Peeta nicht das Leben gerettet", flüstere ich, denn mehr als ein Flüstern braucht es nicht, um meine Worte an Haymitchs Ohren zu tragen. Unsere Körper sind sich so nahe, dass es ein Leichtes wäre, die Augen zu schließen und sich nach vorne zu lehnen. Sich der Sicherheit, der Harmonie, der Erfüllung ein weiteres Mal hinzugeben.
„Katniss sieht es aber so." Haymitch berührt ein letztes Mal meine Wange, bevor er sich von mir löst. Ein Grinsen hat sich auf sein Gesicht geschlichen. „Steh einfach da, wo du immer auf mich wartest und mach dir keine Sorgen", sagt er noch und verschwindet dann in Richtung Kommandozentrum.
oOo
„Ich weiß ja nicht, was in dich gefahren ist, Trinket, aber ich denke nicht, dass es mir gefällt", bemerkt Johanna und betrachtet mich über ihren Tellerrand hinweg mit zusammengekniffenen Augen. Sie hat die Mahlzeit, die die Pflegerin uns gebracht hat, innerhalb von Minuten in sich hineingeschlungen.
Ich zucke so lässig wie möglich mit den Schultern. „Ich bin nur müde, nichts weiter", sage ich, aber ich kann nicht leugnen, dass ich mich anders verhalte als üblich. Ich kann nicht verhindern, dass meine Gedanken wieder und wieder zu Haymitch abweichen, zu dem Kuss und zu den neuen Fragen, die er in meinem Verstand hinterlassen hat. Vielleicht versucht sie aber auch nur, von sich selbst abzulenken.
„Klar doch", erwidert Johanna in schnippischem Ton und schüttelt in einer ungelenken Bewegung den Kopf, als hätte sie etwas gesehen, dass ihr zuwider ist. Von dem Moment, ab dem ich Fuß in ihr Zimmer gesetzt habe, ist mir ihr eigenes Verhalten seltsam erschienen. Ihre Finger trommeln immerzu nervös auf dem Essenstablett und sie rutscht in ihrem Bett umher, als fände sie keine bequeme Position. „Aber komm nicht jammernd angelaufen, wenn er es vermasselt."
Sie hat es mir wohl doch irgendwie ansehen können. Bin ich mittlerweile etwa so leicht zu lesen? Verärgert verschränke ich die Arme vor der Brust. „Und was ist mit dir? Du kannst ja nicht einmal stillsitzen."
Johanna stöhnt verbittert auf und der Laut, der danach ihre Kehle verlässt, klingt wie eine Mischung aus verzweifeltem Wehklagen und unbändiger Wut. „Dr. Jennings ist der Meinung, dass ich, und ich zitiere, endlich bereit bin, mich der Welt zu stellen. Ich könnte kotzen", zischt sie zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Ihre Finger umgreifen das Tablett und einen Moment später schleudert sie es quer durch den Raum. Der Teller zerspringt zu einem Meer aus kleinen, weißen Scherben und das Geschirr scheppert mit knallendem Klang zu Boden. „Ich will ihnen allen meine Axt in den Kopf rammen, denn ich habe nicht das Gefühl, dass sie verstehen, wie angepisst ich bin."
Johannas braune Augen werden noch schmaler, als ich zu Lachen beginne. „Du wirst entlassen und bist sauer darüber? Du beschwerst dich pausenlos über jede Kleinigkeit auf der Station. Dein Benehmen erinnert mich meistens mehr an das eines verwöhnten, undankbaren Kindes als an das einer erwachsenen, reifen Frau."
„Ach halt die Klappe, Trinket", knurrt Johanna und wirft sich in ihre Kissen zurück, nur um sich dabei den Kopf am Metallgeländer zu stoßen. Ein Fluch verlässt ihre Lippen und sie reibt sich den Hinterkopf, bevor sie seufzt und für einen langen Augenblick die Augen schließt. „Sie setzen das Morfix ab. Die Dosen werden immer schwächer und ich kann nicht mehr auf Wunsch neues bestellen."
„Das ist ein Problem, Johanna", murmele ich und stelle mein eigenes Tablett neben mich auf dem Plastiktisch ab. „Wenn sie nicht schon längst gemerkt haben, dass du süchtig bist, dann werden sie es bald merken."
„Ich bin nicht süchtig", presst Johanna hervor und verzerrt ungehalten das Gesicht. „Es ist einfach nur sehr viel leichter, mit diesem ganzen Scheiß zu leben, wenn sie mir das Zeug geben."
„Ich sollte mit Dr. Jennings reden. Mich wundert es, dass ihr die ganze Sache nicht schon längst aufgefallen ist."
