29. Power Over Life

Power Over Life

„Peeta." Meine Stimme klingt völlig falsch, schwach und krächzend. Es sind die ersten Worte seit der Hinrichtung meiner Eltern. Für einen Moment bin ich wütend auf mich selbst, weil er immer noch mein Schützling ist und niemand das jemals ändern könnte. Ich fühle mich zurückversetzt in meine Rolle der Betreuerin. Doch während ich ihn anschaue, wird mir klar, dass die Tage von Tribut und Betreuerin lange hinter uns liegen. Heute sind wir nichts weiter als Gefangene und in unser altes Leben werden wir nie wieder zurückkehren können.

Peetas Lippen verziehen sich zu einem matten Lächeln. Es ist nur der Geist seines damaligen Lächelns, welches die Atmosphäre eines gesamten Raumes verändern konnte. „Hallo Effie", sagt er mit glasklarer Stimme, die mir jedoch so verändert vorkommt, dass ich einen Schritt zurücktrete. Kein Funken Emotion schwingt in ihr mit, als hätte das Kapitol Peeta mit einer Maschine ersetzt, die nur die Maske seines Aussehens trägt.

Peetas Lächeln schmerzt in meinen Augen und für eine Sekunde vergesse ich das Bild meiner Eltern, weil der Schrecken vor mir so unglaubwürdig erscheint. Ich frage mich, was sie dem armen Jungen wohl angetan haben. Ihm muss es wahrscheinlich schlimmer ergehen als uns allen zusammen, auch wenn das in meiner derzeitigen Lage kaum möglich erscheint.

Dann beginnt Caesar plötzlich wieder zu sprechen: „Wir sind uns sicher, dass das hier sehr überraschend für Sie sein muss, Miss Trinket, aber genau das ist der Grund für dieses Extraprogramm." Während er spricht, streckt er seine rechte Hand in meine Richtung aus und winkt mich zu sich herüber. Das Grau seines Anzugs verschluckt die Farbe seiner Haut darunter. „Wir wollen den Bürgern von Panem die Wahrheit zeigen. Dabei kann uns niemand mehr helfen als Sie beide hier."

Caesars Stimme klingt fröhlich und die Schrille darin macht mir Angst. Weiß er denn nicht, was hier passiert und woher ich gerade komme? Er muss es wissen. Für die Wahrheit hätten sie mich nicht so zurecht machen müssen, sie hätten mich direkt aus dem Gefängnis hierher schleifen sollen, damit das ganze Land meinen Schmerz sehen kann. Jeder Blick zu Peeta sagt mir, dass es bei ihm nicht anders ist.

Ich weiß nicht, woher ich die Kraft nehme, mich auf den gutgelaunten Moderator zuzubewegen und seine Hand zu schütteln. Das Einzige was ich weiß ist, dass meine abgemagerte Hand in seinem Griff beinahe vollständig verschwindet. Mein Magen zieht sich bei dem Anblick zusammen und für den Bruchteil einer Sekunde kehrt der Schwindel zurück. Die Sicht vor meinen Augen wird schwarz und trotzdem nicke ich Caesar zu und setze mich auf das weiche Sofa. Dann wird der Blick meiner Augen wieder klar und ich streiche in einer beruhigenden Geste mit meinen Fingern über den teuren Stoff der Couch. Ich habe ein Ähnliches in meiner Wohnung stehen, nur in einem dunklen Ton. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich es das letzte Mal gesehen habe.

Langsam hebe ich den Kopf und schaue an Caesar vorbei zu Peeta. „Wie geht es dir?" Ich weiß natürlich, dass es unglaublich unhöflich ist, Caesar in seiner eigenen Show zu übergehen und selbst die Fragen zu stellen. Die Bewohner des Kapitols werden mein Verhalten kaum wiedererkennen, aber es kümmert mich nicht.

Peeta nickt leicht und lächelt dann. Das Lächeln erreicht wieder nicht seine Augen und doch strahlt es eine gewisse Wärme aus. „Mir geht es sehr gut. Danke, dass du fragst." Der Klang seiner Worte ist geistlos und ohne Leben.

Ich erkenne die Lüge noch während er sie ausspricht. Natürlich geht es ihm nicht gut, was habe ich denn erwartet? Dass er im Live-Fernsehen seine Qualen der ganzen Nation offenbart, nur um danach noch größerer Folter unterzogen zu werden? Die Zeiten der Aufopferung für andere sind vorbei, heute geht es nur noch ums nackte Überleben.

