14. Of Sponsors and Monsters

Of Sponsors and Monsters

Natürlich hätte es schlimmer enden können. Sie hätten Peeta mit einer Kanone verabschieden können. Und ich bin dankbar, dass er lebt. Aber der Schock sitzt tief. Erst langsam sickert die Erkenntnis durch. Peeta lebt.

Erleichtert entlasse ich die gestaute Luft aus meinen Lungen. „Sein Bein ..." Der Rest des Satzes bleibt mir in der Kehle stecken. Haymitch gibt kein Wort von sich, während wir beobachten, wie Peeta sich mühevoll auf die Beine rappelt, nur um abermals auf die Knie zu sinken.

„Die kriegen das schon hin", murmelt er, als die Gruppe endlich ihren Weg entlang des Kraftfeldes fortsetzt. Er wirft mir einen Seitenblick zu.

Erst jetzt fällt mir plötzlich wieder die Sponsorin ein, mit der wir uns gerade eben unterhalten haben. Mein Kopf fährt herum und ich erspähe sie einige Meter von uns entfernt. Sie beobachtet uns. Als sie meinem Blick begegnet, lächelt sie süffisant. „Ich habe gerade die Entscheidung getroffen, lieber auf der sicheren Seite zu bleiben und mit Distrikt Eins zu kooperieren", sagt sie und tritt dabei einen Schritt auf mich zu. Ich spüre, wie sich Haymitch hinter mir in ihre Richtung dreht, als er ihre Stimme hört.

Ich warte darauf, dass sie geht, stattdessen bleibt sie vor uns stehen und mustert uns. Das spöttische Lächeln wird breiter. Mein Magen macht einen Satz. Abwartend beiße ich die Zähne zusammen und straffe meine Schultern, denn etwas sagt mir, dass das hier noch nicht alles war.

„Viel Glück mit dem Hinkefuß", sagt sie schließlich und ich raste komplett aus.

Ich weiß wirklich nicht, was in mich gefahren ist, als ich einen Satz auf sie zumache. Blinder Zorn macht die Leute schwach, weil sie handeln, ohne nachzudenken. Die Nerven liegen blank. Es reicht der kleinste Funke, um die Bombe zur Explosion zu bringen.

„Was fällt ihnen eigentlich ein", fauche ich wütend und fixiere sie. Ich kann es nicht glauben, dass sie es sich erlaubt, so über Peeta zu reden. Peeta der süße Junge, der doch ein so wunderbarer Mensch ist. Der so einen Kommentar als letzter Mensch auf Erden verdient hat.

Haymitch macht einen Schritt nach vorne und greif blitzschnell nach meinem Arm, noch bevor ich Anstalten machen kann, etwas Dummes zu tun. Sein fester Griff ist wahrscheinlich das Einzige, was mich davon abhält, ihr an die Gurgel zu gehen. Und das würde meinem Vater gar nicht gefallen.

Seufzend schließe ich die Augen und höre auf, mich gegen seinen Griff zu stemmen. Er ist sowieso viel stärker als ich. Dann sind seine Lippen plötzlich an meinem Ohr. „Vorsicht Süße." Seine Stimme klingt nicht wütend, eher wie eine Warnung. Ich öffne die Augen und drehe mich zur Seite, um ihn anschauen zu können. Die Sponsorin ist in der Menge verschwunden. „Manch einer wird denken, du bist ihnen zugetan."

„Natürlich bin ich ihnen zugetan, sie sind meine Schützlinge", zische ich zurück und winde mich erzürnt aus seinem Griff. „Du tust ja so, als wäre es etwas schlechtes."

Haymitch schüttelt unmerklich den Kopf und seine Gesichtszüge verhärten sich. „Nicht ich, aber sie. Denk nach, bevor du sprichst."

Und mit einem Mal habe ich verstanden, was er mir sagen will. Stell dich nicht auf die Seite der Außenseiter. „Schon gut", murmele ich und zucke mit den Schultern.

Bevor er etwas erwidern kann, kommt Serena Glisson, hoch angesehene Sponsorin, auf uns zu. Man sagt, sie sei sehr schwer zu überzeugen, doch sei sie einmal an Bord, würde sie ein Vermögen ausgeben. Ihr Interesse liegt in Katniss, aber wie erwartet ist sie noch unschlüssig, ob sie uns sponsern soll. Gemeinsam setzen wir uns an einen der Tische und lassen uns etwas zu trinken bringen. Wir erzählen ihr dieselbe Masche, die wir bereits bei einigen anderen Sponsoren zuvor verwendet haben. Besonders ihr Talent zum Bogenschießen scheint Mrs. Glisson sehr zu bekommen.