„Wehe dir, Trinket. Sprich nur ein Wort mit ihr und dein Kopf rollt als nächstes." Mein skeptischer Blick sagt mehr als tausend Worte. Ich verdrehe theatralisch die Augen, verkneife mir jedoch einen Kommentar. Johannas leere Drohungen machen mir schon lange keine Angst mehr. „Außerdem ist sie nur selten hier, meistens bei Peeta, weil er die Betreuung nötiger hat als ich."
Das sind dann wohl die Folgen des Personalmangels. Ich schnaube und schlage die Beine übereinander. „Ich werde sicher nicht ruhig mitansehen, wie aus dir eine Wahnsinnige wird, nur weil du zu stolz bist, um dir die Wahrheit einzugestehen."
„Effie Trinket, wie sie weilt und lebt", bemerkt Johanna und starrt mich missbilligend an. „Weißt du, du erinnerst mich jeden Tag etwas mehr an diese nervige Schlampe. Kein Wunder, dass ich damals nichts für dich übrighatte."
„Du solltest mir lieber dankbar sein, denn es scheint, als wäre ich die Einzige, die sich sonst hier für dich interessiert", gebe ich ohne mit den Wimpern zu zucken zurück und erhebe mich von meinem Stuhl, um mich auf ihr Bett zu setzen.
„Mich kommen genügend Leute besuchen, bilde dir ja nichts ein", erwidert Johanna und ihre Lippen verziehen sich zu einem lieblosen Grinsen. Sie zeigt mir die Zähne und verschränkt ihre Hände hinter dem Kopf. „Ich wünschte sie würden nicht kommen. Finnick geht mir mittlerweile dermaßen auf die Nerven. Annie dies, Annie das ... zum Kotzen."
„Er ist glücklich, vielleicht solltest du das auch mal versuchen", sage ich und betrachte sie aus argwöhnisch zusammengekniffenen Augen. „Wann warst du das letzte Mal glücklich? Oder zumindest zufrieden?"
Johanna gibt ein bitteres Lachen von sich. „Du bist lustig, wirklich lustig." Zorn mischt sich in den ironischen Ausdruck ihrer braunen Augen und sie funkelt mich an. „Warum fragst du deinen Haymitch nicht mal, wann er das letzte Mal glücklich war? Es ist Pech genug ein normaler Sieger zu sein. Aber der Sieger zu sein, der aus der Reihe getanzt ist? Das ist nochmal richtig beschissen. Um deine Frage also zu beantworten: Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, als ich das letzte Mal glücklich war, denn das ist schon eine verdammt lange Zeit her."
„Nur weil deine Vergangenheit beschissen war, muss nicht der Rest deines Lebens genauso ablaufen", murmele ich nach einer langen Weile des Schweigens. Johanna bläst schon viel zu lange Trübsal. Ich könnte nicht Tag für Tag dasitzen, den Hass in meinem Herzen aufstauen und auf das Ende der Welt warten, oder worauf auch immer sie wartet. Denn nichts als warten tut sie. Anstatt sich zu verändern, anstatt zu versuchen aufzustehen und zu heilen, bleibt sie sitzen.
Doch ihr Trauma geht viel tiefer als mein Eigenes. Ihr Albtraum hat schon vor Jahren begonnen und seitdem nie aufgehört. Vielleicht ist es unfair von mir, ihre fehlende Lebenslust zu kritisieren. Effie Trinket war schon immer eine Person voller Tatendrang, Eifer und Leidenschaft, jemand der nicht stillsitzen und warten konnte. Ich spüre, wie diese Energie langsam aber sicher wieder Besitz von mir ergreift und ich bin froh darum, denn ohne einen Lebenssinn fühle ich mich verloren. Ich habe keine Ahnung, was für eine Art von Mensch Johanna vor ihrem Sieg war. Abgesehen von dem, was wir gemeinsam durchlebt haben, kenne ich sie eigentlich kaum. Ich frage mich, ob sie es eigentlich weiß, schließlich war sie damals selbst noch ein Kind.
„Hast du Pläne?", fragt sie plötzlich und reißt mich aus meinen Gedanken. Ich hebe den Kopf und ziehe fragend die Augenbrauen zusammen. „Wenn wir den Krieg gewinnen, meine ich."
Ich zucke die Schultern und drücke mein Kinn gegen mein angewinkeltes Knie. „Zurück ins Kapitol gehen, denke ich. Wenn sie mich lassen."
„Ich denke nicht, dass du dir wegen dem Prozess Sorgen machen musst", gibt Johanna zu bedenken und schließt erschöpft die Augen. „Coin wäre verrückt, sich mit all den Siegern anzulegen, nur um dir eins auszuwischen. So wichtig bist du nicht für sie."