Ich schaue Peeta in die Augen und Suche nach einem Funken von Emotion. Aber dort ist nichts außer einer tiefen Leere, die mir die Nackenhaare aufstellt. Plötzlich wird mir klar, dass wir Peeta an das Spiel verloren haben. Nicht an die Hungerspiele in der Arena. Katniss hat überlebt, sie konnte gerettet werden, aber Peeta ... Peeta ist tot und man sieht es ihm bei jeder seiner Bewegungen an. Sie haben ihn gefoltert, doch sein Leben verschont. Nicht aus Gutherzigkeit natürlich, sondern weil sie ihn noch für diesen Zweck hier brauchen. Weil Katniss lebt. Er ist ihr einziges Druckmittel gegen sie. Doch nachdem alles Mögliche getan ist, wird die Hülle von Peetas leerem Körper bald ebenfalls tot sein. Genauso wie ich.

Nur verstehe ich nicht, wieso sie mich hierhergebracht haben. Es gab immer nur Katniss. Es ging immer nur um Katniss und Peeta. Und das macht sich das Kapitol durch dieses Interview zum Vorteil. Aber was hat das mit mir zu tun? Ich war nie vollständig zugehörig zu Distrikt 12 oder den Siegern. Ich war stets etwas außen vor. Anders als Haymitch habe ich immer am Rand der Gruppe gestanden, als Frau aus dem Kapitol, die man nur wenige Wochen im Jahr und nur zu den wichtigen Anlässen zu Gesicht bekam.

Anders als Haymitch. Plötzlich fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Haymitch. Er lebt. Natürlich lebt er. Er hat das Trainingscenter früh genug verlassen, um ihnen zu entkommen. Bin ich seinetwegen hier? Für ihn? So wie Peeta für Katniss und Annie für Finnick?

Nein. Die Beziehung zwischen Haymitch und mir ist anders. Das Einzige was er für mich empfindet ist möglicherweise eine seltsame Art der Freundschaft. Aber er empfindet nichts für mich. Nicht so wie Katniss etwas für Peeta empfindet. Ich verstehe nicht, wieso der Gedanke so niederschmetternd ist, schließlich war es all die Jahre doch so offensichtlich. Er hat mich jedes Mal von sich gestoßen. Schon seit meinem ersten Jahr hat er dieses perfide Spiel mit mir gespielt. Es hat mich schon einmal meine ganze Kraft gekostet, so zu tun als wäre ich in Ordnung. Als wäre das was zwischen uns war, nichts weiter als eine Belanglosigkeit. Ihm in die Augen zu schauen und so zu tun als wäre nichts gewesen.

Er im Gegenteil hat all die Jahre so gewirkt, wie wenn es ihn kaum einen Funken an Energie kostete mich fallenzulassen. Er ist mir wie ein wahrer Perfektionist darin erschienen und ich frage mich, mit wie vielen er dasselbe gemacht hat. Er trank, machte sich über mich lustig und provozierte unsere Streitereien. Jahre lang tat er so, als wäre nichts gewesen. Als hätte es zwischen uns nie etwas gegeben, was mehr war als nur Freundschaft. Doch wer wollte schon mit einer Eskorte des Kapitols befreundet sein? Haymitch von allen Leuten.

Irgendwann habe ich aufgegeben, darauf zu warten, dass er es eines Tages wieder ansprechen würde. Selbst wenn er wegen seines Alkohols kurz vor einem Zusammenbruch stand, brachte er nie auch nur ein Wort darüber über die Lippen. Es kann ihn wirklich nicht interessiert haben. Aber all das nur, um elf Jahre später meine Mauern ein zweites Mal niederzuschmettern. Nur um meine Fassade ein letztes Mal fallen zu sehen, bevor er sich mit den Rebellen auf und davon machte. Nur hat sich das Kapitol in einer Sache getäuscht. Falls sie denken, mein Anblick – gebrochen, gefoltert, verletzt – würde Haymitch in die Knie zwingen, dann haben sie sich getäuscht.

Trotzdem möchte ich es dem Kapitol nicht allzu leicht machen. Haymitch soll mich nicht leiden sehen, egal was zwischen uns vorgefallen ist. Im Herzen ist er immer noch ein guter Mann, auch wenn er mir gegenüber diese Seite nur sehr selten gezeigt hat. Er kümmert sich um Katniss und Peeta. Er ist kein schlechter Mensch. Das Leben hat ihn gezeichnet und ihm alles genommen, zu dem er einen Bezug hatte. Katniss und Peeta waren die ersten Menschen, die nach all den Jahren seine Mauern durchbrochen haben. Sie sind zu seiner Familie geworden.