„Ich bin wirklich überaus beeindruckt, wie sicher sie mit dem Bogen umgeht", erzählt sie und streicht sich mit ihrer Hand die goldene Kette in ihrem Dekolletee zurecht. „Als würde sie es schon ihr ganzes Leben lang machen."

Haymitch und ich wechseln einen Blick und ich beiße mir auf die Unterlippe, um nicht zu schmunzeln. „Und das ist noch nicht alles, sie kann wochenlang in der Natur überleben", sagt Haymitch und tätschelt Mrs. Glisson die Hand. „Sie kann Wild ohne Feuer zubereiten, definitiv eine heiße Favoritin auf den Sieg."

Sie lächelt vielsagend, nickt und lehnt sich dann in ihren Stuhl zurück. Ihre Augen gleiten durch den riesigen Raum, als würde sie die Leute mustern, die an uns vorbeigehen. Mir ist sofort klar, dass Haymitch noch nicht ihre volle Aufmerksamkeit hat, also lehne ich mich etwas über den Tisch, als würde ich ihr ein Geheimnis anvertrauen wollen. „Wir haben Finnick Odair als Verbündeten und sogar Distrikt Eins und Zwei mussten sich ihnen am Füllhorn geschlagen geben. An Ihrer Stelle würde ich nicht lange zögern, bevor jemand anders Ihren Platz einnimmt. Sie müssen wissen, dass wir eine Reihe an Leuten haben, die nur zu gerne für Katniss setzen würden."

Das Lächeln wird breiter und sie nickt wieder. Haymitch runzelt die Stirn, macht jedoch keine Anstalten, etwas hinzuzufügen. Eigentlich wären wir jetzt an dem Punkt, an dem der Sponsor sich entweder dafür entscheidet zu sponsern oder nicht. Mein Blick fährt unauffällig zwischen den beiden hin und her.

„Was ist mit dem Jungen?", fragt sie plötzlich und schaut mich mit großen Augen an. Ihre blaue Perücke passt nicht in die Atmosphäre. Zu kalt im Kontrast zu all dem Rot um uns herum.

Ich schenke ihr ein freundliches Lächeln und fahre fort. „Peeta, natürlich, von Katniss Seite nicht wegzudenken. Er ist sehr stark und kann einiges an physischen Kräften aushalten." Sanft stupse ich Haymitch unterm Tisch mit dem Fuß an, damit er näher darauf eingeht, schließlich ist er der Mentor und kennt sich in diesem Bereich am besten aus.

Aber Haymitch macht keinerlei Anstalten irgendetwas zu sagen. Ich stupse ihn noch einmal an, diesmal stärker und werfe ihm einen Blick zu. Er schüttelt kaum merklich den Kopf. Ich verstehe nicht, was jetzt bitte in ihn gefahren ist. Er hat versprochen, Peeta zu helfen. Er ist es ihm schuldig. Ich verstehe sein Problem nicht. Mit einem stillen Seufzen wende ich mich wieder völlig Serena Glisson zu und überlege, was ich ihr noch erzählen könnte.

Doch bevor ich etwas erwidern kann, ergreift sie bereits das Wort. „Hört sich so an, als wären die beiden nur zu zweit zu haben." Das Lächeln verschwindet nicht aus ihrem Gesicht. Vielleicht ist sie ja sogar an beiden interessiert?

Ich weiß nicht genau, was für ein Vermögen Serena Glisson besitzt, jedoch ist oft von riesigen Summen die Rede. Es würde Katniss und Peeta unheimlich helfen. Ich nicke mit einem strahlenden Lächeln und schaue zu Haymitch, der sie mit zusammengekniffenen Augen mustert. „Möchtest du noch etwas zu trinken?", frage ich ihn zuckersüß, aber er hört die Schärfe in meinem Ton. Er schüttelt den Kopf und er setzt sein Pokerface auf. Ich verstehe ihn nicht. Wieso ist er bloß so pessimistisch? Wir sind kurz davor eine weitere Sponsorin mit ins Boot zu holen und er verweigert jede Art von Kommunikation.