„Ich war Teil der Hungerspiele. Sie wird gar keine andere Wahl haben, als mich vor Gericht zu stellen. Wenn der Krieg vorbei ist, werden sie alle bestrafen, die freiwillig für die Spiele gearbeitet haben." Der Gedanke daran lässt meine Nackenhaare auffahren.
„Mag sein, dass sie dich offiziell verurteilen, aber du bist ja nicht wie die anderen Bediensteten. Katniss liegt etwas an dir, du wurdest als Mitverschwörerin der Rebellion festgenommen und eingesperrt. Das alles sind mildere Umstände", erklärt Johanna. „Sagen wir mal, du wirst freigesprochen, was machst du dann mit deiner Freiheit?"
„Wie gesagt", wiederhole ich meine Worte von vorhin und spüre mit einem Mal einen Kloß im Hals. „Wer weiß, ob meine Wohnung überhaupt noch existiert. Dann das Haus meiner Eltern ... Ich habe keine Ahnung, was ich mit ihrem ganzen Vermögen anfangen soll. Das müsste ich mit Aurelia entscheiden ..." Ich verstumme.
„Deine Schwester?", fragt Johanna in die Stille, als klar wird, dass ich nicht die Intention habe, weiterzusprechen.
Ich bringe ein Nicken zustande. „Ich habe keine Ahnung, ob sie überhaupt noch am Leben ist", flüstere ich und starre auf meine Füße.
„Solange sie sie nicht öffentlich hingerichtet haben, würde ich die Hoffnung nicht aufgeben", sagt Johanna und klingt mit einem Mal selbst ein wenig heiser.
„Manchmal stelle ich mir vor, wie sie reagieren würde, wenn wir uns wiedersehen", murmele ich dann. „Entweder sie wäre erleichtert mich zu sehen, froh darüber, dass wenigstens ich überlebt habe ... oder sie würde mich hassen. Für den Tod unserer Eltern und das Chaos, das meine Sieger über ihr Leben gebracht haben."
„Du denkst, sie könnte wütend auf dich sein?" Johanna klingt erstaunt. „Kann sie deine Situation denn überhaupt nachvollziehen?"
„Aurelia und ich waren uns früher mal sehr nahe", erzähle ich und presse meine Augenlider zusammen. „Sie wusste immer genau, was ich denke und fühle. Vom Charakter waren wir sehr verschieden und anders als meine Mutter, die damit nicht klarkam, hat sie meinen Wunsch nach Unabhängigkeit verstanden. Unsere Beziehung veränderte sich mit ihrem Auszug, sie war älter als ich und heiratete ziemlich früh. Danach kamen wir immer noch gut miteinander zurecht, aber die Verbindung, die wir einmal hatten, ist trotzdem ausgekühlt. Sie wurde oberflächlicher, weil man sich seltener sah. Ihr Ehemann hatte Einfluss auf ihr politisches Denken und obwohl sie von Natur aus eher liberal eingestellt war, kann ich nicht sagen, ob das immer noch der Fall ist."
„War ja klar, dass deine Familie nur aus Drama besteht." Ein krächzendes Lachen entspringt Johanna und sie schüttelt ungläubig den Kopf. „Da bekommt die Aussage Es liegt in der Familie, ja eine völlig neue Bedeutung."
„Was willst du machen, wenn der Krieg vorbei ist?", frage ich und ignoriere ihre Stichelei.
„Finnick hat mir angeboten, ihn und Annie nach Vier zu begleiten." Johanna zuckt mit den Achseln. „Nach Sieben gehe ich bestimmt nicht zurück. Dort ist nichts für mich übrig."
„Das freut mich so für dich!" Johanna verdreht die Augen bei der Aufregung in meiner Stimme. „Vier soll wunderschön sein. Ich komme dich auf jeden Fall besuchen."
Daraufhin nickt sie. „Es ist bald geschafft", sagt sie und ein Grinsen bildet sich auf ihren Lippen. „Wie ich mich freue, diesen beschissenen Distrikt endlich zu verlassen."
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Tut mir mega leid, dass ich eine Woche zu spät bin. Hatte letzte Woche meine beiden Klausuren aus dem letzten Semester und danach direkt meinen ersten Arbeitstag. Ich hoffe, es hat euch trotzdem gefallen! :)
Btw ich habe den Namen von Effies Schwester geändert falls ihr euch wundert. Sie heißt nicht mehr Gwyneth sondern Aurelia. Passt mehr zu den anderen lateinischen Namen! :)
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