Wir sind ein Team. Katniss, Peeta, Haymitch und ich. Das Kapitol weiß es. Ich muss mich nur selbst daran erinnern. Sie haben mich hierhergebracht, um den Distrikten zu schaden. Sie benutzen uns dafür. Ich kann mich entweder auf die Seite des Kapitols schlagen, das mich in den letzten Wochen beinahe zu Tode gefoltert hat oder ich entscheide mich für die Rebellion. Es mag absurd sein, dass eine Eskorte der Hungerspiele darüber nachdenkt, aber die Hungerspiele waren schon immer eine große Fassade, um von anderen Dingen abzulenken.

Caesar klatscht in die Hände und reißt mich unsanft aus meinen Gedanken. Sein breites Lächeln wirkt unantastbar und er zeigt mit seinen langen Fingern auf den Bildschirm vor uns, der aufflackert und dann die Arena des Jubeljubiläums zeigt. „Dann wollen wir euch doch mal auf den neusten Stand bringen. Peeta, du wurdest ja nach Katniss' Aktion von uns aus der Arena gerettet", spricht er und schaut Peeta mit eindringlichen Augen an. Peeta nickt stumm. Gerettet. Ich schürze die Lippen. „Und was Sie angeht, Miss Trinket. Sie hat man zu später Stunde so zugerichtet im Trainingscenter aufgefunden, dass es unsere Ärzte viel Mühe kostete, Ihre Gesundheit wiederherzustellen. Aber Sie sehen wieder so gut aus", fährt er fort und wirft mir ein charmantes Lächeln zu.

Noch bevor ich mich zurückhalten kann, schießen meine Augenbrauen in die Höhe und ich mustere ihn mit einem kritischen Blick. Ich weiß genau, was sie von mir verlangen. Ich soll mitspielen und meine Wahrheit vertuschen. Ich weiß nicht, was auf dem Spiel steht, wenn ich es nicht tue und alles in mir sträubt sich dagegen.

Die Augen meiner Mutter tauchen in meinem Inneren auf und ich drücke die Finger in den Stoff des Sofas. Ich hefte meinen Blick auf Caesar, denn alles andere würde mich in die Zelle zurückversetzen und daran erinnern, was mir dort unten alles passiert ist. Ich muss mich daran erinnern, dass ich hier im Fernsehzentrum des Kapitols sitze, weit weg vom Gefängnis, in dem Johanna gerade sitzt und sich womöglich fragt, was sie mit mir anstellen. Mit einem Fernsehinterview würde sie wohl auch kaum rechnen.

„Danke, Caesar", sage ich mit fester Stimme und erwidere das Lächeln, das er mir in einer perfekten Geste serviert. Meine Finger lockern ihren Griff und ich hebe mein Kinn in die Höhe. Ich versuche die Stimme in meinem Kopf zu verdrängen, die mir zuschreit, dass ich ein Feigling bin. Doch es gibt nichts, das ich besser kann als Effie Trinket zu spielen. Die ausgelassene, enthusiastische und fröhliche Effie Trinket, die man sonst auch aus dem Fernsehen kennt. Es ist so viel leichter, sich hinter dieser wildvergnügten Maske zu verstecken, als ganz Panem meinen tiefsten Schmerz zu offenbaren. Die meisten würden es mir sowieso gönnen, weil ich jahrelang ein Teil der Hungerspiele war. Habe ich also überhaupt eine Wahl?

Als Caesar merkt, dass ich mich entschieden habe mitzuspielen, scheint sich sein Körper etwas zu entspannen. Er muss also Bescheid wissen. Ich lasse mir meine Wut nickt anmerken. Caesar zeigt auf den Bildschirm und wir werden gezwungen, uns die Ereignisse in der Arena gemeinsam anzuschauen.

Die Szene wie Katniss einen Pfeil ins Kraftfeld schießt ist mir bekannt, aber die Bilder, die danach kommen sind mit wackliger Kamera und schlechterer Bildqualität aufgenommen worden. Im Himmel über der Arena prangt ein Loch, Trümmerteile fallen auf die Erde und eine Schar von Hovercrafts schwebt über den tropischen Bäumen und lässt ihre Blätter in einem kräftigen Wind wehen. Die Sequenz wurde aus einem Hovercraft aufgenommen und man hat Blick auf den steinigen Boden in der Nähe des großen Gewitterbaums, der von grellen Lichtern der Hovercrafts beleuchtet ist und abgesucht wird. Einzelne Personen sprinten durch das Dickicht. Ein goldener Dreizack reflektiert das Licht. Friedenswächter seilen sich ab.