„Obwohl ... ich bin mir wirklich nicht sicher, wie sehr sich Katniss alleine gegen die anderen Tribute durchsetzen wird", gibt Mrs. Glisson plötzlich zu bedenken und ich höre Haymitch mit den Zähnen knirschen. „Das Bündnis mit Odair wird nicht ewig halten. Was dann? Wenn es um das eigene Überleben geht und nicht mehr um Peeta, was wird sie wählen?"

Ich bin so überrascht von diesem rasanten Themenwechsel, dass ich sie für einen Augenblick perplex anstarre. In der Hoffnung, dass Haymitch endlich seinen gottverdammten Mund aufmacht. „Sie wird tun, was sie tun muss, um zu überleben", sage ich und klinge genauso unüberzeugt, wie ich mich fühle.

Mrs. Glisson schüttelt kaum merklich den Kopf und lächelt immer noch. „Sind Sie sich da ganz sicher, Miss Trinket?" Dann wendet sie sich mit einem noch breiteren Lächeln an Haymitch. „Wieso sind Sie plötzlich so still? Sie wissen, dass das hier eigentlich Ihre Arbeit wäre. Ich bin sehr erstaunt, wie sehr Ihnen diese reizende Dame unter die Arme greift." Haymitch öffnet den Mund, um etwas zu erwidern, aber die Sponsorin lässt ihm keine Zeit dazu. „Entschuldigen sie mich." Noch bevor einer von uns etwas sagen kann, hat sie sich bereits mit einem weiteren Lächeln erhoben und ist verschwunden.

Haymitch neben mir seufzt. Ich habe das Bedürfnis ihn zu schlagen. Eine Welle von Enttäuschung durchflutet mich. Wir haben viele Sponsoren, aber keiner von ihnen hätte mit Serena Glisson mithalten können. Sie ist eines der wenigen wirklich reichen Gesichtern unter den Sponsoren, die für uns in Frage kamen.

„Vielen Dank für deine tatkräftige Unterstützung", murmele ich und ich höre selbst, wie niedergeschlagen ich klinge.

„Sie hätte uns sowieso nichts gegeben", gibt Haymitch zurück, ohne mich anzusehen.

„Das konntest du nicht wissen", zische ich wütend und drehe mich zu ihm um. Seine grauen Augen weichen mir aus. „Woran lag es? Daran, dass du lieber Katniss sponsern willst, anstatt Peeta zu helfen?"

Haymitchs Brauen fahren zusammen und er presst die Lippen aufeinander. Die Hand, die noch auf dem Tisch ruht, ballt sich zu einer Faust und er seufzt abermals. „Du beschuldigst mich, Vorurteile zu haben? Du hast keine Ahnung, verdammt." Seine Stimme wird lauter.

„Sag mir, Haymitch, wenn ich keine Ahnung habe, wie habe ich es dann geschafft, dir all die Sponsoren zu besorgen, während du dich mit dem Mentor von Vier beraten hast?" Wenn er es besser kann, soll er es doch allein machen.

Ich erwarte keine Antwort von ihm, denn wir beide wissen die Antwort schon. Er schaut einfach nur schweigend zu mir hoch, als ich aufstehe, um ebenfalls zu gehen und mir etwas stärkeres zu Trinken zu holen. Sitzen in diesem Kleid ist schon schwer, aber Aufstehen ist die Hölle. Aber wer schön sein will, muss eben leiden.

Ich komme nicht weit, bevor er mich am Unterarm festhält. Ein Schauder durchfährt mich. „Sie hat schon für Zwei gesetzt." Endlich schaut er mich an. Das bunte Licht reflektiert in seinen Augen. Verdutzt erstarre ich für einen Augenblick und lasse mir die Worte durch den Kopf gehen.

„Sie ... sie hat bereits Zwei gesponsert?" Haymitch nickt und lässt mich los. Ich taumele einen Schritt zurück und streiche mir mein Kleid zurecht. „Woher weißt du das?"

„Sie hat uns abgelenkt und ihren Tributen damit Zeit verschafft, um an Wasser zu kommen, während Katniss und die anderen noch auf der Suche sind", knurrt er wütend und steht auf.

Ich drehe mich zum Bildschirm und sehe, wie Katniss und Finnick die nahe Umgebung absuchen. Er muss die Erkenntnis auf meinem Gesicht sehen, denn er bedeutet mir ihm zu folgen, als er sich einen Weg durch die Menge bahnt. Wir kommen gerade noch rechtzeitig beim Team von 4 an, um zu sehen, wie Enobaria und Brutus einen Fallschirm entgegennehmen. Wut steigt in mir auf, als ich daran denke, wie leicht ich mich hab ablenken lassen, während die Mentorin von 2 ihnen ein Sponsorengeschenk geschickt hat. Ich beobachte Haymitch schweigend, wie er sich mit den anderen über eine Projektion der Arena beugt. Wir stehen im Strategieraum von Distrikt 4. Ich frage mich, wieso wir all das Geschäftliche in ihren Raum verlagert haben.

„Ach und sollen sie jetzt die Bäume mit einer Axt abholzen, um an das Wasser zu kommen, oder was?", höre ich Haymitch sagen und ich sehe, wie er den Kopf schüttelt.

„Zu auffällig und aufwendig", stimmt der Mentor von Vier zu, als hätte er das wirklich in Erwägung gezogen. Er muss ein etwas älterer Sieger sein, denn ich erkenne ihn nicht.

„Was haben sie Brutus und Enobaria geschickt?" Schweigend wandern unsere Blicke zu dem Fernseher, den jeder Strategieraum hat. Brutus reißt den Fallschirm auf. Das Gerät, das darin liegt ist lang und dünn. Aus feinem Metall. Ich kann nichts damit anfangen. So etwas habe ich noch nie gesehen.

Doch Haymitch braucht nur eine Sekunde, um es zu erkennen. „Ein Zapfen." Hektisch dreht er sich um. „Natürlich. Einfach, aber effektiv."

Sie suchen sich den passenden Zapfen aus und ich reiche ihm das Notepad mit den Summen und Namen der Sponsoren, die bereits etwas gespendet haben. Wir hatten viel, doch der Zapfen scheint teuer gewesen zu sein. Schweigend beobachten wir, wie der Fallschirm vor Katniss Nase landet und seufzen auf, als sie nicht verstehen, um was es sich handelt.

„Verdammt, so schwer kann es doch nicht sein, zu erkennen was das ist", fährt Haymitch den Bildschirm an. „Streng dein Gehirn an, Mädchen!"

Wir warten. Katniss hält den Zapfen in ihren Händen und fährt sanft mit ihren Fingern über die Oberfläche. Plötzlich hellt sich ihr Gesicht auf. „Ein Zapfen!" Ein kleines Lächeln stiehlt sich auf mein Gesicht, doch erst, als die vier sich um den Baum scharren, nacheinander trinken und erleichterte Laute von sich geben, verschwindet die Spannung aus meinem Körper.

„Geht doch", murmelt Haymitch neben mir und ich sehe den leichten Anflug eines Lächelns auf seinem Gesicht. Sein Blick trifft meinen, aber ich kann nicht wegschauen. Meine Wangen werden heiß und ich hoffe, er sieht es nicht.

Dann endlich senke ich den Blick. „Es tut mir leid. Ich hätte mich nicht so von ihr ablenken lassen sollen", sage ich leise, jedoch so, dass er es noch verstehen kann.

Ich schaue immer noch auf den Boden und sehe Haymitchs Schuhe, die ihn langsam in meine Richtung tragen. Dann berührt er leicht meinen Unterarm. Ich schaue auf. „Du hast nur deinen Job gemacht", sagt er. „So wie wir alle. Und es ist ja gut gegangen."

Er schenkt mir ein kleines Schmunzeln. Als ich es diesmal erwidere, bleibt der Schmerz aus.

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„Aber in einem Punkt hat sie doch recht gehabt", bemerke ich etwas später, als wir wieder mitten in der Sponsorenlounge stehen und an unseren Sektgläsern nippen.

Haymitch wirft mir einen fragenden Blick zu. „Diese reizende Dame greift dir wirklich sehr unter die Arme", sage ich und kann mir kein Grinsen verkneifen.

Haymitch schmunzelt, lehnt sich von mir fort und mustert mich für einen Augenblick mit hochgezogenen Augenbrauen. Dann lehnt er sich wieder zu mir und sagt: „Das nennt sich Teamwork."

Ich muss mich wirklich noch daran gewöhnen, dass wir jetzt nicht mehr einfach nur Distrikt 12, sondern der Distrikt 12 sind. Dauernd sprechen uns irgendwelche Leute an und reden mit uns. Mir gefällt es. Es ist schön, endlich von den Leuten beachtet und geschätzt zu werden.