„Gefährliche Aufständische haben die Arena zerstört, um Katniss Everdeen zu entführen", erklärt Caesar, als das Video stoppt. Er hat sein Gesicht der Kamera zugewandt und ein mitleidiges Lächeln liegt auf seinen Lippen. „Man hat das arme Mädchen gegen ihren Willen gekidnappt und versucht nun, sie für eigene Zwecke zu missbrauchen. Unsere tapferen Friedenswächter haben getan was sie konnten, doch leider haben die Aufständischen es ebenfalls geschafft, Finnick Odair und Beetee Latier zu entführen."

Dann wendet sich Caesar Peeta zu und klopft ihm aufs Knie. „Allerdings hattest du das große Glück, von unseren Friedenswächtern gerettet zu werden, Peeta. Genauso wie Johanna Mason und Enobaria, die sich in der sicheren Obhut des Kapitols befinden. Ihr Zustand ist derzeit leider nicht stabil."

Peeta nickt erneut. Sein Blick ist immer noch auf den Bildschirm geheftet und jede Farbe ist ihm aus dem Gesicht gewichen. Katniss zu sehen, auch wenn es nur auf einem Bildschirm ist, quält ihn. Ich merke, wie mir meine Maske für einige Momente entgleitet, während ich ihn anschaue. Peeta dreht den Kopf und dann treffen seine Augen meine. Mein Schmerz spiegelt sich in seinen. Er fragt sich genau dasselbe wie ich, ich kann es ihm ansehen. Wann ist das alles hier endlich vorbei? Wann kommt endlich jemand, um uns aus dieser Hölle zu befreien?

Caesar entgeht unser stummer Austausch nicht und ich sehe seinem Regisseur an, der hinter den Kameras steht, dass er damit gar nicht einverstanden ist. Das Bild auf dem großen Monitor verändert sich und nun sehen wir Distrikt 12. Bomben regnen auf die grauen Häuser herab und man kann sehen, wie die Menschen, die durch die Straßen laufen und versuchen sich zu retten, unter Trümmern begraben werden. Meine Augen weiten sich und ich schlage mir eine Hand vor den Mund. Ich reiße meinen Kopf zu Peeta herüber, dessen Blick mit einer solchen Intensität am Fernseher klebt, dass mir Tränen in die Augen treten.

„Als das Kapitol eintraf war es bereits zu spät", flüstert Caesar beinahe, seine barmherzige Stimme erfüllt den Raum und wickelt sich wie eine tödliche Schlinge um meine Kehle. Ich schaue stumm zu, wie er Peeta die Schulter tätschelt. „Laut unseren Informationen hat niemand diesen Verrat von Distrikt Dreizehn überlebt. Unsere Streitkräfte waren vollkommen unvorbereitet auf eine solche Attacke."

Ich schlucke meine Worte herunter, während das Filmmaterial auf dem Monitor auch schon wechselt. Jedes meiner Worte werden sie später gegen mich verwenden. Oder noch schlimmer: Gegen Johanna.

Eine Kamera hat den Blick über einer mir unbekannten Stadt aufgezeichnet. Am Himmel fliegen Flugzeuggeschwader, die mit Raketen auf Backsteingebäude schießen. In weiter Ferne fallen mehrere hohe Türme in sich zusammen und erzeugen eine Staubwolke. Jemand hebt die Kamera hoch und geht mit ihr an den Rand eines Daches. Von dort erhält man Sicht auf eine breite Straße. Auf beiden Seiten stehen gepanzerte Fahrzeuge und Menschen schießen aufeinander. Weiße Friedenswächter auf der einen und eine bunte Truppe von Menschen auf der anderen Seite. Einige von ihnen tragen eine graue Uniform. Sie sind alle bewaffnet und versuchen, die jeweils andere Seite mit einem Kugelhagel niederzustrecken.