„Euphemia." Die Stimme meines Vaters reißt mich aus meinen Gedanken. Er hat mich also nicht vergessen. Ich schenke ihm ein breites Lächeln und lasse mich von ihm in eine sanfte Umarmung ziehen. Meine Mutter hätte in diesem Moment kommentiert, dass es nicht angemessen ist, einander in der Öffentlichkeit so in die Arme zu fallen. Familie oder nicht ist da irrelevant. Mein Vater und ich haben eine etwas andere Interpretation ihrer Regeln. Zumindest solange sie nicht anwesend ist oder uns nicht im TV sehen kann.

„Du hast gut gesprochen", sage ich lächelnd und trete einen Schritt zurück. Er schenkt mir ein anerkennendes Nicken.

„Dann war das Glück wohl mit mir. Du weißt ja, dass ich ungerne große Reden schwinge, erst recht nicht vor so vielen Menschen. Aber darum kommt man wohl bei einem Jubeljubiläum nicht herum, besonders als Geschäftsführer!" Er lacht und streicht sich seinen Anzug zurecht.

„Wieso hast du mir nichts von diesem Projekt erzählt? Weißt du, wie gedemütigt ich mich gefühlt habe als Alastair mir erzählen musste, dass das hier deine Baustelle ist?" Ich werfe ihm einen gespielt beleidigten Blick zu, doch meine Augen leuchten.

Vater tätschelt mir sanft die Schulter und kratzt sich verlegen den Hinterkopf. „Du weißt doch, wie beschäftigt ich bin", erklärt er ausweichend und schnappt sich ein Sektglas von dem Tablett eines Avox. „Wir waren lange verpflichtet es geheim zu halten. Und zum Ende hin gab es einfach nie die Gelegenheit es dir zu sagen. Ich bin überrascht, dass deine Mutter sich mit diesen Neuigkeiten zurückhalten konnte." Ein leichtes Lächeln spielt auf seinen Lippen. Dann schweift sein neugieriger Blick über das Glas hinweg herüber zu Haymitch. „Möchtest du mir denn gar nicht den Mann an deiner Seite vorstellen?"

Ich drehe mich zu Haymitch, der uns argwöhnisch mustert und nicke schnell. Ich schnappe mir seinen Arm und ziehe ihn zu meinem Vater. „Haymitch Abernathy, Sieger der fünfzigsten Hungerspiele", stelle ich Haymitch meinem Vater vor, bevor ich mich mit einem sanften Lächeln zu Haymitch drehe. „Haymitch, das ist mein Vater."

Erkenntnis blitzt in Haymitchs Augen auf, sein ganzes Auftreten ändert sich in einer Sekunde. Er stellt sich aufrecht hin und nimmt die Hand, die mein Vater ihm hinhält. „Marcus Trinket. Ich hoffe Sie behandeln meine Tochter mit Anstand, Haymitch, ich werde Sie im Auge behalten."

„Ich ... natürlich, Sir", stammelt Haymitch, offensichtlich aus der Bahn geworfen.

„Vater, wir sind Arbeitskollegen!" Aber mein Vater grinst bereits, während Haymitch todernst nickt. Bei seinem Anblick muss ich grinsen. Gut so, soll er ihm ruhig Angst machen.

Wir unterhalten uns über dies und jenes. Mein Vater ist generell lockerer als meine Mutter, besonders in ihrer Abwesenheit. Er erzählt, dass Mutter und Aurelia nicht kommen konnten, weil sie Zuhause eine Party zur Eröffnung der Spiele geben. „Deshalb werde ich wohl heute erst mal nicht nach Hause gehen", sagt er. Er mag Feiern nicht besonders, im Gegensatz zum Rest der Familie. Leider hat er nicht viel Zeit. Die Leute sind heiß auf sein Gebäude und wollen unbedingt mit ihm sprechen.

„Dein Vater ist ganz anders, als ich ihn mir vorgestellt habe", gibt Haymitch zu, nachdem mein Vater sich entschuldigt.

Ich gehe neben ihm her und lächele leicht. „Das kann ich mir denken." Dieser Gedanke führt mich zurück zu unserem Treffen mit meiner Mutter und mein Gesicht verdunkelt sich als mir klar wird, weshalb er diesen Schluss gezogen haben muss.

Dann trennen wir uns und gehen wieder auf Sponsorenjagd. „Und diesmal versuchst du wirklich, jemanden für uns anzuwerben, anstatt dich an die Bar zu stellen", ordne ich an und drehe mich dann auf dem Absatz um.

Es dauert nicht lange, bis ich einen Sponsor in ein Gespräch verwickeln kann. Er sitzt etwas abseits des Geschehens an einem Tisch und beobachtet den riesigen Bildschirm. Als ich mich zu ihm setze, hellt sich sein Gesicht auf.

Ich stelle mich als Betreuerin von Distrikt 12 vor und er gratuliert mir zu unserem Erfolg im letzten Jahr. Wir finden schnell ein Gesprächsthema und man merkt schnell, dass er mehr in Katniss als in Peeta interessiert ist. Aber das macht nichts, da die beiden ja sowieso eine Allianz bilden. Nach einer halben Stunde habe ich ihn so weit, dass er meiner genannten Summe zustimmt. Ich lasse ihn das Geld über das Notepad überweisen und bedanke mich dann herzlich, bevor ich mich verabschiede.

Auf dem Weg durch die Menge erspähe ich Haymitch, der an der Bar vorbei trottet. Mit erhobenen Augenbrauen schaue ich ihn an. Er zuckt nur die Schultern und dreht sich um, als ich ihn triumphierend angrinse. Ich wusste doch, dass er es ohne mich nicht hinkriegen würde!

Die nächsten paar Sponsoren stellen sich dann allerdings als schwieriger heraus. Es kostet mich viel Mühe und ein gutes Stück an Überzeugungskraft, um zwei von ihnen davon überzeugen zu können, Katniss und Peeta zu sponsern. Ein anderer sagt mir ab. Insgesamt bin ich trotzdem zufrieden mit meiner Leistung, als ich mir eine Verschnaufpause gönne und mich an einen der Tische setze.

„Darf ich mich zu Ihnen setzen?" Die unbekannte Stimme lässt mich aufschauen. Einen knappen Meter von meinem Tisch entfernt steht ein Mann. Er hat sich die Haare dunkelgrün gefärbt und trägt dazu einen weißen Anzug mit dunkelgrünen Details. Er lächelt und deutet auf den leeren Platz neben mir.

Ich nicke und rücke ein Stück zur Seite, um ihm Platz zu machen. So wie er den Bildschirm betrachtet, muss es sich bei ihm ebenfalls um einen Sponsor handeln.

„Mein Name ist Celestin Astra", stellt er sich vor und küsst den Rücken meiner Handfläche. Ich muss lächeln und möchte mich schon selbst vorstellen, als er mich mit einem Kopfschütteln zum Schweigen bringt. „Sie brauchen sich nicht vorzustellen. Ich kenne Sie doch. Effie Trinket von Distrikt Zwölf. Ich habe mich nicht umsonst hier zu Ihnen hingesetzt."

„Das freut mich", sage ich und schenke ihm ein verzerrtes Lächeln.

„Sie sehen außerordentlich gut aus, Miss Trinket, hat Ihnen das heute schon jemand gesagt?"

Innerlich muss ich den Kopf schütteln. Diese Männer kommen immer mit denselben Komplimenten. Ich schenke ihm ein weiteres Lächeln. „Vielen Dank, überaus freundlich von Ihnen."

Mr. Astra spendiert mir einen Drink und ich frage ihn, ob er an den Tributen aus Distrikt 12 interessiert ist. Er nickt, lächelt und rückt ein Stück zu mir rüber. Ein wenig, doch ich bemerke es trotzdem.

„Natürlich würde ich überaus gerne Ihren Distrikt sponsern", erzählt er mir und mustert mich spielerisch. „Aber das hat Zeit. Ich würde gerne mehr über Sie erfahren."

Ich kenne diese Masche. Sie sind doch alle gleich. Sponsoren mit zu viel Geld, die denken, sie könnten sich hier unbeobachtet mit einer Frau vergnügen. Er wäre nicht das erste Mal, dass ich so etwas erlebe. „Es tut mir leid Ihnen widersprechen zu müssen, aber ich bin nicht zu meinem Genuss hier, sondern um meinen Tributen Sponsoren zu finden", erwidere ich distanziert und hoffe, dass er die Abfuhr akzeptiert.

Er ist ein Hartnäckiger. „Da habe ich doch Glück, dass ich dabei noch Ihren Distrikt sponsern möchte!" Seine Hände überbrücken den letzten Abstand zwischen uns und finden meinen Rücken. Ich zucke kaum merklich zusammen, doch er scheint zu vertieft zu sein, um etwas zu bemerken.