Man hat mir erzählt, dass in Panem Krieg herrscht. Ich hatte ihn mir anders vorgestellt, nicht so real. Nicht mit Menschen, die ein Leben ohne Erbarmen ausschalten. Das hier ist nicht richtig. Und doch kann ich den Hoffnungsfunken in meinem Magen nicht verhindern, als ein Friedenswächter von einer Kugel getroffen wird und zu Boden geht. Für eine Sekunde erschrecke ich mich vor meinen eigenen Gefühlen. Dann wird mir klar, dass mit jedem toten Friedenswächter dort draußen die Chance, dass die Rebellen gewinnen und uns hier rausholen, größer wird. Wenn das Kapitol gewinnen sollte, werden sie uns alle töten.

Nach dieser Szene schalten sie den Bildschirm aus und Caesar dreht sich erwartungsvoll zu Peeta um. „Jetzt hast du gesehen, was dort draußen passiert. Was denkst du darüber?"

Ich sehe wie Peeta mit seiner Antwort hadert. Seine Augen huschen von Caesar zum dunklen Monitor und wieder zurück. „Offenbar benutzen sie Katniss, um die Rebellen anzustacheln. Ich bezweifele, dass sie überhaupt weiß, was im Krieg vor sich geht. Was da auf dem Spiel steht", sagt er schließlich mit derselben Gefühllosigkeit, die mich eben schon erstaunt hat. Ich kann seine Worte kaum glauben und kann nicht anders, als ihn offen anzustarren. Er von allen Leuten müsste doch wissen ...

Als Caesar seine Frage stellt wird mir bewusst, dass das hier alles inszeniert ist. Sie haben das hier schon lange mit Peeta eingeübt. Er hat keine Wahl, sie zwingen ihn, diese Dinge zu sagen. „Möchtest du ihr irgendetwas mitteilen?"

„Ja", sagt Peeta und richtet seinen Blick nun direkt auf die Kamera. Er versucht, etwas Wärme in seine Augen zurückzuholen. „Sei nicht dumm, Katniss! Gebrauch deinen Verstand! Sie wollen dich als Waffe einsetzen, um die Menschheit zu zerstören. Wenn du wirklich Einfluss hast, nutze ihn, um diese Sache zu stoppen! Stopp den Krieg, bevor es zu spät ist! Frag dich selbst, ob du den Leuten, für die du arbeitest, auch wirklich vertrauen kannst! Weißt du überhaupt, was vor sich geht? Wenn nicht ... versuch, es herauszufinden."

Er ruft zu einer Waffenruhe auf. Das Kapitol verlangt von ihm, sich gegen den Krieg auszusprechen. Die Rebellen müssen ihnen tatsächlich schaden, wenn sie so weit gehen und ihn dafür vor die Kamera zerren. Daraufhin geht das normale Studiolicht an und die fröhliche Maske fällt von Caesars Gesicht, wie die trockene Haut einer Schlange. Er nickt seinem Regisseur zu und steht auf. Noch bevor ich zu Sinnen kommen und in Peetas Richtung stürzen kann, packen mich die Friedenswächter von hinten und zerren mich fort.

Ich rufe Peetas Namen und er schaut endlich zu mir herüber. Er springt auf und rennt auf mich zu, die Furcht ist ihm nun klar ins Gesicht geschrieben. Wie durch ein Wunder schafft er es, mich zu erreichen. Seine Finger winden sich um meine Hand und seine Augen bohren sich in meine. „Effie", er stockt in Verwirrung. „Es tut mir so leid. Ich weiß nicht, was los ist."

„Es ist alles gut", lüge ich, aber er durchschaut mich sofort. An der anderen Bühnenöffnung tauchen weitere Friedenswächter auf, die in Peetas Richtung marschieren.

„Katniss ... Wenigstens konnten sie sie in Sicherheit bringen", sagt er jetzt mit festerer Stimme und drückt meine Finger. Dann haben die Friedenswächter ihn erreicht und reißen ihn von mir fort. Ein erschrockener Laut entfährt ihm und seine blonden Haare fallen ihm über die Stirn. Seine Augen sind von all dem Horror geweitet, den wir uns gerade haben ansehen müssen.

„Es tut mir so leid, Effie." Ich werde von der Bühne gezerrt und Peeta verschwindet. Dieser Junge ist gut durch und durch, entschuldigt sich selbst jetzt noch bei mir. Dabei kann er nichts für meine Situation oder für seine Eigene. Ich bezweifele, dass Haymitch die Kinder in irgendwelche seiner Pläne eingeweiht hat.

„Nein", murmele ich, obwohl Peeta schon längst fort ist. „Mir tut es leid."

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