Für einen Moment bleibe ich still und kann es nicht fassen, wie unangemessen er sich verhält. Astras Hand verharrt an meinem Rücken, wahrscheinlich testet er, ob ich ihn gewähren lasse, oder nicht. Und ich lasse ihn, auch wenn ich mich dagegen sträube. Er ist ein Sponsor. Alles, was Katniss und Peeta zugutekommt, ist ein Schritt nach vorne. Und das hier werde ich für die beiden sicher auch aushalten. Schließlich ist es mein Job.

Mr. Astra beugt sich zu mir herüber. Seine Lippen einige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt. „Sie sind wirklich eine sehr reizende Frau", flüstert er. Dann fangen seine Hände an zu wandern. Einfach unglaublich. Ich verstehe nicht, wie er sich nicht schämen kann.

Es kostet mich all meine Kraft sitzen zu bleiben, mich nicht zu bewegen und ihn breit anzulächeln. „Wollen wir uns nun Katniss und Peeta widmen?"

Er nickt und beugt sich noch weiter vor. Seine linke Hand hat sich von hinten um meinen Rücken geschlungen und wandert über meinen Oberschenkel. Ich will ein Stück zur Seite rücken, doch weder er, noch mein verdammtes Kleid geben mir diese Alternative. Er geht definitiv zu weit und das weiß er auch. Das ist die Sorte von Männern, die das Schweigen von Frauen ausnutzen. Am liebsten würde ich ihn von mir stoßen und vor allen im Raum meinen Gedanken Luft machen. Früher hätte ich mich nicht getraut, heute schon.

In diesem Augenblick bemerke ich Haymitch, der gegen die Bar gelehnt ist und mit Adleraugen zu uns herüber starrt. Er scheint meinen Blick im ersten Moment gar nicht zu bemerken. Sein Gesicht ist vor Wut verzerrt und plötzlich habe ich Angst, dass er herüberkommt und ihn von mir zerrt. Unsere Augen treffen sich. Er hebt die Augenbrauen. Brauchst du Hilfe? Ich schüttele den Kopf.

Dann wende ich mich Celestin Astra zu, lehne mich zu ihm und flüstere ihm ins Ohr: „Hören Sie, schämen Sie sich nicht, eine Lady so zu berühren? Wissen Sie, ich könnte Sie hier und jetzt, vor all diesen Leuten für diese Aktion so bloßstellen, dass Sie es ganz bestimmt nicht noch einmal wagen, einen Fuß hier herein zu setzten. Haben wir uns verstanden?" Ich löse mich von ihm, rücke von ihm ab und lächele herzlich, als ich seine Reaktion sehe.

Mr. Astra hat seine Hände schneller zurückgezogen, als ich sprechen konnte und nickt blass. Ich lache, stehe auf und tätschele seine Schulter. Um ehrlich zu sein habe ich sie etwas zu heftig getätschelt, als dass man es noch tätscheln nennen könnte. Ohne einen weiteren Blick gehe rüber zu Haymitch.

Haymitch kommt mir entgegen. „Alles in Ordnung?", fragt er sofort und beobachtet Cornelio, der mit seinen Augen folgt. Als er Haymitchs Blick begegnet, schaut er schnell weg. Haymitch sieht immer noch aufgebracht aus.

Ich nicke und greife ihn am Arm, damit er sich von Astra wegdreht. Ich ziehe ihn mit mir zur Bar. „Ich weiß, wie man solche Situationen handhabt", sage ich und bestelle mir den erstbesten Cocktail, den ich auf der Getränkekarte finde.

„Damals war das anders", erwidert er etwas ruhiger und lehnt sich wieder gegen die Bar, allerdings so, dass er mir zugewandt ist. „Soll ich ihm nen Arschtritt für dich verpassen?" So wie Haymitch mich anschaut, würde ich es ihm sogar zutrauen. Sein blauer Anzug sitzt zwar noch perfekt, allerdings hängen seine Haare etwas wirr.

Ich schenke ihm ein echtes Lächeln und nehme einen Schluck von meinem Cocktail, bevor ich antworte. „Nein, ich glaube, ich habe ihm schon eine Heidenangst eingejagt." Bei dem Gedanken an Astras Gesicht muss ich lachen.


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Da ich heute einen guten Tag hatte, bin ich etwas früher dran. Wie hat es euch gefallen?

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